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Auf Befehl der US-Regierung wurde der Mauretanier Mohamedou Ould Slahi bereits vor Jahren auf den Militärstützpunkt Guantanamo verschleppt und wird dort immer noch ohne Anklage oder Gerichtsverfahren festgehalten. Durch unzählige Verhöre und brutale Folter längst aller Hoffnung beraubt, ist deshalb nicht nur Slahi überrascht, als sich die US-Anwältin Nancy Hollander und ihre Kollegin Teri Duncan plötzlich für seinen Fall interessieren und ihm sogar anbieten seine Verteidigung zu übernehmen. Dabei stellen ihnen die US-Behörden immer wieder zahlreiche Hindernisse in den Weg, allen voran…mehr

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Produktbeschreibung
Auf Befehl der US-Regierung wurde der Mauretanier Mohamedou Ould Slahi bereits vor Jahren auf den Militärstützpunkt Guantanamo verschleppt und wird dort immer noch ohne Anklage oder Gerichtsverfahren festgehalten. Durch unzählige Verhöre und brutale Folter längst aller Hoffnung beraubt, ist deshalb nicht nur Slahi überrascht, als sich die US-Anwältin Nancy Hollander und ihre Kollegin Teri Duncan plötzlich für seinen Fall interessieren und ihm sogar anbieten seine Verteidigung zu übernehmen. Dabei stellen ihnen die US-Behörden immer wieder zahlreiche Hindernisse in den Weg, allen voran Militärstaatsanwalt Oberstleutnant Stuart Couch, der fest davon überzeugt ist, mit Slahi einen der Drahtzieher hinter den Terroranschlägen vom 11. September 2001 festgesetzt zu haben. Nach und nach bringt Nancy Hollanders Einsatz Beweise und Fakten ans Tageslicht, die eine Verschwörung offenbaren und die klar gegen die freiheitlichen Grundrechte der US-Verfassung verstoßen. Für Slahi zählt aber vor allem eins: Gerechtigkeit.

Bonusmaterial

Trailer, Interviews, B-Roll, Featurettes OV, Deleted Scenes, Making Of, Bildergalerie
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.06.2021

Schwierig im Sinne der Anklage

Rührstück an den Rändern: Die Publikumsberlinale eröffnet ihr Programm mit dem Guantánamo-Drama "Der Mauretanier".

Jodie Foster gefährdet inzwischen jeden Film, den sie betritt - wenn das jeweilige Werk nämlich der in ihrer Haltung mitgeteilten Ankündigung, gleich werde Weltbewegendes gesagt oder getan, nicht gerecht wird, degradiert sie selbst eine Großproduktion zur Fernsehserienfolge mit übergroßem Gast. Immerhin tut sie, was sie kann, um den Film "Der Mauretanier" von Kevin Macdonald nicht zu zerstören. Die Anwältin Nancy Hollander, die sie da spielt, will dem mauretanischen Staatsbürger Mohamedou Ould Slahi, der nach den Anschlägen vom 11. September 2001 von den USA nach Guantánamo verschleppt, dort festgehalten und misshandelt wird, sein Recht verschaffen, deshalb lässt die Schauspielerin ihrem Gegenüber Tahar Rahim auch allen Raum, das Justizopfer selbst zu Wort kommen zu lassen.

Rahim wiederum stellt den Gefangenen als sowohl aufrichtigen wie komplexen Menschen dar (wenn das ein Widerspruch ist, dann ein für den Film produktiver). Im Weg steht seiner Befreiung der Militärjurist Stuart Couch, den Benedict Cumberbatch mit angespanntem Ernst gibt, seinem eher schlichten Erzählbogen zum Trotz (erst eckiger Terrorfeind, dann Verfahrenszweifler aus Menschlichkeit, nun ja). Man könnte das Zusammenwirken von Foster, Rahim und Cumberbatch "harmonisch" nennen; subtil gestört wird die Balance indes von der trügerisch zurückhaltenden Shailene Woodley als Hollanders Assistentin Teri Duncan, deren gelegentliche Empathiezittermomente ein Unbehagen kommunizieren, ohne dessen Schatten die Geschichte bloß ein lascher Leitartikel über Menschenrechte wäre.

Macdonald geht sein Thema kaum vom Handgreiflichen her an (ein paar teils sexualisierte Folterszenen, an denen er sich verhoben hat, einmal außen vor gelassen), sondern prinzipiell. Rechtsfragen sind Fachprobleme mit eigenem Lexikon, eigenen Axiomen und Folgerungsweisen, die bebildert und vertont der Film. Was zum Beispiel der "Freedom of Information Act", ein Gesetz, das staatlich Drangsalierten Akteneinsicht ermöglicht, eigentlich taugt, zeigen geschwärzte Seiten, und wie es mit der Beweislast steht, sagt Cumberbatch: "It's just hearsay", der Fall lebt vom Hörensagen. So ein Hörensagen hat auch die Titelfigur des Films in jungen Jahren dazu motiviert, sich dem politischen Islam anzuschließen, als man ihm während seiner Zeit in Deutschland davon berichtete, was die sowjetische Armee angeblich muslimischen Frauen in Afghanistan antat.

So tritt in "Der Mauretanier" Historisches stets in Erscheinung: als Hintergrund, Rückblende, Dekor, etwa wenn man, weil der Kampf für den Eingesperrten so lange dauert, im selben Gebäude mal George W. Bush, dann wieder Barack Obama als Staatsfotokunst an der Wand hängen sieht. Der Westen steht mit wechselndem Personal dauerhaft an denselben Fronten gegen die nichtwestliche Welt und ihre Menschen; wer deren Partei ergreift, hat mit Mühsal zu rechnen, egal, wer gerade die USA regiert. In der beiläufigen Feststellung einer der Figuren auf Kuba, eines Tages werde "this" eine Touristenattraktion sein, steckt ein diesen Hintergrund in den Vordergrund ziehender Schauder über die Bereitschaft der Menschheit, sich mit dem immergleichen, bösen Gang der Dinge unter variabler Leitung abzufinden. Solche Szenen heben den Film hoch übers Niveau der bei vergleichbaren Themen in Hollywood naheliegenden Menschelei - Peter Sattlers "Camp X-Ray" aus dem Jahr 2014 beispielsweise ging betriebsblind in diese Falle; der strohdumme Drehbuchgedanke, die Gewaltverhältnisse im Folterlager als Liebesgeschichte zwischen Häftling und Bewacherin aufzubereiten, ließ sich nicht mal von Talenten wie Kristen Stewart und Peyman Moaadi retten.

Aller Vorsicht zum Trotz weicht freilich auch "Der Mauretanier" an seinen moralischen Rändern zum Rührstück auf, das davon erzählt, wie ein Nordafrikaner mit Sonne im Herzen, der US-Fernsehshows mag und seinen Peinigern beim Verhör sogar einmal versichert, man habe in schöneren Tagen doch auf derselben Seite gestanden, vom Verhängnis erfasst und dann mehr oder weniger heil daraus befreit wird. Besser wäre es wohl gewesen, einen Grundsatz zu dramatisieren, der umso wichtiger ist, je weniger er zu Herzen geht: Selbst ein Mensch, dessen Unschuld sich niemals zweifelsfrei feststellen lässt, verdient, wenn der Verdacht so schwer wiegt wie beim Terrorismus, eine Verteidigung, die alles überhaupt nur Denkbare zu seiner Rettung unternimmt, weil man sonst auch gleich das Faustrecht walten lassen kann.

Einmal sagt Foster zu Rahim, es spiele gar keine Rolle, was geglaubt werde, nur, was man beweisen könne. Er sagt bitter: "You are like my interrogators." Es stimmt, sie denkt wie jene, das heißt: in Prozesslogik statt im Affekt (etwa dem der Empörung). Aber genau das ist die einzige Chance des Bezichtigten; in juristischen Formen steckt wenigstens ein mageres Bisschen Ausgleich wider außerjuristisch-politische Kräfteverhältnisse.

Diejenige Figur des Films, die sich während der Handlung besagten Grundsatz "in der Schuldfrage agnostisch, in der Verteidigung eisern" stellvertretend fürs Publikum hätte erarbeiten können, damit so etwas wie ein nach- oder mitvollziehbarer Lernweg gezeigt würde, hätte die von Woodley gespielte Assistentin sein müssen, denn Fosters Rolle hat mit Lernen nichts zu tun, nur mit Kämpfen. Sehr schade bleibt, dass Woodley der Spielführung Szene für Szene eigentlich alles anbietet, was für dieses Ringen im Grundsätzlichen vonnöten gewesen wäre. Zu den erzählerischen Unbequemlichkeiten, die daran hängen, kann sich Macdonald jedoch nicht entschließen, und so kehrt die faszinierende Nebenheldin, nachdem sie in einer Glaubenskrise von der Fahne gelaufen ist, keuschen Herzens zur Arbeit zurück. Die Ursache ihrer Abwege stellt sich als Machenschaft übereifriger Einzeltäter im Staatsdienst heraus; die Guten sind gut, und die Bösen halt Unfälle, "Gewissen" bedeutet, dass Wohlmeinende einander anlächeln. Selbst Cumberbatch macht dabei schließlich mit; es sieht allerdings leicht gequält aus, wohl, weil auch er, genau wie Foster, Woodley und Rahim, offenbar mehr von Schauspielerei und politischem Kino versteht als Kevin Macdonald. Bedauerlich, aber, na, wie sagt man? Gerecht.

DIETMAR DATH

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