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Es gibt mehr Arten von ihnen als Sterne in unserer Galaxie, sie sind allgegenwärtig und ihre Widerstandsfähigkeit ist legendär. Bakterien können nach Jahrmillionen Dauerschlaf wieder zum Leben erwachen, ungeschützte Aufenthalte im All genauso überstehen wie Raumflüge und Bestrahlung - und sind beinahe überall zu Hause: auf den Gipfeln des Himalaja und in den Wüsten der Sahara, in Säuren und Laugen, in Schwermetallen, Salzkristallen, Vulkanglas und Atomreaktoren. Sie bauen Schadstoffe ab, zersetzen organische Materialien, verwandeln Stickstoff in Ammoniak, Nitrate in Stickstoff und…mehr

Produktbeschreibung
Es gibt mehr Arten von ihnen als Sterne in unserer Galaxie, sie sind allgegenwärtig und ihre Widerstandsfähigkeit ist legendär. Bakterien können nach Jahrmillionen Dauerschlaf wieder zum Leben erwachen, ungeschützte Aufenthalte im All genauso überstehen wie Raumflüge und Bestrahlung - und sind beinahe überall zu Hause: auf den Gipfeln des Himalaja und in den Wüsten der Sahara, in Säuren und Laugen, in Schwermetallen, Salzkristallen, Vulkanglas und Atomreaktoren. Sie bauen Schadstoffe ab, zersetzen organische Materialien, verwandeln Stickstoff in Ammoniak, Nitrate in Stickstoff und Schwefelwasserstoff in Sulfate - und schaffen damit ganz nebenbei nichts weniger als die Bedingungen des Lebens auf unserem Planeten. Gleichwohl sind Bakterien bis heute oft nur als Verursacher von Infektionskrankheiten und verheerenden Seuchen bekannt. Dabei könnten wir ohne sie weder verdauen noch atmen, es gäbe keinen Käse, keinen Joghurt, kein Sauerkraut und auch kein Bier. Neben den Tieren, Pflanzen und Pilzen stellen sie eine eigene, zumeist unsichtbare, doch erstaunlich beeindruckende Welt dar, deren ungeheuerliche Bedeutung für unseren Alltag, unsere Gesundheit und unsere Wirtschaft Ludger Weß in seinem so kundigen wie anregenden Bakterienatlas anhand von fünfzig Einzelportraits vorstellt.
Autorenporträt
Ludger Weß, 1954 in Dorsten geboren, studierte Chemie und Biologie, arbeitete als Forscher im Bereich molekulare Entwicklungsbiologie und begann in den 1980er-Jahren, über Wissenschaft zu schreiben. Er veröffentlicht Romane und Sachbücher, zuletzt die Thriller Oligo (2012) und Vironymous (2017). Falk Nordmann, Zeichner und Illustrator, lebt und arbeitet in Berlin. Ab 2007 Umschlaggestaltungen und Autorenportraits, seit 2013 Tierillustrationen der Reihe Naturkunden für Matthes & Seitz Berlin. Judith Schalansky, 1980 in Greifswald geboren, studierte Kunstgeschichte und Kommunikationsdesign und lebt als freie Schriftstellerin und Buchgestalterin in Berlin. Sowohl ihr Atlas der abgelegenen Inseln als auch ihr Bildungsroman Der Hals der Giraffe wurden von der Stiftung Buchkunst zum »Schönsten deutschen Buch« gekürt. Für ihr Verzeichnis einiger Verluste erhielt sie 2018 den Wilhelm-Raabe-Preis. Seit dem Frühjahr 2013 gibt sie die Reihe Naturkunden heraus.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.06.2020

Schreckenskugel schlägt Dinosaurier
Das erfolgreichste Lebewesen der Welt kennen wir erst seit 18 Jahren:
Ludger Weß porträtiert die vielfältige Welt der Bakterien in einem großartig illustrierten Atlas
VON TOBIAS LEHMKUHL
Auch Bakteriologen schauen schlechte Filme – und nennen ihre Entdeckung dann liebevoll „Conan das Bakterium“. Der korrekte, humorfreie Name der „strahlenüberdauernden Schreckenskugel“ lautet Deinococcus radiodurans. Für ein Bakterium misst es in der Tat recht stattliche 1,5 bis 3,5 Mikrometer. Es bildet konvexe Kolonien von rosa bis roter Farbe und ist, wie Ludger Weß in seinem Bakterienatlas schreibt, wohl das widerstandsfähigste Bakterium der Welt. Man findet es sogar im Kühlwasser von Atomreaktoren.
Allerdings gibt es so einige Artgenossen, die ihm Konkurrenz machen, nicht zuletzt Desulforudis audaxviator, das sich in sauerstoffarmen, vollkommen lichtlosen Umgebungen, bei Temperaturen um die sechzig Grad und einem pH-Wert von 9,3 am wohlsten fühlt. Andere Bakterien können womöglich sogar im Weltall überdauern und auf intergalaktischen Gesteinsbrocken von Planet zu Planet fliegen.
Fünfzig staunenswerte Beispiele für die Vielfalt und Sonderbarkeit der Bakterienwelt versammelt „Winzig, zäh und zahlreich“, ein Band, der in der Naturkunden-Reihe von Matthes und Seitz erschienen ist und sich dort zu den Tier- und Pflanzenporträts gesellt. Bakterien bilden neben den unter dem Begriff Eukaryoten zusammengefassten Menschen, Tieren und Pflanzen gleichwohl eine ganz eigene Domäne des Lebens, da sich ihre DNA-Struktur grundlegend von der unseren unterscheidet.
So altern Bakterien zum Beispiel nicht. Sie können, auch wenn sie sich währenddessen nicht teilen, Tausende von Jahren leben. Kein Meteor, kein Vulkanausbruch hat die Bakterien auf unserem Planeten je ausgelöscht.
Die Dinosaurier waren schnell dahingerafft, aber das winzigste Bakterium überhaupt, Pelagibacter ubique, ist zugleich auch das „erfolgreichste Lebewesen der Welt“. Von ihm gibt es auf unserem Planeten mehr Exemplare als Sterne im Universum. Sein Gesamtgewicht – es handelt sich um ein Meeresbakterium – übersteigt das aller Meeresfische. Und das verrückteste: Es wurde erst im Jahr 2002 entdeckt. Das häufigste Lebewesen der Erde, und wir kennen es seit 18 Jahren.
Ludger Weß beschränkt sich zum Glück nicht auf die Superlative der Bakterienwelt. Ihn interessiert vor allem, wie Bakterien mit ihrer Umwelt interagieren. Da gibt es natürlich die gefürchteten Krankheitserreger wie das Anthrax-Bakterium. Viel häufiger aber erweisen sich Bakterien als sehr nützlich: Ohne das japanische Wurzelbakterium kein Soja, ohne das Propionsäurebakterium kein Emmentaler Käse. Selbst jenes Stäbchenbakterium, das Löcher in die Zellwände seiner Opfer ätzt, könnte sich noch als äußerst nützlich erweisen, sobald es sich nämlich auf krankheitsauslösende Bakterien richten lässt.
Bei der Lektüre von „Winzig, zäh und zahlreich“ ist es von Vorteil, wenn man den ein oder anderen Grundbegriff der Biologie wie Enzym oder Protein schon einmal gehört hat, aber auch für biologische Laien sind die fünfzig Porträts kurzweilig und lehrreich zugleich.
Die Anschaulichkeit verdankt sich nicht zuletzt den fünfzig von Falk Nordmann gezeichneten Bakterienbildern. Aber wie zeichnet man überhaupt Bakterien? Ein Anruf beim Illustrator gibt Aufschluss: Es sei ein bisschen, sagt Falk Nordmann, als würde man anhand ägyptischer Katzenmumien lebendige Katzenbilder zeichnen wollen. Die Bakterien würden unter dem Elektronenrastermikroskop ja praktisch schockgefrostet und danach abgetastet. Das sei kein primär visuelles Verfahren, die Ergebnisse müssten also bis zu einem gewissen Grad zeichnerisch interpretiert werden. Vor allem gelte das für die Farbgebung, da sich längst nicht für alle Bakterien klar sagen lasse, welche Farbe sie haben.
Ziemlich eindeutig ist die Lage immerhin bei Serratia marcescens, einem rötlichen Bakterium, das verantwortlich für die sogenannten Blutwunder zeichnet. Es sammelt sich gerne auf Hostien an und erweckt den Anschein, als würden sie zur Ader gelassen. Da es zahlreiche Infektionen auslösen kann, sollte man allerdings lieber die Finger von ihm lassen.
Ludger Weß: Winzig, zäh und zahlreich. Ein Bakterienatlas. Matthes und Seitz, Berlin 2020. 280 Seiten, 50 Abbildungen, 25 Euro.
Serratia marcescens sammelt sich
gern auf Hostien und ist für das
„Blutwunder“ verantwortlich
Wie zeichnet man Bakterien? Falk Nordmann sagt, es sei ein bisschen, als würde man anhand ägyptischer Katzenmumien lebendige Katzenbilder zeichnen wollen. Aber das ist ihm überzeugend gelungen: Thiomargarita namibiensis (links), Candidatus Eremiobacter / Candidatus Dormibacter (rechts).
Foto: Falk Nordmann / Matthes & Seitz
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»Sein Bakterienatlas versöhnt mit einer Welt, noch während sie aus den Fugen ist, indem er die Mikroben als Kronen der Schöpfung im Kleinen zeigt.« Markus Krajewski Die WELT online 20200501