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Von John Drydens Edlem Wilden bis zu der Sehnsucht des Börsenmaklers Gauguin nach dem Paradies war die exotische Ferne eine Idee, die sich der Europäer zurechtgelegt hatte. Sie enthielt seine Hoffnungen und Einbildungen, seine Ängste und Eitelkeiten. Die Geschichten dieses Bandes lassen uns durch das andere Ende des Fernrohrs blicken: Die Vernünftigkeit des Europäers hält der Verwunderung der Eingeborenen nicht stand, sie entpuppt sich als Willkür, Verrücktheit, Anmaßung der Phantasie. "In Togo, dunkel" macht geistige Kolonisierung auf ebenso vergnügliche wie abenteuerliche Weise rückgängig.…mehr

Produktbeschreibung
Von John Drydens Edlem Wilden bis zu der Sehnsucht des Börsenmaklers Gauguin nach dem Paradies war die exotische Ferne eine Idee, die sich der Europäer zurechtgelegt hatte. Sie enthielt seine Hoffnungen und Einbildungen, seine Ängste und Eitelkeiten. Die Geschichten dieses Bandes lassen uns durch das andere Ende des Fernrohrs blicken: Die Vernünftigkeit des Europäers hält der Verwunderung der Eingeborenen nicht stand, sie entpuppt sich als Willkür, Verrücktheit, Anmaßung der Phantasie.
"In Togo, dunkel" macht geistige Kolonisierung auf ebenso vergnügliche wie abenteuerliche Weise rückgängig. Aberwitzige Missverständnisse beschwören Gefahren für Leib und Leben herauf. An entscheidenden Wendepunkten steht den Menschen das schier Unverständliche bis zum Hals. Wenn im letzten Augenblick die Lage sich doch noch aufklärt, alle mit heiler Haut davonkommen, weil ein Funke zwischen den gegensätzlichen Kulturen übergesprungen ist, wird blitzartig die Urkomik deutlich, die Absurdität desMenschseins.
Autorenporträt
Schuldt
Schuldt, geboren 1941 in Hamburg, ging bald zu fremden Völkern und Sprachen. Zugleich wurden die Künstler und Schriftsteller der Hitler-Emigration seine Universität. Er schrieb und veröffentlichte auf Deutsch, Englisch und Französisch, schuf in China wandgroße Bilder «aus Schriftzeichen und Verfall». Nach Ausstellungen in New York, Shanghai und Moskau lebt er heute wieder in Hamburg.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.10.2013

Wenn Wörter
wie Speisen
schmecken
Wenig wisse man im Westen von dem japanischen Handel in Teddybären, sagt Schuldt und setzt auch sofort an, diese Kenntnislücke aufzufüllen. Dass die ersten um 1760 von malaiischen Seefahrern ins Land gebracht wurden, kann er berichten, und dass der Handel vor 200 Jahren seinen Höhepunkt erreichte, bis nach einer rätselhaften Flaute der Umsatz dank einer gestiegenen Binnennachfrage erneut anzog. Fremd, ganz fremd waren den Japanern diese westlichen Wuschelprodukte, die Tieren so wenig ähnelten wie Menschen. Nie wäre ihnen der Gedanke gekommen, es könne sich um bloße Kosegefährten für Kinder handeln, vielmehr seien sie, so immer noch Schuldt, als religiöse Bildwerke erkannt und folglich kultisch verehrt worden.
  Schuldt, der Künstler mit dem dringlich-deutschen Namen, kennt die fremde Welt draußen so gut, dass er sie phantastisch erweitern kann in seinem Buch „In Togo, dunkel und andere Geschichten“ ( Rowohlt Verlag, Reinbek 2013. 144 Seiten, 24,95 Euro ). Wo sonst erführe der sich in den Grenzen seiner Kultur bescheidende Mitteleuropäer von den Cotorra Yucca am linken Oberlauf des Orinoco, die die gebärdenreichen Reden eines Leipziger Wissenschaftlers für Kitsch halten und sich ihrerseits mittels der vielgestaltig geformten Speisen verständigen, die an ihrem Körper hängen? Sie reden nicht, sondern essen. Aber wie schmecken Wörter, welche Sprache mundet am besten? Der unerschrockene Avantgardeur Schuldt hat diese vernachlässigte Naschsprache entdeckt und zu einer ethnologisch so überzeugenden Studie entwickelt, dass Hubert Fichte die Augen vor Neid tränen würden. Alle anderen werden sich freuen, dass die Moderne den Geist nicht ganz aufgegeben hat, sondern in der Schuldt-Sprache weiterlebt.
WILLI WINKLER
ZEICHNUNGEN: YANOMAMI @ 2013 BY LOTHAR BAUMGARTEN
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Rezensent Martin Zingg schätzt den Hamburger Essayisten und Dichter Schuldt vor allem für sein freies und "entfesselndes" Spiel mit den Möglichkeiten der Sprache. Und so scheut der Kritiker nicht den Vergleich mit den Dadaisten, Francis Ponge, Kurt Schwitters oder George Perec. Nun ist mit "In Togo, dunkel" ein neuer Band von Schuldt erschienen, und Zingg ist von allen drei Erzählungen gleichermaßen begeistert. Der Autor berichte von Missverständnissen zwischen der europäischen und anderen Kulturen, etwa über das Auftauchen des Teddybären in Japan im 18. Jahrhundert: Der Rezensent amüsiert sich bestens über die verschiedenen Erklärungsversuche der Japaner, die das merkwürdige Geschöpf zunächst als religiöses Bildwerk, Idol oder Fetisch verstanden. Während Zingg von den Erzählungen und Lothar Baumgartens Zeichungen ganz hingerissen ist, hätte er auf das Nachwort gut verzichten können.

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Die Experten haben das gewusst, aber sie haben es nicht geschrieben. Schuldt hat es nicht gewusst, aber er hat es geschrieben. Das ist der Unterschied zwischen dem, was wir sagen, und dem, was er sagt. Elfriede Jelinek