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Frank Kolbs einzigartige Geschichte der antiken Stadt Rom wird hier in einer überarbeiteten Fassung erneut vorgelegt. Der Band behandelt das gesellschaftliche Leben, Kulte und Feste, kulturelles Leben und städtische Unruhen, den Einfluß der Politik und ihrer führenden Repräsentanten auf Stadtbild, Wirtschaft, Versorgungsprobleme, Wohnverhältnisse und Infrastruktur des antiken Zentrums der Welt.

Produktbeschreibung
Frank Kolbs einzigartige Geschichte der antiken Stadt Rom wird hier in einer überarbeiteten Fassung erneut vorgelegt. Der Band behandelt das gesellschaftliche Leben, Kulte und Feste, kulturelles Leben und städtische Unruhen, den Einfluß der Politik und ihrer führenden Repräsentanten auf Stadtbild, Wirtschaft, Versorgungsprobleme, Wohnverhältnisse und Infrastruktur des antiken Zentrums der Welt.
Autorenporträt
Frank Kolb ist Professor für Alte Geschichte an der Universität Tübingen. Seine Hauptarbeitsgebiete sind Stadt- und Regionengeschichte, historische Landeskunde, Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Von ihm ist im Verlag C.H.Beck lieferbar: Die Stadt im Altertum (1984).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.1995

Das größte Hallenbad der Weltgeschichte
Frank Kolb führt durch das antike Rom / Von Karl Christ

Gestehen wir jedoch, es ist ein saures und trauriges Geschäft, das alte Rom aus dem neuen herauszuklauben, aber man muß es denn doch tun und zuletzt eine unschätzbare Befriedigung hoffen. Man trifft Spuren einer Herrlichkeit und einer Zerstörung, die beide über unsere Begriffe gehen. Was die Barbaren stehen ließen, haben die Baumeister des neuen Rom verwüstet." Man könnte diese Stelle aus Goethes "Italienischer Reise", die der Tübinger Althistoriker Frank Kolb in der Einleitung seines neuen Buches zitiert, auch als Motto über sein ganzes Werk setzen. Zumindest ein "saures . . . Geschäft" war es gewiß, die Geschichte Roms im Altertum zu rekonstruieren und damit gleichsam ein modernes Pendant zu Reumonts "Geschichte der Stadt Rom" (1866) und Gregorovius' "Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter (1859 bis 1872) zu wagen.

Denn während an "Römischen Geschichten" gerade in deutscher Sprache kein Mangel herrscht, klafft im Bereich der Stadtgeschichte seit langem eine fühlbare Lücke. Dies wird verständlich, wenn man bedenkt, daß allein 1991 etwa 70 Grabungen im Stadtgebiet durchgeführt wurden. Selbst die italienischen Archäologen zögern, Synthesen der einzelnen historischen Fundhorizonte zu erstellen. Dies gilt insbesondere für die Vor- und Frühgeschichte der Stadt, die daher in nicht wenigen Darstellungen weitgehend ausgeklammert wird. Ganz anders bei Kolb, der rund ein Sechstel seines umfangreichen Buches auf das vorrepublikanische Rom verwendet.

Der Autor setzt sich zum Ziel, für einen möglichst breiten Leserkreis "die großen Linien der Stadtentwicklung" von den Anfängen bis zu Diokletian aufzuzeigen und "eine im wesentlichen auf dem neuesten Stand der Forschung befindliche, wissenschaftlich fundierte und dennoch angenehm lesbare und einigermaßen kurzweilige Darstellung der Stadtgeschichte des antiken Rom" zu geben. Zweifellos ist dies auch gelungen, weil Kolb die denkbar besten Voraussetzungen für diese schwierige Aufgabe besaß. Wie die Monographie über "Die Stadt im Altertum" (1984) bezeugt, ist er mit den grundsätzlichen Problemen dieses Spezialbereichs vertraut. Enge Zusammenarbeit mit Archäologen in der Feldforschung kommt ebenso hinzu wie ein besonderes Interesse an Architektur, Bautechnik, nicht zuletzt an historischen Auswertungen der Baumaterialien.

Das Werk empfiehlt sich durch eine sinnvolle Disposition. Ein historischer Längsschnitt schildert im ersten Hauptteil die wichtigsten Phasen der Stadtgeschichte: Kolb zeigt die Ausbildung eines frühen urbanen Zentrums, sodann jenen Prozeß, der die Kleinstadt in Latium zur Hauptstadt Mittelitaliens, zur Großstadt während der späten Republik und schließlich zur "Kapitale der Oikumene" werden ließ. Systematische Querschnitte für die wichtigsten Aspekte des kaiserzeitlichen Roms nehmen dann die zweite Hälfte des Bandes ein. Der Autor bespricht die Beziehungen zwischen Stadt und Umland, die Ausbildung der Kaiserresidenz, Strukturen und Veränderungen des Stadtgebiets, Wohnverhältnisse und Infrastruktur, Bevölkerungsentwicklung und Wirtschaftsleben, Administration und Versorgung, die Bereiche von Hygiene, Bildung und Unterhaltung, Religion und Kulten - um die wichtigsten Themenkreise zu nennen. Eine Skizze über die Geschichte und Entwicklung der Stadt im 3. Jahrhundert nach Christus rundet den Band ab, der mit reichhaltigem Bild- und Kartenmaterial, einer dichten Dokumentation und einem nützlichen Literaturverzeichnis vorbildlich ausgestattet wurde.

In klarer Diktion türmt Kolb eine Fülle von Informationen über Bauplanung, die Monumente, Plätze, Zentren, Gebäude und Befestigungen Roms auf. Doch er begnügt sich nicht mit einer reinen Stadtbeschreibung oder einer siedlungsgeschichtlichen Bilanz, obwohl er stets präzise Daten, Maße und Angaben über die Bodenfunde wie über die archäologischen und chronologischen Details vermittelt. Er problematisiert vielmehr all dies unter Ausschöpfung sämtlicher Quellen sowie vieler Vergleiche und verbindet seine Materialien mit den grundsätzlichen Fragen der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, so daß sich am Ende - sowohl für den sakralen als auch für den profanen Bereich der Stadtgeschichte - ein differenziertes Gesamtbild ergibt. Dies sei wenigstens an einigen zentralen Problemkreisen des Werkes verdeutlicht.

In einem Überblick über Fundlage und Forschungssituation der römischen Vor-und Frühgeschichte werden die Aussagen der antiken Mythen und der annalistischen Tradition über die Anfänge und die Königszeit mit jenen der Bodenfunde und der Siedlungsspuren konfrontiert. Der Autor lehnt dabei den Inhalt der antiken Mythen ebenso ab wie die späte Rekonstruktion der annalistischen Historiographie. Er bleibt indessen auch bei der Auswertung der archäologischen Funde sehr zurückhaltend. Distanz wahrt Kolb weiter zu den "modernen Mythen zum frühen Rom". Die Forschungen der letzten anderthalb Jahrhunderte bringt er dabei auf den Nenner: "Romulus ist tot! Es lebe Romulus!" Diese Entmythologisierung der römischen Frühgeschichte ist gewiß berechtigt, nur hätte man sich eine noch stärkere Berücksichtigung der Bedeutung und der Macht jener Tradition in der späteren römischen Geschichte gewünscht. Zweifellos hat sie Geschichtsbild und Vorstellungswelt der Römer - und noch des mittelalterlichen Europa - ebenso stark beherrscht wie jene der homerischen Epen das Bild einer gemeinsamen Vergangenheit bei den Griechen.

Neue Akzente bestimmen auch die Beschreibung der "Hauptstadt Mittelitaliens" während des Zeitraumes zwischen 387 und 265 vor Christus. Die Zerstörungen in der Stadt durch den Keltensturm werden dabei relativiert: "Porsenna hat der Stadt . . . anscheinend tiefere Wunden geschlagen als die Kelten." Als materielle Grundlage für die römischen Großbauten dieser Zeit wird der Ertrag aus den einstigen Salinen Vejis an der Tibermündung hervorgehoben, der sich im Jahre 204 vor Christus auf vier Tonnen Silber belief. An weiteren wirtschaftlichen Zusammenhängen sind die Entwicklung der Münzprägung wie die Rolle Ostias, die Intensivierung der Tiberschiffahrt wie die Keramikproduktion berücksichtigt, aber auch Roms Bedeutung als Markt- und Gerichtsort für die weitere Umgebung unterstrichen.

Innerhalb dieses Rahmens werden die wichtigsten Neubauten und Anlagen der Epoche, besonders eingehend die "Servianische Mauer", die Nutz- und Tempelbauten besprochen. Die Initiativen der Censoren wie die vielfältigen Impulse der Nobilität in den Feldern von Tempelbau und Kultgebäuden, bei der Entstehung einer römischen Repräsentationskunst wie im Aufkommen naturalistischer Porträts kommen dabei zu ihrem Recht. Die Interdependenzen zwischen sozialen, wirtschaftlichen, politischen Entwicklungen, militärischen Erfolgen, Baumaßnahmen und Kulttopographie treten deutlich hervor.

In einem besonders wichtigen Kapitel erörtert Kolb die "Probleme einer antiken Großstadt" in der Zeit nach den Punischen Kriegen. Er unterstreicht dabei die beträchtliche Zuwanderung nach Rom, die auch durch gelegentliche Ausweisungen nicht aufgefangen werden konnte, daneben das rasche Anwachsen der Zahlen und Anteile von Sklaven und Freigelassenen. Die tiefgreifende Veränderung des Stadtbildes durch die Infrastrukturmaßnahmen wie durch die neuen Dimensionen im Wohnungsbau sind plastisch dargestellt. Es wird erwähnt, daß allein zwischen 200 und 133 vor Christus etwa 80 größere Bauvorhaben, darunter 21 Tempel, bekannt sind, daß nun die Verwendung von Marmor als Baumaterial beginnt und daß die Wasserversorgung der Stadt allein zwischen 150 und 125 vor Christus verdoppelt wurde.

Vor diesem Hintergrund setzt sich der Verfasser mit den Thesen von H. C. Boren über eine angebliche wirtschaftliche Rezession vor den Aktionen der Gracchen auseinander. Im Hinblick auf die Entstehung der Insulae, der großen und hohen Wohnblocks in der Stadt, spricht Kolb von einem privaten Bauboom. Dabei beleuchtet er auch die technischen Innovationen jener Jahrzehnte, die Verwendung von "Gußbeton" wie den Übergang von der unregelmäßigen Steinsetzung, dem "opus incertum", schließlich zum perfekten Netzmauerwerk, dem opus reticulatum, einen Übergang, den er durch arbeitstechnische wie durch Kostengründe verursacht sieht. Er lehnt daher die Vorstellung von Massenarbeitslosigkeit infolge einer Depression im Baugewerbe als entscheidenden Krisenfaktor der Gracchenzeit ab und verweist statt dessen auf die Bedeutung von Versorgungsproblemen als Krisenkatalysator jener Epoche.

Mit diesen Perspektiven und Beurteilungen läßt sich die allgemeine Analyse des Wirtschaftslebens im kaiserzeitlichen Rom verbinden. Auch hier tritt Kolb den negativen Vorstellungen einer "Verbraucherstadt" Rom entgegen und wendet sich temperamentvoll gegen die "Parasitenthese". Er greift damit ein grundsätzliches Problem auf, das mangels systematischer Bevölkerungs-, Gewerbe- und Wirtschaftsstatistiken nur sehr schwer zu entscheiden ist. Es wurde einst durch Robert von Pöhlmanns auf Rom konzentrierte Studie "Die Überbevölkerung der antiken Großstädte im Zusammenhange mit der Gesamtentwicklung städtischer Civilisation" (1884) auf eindrucksvolle Weise ins Bewußtsein geführt.

Jeder pessimistischen Sicht wird entgegengehalten, daß im kaiserzeitlichen Rom mehr als 200 verschiedene Gewerbe und 40 Berufskorporationen von Handwerkern bekannt sind. Kolb wagt daher die Hypothese, daß die in der Stadt benötigten Produkte dort großenteils selbst hergestellt wurden. Auch für die Kaiserzeit lehnt er daher die Annahme von "Massenarbeitslosigkeit" kategorisch ab. Angesichts der Quellenlage, des Fehlens von Arbeitsplätzen einer aufgeblasenen, zentralen Bürokratie, der Tatsache, daß nicht wenige Stellen in den Bereichen der Dienstleistungen wie des Handwerks von Sklaven und Freigelassenen besetzt waren, sollte man die Situation im Sektor der "freien Arbeit" vielleicht nicht zu positiv sehen.

Die wenigen skizzierten Problemfelder dürften wohl zeigen, in welche umfassenden Fragestellungen das Buch einführt. Es versteht sich von selbst, daß der Verfasser daneben die kaiserliche Baupolitik des 1. und 2. Jahrhunderts nach Christus in vollem Umfang und sehr detailliert bespricht, die Anlage der Kaiserforen, die Genese des Kaiserpalastes, "die urbanistische Gestalt des kaiserzeitlichen Roms" erörtert, auf Immobilienspekulation wie auf die staatliche Bau- und Mietgesetzgebung näher eingeht. Verwaltung und Lebensverhältnisse der Stadt werden in allen Bereichen untersucht. Weithin positiv ist noch der Ausblick auf das 3. Jahrhundert nach Christus: Die für rund 3000 Badegäste geplanten Diokletiansthermen etwa hält Kolb zum Beispiel für das "größte Hallenbad der bisherigen Weltgeschichte".

Das ungewöhnlich informative Werk läßt sich wohl nur abschnittsweise aufnehmen. Gleichwohl handelt es sich um ein Buch, das jeder Studierende und Freund der Stadt Rom und ihrer Geschichte kennen sollte. Denn nach wie vor gilt von der einzigartigen Stadt, was Jacob Burckhardt 1846 an Fresenius schrieb: "Der Genuß Roms ist ein beständiges Erraten und Combinieren; die Trümmer der Zeiten liegen in gar rätselhaften Schichten übereinander . . . alles zusammengenommen ist es eben doch noch die Königin der Welt".

Frank Kolb: "Rom". Die Geschichte der Stadt in der Antike. C. H. Beck Verlag, München 1995. 783 S., 101 Abb., geb., 78,- DM.

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