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Der kurze Sommer der Freiheit: Tamara Bachs neuer Jugendroman
Rike und ihre Schulkameraden haben ihr Abitur soeben mit Ach und Krach bestanden. Nun machen sie sich auf, im Kleinbus nach Süddeutschland zu reisen. Im Gegensatz zu anderen Abiturienten wissen sie genau, wie kostbar diese Zeit jetzt ist. Gelernt haben sie das von der 1976 geborene Autorin Tamara Bach, die nach ihrem zu Recht preisgekrönten Erstling "Marsmädchen" nun ihren zweiten Jugendroman vorlegt. Ihr neues Buch hat aber leider nicht mehr viel von der raffinierten Poesie und der empfindsamen Erzählweise des "Marsmädchen". Der Sprachduktus kommt so angestrengt schnodderig daher, daß man ihn nicht einmal Teenagern verzeihen würde. Die Wörter benehmen sich einfach zu absichtsvoll daneben. Immerhin entschädigt Tamara Bach mit Beobachtungen wie den "biervollen" Blicken der Teenager oder mit Jungs, deren Halsfalten "noch ein wenig nach Rauch und Haargel" riechen. Auch die Idee ihres Buches ist gut: Ein paar Jugendliche genießen die ersten Freiheiten des Lebens, ver- und entlieben sich, saufen, streiten, knutschen, einen kurzen Sommer lang.
Aufgebaut ist der Roman wie ein Drehbuch, angeblich Rikes Manuskript für eine Bewerbung an der Filmhochschule: Wir lesen Vorspann und Abspann, Regieanweisungen und Kameraeinstellungen. Zudem setzt Tamara Bach in ihrem literarischen Roadmovie filmische Arbeitsweisen um, etwa indem sie zwei Handlungsstränge als Parallelmontage laufen läßt. Die Leser begleiten sowohl Rike und ihre Freunde als auch Rikes Bruder, den Besitzer des VW-Busses, den sich seine Schwester ohne Erlaubnis ausgeliehen hat. Später erfahren wir dann allerdings mehr über den stumpfsinnigen Bruder, als uns lieb ist, und der Roman schlittert in ein beliebiges Ende.
Wie schon in "Marsmädchen" unterlegt Bach einzelne Szenen mit gängigen Musiktiteln, was sich wieder als guter, wenn auch simpler Trick erweist, um kleine Gewißheiten und große Gefühle zu transportieren. Doch manches wirkt vorhersehbar, die Geschichte dreht sich so ungefährdet im Kreis wie ein Kinderkarussell. Dabei ist diese Rike durchaus ein interessantes Mädchen: Vordergründig abgebrüht trinkt sie Bier wie die Kerle und quittiert Komplimente mit einem knappen "Ich weiß"; in Wahrheit ist sie natürlich doch ein ziemlich sensibles Küken.
Wieder beweist die Autorin ein feines Gespür für den alten Teenagerwunsch, im eigenen Leben die Fast-forward-Taste zu drücken. Doch danach bewegt sich zuwenig. Tamara Bach verrät nur das Nötigste über ihre Heldin und versagt uns so den tiefen Einblick in das Seelenleben Heranwachsender, den ihr "Marsmädchen" uns noch gewährt hatte.
SHIRIN SOJITRAWALLA
Tamara Bach: "Busfahrt mit Kuhn". Verlag Friedrich Oetinger, Hamburg 2004. 142 S., geb., 9,90 [Euro]. Ab 12 J.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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"Souverän ist Bachs Sprachgestaltung: mal lakonisch, mal metaphorisch, mal witzig, mal ironisch, und in den zahlreichen Dialogen spürt man, dass die Autorin die Sprache der Jüngeren authentisch sprechen kann. Eine in Thema, Komposition und Sprache beeindruckende road-novel." -- Eselsohr
"Wie im Film nimmt Tamara Bach Sequenzen auf, montiert sie aneinander und versieht sie mit Dialogen, die so unmittelbar sind, dass der fertige Film plastisch vor unserem inneren Auge erscheint. Es ist kein verklärender Blick auf eine bewegte Zeit, keine erwachsen-pädagogische Betrachtung, sondern eine Momentaufnahme aus großer Nähe." -- Rheinische Post
"Bach mischt Erzählpassagen mit Drehbuchszenen, Bruchstücken aus Treatments und weiterem Textmaterial und macht damit deutlich, dass in dieser Phase das Leben als Stoff für sehr unterschiedliche Inszenierungen taugt. Die durch immer schnellere Gegenschnitte rhythmisierte Prosa verbindet sich mit sprachlicher Lakonie zu einer atmosphärisch dichten, ganz eigenständigen Form des Erzählens." -- Auszug aus der Nominierung zum Jugendliteraturpreis