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Dieses Buch gibt einen Überblick über die Entwicklung der Sozialtheorie von 1945 bis heute. Nach einer ausführlichen Behandlung des Versuchs von Talcott Parsons, das Erbe der Klassiker Weber und Durkheim zu einer Synthese zusammenzuführen, werden die produktiven Widerstände gegen diesen Versuch (etwa Rational Choice und Symbolischer Interaktionismus) dargestellt. Danach geht es um die großen neuen Syntheseentwürfe seit etwa 1970 (Habermas, Luhmann, Giddens), aber auch um die kritische Fortführung der Modernisierungstheorie (Eisenstadt), Strukturalismus, Poststrukturalismus, Antistrukturalismus…mehr

Produktbeschreibung
Dieses Buch gibt einen Überblick über die Entwicklung der Sozialtheorie von 1945 bis heute. Nach einer ausführlichen Behandlung des Versuchs von Talcott Parsons, das Erbe der Klassiker Weber und Durkheim zu einer Synthese zusammenzuführen, werden die produktiven Widerstände gegen diesen Versuch (etwa Rational Choice und Symbolischer Interaktionismus) dargestellt. Danach geht es um die großen neuen Syntheseentwürfe seit etwa 1970 (Habermas, Luhmann, Giddens), aber auch um die kritische Fortführung der Modernisierungstheorie (Eisenstadt), Strukturalismus, Poststrukturalismus, Antistrukturalismus (Touraine), Feminismus, neue Diagnosen einer Krise der Moderne, den Neopragmatismus und die wichtigsten Aufgaben gegenwärtiger Arbeit. Das Buch behält den Duktus von Vorlesungen bei und liegt nun in einer aktualisierten Neuauflage vor. Eine vorzügliche Einführung für Studierende und fachfremde Leser.
Autorenporträt
Hans Joas, geboren 1948, ist Ernst-Troeltsch-Honorarprofessor an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin sowie Professor für Soziologie an der Universität Chicago. Für sein Werk wurde er vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Hans-Kilian-Preis, dem Max-Planck-Forschungspreis, dem Prix Ricoeur und zuletzt mit dem Theologischen Preis der Salzburger Hochschulwochen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.02.2005

Kreativität des Handelns
Eine Sozialtheorie mit ausgeprägter Zärtlichkeit
Soziologie ist aus der Mode gekommen. Und selbstverständlich muss sich auch niemand für die Wissenschaft von der Gesellschaft erwärmen. Man kann sich beispielsweise an Maggie Thatcher halten und mit der eisernen Lady behaupten, so etwas wie Gesellschaft gäbe es nicht. Daran ist immerhin richtig, dass sich Gesellschaft nicht wie ein Mückenschwarm im Abendlicht beobachten lässt. Was sich dem Auge in der Wirklichkeit zeigt, sind zunächst ja nur Einzelne, die ihren Tätigkeiten nachgehen: viele arbeiten, manche spekulieren an der Börse, dritte beten und alle nehmen Nahrung zu sich. Was an alldem soll „Gesellschaft“ sein?
Erst die Überlegung, dass Menschen mit Gründen handeln, dass sich Ordnungen in ihrem Zusammenleben herausbilden und dass sich solche Ordnungen geschichtlich verändern, kann Alltagsbeobachtung in Soziologie überführen. In dieser Fassung würde eine empirisch sensible und geschichtlich informierte Gesellschaftstheorie drei Grundfragen beantworten: Was ist Handeln? Was ist soziale Ordnung? Was bestimmt den sozialen Wandel?
So jedenfalls definieren Hans Joas, Leiter des Max-Weber-Kollegs für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien an der Universität Erfurt, und Wolfgang Knöbl, Professor für Soziologie in Göttingen, den Gegenstand ihrer Disziplin. Selbst eine derart unverfänglich klingende Definition ist unter Soziologen strittig, allerdings besitzt sie einen bedeutsamen Vorzug. Für die Zwecke des Autorengespanns erweist sie sich als ideal, haben sich Knöbl und Joas doch eine ehrgeizige Aufgabe gestellt. Eine Überblicksdarstellung zur modernen soziologischen Theorie war zu konzipieren, die dreierlei leistet – sie soll in das Fach einführen, die jüngere Geschichte der Gesellschaftstheorie rekapitulieren und die Einheit der Soziologie in der Vielfalt ihrer Kontroversen sichtbar machen.
Inzwischen liegt das mehr als 800 Seiten starke Werk vor und es verdient gehöriges Lob. Hoch informativ, von bestechender synthetischer Kraft und erstaunlich gut, nämlich weitgehend jargonfrei geschrieben, ist die Monografie ein Glücksfall. Wer sich als interessierter Zeitgenosse oder Student der Soziologie eine gründliche Vorstellung davon verschaffen möchte, womit sich Gesellschaftstheorie in den letzten 70 Jahren beschäftigt hat, tut gut daran, zu diesem Zyklus von zwanzig Vorlesungen zu greifen.
Ihm wird kompakt und plausibel dargelegt, wie sich Gesellschaftstheorie seit den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts über alle Schulbildungen und Theoriestile hinweg tatsächlich als ein kontinuierlicher Diskussionszusammenhang begreifen lässt. Dabei setzt das Gespräch, das Gesellschaftstheorie nach Knöbls und Joas’ großer Erzählung ist, mit dem amerikanischen Soziologen Talcott Parsons ein. Dessen Frühwerk preist die Geburt moderner Soziologie aus dem Geist einer Kritik des englischen Utilitarismus. Max Weber, Emile Durkheim und Vilfredo Pareto waren Parsons’ europäische Gewährsmänner für die Grundthese, dass sich Gesellschaften über Normen integrieren, die das individuelle Handeln steuern. Entstehung und Wandel sozialer Ordnungen blieben unbegreiflich, wäre die von den Utilitaristen behauptete Vermeidung von Schmerz und Mehrung von Lust tatsächlich der einzige Antrieb menschlicher Praxis. Die Anthropologie vom Nutzen maximierenden Menschentier hatte ja schon Friedrich Nietzsche mit dem Satz persifliert, nur die Engländer suchten nach dem Glück.
Obwohl Joas und Knöbl beileibe keine Nietzscheaner sind, klingt in dessen Ironie ein dem Soziologengespann kostbares Leitmotiv an. Sind Gesellschaften komplexe Handlungszusammenhänge, verlangt Gesellschaftstheorie nach einer Anthropologie menschlicher Interaktion, die deutlich reicher auszufallen hat als die kargen Vorschläge der Utilitaristen oder „rational-choice“- Theoretiker. Das kleine Glück und die richtige Wahl machen uns Sterbliche noch nicht zu Gesellschaftswesen. Umso schlechter stehen im Lichte dieser Bedenken die verschiedenen Spielarten der Systemtheorie und des Strukturalismus dar. Namentlich deren Vertreter belächeln mit gelegentlich spürbarer Herablassung die alteuropäische Tradition, wonach Gesellschaftswissenschaft eine in den heiligen Wassern der Anthropologie oder idealistischen Bewusstseinsphilosophie getaufte Humanwissenschaft zu sein habe.
Subsystem und Sachlogik
Soviel Antihumanismus ist Joas und Knöbl suspekt. Wo sich der Mensch zum Effekt von Strukturen herabgesetzt oder in die Umwelt sozialer Systeme ausgelagert findet, melden die beiden Autoren entschiedenen Widerspruch an. Wohlgemerkt hindert der Dissens sie nicht, die kritisierten Positionen getreu und weitgehend verlässlich wiederzugeben. Selbst in der Argumentation gegen konträre Theorieentwürfe bleiben sie verantwortungsbewusste Lehrbuchautoren. Aber sie lassen am Ende keinen Zweifel daran, dass ihnen das Bild moderner Gesellschaften verzeichnet erscheint, die sich in Subsysteme ausdifferenzieren, deren weitere Evolution die jeweilige Sachlogik innerhalb der Wirtschaft, der Politik oder des Rechtes diktiert.
Was Joas’ und Knöbls Auseinandersetzung mit dem ganzen Spektrum der jüngeren Sozialtheorie antreibt, ist die ausgeprägte Zärtlichkeit für das ihrer Überzeugung nach alles entscheidende soziale Faktum, die „Kreativität des Handelns“. Dieser schöpferische Möglichkeitssinn steht im Zentrum des eigenen Entwurfs einer neopragmatischen Gesellschaftstheorie. Sie zielt auf einen Handlungsbegriff, der ernst macht mit dem Umstand, dass unser Handeln, Fühlen und Erkennen stets symbolvermittelt, die Bedeutung der Symbole ihrerseits aber handlungsbezogen ist. So gesehen, ist menschliches Handeln eingelassen in ein sozial und geschichtlich situiertes Interpretationsgeschehen, das sich keineswegs darauf beschränkt, ausgehandelten Zwecken die jeweils adäquaten Mittel bereitzustellen. Selbst der homo faber ist erfindungsreicher und zufallsoffener, als es uns die Kritik instrumenteller Vernunft einreden wollte. Es sind also amerikanische Gewährsmänner wie George Herbert Mead und Hillary Putnam, wie William James und John Dewey, die Joas und Knöbl in dem transatlantischen Dialog inspiriert haben, aus dem ihre Soziologie hervorgeht. Dass Hans Joas nicht nur in deutschen Landen, sondern auch als Mitglied des erlesenen „Committee on Social Thought“ an Chicagos Eliteuniversität Gesellschaftswissenschaft lehrt, ist wohl mehr als ein biografisches Detail.
MARTIN BAUER
HANS JOAS, WOLFGANG KNÖBL: Sozialtheorie. Zwanzig einführende Vorlesungen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2004. 816 Seiten, 20 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

"Gehöriges Lob" verdient dieser Band von Hans Joas und Wolfgang Knöbl nach Ansicht von Rezensent Martin Bauer. Die umfangreiche Überblicksdarstellung zur modernen soziologischen Theorie will dreierlei: Sie soll in das Fach einführen, die jüngere Geschichte der Gesellschaftstheorie rekapitulieren und die Einheit der Soziologie in der Vielfalt ihrer Kontroversen sichtbar machen. Das ist den Autoren auch bestens gelungen: Als "hoch informativ", "von bestechender synthetischer Kraft" und "erstaunlich gut, nämlich weitgehend jargonfrei geschrieben" lobt Bauer das Werk. Jedem, der sich eine gründliche Vorstellung davon verschaffen möchte, womit sich Gesellschaftstheorie in den letzten 70 Jahren beschäftigt hat, kann er diesen Zyklus von zwanzig Vorlesungen nur ans Herz legen. "Kompakt und plausibel" legten die Autoren darin dar, wie sich Gesellschaftstheorie seit den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts über alle Schulbildungen und Theoriestile hinweg tatsächlich als ein kontinuierlicher Diskussionszusammenhang begreifen lässt. Auch bei Theorien, mit denen Joas und Knöbl nicht einverstanden sind, geben sie die kritisierten Positionen nach Auskunft des Rezensenten "getreu und weitgehend verlässlich" und bleiben selbst in der Argumentation gegen konträre Theorieentwürfe "verantwortungsbewusste Lehrbuchautoren". Gegen Strukturalismus und Systemtheorie setzten Joas und Knöbl auf eine neopragmatische Gesellschaftstheorie, in deren Zentrum die "Kreativität des Handelns" stehe. Das Resümee des Rezensenten: "ein Glücksfall".

© Perlentaucher Medien GmbH
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