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Hochrangige Zeitzeugen - unter ihnen die ehemaligen Verteidigungsminister Leber, Apel und Stoltenberg sowie die Generale Altenburg, Graf Kielmansegg, de Maizière, Naumann und Schmückle - berichten über die Schlüsselereignisse aus fünfzig Jahren deutscher Militärgeschichte nach 1945. Ausgewiesene Sachkenner - Wissenschaftler aus Universitäts- und Forschungsinstituten - analysieren sie unter Einbeziehung auch neuer sowjetischer Quellen.

Produktbeschreibung
Hochrangige Zeitzeugen - unter ihnen die ehemaligen Verteidigungsminister Leber, Apel und Stoltenberg sowie die Generale Altenburg, Graf Kielmansegg, de Maizière, Naumann und Schmückle - berichten über die Schlüsselereignisse aus fünfzig Jahren deutscher Militärgeschichte nach 1945. Ausgewiesene Sachkenner - Wissenschaftler aus Universitäts- und Forschungsinstituten - analysieren sie unter Einbeziehung auch neuer sowjetischer Quellen.
Autorenporträt
Dr. Bruno Thoß, geboren 1945 in Dresden, ist wissenschaftlicher Direktor am Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Potsdam; seit Frühjahr 2001 Leiter des Forschungsbereichs "Militärgeschichte der Bundesrepublik im Bündnis".
Veröffentlichungen u.a.: Der Ludendorff-Kreis 1919-1923, München 1976; Der Erste Weltkrieg als Ereignis und Erlebnis, in: Der Erste Weltkrieg. Im Autrag des MGFA hrsg. von Wolfgang Michalka, München 1994, S. 1012-1043; Militärische Entscheidung und politisch-gesellschaftlicher Umbruch. Das Jahr 1918 in der neueren Weltkriegsforschung, in: Kriegsende 1918. Im Auftrag des MGFA hrsg. von Jörg Duppler und Gerhard P. Groß, München 1999, S. 17-37.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.04.1996

Meister der Militärpolitik
Zur Geschichte der Bundeswehr gehören auch ihre Krisen

Vom Kalten Krieg zur deutschen Einheit. Analysen und Zeitzeugenberichte zur deutschen Militärgeschichte 1945 bis 1995. Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes herausgegeben von Bruno Thoß. R. Oldenbourg Verlag, München 1995. XVIII, 743 Seiten, 78,- Mark.

Das ist schon eine bewundernswerte Zielsetzung: die ersten vierzig Jahre der Bundeswehr zu analysieren und durch Berichte von Zeitzeugen zu beleben. In der Tat ist es gelungen, eine beachtliche Schar von kompetenten Fachleuten und Zeitzeugen für diese Aufgabe zu gewinnen. Doch nicht immer sind sie dem heutigen Leser bekannt. Die Herausgeber hätten sie gründlicher vorstellen sollen. Nur auf einige der hervorragenden Beiträge kann hier verwiesen werden: Eindrucksvoll berichtet Rolf Friedmann über "Adenauer und die Soldaten"; Georg Meyer wagt einen faszinierenden Vergleich zwischen Heusinger/Speidel auf der einen Seite und Vincenz Müller auf der anderen; gut sind die von Gerhard Wettig und Bruno Thoß verfaßten Beiträge zur Vorgeschichte der Wiederbewaffnung. Aus der Aufbauzeit der Bundeswehr wie aus der Übernahme der NVA erhält man bewegende Einblicke auch in menschliche Probleme, bis hin zu den komplexen Aufgaben der Militärseelsorge und der Verwaltung.

Wie kaum anders zu erwarten, findet man die bündnispolitische Problematik am besten dargestellt. Hochqualifizierte Autoren dazu sind in diesem Buch eher überrepräsentiert. Da spiegelt sich wohl auch das Bild vom heutigen deutschen General wider, der offensichtlich in erster Linie ein Meister der Militärpolitik zu sein hat. Man fragt sich: War denn gar kein General zu finden, der kompetent etwas zur Ausbildung in der Truppe gesagt hätte, zu den Problemen der Personalführung bis hin zum inneren Gefüge? Aber bitte nicht die bekannten Allgemeinplätze hoher Repräsentanten! Für solche Fragen schien der Herausgeber wenig Sinn zu haben. Wenigstens aus der Frühzeit der Bundeswehr erfahren wir von den Problemen der Ausbildung; und das von einem der Fliegerasse (Günter Rall).

Eine gewisse Distanz des Herausgebers zu den Problemen der Truppe zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Werk. So hat er das Kernproblem der Inneren Führung einem kaum bekannten Autor (über dessen Kompetenz für dieses Thema der Leser gern etwas mehr wüßte) zugeordnet. So wird man dann erst einmal mit einer längeren Vorgeschichte über die Wiederaufrüstung konfrontiert, über die schon Kompetentere in anderen Beiträgen berichtet haben. Aber man erfährt nichts über die Diskussion um den Begriff der Inneren Führung, nichts über das Ringen um die Grundpflicht des Soldaten, nichts über das Wofür! Auch ist die Geschichte der Inneren Führung nicht ohne die (umstrittene) Person Baudissins zu verstehen. Die damit verbundene Problematik hätte wohl eher eine eigene Abhandlung verdient. Vor allem fehlt ein Hinweis auf das Problem der Personalführung in diesem Zusammenhang. Den für all diese Fragen wirklich kompetenten General de Maizière dagegen läßt man in diesem Band lediglich mit seinen Erfahrungen als Schulkommandeur zu Wort kommen.

Ein erschreckender Mangel an Ausgewogenheit dieses Buches wird offenkundig, indem zwar die Amtszeit der drei SPD-Verteidigungsminister (deren Verdienste unbestritten sind) dargestellt wird, man aber von der schwierigen Aufgabe des ersten Ministers (Blank) nur indirekt erfährt. Wenig auch von den zahlreichen Krisen der Bundeswehr: Nur der Starfighterkrise ist ein eigener Beitrag gewidmet. Vom Iller-Unglück und dessen Folgen für die weitere Aufstellung der Bundeswehr, von der Krise um den Wehrbeauftragten, vom Schnez-Papier, der Generalskrise 1966, von den "Hauptleuten von Unna" und den "Leutnanten 70" erfährt der Leser allenfalls am Rande. Die heißumstrittene Bildungsreform wird einseitig gepriesen, der Haar-Erlaß von 1970, der das innere Gefüge der Truppe schwer belastet hat, wird von einem Autor spaßig abgetan. Weder der Anrede-Erlaß findet Erwähnung noch die Diskussion um die neue Laufbahn der "Fach-Offiziere".

All diese Probleme sind aus der Geschichte der Bundeswehr nicht wegzudenken - so ungern mancher heute daran erinnert wird. Man hätte sie nicht ausblenden dürfen. Da hätte man sich eher einige Beiträge ersparen können, die mehr von der Selbstdarstellung der Autoren bestimmt erscheinen und mitunter dem Leser einiges zumuten - oder aber inhaltlich überflüssig sind. So der Aufbau einer technischen Unteroffiziersschule in Vietnam durch die NVA. Von den Unteroffiziersschulen der Bundeswehr ist nicht die Rede, schon gar nicht von den Problemen der Unterführerausbildung, mit denen wir bis heute nicht so richtig fertig geworden sind.

Von der Traditionsfrage ganz zu schweigen! Daß man auch Autoren aufgenommen hat, die aus der NVA stammen, verdient Zustimmung. Einige dieser Beiträge wirken bereichernd. Statt aber nun die Rolle der NVA in der Tschechen-Krise von 1968 zweimal zu bedenken, hätte man lieber etwas über das innere Gefüge der einstigen NVA erfahren.

Man mag darüber streiten, ob einem solchen Werk die Bebilderung bekommt. Hier hat es zumindest bei der Auswahl an der erforderlichen Sensibilität gefehlt. Einige Bilder wirken in der Tat bereichernd, so eine "Gesprächsrunde im Amt Blank" wie die "Ernennung der ersten Generale der Bundeswehr". Die meisten Bilder bringen wenig oder nichts, wie "der Campus der Bundeswehruniversität" und eine Außensicht der "Schule für Innere Führung", einige erregen gar den Verdacht der Selbstdarstellung der Autoren.

Einem historisch angelegten Werk hätte es besser angestanden, dem Leser die in den vierzig Jahren verantwortlichen Persönlichkeiten nahezubringen. Statt dessen findet man die aus dem täglichen Fernsehen zur Genüge bekannten derzeitigen Amtsträger gleich mehrmals abgelichtet. So etwas bringt das ganze Buch in den Geruch einer Werbeschrift. Und das hat es bei aller Kritik wirklich nicht verdient. Nein, es ist lesenswert! Allein schon wegen der ausgezeichneten Beiträge, die hier nicht alle genannt werden konnten. Bleibt nur zu bedauern, daß die Chance nicht genutzt wurde, mehr daraus zu machen. GÜNTER KIESSLING

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.02.2002

In Minenfeldern
Das MGFA schreibt die Geschichte
von Krieg und Gesellschaft
Unter der Oberfläche der öffentlichen Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg schlummert so manches heikle Thema, Unterwasserminen gleich, denen man blind aufsitzen, die man aber auch kontrolliert zur Explosion bringen kann. Mit dem Buch über die Wilhelm Gustloff hat Günther Grass gezielt eine Diskussion um das Leid der deutschen Flüchtlinge und Vertriebenen entzündet. Damit hat er eine andere Mine gestreift, ohne dass sie jedoch detoniert wäre: Die Rolle der deutschen Marine im Zweiten Weltkrieg, deren bis heute sauberes Bild sich nicht zuletzt aus der „Rettung über See” in den letzten Kriegstagen unter dem Hitler-Nachfolger Großadmiral Dönitz speist.
Das Bild der sauberen Marine, die mit dem verbrecherischen Krieg nichts zu tun hatte, wird von Jörg Hillmann, Historiker und Fregattenkapitän, in Frage gestellt. Die Kriegsmarine war lange vor dem Zweiten Weltkrieg zu einem Abbild der Volksgemeinschaft geworden, zum Inbegriff des Dienens im Führerstaat. Sie kämpfte treu bis zum Schluss, und die Rettung über See ist zumindest als zentral gewollte Aktion ein Mythos.
Hillmann trug dies auf einem Kolloquium des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes (MGFA) in Potsdam vor, das der Vorbereitung des neunten Bandes der Reihe „Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg” gewidmet war. Kriegsgeschichte ist wieder modern. Aber nicht als Geschichte der Schlachten und militärischen Operationen, sondern als Geschichte der Kriegsgesellschaft. Die Neugier der Späteren gilt dem Handeln und Erleben der Menschen, die Krieg führten und erlitten.
Weil das MGFA diesen Trend nicht allein der zivilen Zunft überlassen will, hat es für den Band „Krieg und Gesellschaft 1939 – 1945” einen bunten Haufen junger Historiker rekrutiert. Sie wollen gemeinsam die problem- und facettenreiche Geschichte der deutschen Gesellschaft im Zweiten Weltkrieg, an der Front und in der Heimat, schreiben. Jörg Echternkamp soll dieses modernste Schlachtschiff des „Weltkriegswerks” auf Kurs bringen und in den schwerfälligen Verband von zehn Bänden eingliedern, dessen erster schon 1979 vom Stapel lief.
Normalität im Krieg?
Dass der Zugriff auf „die” Gesellschaft im Krieg nicht unproblematisch ist, ging aus dem Beitrag von Rafael Zagovec hervor. Während des Krieges unterzog die amerikanische Psychological Warfare Division (PWD) deutsche Kriegsgefangene langen Verhören. Die Amerikaner, darunter namhafte Soziologen wie Edward Shils, wollten wissen, was in den Köpfen der Deutschen vorging. Sie setzten dazu die Methoden der modernen amerikanischen Sozialwissenschaft ein.
Je länger der Krieg dauerte, je mehr Daten die PWD erhob, desto unübersichtlicher wurde das Bild von der deutschen Gesellschaft. Versuche, einzelne Gruppen mit bestimmten Wahrnehmungsmustern des Krieges in Verbindung zu bringen und Anhänger des Regimes von potenziellen Trägern eines Neuanfangs zu trennen, scheiterten. Als einziger gemeinsamer Nenner ließ sich eine bis zum Ende ungebrochene nationalistische Weltanschauung feststellen: Die Deutschen kämpften weiter für ihr Vaterland, obwohl der Kampf sinnlos geworden war.
Ein Historiker kann die amerikanischen Verhörprotokolle als Quellen für die Wahrnehmungsgeschichte des Krieges nutzen, er kann sich von ihnen aber auch erkenntnistheoretisch verunsichern lassen: Wie weit kommt man mit „normalen” sozialwissenschaftlichen Methoden angesichts der radikal anderen Normalität des Krieges?
Für Tobias Jersak ist die Kriegsgesellschaft so sehr durch den Krieg bestimmt, dass der Krieg selbst die Kategorien für ihre Beschreibung liefern muss. Er unterscheidet daher die Deutschen nach ihrer wechselnden Nähe zur Front. Auf diese Weise nähert er sich dem für das Verständnis der Kriegsgesellschaft wichtigen Holocaust, der als „vorweggenommener Endkampf”, wie Hitler ihn seit 1942 verstand, selbst ein Produkt des Krieges war. Mit dem Näherrücken der Front verbreitete sich das Wissen um den Massenmord. Die schreckliche Erkenntnis, dass der Krieg trotz Ausschaltung der von der Propaganda zum Hauptfeind erklärten Juden verloren war, hatte eine lähmende Wirkung. Vielleicht war es dieses Wissen im Angesicht der Katastrophe, das die Deutschen zu jener Kriegsgesellschaft machte, die nicht mehr die Kraft besaß, sich von den Tyrannen zu befreien.
Dass die Radikalisierung und Totalisierung des Krieges ab 1942/43 eine Erklärung für die moralische Indifferenz der Deutschen sein kann, zeigte auch Karola Fings, die den Arbeitseinsatz von KZ-Häftlingen im Reich untersucht hat. Sie mussten Trümmer beseitigen, Bomben entschärfen, Leichen bergen. Alles unter Aufsicht der SS, doch vor den Augen der Bevölkerung. Kommunale Behörden griffen in der Not des Krieges nur zu gern auf die Arbeitskräfte zurück. Die SS half schnell und unbürokratisch.
Die Radikalisierung des Krieges gibt den Interpretationsrahmen für die historische Analyse der deutschen Gesellschaft im Zweiten Weltkrieg, eine Analyse, die methodisch offen ist und die Zivilbevölkerung einbezieht. Der neunte Band des Weltkriegswerks wird ein weites Panorama entfalten, von Menschenführung in der Wirtschaft, über die NSDAP und Widerstand bis zu Zwangsarbeit. Andere Fragen sind weiter offen. So fehlt es insbesondere an Studien zu Flucht und Vertreibung. Man darf aber gespannt sein, welche Minen die „neue” Kriegsgeschichte noch hochgehen lassen wird.
CHRISTIAN
JOSTMANN
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