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Herausgegeben im Auftrag des Auswärtigen Amts vom Institut für Zeitgeschichte.
Hauptherausgeber: Hans-Peter Schwarz, Mitherausgeber: Helga Haftendorn, Klaus Hildebrand, Werner Link, Horst Möller und Rudolf Morsey.
Wissenschaftlicher Leiter: Rainer Blasius.
Das Jahr begann vielversprechend für die »Große Koalition«. Am 31. Januar 1968 nahmen die Bundesrepublik Deutschland und Jugoslawien diplomatische Beziehungen auf. Die damit verbundenen Hoffnungen schienen sich weiter zu bestätigen, als in der Tschechoslowakei Reformkräfte die Regierungsgeschäfte übernahmen (»Prager Frühling«). Mit…mehr

Produktbeschreibung
Herausgegeben im Auftrag des Auswärtigen Amts vom Institut für Zeitgeschichte.

Hauptherausgeber: Hans-Peter Schwarz, Mitherausgeber: Helga Haftendorn, Klaus Hildebrand, Werner Link, Horst Möller und Rudolf Morsey.

Wissenschaftlicher Leiter: Rainer Blasius.

Das Jahr begann vielversprechend für die »Große Koalition«. Am 31. Januar 1968 nahmen die Bundesrepublik Deutschland und Jugoslawien diplomatische Beziehungen auf. Die damit verbundenen Hoffnungen schienen sich weiter zu bestätigen, als in der Tschechoslowakei Reformkräfte die Regierungsgeschäfte übernahmen (»Prager Frühling«). Mit besonderer Spannung verfolgte die deutsche Öffentlichkeit auch, ob die unterschiedlichen außenpolitischen Vorstellungen - gerade vor dem Hintergrund der Studentenunruhen und der Außerparlamentarischen Opposition im Innern - die Stabilität der Koalition beeinträchtigen würden.

Eine Bilanz läßt sich nun anhand des Jahresbandes 1968 der »Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland« ziehen, der eine Auswahl von 428 Dokumenten zur Außenpolitik der Regierung Kiesinger/Brandt präsentiert.
Autorenporträt
Dr. Ralph-W. Scheuss ist international tätiger Management Consultant führender Unternehmen, erfolgreicher Buchautor und gefragter Referent für Kongresse und Symposien.Er leitet die Trendfact AG in St. Gallen, Schweiz. Seine Themenschwerpunkte sind der sich verschärfende globale Hyper-Wettbewerb sowie die Folgen des radikalen Wandels unserer Businesslandschaft in Richtung Dienstleistungs- und Wissensökonomie. Dr. Scheuss unterstützt Firmen in Fragen ihrer strategischen Positionierung, der Identifikation aktueller Business-Trends sowie im Innovations- und Change-Management. Er studierte an den Universitäten von St. Gallen (HSG) und Los Angeles (UCLA) mit Abschlüssen in Strategischem Management, Marketing, Organizational Change und Learning. Seine privaten Interessen sind zeitgenössisches Design in Kunst und Architektur sowie 4x4-Overland-Expeditionen - [ Internetpräsenz ].
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.06.1999

Auf dünnem Eis
Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik

Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland 1968. Herausgegeben im Auftrag des Auswärtigen Amts vom Institut für Zeitgeschichte. Hauptherausgeber Hans-Peter Schwarz. Wissenschaftlicher Leiter Rainer A. Blasius. Bearbeiter Mechthild Lindemann und Matthias Peter. R. Oldenbourg Verlag, München 1999. CLVIII, 1772 Seiten, 240,- Mark.

Das Jahr 1968 hatte es in sich. Am 31. Januar eröffnete der Vietcong, für Amerikaner und Südvietnamesen unerwartet, die "Tet-Offensive", in deren Verlauf er bis ins Zentrum Saigons vorstieß. Obgleich die Attacke mit einer militärischen Niederlage endete, trug Hanoi den psychologischen Sieg davon: Genau acht Wochen später versuchte der amerikanische Präsident Johnson, mit einer teilweisen Einstellung der Bombenabwürfe Nordvietnam an den Verhandlungstisch zu bekommen, und gleichzeitig erklärte er seinen Verzicht auf die Kandidatur für eine weitere Amtszeit.

Das war der weltpolitische Hintergrund für eine der schwersten Krisen, der sich Europa nach dem Bau der Berliner Mauer ausgesetzt sah: Soeben, Ende Juni, hatte die Nato im "Signal von Reykjavik" dem Warschauer Pakt Verhandlungen über eine beiderseitige und ausgewogene Truppenverminderung vorgeschlagen, als dessen Truppen am 20. und 21. August 1968 in die Tschechoslowakei einmarschierten und dem "Prager Frühling" ein gewaltsames Ende bereiteten.

Daß insbesondere die an der Nahtstelle des Ost-West-Konfliktes gelegene Bundesrepublik von diesen Vorgängen berührt werden mußte, liegt auf der Hand. Die "Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland" informieren im Detail über die dramatischen Ereignisse des Jahres 1968 und ihre Rückwirkungen auf die deutsche Außenpolitik. Wieder ist es der Bearbeitergruppe unter der wissenschaftlichen Leitung von Rainer Blasius gelungen, innerhalb nur eines Jahres auf beinahe 2000 Seiten mit großer Sorgfalt und profunder Kenntnis mehr als 400 Dokumente für den interessierten Leser aufzubereiten.

Was immer die deutsche Politik in diesem ereignisreichen Jahr bewegte, in den Akten des Auswärtigen Amtes fand es seinen Niederschlag. Das gilt selbstverständlich für den Schlag gegen die Regierung Dubcek, nach dem man - so der deutsche Gesandte bei der Nato, Dirk Oncken - erkennen mußte, "daß die Sowjets das Aufrechterhalten ihrer Kontrolle innerhalb des gesamten Warschauer Pakts - notfalls mit Gewalt - als eine ,innere Angelegenheit'" betrachten würden; das gilt aber auch für Deutschlands Haltung zum "Atomsperrvertrag", der am 1. Juli unter anderem durch die beiden Supermächte unterzeichnet wurde, oder für die Fortschreibung des europäischen Integrationsprozesses, der am selben Tag mit der Vollendung der Zollunion der EG einen beachtlichen Fortschritt verzeichnen konnte; und es gilt selbstverständlich für die deutsche Frage.

Gerade hier lassen die Akten des Auswärtigen Amts erkennen, wie dünn das Eis war, auf dem sich die Große Koalition bewegte. Während Bundeskanzler Kiesinger zum Beispiel am 2. September gegenüber dem sowjetischen Botschafter Zarapkin klarstellte, daß "bessere Beziehungen zur Sowjetunion" nicht zur Debatte stünden, falls "die Bundesregierung den Gedanken an eine Wiedervereinigung Deutschlands aufgeben solle", kam der Leiter des Planungsstabes, Egon Bahr, den Willy Brandt mit ins Auswärtige Amt gebracht hatte, neun Tage später in einer Aufzeichnung für seinen Chef zu einem ganz anderen Ergebnis. Bahr hielt es "der eigenen Mentalhygiene . . . dienlich, wenn diese Bundesrepublik, 20 Jahre nach ihrem Bestehen ohnehin mehr als ein Provisorium", zu dem Ergebnis käme, "für sich alle Rechte zu verlangen, die jeder andere Staat, auch der kleinste in Afrika", besitze. Dies, daran hatte der Ministerialdirektor keinen Zweifel, führe "zum Friedensvertrag für zwei deutsche Staaten". Gut ein Jahr später war die Große Koalition, unter anderem deshalb, am Ende, und damit sollte sich für Willy Brandt, Egon Bahr und andere die Möglichkeit eröffnen, eine "andere Rechtslage" in der deutschen Frage herbeizuführen, ohne dabei die "Aufgabe der Deutschen oder ihren Willen" zu verändern, "wieder zusammenzukommen", wie Bahr im September 1968 formulierte.

Daß schließlich zwar kein "Friedensvertrag für zwei deutsche Staaten", wohl aber ein "Grundlagenvertrag" und die Anerkennung der Unverletzlichkeit der bestehenden Grenzen in Europa herauskam, hatte entscheidend mit dem Wandel der weltpolitischen Rahmenbedingungen zu tun, insbesondere mit dem 1969 einsetzenden Rückzug der Amerikaner aus Vietnam, der damit einhergehenden Annäherung Washingtons an Peking und dem nicht unbeträchtlichen Druck, dem sich die Sowjetunion durch diese Entwicklungen ausgesetzt sah.

Das alles stellte die deutsche Lernbereitschaft auf eine harte Probe. Immerhin hatte Egon Bahr noch im Dezember 1968 eine "rasche Besserung des amerikanisch-chinesischen Verhältnisses" ausgeschlossen. Spätestens mit Beginn seiner Moskauer Sondierungen ein gutes Jahr darauf mußte nicht nur er zur Kenntnis nehmen, daß die rheinische Sicht der Dinge im globalen Maßstab wenig Gewicht besaß und das Schicksal Deutschlands und Berlins weniger in Europa, und schon gar nicht in Deutschland entschieden wurde, sondern im südostasiatischen Dschungel, am sowjetisch-chinesischen Grenzfluß Ussuri und in den amerikanisch-sowjetischen Verhandlungen über die strategischen Nuklearwaffen.

GREGOR SCHÖLLGEN

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