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Das Weströmische Reich ist untergegangen. Das Oströmische Reich unterliegt im Krieg gegen die Perser, der Nika-Aufstand 532 n. Chr. stürzt das Reich innenpolitisch in die Krise, Konstantinopel, die kaiserliche Hauptstadt, liegt in Schutt und Asche. Wie kommt es aus dieser verfahrenen Situation heraus zur letzten Blüte Roms, zur größten Ausdehnung des Reichs im 6. Jahrhundert? Peter Heather erzählt meisterhaft die Geschichte einer Umbruchzeit. Zwischen Antike und Mittelalter, zwischen Rom und Byzanz manifestiert sie sich vor allem in der Herrschaft eines Kaisers, der als Bauernsohn ein sozialer…mehr

Produktbeschreibung
Das Weströmische Reich ist untergegangen. Das Oströmische Reich unterliegt im Krieg gegen die Perser, der Nika-Aufstand 532 n. Chr. stürzt das Reich innenpolitisch in die Krise, Konstantinopel, die kaiserliche Hauptstadt, liegt in Schutt und Asche. Wie kommt es aus dieser verfahrenen Situation heraus zur letzten Blüte Roms, zur größten Ausdehnung des Reichs im 6. Jahrhundert? Peter Heather erzählt meisterhaft die Geschichte einer Umbruchzeit. Zwischen Antike und Mittelalter, zwischen Rom und Byzanz manifestiert sie sich vor allem in der Herrschaft eines Kaisers, der als Bauernsohn ein sozialer Aufsteiger war und sich selbst als "Herrscher von Gottes Gnaden" verstand. Justinian (reg. 527-568) eroberte Nordafrika und Italien, Bauwerke wie die Hagia Sophia in Istanbul oder San Vitale in Ravenna gehen ebenso auf ihn zurück wie der Codex Iustinianus. Am Ende aber bleibt die Frage, wie hoch der Preis für Roms letzte Blüte war.
Autorenporträt
Heather, Peter
Peter Heather, geb.1960 in Nordirland, ist Professor für mittelalterliche Geschichte am renommierten Londoner King's College. Seit Jahren beschäftigt er sich insbesondere mit der Spätantike und dem Ende der Antike. Zu seinen Werken zählen internationale Bestseller wie 'Der Untergang des römischen Weltreichs', 'Invasion der Barbaren' und 'Die Wiedergeburt Roms'.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.03.2019

Bis die Barbaren kamen
Mit dem Corpus Iuris war kein Staat zu machen: Bei Peter Heather wird Kaiser Justinian zum Getriebenen der Probleme des Reichs

"An imaginative experiment that got a little out of hand" - so nannte der kanadische Historiker Walter Goffart in seinem 1980 erschienenen Buch "Barbarians and Romans" den Fall des Weströmischen Reiches in den Stürmen der Völkerwanderung im Jahr 476. Lange Zeit kannte die Forschung auf die Frage, ob das römische Imperium ermordet wurde oder eines langsamen Todes starb, nur eine Antwort: Sein Sturz galt als Folge eines Gewaltverbrechens, die Täter schienen in Gestalt der germanischen Stämme in flagranti überführt. Prägnant Ausdruck gab dieser Sicht der Dinge die Bezeichnung, die man der Völkerwanderung im romanischen Westen und Süden Europas gegeben hatte: Invasion der Barbaren.

Dieses Bild wich in den siebziger Jahren einer neuen Wahrnehmung: Man begriff die Spätantike nicht länger als Epoche des Verfalls, ja Zivilisationsbruchs, sondern als Transformation der langen Dauer, aus der sich allmählich die Welt des europäischen Mittelalters herausschälte. Geschichtswissenschaft lebt vom permanenten Revisionismus, und so forderte auch Goffarts Bild einer weitgehend friedlichen Koexistenz von Römern und Barbaren bald zum Widerspruch heraus. In mehreren kraftvollen Büchern hat der Oxforder Mediävist Peter Heather das Modell eines Systemkollapses in der Mitte des ersten Jahrtausends entworfen. Das mittelalterliche Europa sei unter für die Zeitgenossen unendlich leidvollen Wehen geboren worden. Rom habe im Westen einer Welt Platz gemacht, die weniger Wohlstand, weniger Zivilisation und weniger Sicherheit geboten habe.

Mit dem jetzt in deutscher Übersetzung vorliegenden Band hat sich Heather einen der zentralen Akteure jener Wendezeit vorgenommen: um 482 im heutigen Nordmazedonien geboren, war Justinian von 527 bis zu seinem Tod 565 als Kaiser Herr über die römische Welt. Seine fast vierzigjährige Regierungszeit galt nicht nur ihrer außergewöhnlichen Länge wegen lange als "Zeitalter Justinians". Seine weit ausgreifenden Kriege, die für ihn die Generäle Belisar und Narses führten, stellten die politische Einheit des Mittelmeers nahezu wieder her - bis die Langobarden kurz nach seinem Tod die Alpen überschritten und Italien dem Imperium abermals entrissen. Wenn Männer Geschichte machen, dann war - so viel schien sicher - Justinian einer dieser Männer.

Wie die Völkerwanderung, die Roms Herrschaft im Westen beendete, so polarisiert allerdings auch Justinian, der sie für einen historischen Wimpernschlag restaurierte: Ganze Generationen von Althistorikern sahen in ihm, dem Lateinisch sprechenden, aus einer Grenzprovinz stammenden Kaiser, einen visionären Herrscher, der die Rückeroberung des Westens als große Aufgabe seiner Regierung verfolgte. Anderen gilt er, weil er scheiterte, als Wegbereiter der Beinahekatastrophe, die folgte. Der Tübinger Althistoriker Mischa Meier hat in seiner monumentalen Studie "Das andere Zeitalter Justinians" hingegen auf die Kontingenzerfahrungen der in ihrem Alltag mit unzähligen Katastrophen konfrontierten Zeitgenossen hingewiesen. Er porträtiert Justinian als Getriebenen, der, je länger, je mehr, auf die aus den unterschiedlichen Teilen des Reiches eintrudelnden Hiobsbotschaften eher reagierte, als tatkräftig selbst Ziele zu formulieren.

Als Improvisator zeichnet auch Peter Heather den Kaiser. Der sei weder dem romantischen Ideal verpflichtet gewesen, die Westprovinzen für Konstantinopel zu reklamieren und so das römische Imperium in seinen alten Grenzen zu restaurieren, noch habe er, durch systematisches Abwägen von Kosten und Nutzen, planmäßig die Expansion seines Imperiums vorangetrieben. Eher schon habe er opportunistisch nach dem kurzfristigen Vorteil gegriffen und sich auf vermeintlich billig zu realisierende Eroberungen im Westen konzentriert, nachdem sein Versuch, die Perser im Osten in die Defensive zu drängen, gescheitert war.

Heather spannt den Bogen weit, chronologisch wie geographisch. Als ausgewiesener Fachmann für die Epoche kann er aus dem Vollen schöpfen. So schichtet er Bausteine aus seinen anderen Werken zum Fundament zusammen, auf dem er seinen Justinian aufbaut: Er beginnt mit den ideellen und materiellen Machtquellen spätrömischer Herrscher und lässt vor den Augen seiner Leser im Zeitraffer den Film von der sogenannten Krise des dritten Jahrhunderts bis zum Untergang des Westreichs ablaufen. Routiniert wirkt das und ein wenig uninspiriert. In einzelnen Punkten mag man anderer Meinung sein: Dass Rom am Ende der Soldatenkaiserzeit die fiskalische Krise bewältigte, die ihrerseits Folge der durch äußere Umstände erzwungenen Heeresaufstockung war, mag man getrost bezweifeln. Die unmittelbare Vorgeschichte zur Herrschaft Justinians mit den Kaisern Anastasios und Justin stört die sprunghafte Erzählweise mit zahlreichen Flashbacks in die Vergangenheit.

Luzide entwickelt Heather dann aber, wie Katastrophen schon die frühen Herrschaftsjahre Justinians überschatteten und seine Versuche verpufften, mit Projekten wie dem Corpus Iuris um Akzeptanz zu werben. Gründlich schreitet das Buch die diversen Kriegsschauplätze im westlichen Mittelmeer ab: Atemlos verfolgt man den Vormarsch von Belisars nur 7000 Mann starkem Expeditionskorps von Reggio di Calabria quer durch Italien bis nach Rom und darüber hinaus. Und eindrucksvoll schildert Heather die Probleme, die sich Justinians Soldaten entlang der Nomadengrenze zur Sahara stellten, sobald sie den Vandalen Nordafrika entrissen hatten. Der Geschichtsschreiber Prokop liefert die Vorlage für den grandiosen Showdown vor Rom, das der Gote Totila erobern kann, nur um wenig später wieder aus der alten Hauptstadt vertrieben zu werden. Abschließend wirft Heather einen Blick auf die fatalen Folgen des Krieges für Italien, das sich von dem Substanzverlust nicht mehr erholte, aber auch für das überforderte Reich insgesamt. Wenn die Eroberungen im Westen Justinians Nachfolger zwischen den Fingern zerrannen, dann hätten die Ursachen dafür im Osten gelegen, wo Justinian den Persern eine offene Flanke geboten habe.

Das Buch ist Einsteigern in die Materie durchaus zu empfehlen. Der wenig Wissen voraussetzende Text mit Glossar und ein die Quellen erschließender Anmerkungsapparat erleichtern den Zugang. Problematisch ist die Vergegenwärtigung des Vergangenen, wie sie charakteristisch ist für die angelsächsische Althistorie: Begriffe wie "Ideologie" und "Propaganda", die Heather ganz unbefangen gebraucht, wirken hierzulande doch eher anachronistisch. Ohnehin hat Mischa Meier die Latte für die Justinian-Forschung hoch gehängt. Heather wartet nach fünfzehn Jahren mit wenig Neuem auf.

MICHAEL SOMMER

Peter Heather:

"Die letzte Blüte Roms". Das Zeitalter Justinians.

Aus dem Englischen von Cornelius Hartz. wbg/ Theiss Verlag 2019. 448 S., geb., 35,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.05.2019

Der Eroberer
Peter Heather wirft einen neuen
Blick auf das „Zeitalter Justitians“
VON JOACHIM KÄPPNER
Man kann ihm noch immer ins Gesicht sehen, nach fast anderthalb Jahrtausenden. Ernst, die Brauen leicht zusammengezogen, blicken er und die Kaiserin Theodora hinunter auf die Besucher der Kirche San Vitale in Ravenna, wo die schönsten Mosaike der Spätantike erhalten sind. Kaiser und Kaiserin bringen Opfergaben zum Altar Gottes, der, wie sie glaubten, seine Hand schützend über sie hielt. Nur leicht idealisiert, ist er als der Herrscher zu erkennen, den der Chronist Malalas beschrieb: „Er war klein, mit breiter Brust, heller Haut, lockigem Haar, rundem Gesicht, gut aussehend, mit zurückweichendem Haaransatz, gerötetem Teint. Haar und Bart wurden bereits grau.“ Es ist Justinian I., Kaiser des wiedervereinten römischen Imperiums im 6. Jahrhundert.
In vielen Geschichtsbüchern, im Schulunterricht verschwindet die lange Epoche zwischen der Absetzung des letzten weströmischen Kaisers 476 durch den germanischen Warlord Odoaker und dem Sturm des Islam durch die Mittelmeerwelt ab 632 wie in einem schwarzen Loch. Aber der britische Historiker Peter Heather, einer der besten Kenner der Spätantike, nimmt den Leser mit auf eine Reise mitten hinein in die Abendblüte der antiken Kultur. In dieser Welt ist das Römische Imperium 476 nicht untergegangen, es lebt im Osten fort, im oströmischen Reich, das später das byzantinische genannt wurde und erst 1453 sein Ende fand. In der prachtvollen und von der stärksten Befestigungsanlage der Antike geschützten Metropole Konstantinopel regierte Kaiser Justinian von 527 bis 565, damals fast ein Menschenalter lang.
Heather zeigt präzise, wie römisches Denken und römische Staatsphilosophie sein Handeln und das seines immer noch beeindruckenden Staates – er umfasst 527 vom Balkan über Palästina bis Ägypten den gesamten östlichen Mittelmeerraum – bestimmten. Justinians Feldherren, vor allem Belisar aus Cäsarea, eroberten weite Teile des verlorenen Westens. Die Waffen Ostroms drehten das Rad der Zeit zurück, Rom und Karthago gehörten wieder zum Imperium Romanum.
All dem, so nahmen Generationen von Historikern an, habe ein Plan des Kaisers zugrundelegen, die Ideologie von der Wiederherstellung des Imperiums; Justinian erscheint als Romantiker einer verlorenen Welt. Seine Kriege aber hätten in einer bösen Paradoxie des Schicksals auch Ostrom beinahe zugrunde gerichtet, so dass es, als ein Jahrhundert später die Heere des Islam vor den Toren standen, alle Provinzen außer Kleinasien und Griechenland verlor.
Peter Heather ist ein hervorragend schreibender Autor, der uns das ganze Drama dieser dem Untergang geweihten Welt der Spätantike nahebringt. So lagen im Frühsommer 533 vor der alten sizilischen Griechenstadt Taormina 600 Schiffe aus Ostrom, die einen Schlag gegen die Vandalen Nordafrikas führen sollen. Diese Invasion war aber, so Heather, gar nicht als erster Akt zur Rückeroberung des Westens gedacht – anders als sie meist verstanden wird. Ein solches Projekt schien im sechsten Regierungsjahr Justinians noch unmöglich zu sein. In Taormina erhielt der Feldherr Belisar die Nachricht, dass das Gros der gefürchteten vandalischen Flotte, die 468 eine gewaltige weströmische Expeditionsstreitmacht vernichtet hatte, nach Sardinien unterwegs war, um dort einen Aufstand niederzuschlagen. Belisar, im Besitz aller Vollmachten Justinians, erkannte sofort: Ein solcher Moment würde nie wiederkommen. Heather: „Erst jetzt und hier wurde Justinians Plan geboren, den gesamten römischen Westen anzugreifen.“ Das Vandalenreich zerbrach überraschend, und nun, wieder im Besitz der reichen afrikanischen Provinzen, war die oströmische Position eine ganz andere. Nun rückten die Ostgoten Italiens ins Visier – doch diesmal sollte der Krieg nicht Wochen, sondern Jahrzehnte dauern.
Präzise, eher politikwissenschaftlich untersucht Heather das Handeln Ostroms. Am Vorabend des durch den Historiker und Augenzeugen Prokop so lebendig überlieferten Vandalenkrieges stand die Legitimität des jungen Kaisers auf tönernen Füßen. Seine Bemühungen, die Reichskirche zu einen, waren gescheitert, ein Feldzug gegen die persische Großmacht 531 zum Desaster geraten. Und Anfang 532 hatte Justinian eine Erhebung der politischen Parteien, den Nikaaufstand, durch Belisars Eliteeinheiten in Strömen von Blut ertränken lassen: „Im Frühjahr 532 war Justinians Regime verzweifelt auf der Suche nach einem politischen Erfolg“, schreibt Heather, „und diesen sollte ihm eine militärische Intervention in Nordafrika bescheren.“
Eine gewonnene Schlacht, Tributzahlungen aus Karthago – derlei war das Ziel des innenpolitisch motivierten Angriffs, der zum größten römischen Triumph seit Menschengedenken wurde. Dass die Vandalen, die der Kaiser unter einem Vorwand attackieren ließ und die fast ein Jahrhundert lang als unbesiegbar gegolten hatten, so schnell kollabieren würden, damit hatten Ostroms Strategen kaum gerechnet.
Peter Heather ist so etwas wie der Intimfeind der historischen Cultural Turn-Theoretiker, die durch seinen Einspruch erheblich an modernistischem Glanz verloren haben. Und so ist auch dieses Buch zu lesen. Die Idee der Kulturwende geht von dem an sich sinnvollen Gedanken aus, unsere Rezeption der Antike sei zu sehr von der Perspektive ihrer Hochkulturen geprägt. Die Römer verfügten über Schrift, Recht, Literatur, ihr Blick dominiert unser Bild jener Völker, die aus ihrer Sicht Barbaren waren, der Germanen, Kelten, Numider, sogar der Perser, deren Reich und Zivilisation jener Roms wenig nachstanden. Die Kulturwende-Vertreter empfinden Unterscheidungen zwischen Hochkulturen und anderen an sich als diskriminierend. Es sei allerdings, wie Heather oder Bryan Ward-Perkins argumentieren, ein kolossales Missverständnis, etwa den Kollaps Westroms im fünften Jahrhundert auf eine Art Diversity-Ereignis zu reduzieren. Nicht die Unterdrückten erhielten damals endlich eine Stimme, vielmehr starb eine Welt, oft genug in Flammen, Zerstörung und Tod.
Heather führt Justinians Politik auf das Grundprinzip der römischen Kaiserzeit zurück. Im Selbstverständnis der Römer waren sie dank ihrer gesellschaftlichen Institutionen den Barbaren grenzenlos überlegen. Es war Roms Aufgabe, die Welt zu ordnen: „Das erklärt auch, wie die Römer zur Überzeugung gelangen konnten, das Göttliche habe ein einzigartiges Interesse an ihrem Staat und seinem Schicksal.“
Ging es diesem Staat gut, genoss er göttliche Unterstützung. Litt er unter Seuchen, Krisen, fremden Eroberern, dann versagte der eine christliche Gott seine Gunst: „Der allmächtige Gott konnte kein deutlicheres Zeichen seiner Gunst senden als einen kolossalen militärischen Sieg über die den Römern innerhalb der göttlichen Schöpfungsordnung per definitionem untergeordneten Barbaren.“ Das war die Herrschaftsideologie, die Justinians Kriege befeuerte.
Als er 565 starb, blieb die Gunst des Himmels bald aus. Das vergrößerte Reich litt unter einem klassischen imperial overstretch, die Pest, die Kriegssteuern und ein mörderischer Einfall der Perser 540 hatten die Finanzen erschöpft. Am schlimmsten wirkte sich aus, dass Ostroms Armee – die Heather entgegen alter Vorurteile nicht als Söldnerhaufen, sondern als hochdisziplinierte, effektive Truppe beschreibt, ohne die das Teilreich schon früh das Schicksal des Westens geteilt hätte – in Ost und West zu gefordert war, um auch noch die Donaugrenze zu bewachen. Hier begann, in einer nächsten Welle der Völkerwanderung, die Invasion slawischer Stämme, die bald fast den gesamten Balkan beherrschten. Erstmals gingen oströmische Provinzen dauerhaft verloren und auch ihre antike Kultur.
Dennoch kommt Heather zu einem überraschenden Schluss: Trotz aller Verluste, aller Toten, aller Verwüstungen stand das Imperium bei Justinians Tod noch immer sehr gut da, wie die Archäologen belegen, auf hohem Wohlstandsniveau in den verschont gebliebenen Kernprovinzen. „Justinians Politik“, schreibt er in kühner Herausforderung der geltenden Historikerlehre, „unterminierte nicht die allgemeine strategische Sicherheit des gesamten Imperiums.“ Sie markiere nicht zwangsläufig den Anfang vom Ende. Als „Eroberer von Völkern“ jedoch habe er seinen Nachfolgern ein „toxisches Vermächtnis“ hinterlassen. Sie, die nun hätten aufbauen und die Grenzen sichern müssen, hatten wie er „den militärischen Sieg als ultimativen Garanten der göttlichen Legitimität eines Kaisers“ zu suchen. So habe „der fünfzigjährige Teufelskreis“ neuer Kriege gegen die Perser und die Slawen begonnen, an denen das Reich fast zerbrochen wäre. Als dann die Araber in die Mittelmeerwelt einfielen, war es gerade noch stark genug, um sein Überleben zu sichern.
Peter Heather: Die letzte Blüte Roms. Das Zeitalter Justinians. Aus dem Englischen von Cornelius Hartz. Wbg Theiss, Darmstadt 2019. 448 Seiten, 35 Euro.
Es wäre ein Missverständnis,
den Kollaps Westroms auf ein
Diversity-Ereignis zu reduzieren
Das toxische Vermächtnis
des Eroberers der Völker: ein
Teufelskreis neuer Kriege
Der spätrömische Kaiser Justitian in einem Mosaik der Kirche San Vitale in Ravenna.
Foto: mauritius images / JT Vintage
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»Gründlich schreitet das Buch die diversen Kriegsschauplätze im westlichen Mittelmeer ab. ... Eindrucksvoll schildert Heather die Probleme, die sich Justinians Soldaten entlang der Nomadengrenze zur Sahara stellten...« Frankfurter Allgemeine Zeitung»Mit einem erfrischend neuen Blick widmet sich Heather dem Oströmischen Reich des 6. Jahrhunderts, wo Justinian herrschte, sowie der westlichen Welt, wo der Kaiser eine Reihe denkwürdiger militärischer Aktionen initiierte, und der allgemeinen Bedeutung seiner großen Errungenschaften. Der mit einem scharfen Gespür für das Unvorhersehbare in Krieg und Politik geschriebene Band fängt wie nur wenige Bücher ganz hervorragend die atemberaubenden Momente der Herrschaft des letzten großen römischen Kaisers ein.« - Peter Brown, Autor von Der Schatz im Himmel und Der Preis des ewigen Lebens.»Ein meisterhafter Bericht darüber, wie Rom nach dem Zusammenbruch der westlichen Provinzen wieder zu alter Größe fand. Peter Heather zeigt, wie in den römischen Osten Stabilität und Wohlstand zurückkehrten und den Weg für ein neues goldenes Zeitalter ebneten. Dies ist nicht nur ein interessantes Buch, sondern ein wirklich wichtiges.« - Peter Frankopan, Autor von Licht aus dem Osten und Kriegspilger - Der erste Kreuzzug.»Seit Julius Caesar hatten die Römer nicht mehr so große Gebiete erobert wie unter Justinian - wobei man hier eher sagen muss: zurückerobert. Zwischen dem Niedergang des westlichen Reichs im 5. Jahrhundert und dem Fall des römischen Nahen Ostens im 7. Jahrhundert führte das Neue Rom an allen Fronten Krieg. In seinem spannenden, gut lesbaren Band erklärt Heather aber auch die umfassenden Strategien, die den Feldzügen zugrunde lagen und die in anderen Berichten häufig ausgespart werden.« - Anthony Kaldellis, Autor von Streams of Gold, Rivers of Blood»Peter Heathers neuer Band ist ein extrem gut zugängliches, kenntnisreiches und topaktuelles Handbuch zur Herrschaft Justinians und ihrer immensen Bedeutung für den weiteren Verlauf der römischen und byzantinischen Geschichte. ... verdient es, nicht nur vom Fachpublikum gelesen zu werden, sondern von einer möglichst breiten Öffentlichkeit.« - Peter Sarris, Autor von Empires of Faith und Byzantium - A Very Short Introduction»Geschichtlich fundiert, arbeitet er aus den zahlreichen Quellen eine interessante Geschichte heraus- Geschichte zu erzählen muss eben nicht langweilig sein, ein Werk nicht nur für Historiker!« (Spazz)»Lebendiger und seltener Bericht der Schwelle zwischen Antike und Mittelalter.« (History 5/19)»Peter Heather ist ein hervorragend schreibender Autor, der uns das ganze Drama dieser dem Untergang geweihten Welt der Spätantike nahebringt.« (Süddeutsche Zeitung)»Erzählerisch gelungen und analytisch scharf hat Peter Heather ein beeindruckendes und feinkonturiertes Porträt Justinians gezeichnet - eines Kaisers, der sich seiner Aufgabe wie kaum ein anderer Herrscher hingab, gleichzeitig aber so grandios Schiffbruch erlitt wie nur wenige seiner Amtsvorgänger.« (Spektrum der Wissenschaft)»eine ebenso farbige wie detailreiche Analyse« (Berthold Seewald in Die Welt)…mehr