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Architektonische Räume sind Anker unserer Erinnerung. Mittels unseres sensorischen Bewusstseins verorten wir uns im Raum: Das Gehirn nutzt Oberflächen und räumliche Systeme, um unsere Lebenswelt zu speichern und zu ordnen. Diese Erkenntnis bildet die Grundlage für die Übertragung aktueller neurowissenschaftlicher Forschungserkenntnisse auf die architektonische Praxis, wie sie in diesem Buch diskutiert wird. Neuroarchitektur verknüpft Neurowissenschaft, Wahrnehmungstheorie und Gestaltpsychologie, Musik, Kunst und Architektur zu einem ganzheitlichen Ansatz, der Gesetze der Strukturbildung und…mehr

Produktbeschreibung
Architektonische Räume sind Anker unserer Erinnerung. Mittels unseres sensorischen Bewusstseins verorten wir uns im Raum: Das Gehirn nutzt Oberflächen und räumliche Systeme, um unsere Lebenswelt zu speichern und zu ordnen. Diese Erkenntnis bildet die Grundlage für die Übertragung aktueller neurowissenschaftlicher Forschungserkenntnisse auf die architektonische Praxis, wie sie in diesem Buch diskutiert wird.
Neuroarchitektur verknüpft Neurowissenschaft, Wahrnehmungstheorie und Gestaltpsychologie, Musik, Kunst und Architektur zu einem ganzheitlichen Ansatz, der Gesetze der Strukturbildung und die Bewegung des Menschen im Raum ins Zentrum stellt. Christoph Metzger, Autor von Bauen für Demenz und Architektur und Resonanz, analysiert Bauten von Alvar Aalto, Sou Fujimoto, Hugo Häring, Philip Johnson, Hermann Muthesius, Juhani Pallasmaa, James Stirling, Frank Lloyd Wright oder Peter Zumthor im Kontext der Amsterdamer Schule der Architektur und deren Kritik am Funktionalismus. So entwickelt er Grundlagen und Kriterien einer zeitgemäßen, anthropologisch geprägten Architektur, die neurowissenschaftlichen Erkenntnissen verpflichtet ist.
Autorenporträt
Christoph Metzger
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.05.2018

Mit allen Sinnen
Christoph Metzger versucht sich in Neuroarchitektur

Das Buch des in Braunschweig lehrenden Musik- und Kunstwissenschaftlers Christoph Metzger widmet sich der "Neuroarchitektur". Hinter diesem erratischen Begriff verbirgt sich eine neue wissenschaftliche Richtung, die von der Einsicht ausgeht, dass wir auf stimulierende Räume und anspruchsvolle Umgebungen angewiesen sind. Implizit sucht der Terminus den Anschluss an jenen der Neurourbanistik, unter dem seit einiger Zeit das Wechselspiel zwischen gebauter und sozialer Umwelt einerseits und psychischem Befinden, Emotion, Verhalten und Gedanken andererseits untersucht wird.

Es geht dabei um so etwas wie "Stimmung", "Aura" oder "Atmosphäre", also um etwas, das sich im Zwischenraum von architektonischer Objektwelt und subjektivem Raumerlebnis abspielt. Metzger hat den Anspruch, die "multisensorischen" Wirkungen architektonischer Objekte und städtischer Räume zu erforschen. Schnelle Gewissheiten sind da nicht zu haben, weil es in der Wahrnehmung von Orten und architektonischen Objekten nicht allein um objektive Tatbestände geht.

Atmosphäre ist dabei schon deshalb ein zentraler Begriff, weil sich mit ihm ein Defizit benennen lässt. Denn es sind nicht ideale Proportionsverhältnisse und nicht der metrische Raum, die den Menschen anrühren, es ist der Ort mit seinen Beziehungen und seiner Aura, der alle Sinne anspricht, die akustische Atmosphäre, die Stimmung des Lichts, der Farbe und der Materialien.

Ähnlich verhält es sich in der nächsthöheren Raumkategorie. Man spricht ja nicht zu Unrecht davon, dass die öffentlichen Räume das Gedächtnis einer Stadt formen. Hinter dieser Formulierung steht ein über Jahrhunderte hinweg ausgebildetes westliches Verständnis von Stadt, das von der Prägekraft der Räume auf die urbane gesellschaftliche Wirklichkeit ausgeht.

"Neuroarchitektur" adressiert fraglos ein grundlegendes Thema. Doch das Buch hält nicht, was es verspricht. Man hat es hier vielmehr mit einer architekturgeschichtlichen und -theoretischen Arbeit zu tun, die jene Positionen oder Projekte als Ausgangspunkt nimmt, "deren Sorge dem Wohl des Menschen in der Gemeinschaft gilt".

Konkret geht es um bekannte Bauten namhafter Architekten wie Alvar Aalto, Philip Johnson, Hermann Muthesius, James Stirling, Frank Lloyd Wright oder Peter Zumthor, wobei das Verfahren meist in einer Gegenüberstellung von organischen und funktional(istisch)en Gebäuden besteht. Beeindruckt zeigt sich der Autor insbesondere vom Werk des japanischen Baumeisters Sou Fujimoto, der seine Entwürfe auf die Bedürfnisse der Bewohner ausrichtet und gleichwohl eine klare architektonische Formensprache bevorzugt; etwa beim Zentrum für Psychiatrische Rehabilitation von Kindern in Hokkaido - ein Ensemble kleinerer kubischer Bauten.

Die einzelnen Kapitel sind so vielversprechend wie nichtssagend überschrieben: Organische und Anthropologische Architektur, Mobilität, oder auch: Heimat. Aber sie vermögen nicht aufzuschlüsseln, was "Neuroarchitektur" tatsächlich sein soll, worin ihre Potentiale und Grenzen liegen. Die Interpretation verbleibt im Ungefähren: "Es sind die Bilderwelten des Menschen am Tag und während der Nacht, die Aufschlüsse über die Qualität von Architektur bieten und Quelle der Wissenschaft und der späteren Praxis werden." Mit etwas gutem Willen kann man hier von "künstlerischer Forschung" sprechen, die anschaulich und assoziativ verfährt. Weniger gnädig betrachtet, wird mit dem schillernden Begriff nur alter Wein in neue Schläuche abgefüllt.

ROBERT KALTENBRUNNER

Christoph Metzger:

"Neuroarchitektur".

Jovis Verlag, Berlin 2018. 224 S., Abb., br., 29,80 [Euro].

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