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Der Berliner Fotograf Mathias Bothor suchte nach dem Wesen des Mittelmeers, und er fand es in den Gesichtern der Bewohner seiner Küsten. Vier Jahre reiste er in die Länder des Mittelmeers und schuf Porträts der Menschen und Landschaften. Ihre schlichte Schönheit hilft, das Fremde, Andere, was uns dieser Tage so aufwühlt, besser zu verstehen.Der einleitende Essay ist aus der Feder des Weltenwanderers Joachim Sartorius, der wie nur wenige das Meer und seine Menschen zu beschreiben vermag.Inklusive Mittelmeer-Faltkarte.

Produktbeschreibung
Der Berliner Fotograf Mathias Bothor suchte nach dem Wesen des Mittelmeers, und er fand es in den Gesichtern der Bewohner seiner Küsten. Vier Jahre reiste er in die Länder des Mittelmeers und schuf Porträts der Menschen und Landschaften. Ihre schlichte Schönheit hilft, das Fremde, Andere, was uns dieser Tage so aufwühlt, besser zu verstehen.Der einleitende Essay ist aus der Feder des Weltenwanderers Joachim Sartorius, der wie nur wenige das Meer und seine Menschen zu beschreiben vermag.Inklusive Mittelmeer-Faltkarte.
Autorenporträt
Mathias Bothor, 1962 in Berlin geboren, machte sich 1992 als freier Fotograf selbstständig. Heute ist er einer der gefragtesten Porträtfotografen; seine Arbeiten wurden bereits mehrfach ausgestellt. Bei mare erschien zuletzt sein viel gepriesener Bildband »Bretagne« (2009). Mathias Bothor lebt mit seiner Familie in Berlin und arbeitet überall.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.11.2016

Menschen am Meer

"Mediterran" ist in unseren Breiten vor allem ein Verkaufsargument, es steht für Wärme, gutes Essen und allgemeine Leichtigkeit. Was aber macht den Kulturraum Mittelmeer sonst aus?

Von Andrea Diener

Zweieinhalb Millionen Quadratkilometer groß, vierundzwanzig Anrainerstaaten dreier Kontinente und haufenweise Inseln: das Mittelmeer ist eine buntscheckige und zerfaserte Angelegenheit. Seit Tausenden von Jahren schon uferten Großreiche an seine Wassermassen und fuhren Handelsschiffe kreuz und quer darüber. Heute trennt es politisch und kriegerisch gebeutelte Länder vom friedlichen, wohlhabenden Europa und bildet für Flüchtende eine Risikozone auf ihrer Reise, die viel zu viele nicht überleben.

Und doch überwiegt das Verbindende. Das Mittelmeer bildet eine eigene Klimazone mit mediterraner Flora und Fauna. Es beschenkt seine Anwohner mit reichen Fischfängen und sorgte dafür, dass sich hier vor dreitausend Jahren im fruchtbaren Überschuss eine Hochkultur entwickeln konnte, die das Fundament für unsere heutige westliche Zivilisation bildet: Ägypter und Assyrer, Römer und Phönizier, Osmanen und Venezianer, Metropolen wie Troja und Kathargo - alles begann am Mittelmeer.

Kein Wunder, dass sich ganze Völkerwanderungen dorthin begaben, um das Licht zu bestaunen, die Olivenbäume, die karge Vegetation, das Vorläufige aller Besiedelung, die Patina über allem und das Meer, an dessen Rand Fischer saßen und Netze flickten. Das zumindest war es, was meine erste Auslandskonfrontation ausmachte. Ich war sechzehn und wurde auf Süditalien losgelassen, und alles, alles war anders als im industriell geprägten Frankfurter Westen. Was für ein Schock muss das erst für einen Mitteleuropäer des achtzehnten Jahrhunderts gewesen sein, gar für einen Engländer! Der sieht ja kaum einmal die Sonne, und nun all das gleißende Licht über den Weinhügeln. Irgendwann wird man dann älter und freut sich, in einem Land zu leben, in dem Krankenversicherung und Müllabfuhr reibungslos funktionieren, aber ein Jucken bleibt da immer, ein Phantomschmerz, dass nichts in der Heimat so schön ist wie im Süden. Also fährt man einmal im Jahr dorthin, wenigstens für ein paar Wochen.

Und heute, abseits aller Romantik und Italien-Sehnsucht? Der Fotograf Mathias Bothor ist einmal rund um das "Weiße Meer" gereist, wie es im Türkischen und Arabischen heißt, quartierte sich bei seinen Bewohnern ein, traf sich mit Menschen - mal zufällig, mal verabredet -, und versuchte so, sich diesem geographischen Großraum zu nähern. Das ist klug, denn die einschlägigen Sehenswürdigkeiten und Landschaftsschönheiten haben die Touristen, die sich Jahr für Jahr an den Stränden zwischen Gibraltar und Beirut tummeln, schon weitgehend lückenlos abfotografiert. Und man freut sich als Besucher auch immer ganz besonders darüber, dass es anscheinend keinen einzigen muffeligen Mittelmeerbewohner gibt, weil dieses Meer und das Licht irgendetwas mit diesen Menschen macht, das ihnen alle Unfreundlichkeit und allen Überdruss austreibt. Auch das ist etwas, das allen Bewohnern dieses Kulturraums gemeinsam ist. Ganz egal, ob man mit der Tochter eines kroatischen Rockstars spricht, mit einem ägyptischen Fischverkäufer oder mit dem Mann, der den Ballermann erfunden hat.

Immer wieder blickt die Kamera Bothors auch über das Land und das Meer hinweg und manchmal auch ein Stück ins Hinterland hinein. Dort leben Bauern mit Eseln oder liegen Städte, die eine rücksichtslos wuchernde Baumafia vom Meer abgeschnitten hat. Oder man trifft auf eine Landschaft, die in unserer Fernsehkindheit als Prärie diente, weil dort ein französischer Winnetou seine Abenteuer erlebte. Man trifft auf die Banlieues von Algier und den nicht immer schönen Wiederaufbau von Beirut. Aber doch strebt am Ende alles zum Meer hin, zum Hafen, zum Strand mit seinen Promenaden und Cafés, denn der Süden ist anders kaum denkbar, sei es Europa oder Asien oder Afrika, seien seine Bewohner christlich oder muslimisch. Am Ende sitzen sie alle draußen auf der Straße, weil der Abend schon wieder so mild ist.

"Mittelmeer" von Mathias Bothor (Fotos), herausgegeben von Nikolaus Gelpke. Mit Texten von Joachim Sartorius. Mare Verlag, Hamburg 2016. 144 Seiten, zahlreiche Fotografien. Gebunden, 58 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.04.2017

Alles
unsere
Nachbarn
Mathias Bothor hat das Alltagsleben
der Menschen fotografiert, die
am Mittelmeer leben. Pittoresk wie
in Ferienkatalogen sind seine
Porträts nicht. Aber ehrlich
VON STEFAN FISCHER
Von was ist das Mittelmeer die Mitte? Gibt es heutzutage etwas, das von dieser riesigen Wasserfläche zusam-
mengehalten wird? Das Römische Reich hat dieses Meer einst für rund 300 Jahre komplett umschlossen, von der Zeit des Kaisers Trajan zu Beginn des 2. Jahrhunderts bis zur Reichsteilung 395 nach Christus. Dementsprechend beherrschten die Römer nicht nur die Küsten, sondern auch dieses Meer selbst zu weiten Teilen. Sie nannten es Mare Nostrum, unser Meer. Heutzutage wird dieses Meer eher überflogen als auf einem Schiff überquert, sieht man ab vom Kreuzfahrt-Tourismus. Vielleicht trägt auch das bei zur Entfremdung und Parzellierung; dazu, das Mittelmeer und die angrenzenden Länder eher nicht als eine Einheit zu begreifen.
Gegenwärtig hat das Mittelmeer zwei Dutzend Anrainerstaaten. Die überdies eher auseinanderstreben als zusammenfinden. So nimmt es jedenfalls der Jurist, Diplomat und Lyriker Joachim Sartorius wahr. Er ist in Tunis zur Schule gegangen und hat immer wieder an den Küsten des Mittelmeeres gelebt, etwa in Syrakus auf Sizilien; er ist seit Jahrzehnten vertraut mit den Küsten und ihren Bewohnern, mit den politischen und kulturellen Strömungen der vergangenen sechs Dekaden. In einem Aufsatz für den Fotoband „Mittelmeer“ schildert er, wie multikulturelle Milieus in vielen Hafenstädten rund um das Mittelmeer untergegangen und von nationalistischen Strömungen überdeckt worden sind, nicht nur, aber vor allem im östlichen Teil.
Seine Liebe zum Mediterranen schwächt das allerdings nicht ab. Der Text ist nicht larmoyant – das hieße ja auch, die Vergangenheit zu verklären. Sartorius macht damit nur klar, welche Schwierigkeiten sich auch dem Fotografen Mathias Bothor für sein Bildband-Projekt „Mittelmeer“ gestellt haben: Wie soll man dieses Meer bildlich erfassen, mit all seinen sozialen, kulturellen und klimatischen Unterschieden? Vier Jahre lang haben ihn mehr als ein Dutzend Reisen um das Mittelmeer geführt, auf der Suche nach Gesichtern, in denen sich dieses Meer porträtiert. Die Flüchtlingsdramen, die sich auf dem Mittelmeer abspielen, sind bewusst nicht in den Fokus gerückt, Bothor blendet sie aber auch nicht aus. Auch sie sind keine Ausnahme, sondern traurige Alltagserscheinungen. Aber der Alltag ist weitaus vielschichtiger rund um das Mittelmeer. Und davon sollen die Porträts einen Eindruck vermitteln.
Das erste zeigt einen Jungen, der Tunesier wird wohl ein Fischer werden, wie seine Vorfahren es auch waren. Bothor dokumentiert eine Kontinuität, die trotz aller gesellschaftlicher und industrieller Umbrüche andauert. Die folgende Aufnahme zeigt einen Fischverkäufer in Ägypten, den Platz für seinen Stand hat ihm der Staat auf Lebenszeit garantiert. Als Anerkennung dafür, dass sein Vater sein Leben gelassen hat im Jom-Kippur-Krieg 1973. Es ist eben durchaus noch möglich, ein Auskommen zu haben durch kleingewerbliche Fischerei.
Bothors Mittelmeer ist ein anderes als das aus den Urlaubskatalogen oder auf den Fotografien der Touristen, die meist nach dem Pittoresken suchen. Seine Aufnahmen suchen nicht nach der Leichtigkeit, die den Bewohnern der Küsten immer nachgesagt wird, sondern nach der Ernsthaftigkeit, mit der die Menschen ihrer Arbeit nachgehen oder ihren Leidenschaften. Was die meisten der porträtierten Menschen verbindet, ist ihre Selbstgewissheit. Unterbrochen wird der Reigen immer wieder von Landschaftsaufnahmen, in der Regel aus einer erhöhten Perspektive. Auch das sind Motive nicht aus den Ferien, sondern dem Alltag. In seiner eindringlichen Vielfalt.
Nikolas Gelpke (Hrsg.): Mittelmeer. Fotografien von Mathias Bothor. Mit Texten von Joachim Sartorius. Mare Verlag, Hamburg 2016. 144 Seiten, 58 Euro.
REISEBUCH
Gesichter des Mittelmeeres: Zwei Freunde in Alexandria, die Israelin Yarden Lev,
die in Tel Aviv Kinder
unterrichtet und die
17-jährige Laura Sieurello vor ihrem Gemischtwarenladen auf Lampedusa.
Fotos: Mathias Bothor
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