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Robinson ist Schiffbrüchiger auf einer einsamen Insel. Hier wird er auf die Grundelemente der Existenz zurück geworfen. Der Kontakt mit den Dingen, die man in der Natur vorfindet, wird zum Ur-Erlebnis. Und der Mensch lebt nicht vom Brot allein: Warum lebe ich? Was ist mein Glaube? Was gibt mir Halt an guten und an schlechten Tagen? Wie kann ich mit anderen Geschöpfen umgehen, mit Haustieren, mit einem Kannibalen, der zum Freund wird? Viel Stoff also für uns in unserer technisierten Welt, in der es scheinbar keinen Zusammenhang mehr gibt zwischen dem Essen und dem Schlachthof. Kaum wissen wir…mehr

Produktbeschreibung
Robinson ist Schiffbrüchiger auf einer einsamen Insel. Hier wird er auf die Grundelemente der Existenz zurück geworfen. Der Kontakt mit den Dingen, die man in der Natur vorfindet, wird zum Ur-Erlebnis. Und der Mensch lebt nicht vom Brot allein: Warum lebe ich? Was ist mein Glaube? Was gibt mir Halt an guten und an schlechten Tagen? Wie kann ich mit anderen Geschöpfen umgehen, mit Haustieren, mit einem Kannibalen, der zum Freund wird? Viel Stoff also für uns in unserer technisierten Welt, in der es scheinbar keinen Zusammenhang mehr gibt zwischen dem Essen und dem Schlachthof. Kaum wissen wir mehr, wie es ist, wenn man den Elementen ausgeliefert ist, wie Wasser, Erde, Feuer und Luft auf uns wirken. Wie es ist, wenn man allein ist, warum vergeht die Zeit mal langsamer, mal schneller?
Autorenporträt
Der Autor des Originals ist Daniel Defoe. Der Autor der Nacherzählung ist Dirk Walbrecker, geboren in Wuppertal, Wahl-Münchener, Studium der Literatur- und Theaterwissenschaft, Regie-Assistent, Aufnahmeleiter, Drehbuchschreiber, Kinder- und Jugendbuchautor mit zahlreichen Veröffentlichungen, Leseveranstaltungen in Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien, Türkei - und auch Pädagoge. Er war als Lehrer tätig und weiß genau, wie man die verschiedenen Altersgruppen ansprechen kann und was wirklich spannend ist und wie man die Lust weckt, durch Literatur gehaltvoller, spannender und auch humorvoller leben zu können.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.06.2019

Aufklärung
als Do-it-yourself
Zum 300. Geburtstag neu übersetzt:
Daniel Defoes „Robinson Crusoe“
VON JUTTA PERSON
Gut geölte Wunschmaschinen der Marke „einsame Insel“ zeichnen sich dadurch aus, dass sie trotz oder gerade wegen ihrer Widersprüche immer weiterlaufen. Kaum etwas fürchtet und ersehnt das moderne Subjekt so sehr wie Einsamkeit, und auf der sprichwörtlichen Insel ist beides, die Furcht davor und Sehnsucht danach, so perfekt vereint, dass Daniel Defoes „Robinson Crusoe“ zum Bestseller einer Gesellschaft werden musste, die das Selbst – samt Selbstreflexion und Selbstermächtigung – gerade zu entdecken begann.
Im Frühjahr 1719, vor dreihundert Jahren, erschien der angeblich authentische Lebens- und Abenteuerbericht des schiffbrüchigen Seefahrers aus York, die erste Auflage war nach wenigen Wochen verkauft. Den Klassikerstatus hatte „Robinson Crusoe“ auch bald inne, und das Genre der Robinsonaden verbreitete sich quer über Europa, im Kielwasser des Originals, das zudem in etlichen Kinderbuchfassungen kursierte. Defoe hatte einen Nerv getroffen. Sein Held hatte vor der „Insel der Verzweiflung“ immer gewarnt, doch schon wenige Jahrzehnte später rückt das zivilisationskritische Potenzial der Weltabgeschiedenheit ins Zentrum – bei Rousseau etwa, der das Buch in seiner „Emile“-Erziehungsutopie begeistert feiert.
Wer jetzt die ungekürzte Fassung in der hervorragenden Neuübersetzung von Rudolf Mast liest, kann ein Epochenbuch entdecken, das die hellen und düsteren Seiten der frühen Aufklärung zum Vorschein bringt. Bei der Relektüre des ungekürzten Insellebens zeigt sich aber zuallererst: es dauert über zweihundert Seiten, bis der Fußabdruck eines anderen Menschen im Sand auftaucht, und bis dahin ergeht sich Robinson in ausführlichen Beschreibungen seiner ziemlich unabenteuerlichen Do-it-yourself-Routine.
Mithilfe der vom Wrack geretteten Gerätschaften wiederholt er, ganz auf sich gestellt, den Zivilisationsprozess: selbst getöpferte Krüge, selbst geflochtene Körbe, selbst gezimmerte Tische, selbst gezogene Gerste, selbst gezähmte Ziegen. Es gibt nichts, was man nicht lernen könnte, behauptet der pragmatische Frühaufklärer, der von Anfang an auch etwas Pedantisches und Buchhalterisches hat, wie Günther Wessel im Nachwort betont: „Da sitzt ein gerade dem Tod Entronnener, und der Autor lässt ihn nach bester britischer Kaufmannsart Bilanz ziehen.“ Vielleicht liegt eines der Erfolgsgeheimnisse dieses Buches in der immer neuen Vorführung dieser Haben-Seite. Robinson über seine bald nach dem Schiffbruch ausgebaute Höhle: „Alles war griffbereit, und es bereitete mir große Genugtuung, meine Habe so wohlgeordnet zu sehen, vor allem aber mich davon überzeugen zu können, dass mein Vorrat an allem Notwendigen so groß war.“
Genugtuung beim Anblick und Durchzählen selbst erzeugter Survival-Güter ist aber nur eine der Charakterfacetten, die Robinson an den Tag legt. So beharrlich, wie der Besitz durchgerechnet wird, taucht auch eine gegensätzliche, vollkommen unberechenbare Größe auf: Als womöglich wichtigstes Wort des Romans erweist sich die Vorsehung (im Englischen „providence“), die sich dem anfangs nicht besonders gottgefälligen Seefahrer durch Bibellektüre offenbart. Gott ist das einzige himmlische Gefühl, das sich der vernünftige Plantagenbesitzer leisten kann; jenseits von Nützlichkeitserwägungen kommen Luxusveranstaltungen wie Natur, Schönheit, Musik oder Poesie im Grunde nicht vor. Wer mit dem Überleben beschäftigt ist, meditiert seltener über den Sonnenuntergang oder den Sternenhimmel, könnte man vermuten;andererseits: moralische Fragen erscheinen sogar äußerst dringlich.
Das gilt vor allem ab der Entdeckung des ersten Fußabdrucks. Die Wilden und Menschenfresser, die der Roman als Gruselbilder der zivilisierten Welt auftreten lässt, stellen den bekehrten Selbsterkunder vor das Problem, warum es überhaupt Kannibalen gibt, wenn Gott so allmächtig ist; ob sie wissen, was sie tun; und ob er, Robinson, das Recht habe, sich als Richter aufzuspielen. Er hat es nicht, glaubt er; dennoch tötet er etliche von ihnen. Dass der Roman die Ideenwelt des frühen 18. Jahrhunderts vertritt, liegt auf der Hand – ebenso, dass er in seiner langen Rezeptionsgeschichte immer wieder zur imperialen Selbstbestätigung genutzt wurde. Der Schiffbrüchige kolonisiert schließlich nicht nur seine Insel, sondern auch seinen Freitag, wobei aufschlussreich ist, dass er seinem einzigen Untertanen die Existenz des Bösen im Sinne der Christenlehre nicht wirklich erklären kann.
Moralisch fragwürdig sind die anderen, aus der Sicht des Engländers: die Spanier. Das „grausame Gebaren“ der Konquistadoren löse nun in ganz Europa „Abscheu und Ekel“ aus, bedenkt Robinson, „als bringe das Königreich Spanien einen Menschenschlag hervor, der ohne Veranlagung zu Zuneigung oder Mitleid mit den Schwachen auskommen muss, die doch als Merkmale einer edelmütigen Gesinnung gelten.“
Die auch grammatikalisch verschlungenen Gedankenlabyrinthe, in die Defoe seinem Inseleroberer führte, zeichnen sich in Rudolf Masts Übersetzung bestens ab. Hier will ein frühbürgerliches Ich zum guten Herrscher werden, mit Vernunft, Vorsehung und Schießpulver. Welche Widersprüche das beinhaltet, wird im Lauf der folgenden Jahrhunderte nur sehr allmählich klar. Angesichts von Freitag staunt Robinson, dass Gott alle Menschen „doch mit denselben Möglichkeiten, derselben Vernunft, derselben Einstellung zu Freundlichkeit und Pflicht“ ausgestattet habe. Vorerst hält er seine eigene Fähigkeit zur Vernunft aber doch für eine Inselbegabung.
Daniel Defoe: Robinson Crusoe. Roman. Aus dem Englischen von Rudolf Mast und mit einem Nachwort von Günther Wessel. Mareverlag, Hamburg 2019. 400 Seiten, 42 Euro.
Heimarbeit auf einer einsamen Insel: Robinson in einer Romanillustration um 1900.
Foto:  picture-alliance / akg-images
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