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Der dämonische Diktator - die Sulla-Biographie von Karl Christ
Karl Christs faszinierendes Portrait Sullas zeigt eine dämonische Persönlichkeit, die gleichermaßen von äußerster Risikobereitschaft, nüchternem politischen Kalkül und gnadenloser Härte im Umgang mit Feinden geprägt ist. Dem Autor gelingt es, die völlig unterschiedlichen, scheinbar einander widersprechenden Facetten im Leben des Protagonisten aufscheinen und dennoch, ohne zu harmonisieren, ein kohärentes Charakterbild entstehen zu lassen. Er zeigt jenen Sulla, der als tändelnder Aristokrat die zweifelhafte Gesellschaft von…mehr

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Produktbeschreibung
Der dämonische Diktator - die Sulla-Biographie von Karl Christ

Karl Christs faszinierendes Portrait Sullas zeigt eine dämonische Persönlichkeit, die gleichermaßen von äußerster Risikobereitschaft, nüchternem politischen Kalkül und gnadenloser Härte im Umgang mit Feinden geprägt ist. Dem Autor gelingt es, die völlig unterschiedlichen, scheinbar einander widersprechenden Facetten im Leben des Protagonisten aufscheinen und dennoch, ohne zu harmonisieren, ein kohärentes Charakterbild entstehen zu lassen. Er zeigt jenen Sulla, der als tändelnder Aristokrat die zweifelhafte Gesellschaft von Schauspielern sucht, aber auch den mutigen Reiteroffizier, der seinem Gegenspieler Marius den Rang abläuft, und ebenso den Revolutionär, der mit seinen Truppen den Marsch auf Rom wagt. Dann wieder schildert er den zweckrational agierenden Diktator, der Rom kurzzeitig zu stabilisieren vermag, und schließlich jenen rätselhaften Mann, der auf dem Höhepunkt der Macht alle Ämter aufgibt, um unangefochten - wieder in der Gesellschaft der Gaukler - seine letzten Monate zu verbringen.
Ein besonderes Verdienst dieses Buches liegt darin, die Wirkungsgeschichte der Hauptperson in einer kurzen tour d'horizon Revue passieren und dabei deutlich werden zu lassen, daß sie gleichermaßen für die Zeitgenossen wie für die nachfolgenden Generationen bis heute ein Faszinosum geblieben ist.
Autorenporträt
Karl Christ lehrte bis zu seiner Emeritierung als Professor für Alte Geschichte an der Universität Marburg. Er gilt als einer der besten Kenner der Geschichte der römischen Kaiserzeit.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.09.2002

Der Analphabet, der die Macht abgab
Politik der ironischen Leichtfertigkeit, dafür aber ein friedlicher Lebensabend: Karl Christ erzählt „Sulla. Eine römische Karriere”
Ein junger Mann aus der Oberschicht – nicht sehr weit oben –, die Familie ist verarmt, aber eine vorzeigbare Bildung, dazu hat es gereicht, er tut sich mit Schauspielern zusammen und genießt das Leben. Dann kommen die Pflichten, er wird Soldat, Offizier, tut sich hervor und macht sich glänzend bekannt. Er muss Politiker werden in einer Zeit, in der die große Bühne der Politik von Mord und Totschlag beherrscht wird. Als Heerführer gewinnt er seine Kriege, als Staatsmann perfektioniert er in einer Hauptstadt den Terror. Seit Jahrzehnten ist von großen Umwälzungen die Rede. Er stellt die alte Ordnung wieder her. Dann zieht er sich wieder ins Privatleben zurück, wendet sich wieder seinen Schauspielern zu, genießt sein Leben in Frieden. Sechzig Jahre alt stirbt er, bevor die Beschwernisse des Alters ihm die Tage und Nächte vergällen.
Lucius Cornelius Sulla, geboren 138 vor Christus, er ist 17 Jahre alt, als Cajus Gracchus erschlagen wird und der erste große Versuch einer römischen Revolution scheitert. Er ist fünfzig Jahre alt, als er mit seinem Heer zum ersten Mal auf Rom marschiert und nach einem Terrorexzess wieder nach Griechenland aufbricht, um den König Mithridates VI. zu besiegen und die Verhältnisse in Griechenland und Kleinasien neu zu ordnen. Fünf Jahre später ist er zurück in Rom, lässt wieder den Terror wüten, gibt ihm durch die Proskriptionslisten ein bürokratisches Gesicht und wird Diktator. Er stellt die Senatsherrschaft wieder her und tritt zurück. Nach seinem Tod im Jahr 78 vor Christus erhält er ein Staatsbegräbnis.
Keine Vorstellung von der Brutalität, Rücksichtslosigkeit und Grausamkeit Sullas, wie sie aufgrund solch dürrer Mitteilungen möglich sein mag, wäre übertrieben. Um so verblüffender die Niederlegung der höchsten Macht und das friedliche Ende auf seinem Landgut in der Nähe von Puteoli. Dieses vor allem hat von jeher die Gemüter beschäftigt. Cäsar beurteilte ihn von der Höhe seines Genies herab ganz pragmatisch: „Sulla”, überliefert Sueton seine Worte, „sei ein Analphabet gewesen, da er die Diktatur niedergelegt habe.” Theodor Mommsen, der größte Bewunderer Cäsars unter den Althistorikern, tadelte Sullas „ironische Leichtfertigkeit” in der Politik, nannte ihn den „wahren und letzten Urheber der vollen staatlichen Einheit Italiens”, unterschlug nicht die „öffentliche Verhöhnung der Humanität” und befand schließlich: „Was er nun aber war, dieser Don Juan der Politik war ein Mann aus einem Gusse.”
Was aber sagt ein Althistoriker heute dazu? Karl Christ, sicherlich der beste Kenner der Historiografie zur Alten Geschichte und ihrer Geschichtsschreiber, hat jetzt eine Sulla-Biografie vorgelegt. Sie vermeidet große Worte, soweit sie diese nicht, achselzuckend, zitiert. Aber sie hält nicht mit moralischem Urteil zurück, wo von Verbrechen die Rede sein muss. Sie holt weit aus, um das Geschehen, in dem Sulla eine Rolle spielt, als Zusammenhang verständlich zu machen. Wer diese Biografie liest, braucht sich nicht eine römische Geschichte dieser Zeit daneben zu legen, was dort stehen könnte, steht auch bei Christ.
Aber die Person bleibt undeutlich. Was der Feldherr, der Politiker tut, wird klar. Warum er es tut, lässt sich denken. Aber was nun Sulla denkt, wenn er sich im Spiegel betrachtete, scheint Christ nicht zu interessieren. Oder, wenn es den Historiker interessiert, dann wünschte wohl einer wie Christ einen intelligenten historischen Roman darüber zu lesen oder eine ausgefeilte psychologische Studie. Aber Christ schreibt keine Romane und für den Psychologen wäre wohl die Quellenbasis zu schmal. So muss es beim Erstaunen bleiben. Immerhin teilt auch noch der heutige Althistoriker dieses mit den Zeitgenossen des zurücktretenden Diktators: „Der Vorgang hatte in der römischen Bevölkerung offensichtlich eine so tiefe Erschütterung ausgelöst, dass sie zu keiner Reaktion fähig war”, schreibt Christ: „Es gab weder Freuden- noch Dankesbekundung. Die Furcht vor diesem Mann war so groß, dass es den Bürgern die Sprache verschlug.”
Aber weshalb war der Hass auf diesen Staatsterroristen nicht so groß, dass sich nach bluttriefenden Jahrzehnten in Rom niemand fand, erlittenes Unrecht an dem Privatmann zu rächen? Auch diese Frage streift Christ nur kühl und lässt sie unbeantwortet: „In der modernen Forschung wird immer wieder darauf hingewiesen, dass Sulla auch als Privatmann nichts zu befürchten hatte, dass in Rom selbst die 1000 von ihm freigelassenen Sklaven, die Cornelier, in Italien seine rund 100000 Veteranen bereitstanden, um seine Person zu schützen. Doch wie weit er sich wirklich auf sie verlassen konnte, und ob sie im Konfliktfalle rechtzeitig zur Stelle waren, ist eine offene Frage.”
Zwei offene Fragen, die von der Geschichtswissenschaft nicht zu beantworten sind: Warum trat er zurück? Warum konnte er sich das erlauben? Nun weiß jeder Historiker, wann er bei seiner Arbeit die Phantasie zu Hilfe nehmen muss. Und er weiß, wann er der Phantasie die ganze Arbeit überlassen hätte. Davor hat sich Karl Christ gehütet.
JÜRGEN BUSCHE
KARL CHRIST: Sulla. Eine römische Karriere. Verlag C.H. Beck, München 2002. 236 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Eine "schwierige Biografie" erblickt Rezensent Thomas Maissen in Karl Christs "Sulla. Eine römische Karriere". Schon für Seneca war es laut Maissen eine ungeklärte Frage, was für ein Mensch Sulla war. Christ referiere eine lange Reihe von antiken und modernen Autoren, die gleichwohl ihr Urteil abgaben, und füge seine eigene, kenntnisreiche Skizze dieser widersprüchlichen "Persönlichkeit" hinzu. Nichtsdestoweniger hält Maissen fest, dass wir Heutigen uns noch weniger ein Bild von Sullas Person machen können als Seneca. Denn: zeitgenössische Quellen fehlen, die detailliertesten Berichte, von Plutarch und Appian, wurden rund zwei Jahrhunderte später auf Griechisch verfasst. Dessen ungeachtet zitiere Karl Christ stellenweise unkommentiert und ausführlich aus den gesammelten Bruchstücken der Sulla-Überlieferung. "Er ahnt wohl", resümiert der Rezensent, "spricht aber nicht aus, dass sie den Stoff für eine Biografie im modernen Sinn nicht hergeben."

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