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2002 - Oscar: - Beste Kamera (Conrad L. Hall) / Auf der DVD befindet sich ein "FSK 12"-Stempel.
Amerika, im Winter 1931: Michael Sullivan (Tom Hanks) lebt, der Zeit der großen Depression zum Trotz, mit seiner Familie in bescheidenem Wohlstand. Nur wissen seine Frau und seine beiden Söhne nicht, womit ihr schweigsamer Vater sein Geld verdient: Er arbeitet als Killer für den Gangsterboss John Rooney (Paul Newman). Doch dann wird Sullivans älterer Sohn Michael Jr. (Tyler Hoechlin) eines Nachts Zeuge, wie sein Vater einen Job erledigt - und Zeugen kann Rooneys Clan nicht brauchen. Sullivans…mehr

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Produktbeschreibung
2002 - Oscar:
- Beste Kamera (Conrad L. Hall) / Auf der DVD befindet sich ein "FSK 12"-Stempel.
Amerika, im Winter 1931: Michael Sullivan (Tom Hanks) lebt, der Zeit der großen Depression zum Trotz, mit seiner Familie in bescheidenem Wohlstand. Nur wissen seine Frau und seine beiden Söhne nicht, womit ihr schweigsamer Vater sein Geld verdient: Er arbeitet als Killer für den Gangsterboss John Rooney (Paul Newman). Doch dann wird Sullivans älterer Sohn Michael Jr. (Tyler Hoechlin) eines Nachts Zeuge, wie sein Vater einen Job erledigt - und Zeugen kann Rooneys Clan nicht brauchen. Sullivans Frau und sein jüngerer Sohn werden ermordet, er selbst und Michael Jr. kommen nur durch Zufall davon. Gejagt von dem Auftragskiller Maguire (Jude Law) fliehen sie wochenlang quer durchs Land. Während Sullivan seinen Racheplan schmiedet, kommen er und sein Sohn sich langsam näher. Doch auch Sullivan kann den Tag nicht endlos hinzögern, an dem die Entscheidung fällt, ob er alleine auf seinem Weg in die Verdammnis weitergeht - oder ob Michael Jr. ihn begleitet...

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - DVD-Menü mit Soundeffekten - Unveröffentlichte Szenen - Making Of - Audio-Kommentar von Regisseur Sam Mendes - Trailer Soundtrack-CD - Fotogalerie - Biografien von Besetzung und Stab - Produktionsnotizen
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.09.2002

Das Gewicht des Blutes
Jede Familie ist eine Tragödie: Der virtuose Kinothriller "Road to Perdition" von Sam Mendes

"Geh deinen Vater holen", sagt Michaels Mutter. "Das Essen ist fertig." Und Michael Sullivan jr. steigt die schwere Holztreppe hinauf, läuft durch den hohen dunklen Gang, der zum Schlafzimmer der Eltern führt, und hält inne. In dem Zimmer am Ende des Ganges steht Michaels Vater und zieht sich zum Abendessen um. Er knöpft seine Weste auf, legt die Manschettenknöpfe ab und löst seine Krawatte. Dann holt er eine Pistole aus einem Halfter und plaziert sie sorgfältig neben den anderen Gegenständen auf dem Bett. Michael zögert einen Augenblick, dann sagt er rasch: "Essen ist fertig." Doch der Augenblick hat schon alles entschieden.

Ein paar Tage später fährt Mike Sullivan (Tom Hanks) in die Stadt, um einen Auftrag seines Adoptivvaters Rooney (Paul Newman) zu erledigen. Rooneys Sohn Connor (Daniel Craig) steigt mit in den Wagen. Der elfjährige Michael, der herauskriegen will, womit sein Vater sein Geld verdient, hat sich in einer Kiste auf dem Rücksitz versteckt. Sie fahren zu einem Lagerhaus, wo Sullivan und Connor mit drei anderen Männern verhandeln. Plötzlich fallen Schüsse. Michael, der durch einen Schlitz in der Wand späht, sieht, wie zwischen den Beinen seines Vaters Patronenhülsen aus einer Maschinenpistole zu Boden fallen, ein Regen aus klirrendem Metall. Dann ist es still. Die drei Männer liegen in ihrem Blut, und Michael versucht zu fliehen, bevor sein Vater ihn entdeckt. Doch es ist zu spät.

"Road to Perdition" von Sam Mendes ist ein Gangsterfilm und eine Kindergeschichte. Das eine hält das andere in Gang, so wie es auch in Coppolas "Paten"-Trilogie immer zugleich um die "Familie" und die Familie ging, die Geschichte der Individuen und die Geschichte der Nation. Nur daß Mendes, der nach "American Beauty" hier erst seinen zweiten Film vorlegt, etwas bescheidener zu Werke geht. Er will kein Tableau Amerikas zeichnen, sondern nur ein einziges, gestochen scharfes Porträt.

Schon die Datierung der Handlung in "Road to Perdition" ist für einen historischen Thriller ungewohnt präzise: "Sechs Wochen im Winter 1931" habe er mit seinem Vater allein verbracht, sagt Michael, der Erzähler, im Vorspann. Später tritt in dem Film ein Fotoreporter auf, der auch ein hochbezahlter Killer ist und die Leichen, die er aufnimmt, gern selbst produziert. Fotografie und Tod, Abbild und Auslöschung gehören in "Road to Perdition" zusammen. Mendes, der als Theaterregisseur begonnen hat, mißtraut dem filmischen Apparat, den er zugleich virtuos bedient. Aber vielleicht kann großes Kino immer nur aus dem Zweifel entstehen. Jedenfalls ist "Road to Perdition" einer der schönsten Genrefilme seit langem, ein Werk, das mit Terrence Malicks "Days of Heaven" (1978) und Joel und Ethan Coens "Miller's Crossing" (1988) in eine Reihe gehört.

Eine Kindergeschichte, das heißt hier vor allem: eine Geschichte von Söhnen und Vätern, kleinen Jungen und Männern mit Waffen und Filzhüten. Michael junior blickt zu Michael senior auf, wie dieser einst zu John Rooney aufgeblickt haben mag, und erst der verdorbene Connor, ein Charakter wie aus Shakespeares Königsdramen, hebt das Verbrecheridyll aus den Angeln. Connor versucht Sullivans Familie auszulöschen, doch er trifft nur die Frau und das kleinere der Kinder. Als Michael Sullivan nach Hause kommt, wartet sein Sohn schon unten im Flur. Nach einer Weile hört er den Vater einen erstickten Schrei ausstoßen, wie ein Tier, das sein Junges beklagt.

Nun rollt das Unheil beinahe schulbuchmäßig ab. Der Rest des Films, die road to perdition, ist ein einziger langer Rachefeldzug Sullivans gegen die Rooneys, Vater und Sohn, den keiner der drei überleben wird. Um ihn aufzuhalten, hat der alte Patriarch den schlangenhaften Kopfjäger Maguire (Jude Law) auf seinen einstigen Zögling angesetzt, aber Sullivan, den Tom Hanks als Hommage an die stummen Helden Clint Eastwoods spielt, ist nicht aufzuhalten. Laios und Ödipus, Kain und Abel, Hamlet und Hamlets Geist, alles kommt in diesem Film zusammen, der auf die Mitwirkung weiblicher Hauptfiguren verzichten kann, weil er die Essenz aller Männergeschichten ist, story und history einer seit Urzeiten wirkenden Trias von Ehre, Blut und Gewalt.

"Road to Perdition" heißt auch das Comicbuch von Max Allan Collins, nach dem der Film entstanden ist. Mendes hat den Titel wörtlich genommen und die Geschichte konsequent als Roadmovie inszeniert, quer zu den Regeln des Genres. So bekommt man ein ländliches und kleinstädtisches Amerika zu sehen, das vom Straßenschild bis zum Schnürsenkel detailgenau rekonstruiert und zugleich so abstrakt ist wie der Wilde Westen John Fords. Durch diese Kulissenlandschaft irrlichtern Sullivan père et fils als rächendes Zwillingsgestirn und nehmen den Banken das Gangstergeld ab, um Rooneys Schutzmacht, das Kartell Al Capones, zu zwingen, ihren Klienten fallenzulassen. Auch der Moment, in dem Mike Sullivan schließlich Genugtuung erlangt, spielt auf der Straße. In einer lautlosen Choreographie des Mordens, durch die Thomas Newmans bittersüße Streichermusik wie eine Totenklage weht, sieht man die Leibwächter des alten Rooney im nächtlichen Regen zusammensinken, niedergemäht von den Salven eines unsichtbaren Gegners, bis nur noch der greise Pate selbst aufrecht steht. Erst jetzt tritt Tom Hanks aus dem Nichts und blickt Paul Newman zum Abschied in die Augen. Amerikanische Kritiker haben sich an der ausgestellten Könnerschaft dieser Szene gestoßen, aber wenn es etwas gibt, was man dem Kino eher verzeihen muß als allen anderen Künsten, dann ist es die Schönheit seiner Bilder: Nirgends wirkt sie so unangestrengt wie hier.

Vieles muß zusammenkommen, damit sich ein historischer Gangsterfilm über den Durchschnitt des Genres erhebt: ein geeigneter Stoff, ein visueller Geschmack, der sich nicht in Manierismen verrennt, eine Besetzung, die jeder einzelnen Figur Gerechtigkeit widerfahren läßt, ein Gefühl für historische Distanz. In "Road to Perdition" ist dies alles auf beiläufige Weise vereint. Daß ein solcher Film in Hollywood quasi nebenbei entsteht, abseits der Megaprojekte der großen Studios, bezeugt die ungebrochene Kraft des amerikanischen Kinos, das seine Autoren den Kampf mit der Bürokratie immer wieder gewinnen läßt.

"Essen ist fertig." Das wird Michael Sullivan nie wieder zu seinem Vater sagen können, auch nicht zum Schluß, als er mit ihm am Ufer des Pazifiks spazierengeht, in einer Idylle, die nicht wahr sein kann, nicht in diesem Film. Die Stimme, die nach dem Ende der Geschichte wieder aus dem Off zu uns spricht, hat die Vertreibung aus jenem Paradies lange hinter sich. Viele Leute, sagt der Erzähler da, hätten ihn gefragt, ob Michael Sullivan ein guter oder böser Mann gewesen sei. Er aber habe ihnen immer nur eine, die einzig wahre Antwort gegeben: "Er war mein Vater."

ANDREAS KILB

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