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Zwischen 1750 und 1870 wurde aus einer Welt, die - bei aller Vernetzung - im Großen und Ganzen noch regional strukturiert war, eine immer enger zusammenhängende Einheit. Seitdem sind die unterschiedlichen Teile des Globus nicht nur über Kriege und Handel miteinander verbunden; auch kulturelle Entwicklungen, politische Reformen und soziale Veränderungen waren immer häufiger aufeinander bezogen. Mit dem Band "Wege zur modernen Welt" liegt nun der vierte Band der großen, auf insgesamt sechs Bände angelegten Geschichte der Welt vor. Wie bildete sich die moderne Weltwirtschaft heraus, und warum…mehr

Produktbeschreibung
Zwischen 1750 und 1870 wurde aus einer Welt, die - bei aller Vernetzung - im Großen und Ganzen noch regional strukturiert war, eine immer enger zusammenhängende Einheit. Seitdem sind die unterschiedlichen Teile des Globus nicht nur über Kriege und Handel miteinander verbunden; auch kulturelle Entwicklungen, politische Reformen und soziale Veränderungen waren immer häufiger aufeinander bezogen. Mit dem Band "Wege zur modernen Welt" liegt nun der vierte Band der großen, auf insgesamt sechs Bände angelegten Geschichte der Welt vor. Wie bildete sich die moderne Weltwirtschaft heraus, und warum begann die Industrialisierung nicht in China, sondern in England? Welche Rolle spielten Sklaven und Nomaden in der zusammenwachsenden Welt? Wie wurde aus dem Hinduismus eine moderne "Religion", worin lagen die Ursachen für die Revolution der Zeitvorstellungen im 19. Jahrhundert, und inwiefern war die Entstehung der "muslimischen Welt" eine Reaktion auf globale Integration? Fragen wie diese werden in vier thematisch organisierten Kapiteln ausführlich behandelt. Das Ergebnis ist eine dezidiert globalgeschichtliche Sicht auf die Welt des 19. Jahrhunderts, die bisher gängige Narrative infrage stellt.
Autorenporträt
Sebastian Conrad ist Professor für Neuere Geschichte an der Freien Universität Berlin. Bei C.H.Beck sind von ihm u.a. erschienen: Globalisierung und Nation im Deutschen Kaiserreich (2010) und Globalgeschichte: Eine Einführung (2013). Jürgen Osterhammel ist Professor für Neuere Geschichte an der Universität Konstanz. 2010 erhielt er den Leibniz- Preis. Bei C.H.Beck sind von ihm u.a. erschienen: Die Verwandlung der Welt (2010); Geschichte der Globalisierung (mit Niels P. Petersson, 52012); Dekolonisation (mit Jan C. Jansen, 2013).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.03.2018

Wer zählt die Völker, nennt die Namen?
Die Anfänge von allem: Der chronologisch erste Band einer "Geschichte der Welt" liegt vor, doch seine Argumente tragen nicht weit genug

Weltgeschichte als Geschichte der Menschheit und des Planeten hat Konjunktur. Dabei haben zuletzt kühne Einbänder wie die Bücher von Ian Morris und Yuval Noah Harari Furore gemacht. Die von C. H. Beck und Harvard University Press gemeinsam verlegte "Geschichte der Welt" gehört hingegen zum älteren Typus von Sammelwerken aus der Feder mehrerer Spezialisten; sie zielen nicht zuletzt darauf, die historische Bildung zu befördern. Erfolg und Misserfolg solcher Werke sind nicht leicht zu erklären, so reüssierte vor gut fünfzig Jahren die "Propyläen Weltgeschichte" wegen ihres prominenten Herausgebers und glänzender Einzelbeiträge, obwohl sie konzeptionell enttäuschte, während die sorgfältig koordinierte "Saeculum Weltgeschichte" wenig später bereits den "Berührungszonen" besondere Beachtung schenkte, aber unbeachtet blieb.

Während die drei schon erschienenen, der Moderne gewidmeten Bände der neuen "Geschichte der Welt" Sachthemen globalgeschichtlich entfalten, wurde für die Zeit davor die schon in den älteren Werken praktizierte Gliederung nach Großregionen gewählt, da die Vernetzungen zwischen den Weltteilen noch nicht so ausgeprägt gewesen seien. Doch das Argument trägt nicht: Eine innovative Weltgeschichte der Vormoderne hätte doch ebenfalls übergreifende Themen wie Landwirtschaft, Städtewesen, Krieg, Seefahrt und Handel, Weltbilder, Migration oder Sklaverei an der Hand, um Interaktionen, Gemeinsamkeiten und Differenzen herauszuarbeiten - ob mit interkultureller Diffusion oder ohne sie. Wie das geht, demonstrierte jüngst die siebenbändige "Cambridge World History".

Den tatsächlichen Grund räumen die Reihenherausgeber freimütig ein: Man habe keine Autoren gefunden, die sich für die Vormoderne integrative Bereichsgeschichten zutrauten. Für den Band "Die Welt vor 600" hat sein Herausgeber zudem auf strenge Vorgaben und eine engere konzeptionelle Koordinierung verzichtet und sich etablierten und selbstbewussten Kennern anvertraut. So blieb es den Beiträgern überlassen, ob sie globalgeschichtliche Themen in den Vordergrund rücken oder nicht. Im Kapitel zu Altchina ist Fehlanzeige zu melden, während Axel Michaels den transregionalen Verflechtungen Indiens Beachtung schenkt. Hier ist von dem erstaunlichen Ashoka, dem Herrscher über das nordindische Maurya-Reich während des Hellenismus, ausführlich die Rede, ferner von den Indogriechen, Gräko-Buddhisten und der Gandhara-Kunst sowie den Handelsstrukturen, die von Rom bis Java reichten und den Autor von einer "ersten Globalisierung" sprechen lassen. Wer aber wissen möchte, warum sich die indischen Stadtstaaten anders als die mediterranen entwickelten und beide wieder anders als die chinesischen Städte, findet in diesem Buch nur wenig Auskunft.

Traditionell bilden die Anfänge von allem das universalgeschichtliche Thema schlechthin, geht es hier doch um die Selbstentfaltung des Menschen zur Kultur in all ihren Erscheinungsformen, auf allen Kontinenten. Hermann Parzinger führt im längsten Beitrag des Bandes die mächtige Phalanx seiner Disziplin, der prähistorischen Archäologie, ins Feld: Gegliedert nach den großen Etappen sowie nach den geographischen beziehungsweise kulturellen Regionen werden schier unzählige Befunde vorgestellt, und wo sichere Aussagen nicht möglich erscheinen, versprechen künftige Forschungen, die Wissenslücken zu füllen. Der Leser soll spüren: Es stimmt alles, was hier mit zahllosen Namen ausgebreitet wird und was der Autor selbst in Überblickswerken schon einmal ausgebreitet hat.

Doch wozu muss man all das wissen? Fast jeder Satz enthält eine neue Information, aber die gedanklichen Operationen, welche die Fakten zusammenbinden (sollen), werden nicht entfaltet, so dass letztlich eine Fortschrittserzählung bleibt, in der "noch nicht" und "bereits" die sinnbildenden Signaladverbien darstellen. So revolutionierten im vierten und dritten Jahrtausend Pflug und Nassreisanbau die Landwirtschaft und führten zu einem steigenden Überschuss, "der notwendig war, um die angewachsene Bevölkerung in den protourbanen Zentren ernähren zu können". Aber hätten sich die Menschen ohne diese Überschüsse in gleichem Maße vermehrt wie mit ihnen?

Wichtige Fragen, Schlüsselbegriffe und Durchblicke fehlen durchaus nicht, doch sie müssen aus dem Textfluss der Handbuchroutine herausgefischt werden. Mehrfach führt Parzinger erstaunlich dynamische und innovative Formierungen vor, die zu irritieren vermögen, weil ihr Entstehen schwer erklärbar ist und sie über kurz oder lang wieder verschwanden. Aber Irritation ist seine Sache eher nicht. Den Beitrag beschließt ein stenogrammartiger Rundblick über die behandelten Regionen zu bestimmten Zeitpunkten. Sie werden hier "Zeitachsen" genannt, um Jaspers' "Achsenzeit" anzuführen - zu der dem Autor dann aber rein gar nichts einfällt.

Auch Karen Radner hat sich in ihrem Stück zu den frühen Hochkulturen einer Chronistenpflicht unterzogen - zahllose Orts- und Völkernamen, archäologische Funde sowie markante Texte, Kriege und Verträge ziehen am Leser vorbei. Doch Ägypten und der Alte Orient werden hier als Teile einer gemeinsamen Lebenswelt und in ihren Verflechtungen betrachtet, was interessante Perspektiven eröffnet. Mit dem Fernhandel rückt zudem eine zentrale globalgeschichtliche Perspektive in den Mittelpunkt. Eine zweite bildet das Oszillieren zwischen zentralisierenden Großreichen und Systemen kleinerer Formierungen, die gerade beim Handel auch nützliche Symbiosen bilden konnten, wie am Beispiel des Assyrerreiches und der phönizischen Handelsmetropole Tyros demonstriert wird.

Der Herausgeber des Bandes gibt in der Einleitung einen Überblick zu den elementaren Erscheinungsformen des Wirtschaftens, des Zusammenlebens und der Sinnstiftung in der behandelten Epoche sowie zu den langfristigen Entwicklungsprozessen. Hier werden auch zentrale Begriffe definiert, aber auf fünfzehn Seiten war selbstverständlich nicht zu leisten, was die Autoren teilweise versäumt haben. In seinem eigenen Beitrag zur Welt der klassischen Antike führt Gehrke dann vor, wie es gehen kann: Mit einer an Max Weber geschulten Typologie sozialer, politischer und religiöser Formationen und Verlaufsmuster wird Ordnung gestiftet; die Schilderung ist auf nichtfachliche Leser zugeschnitten, sie erklärt eingängig, doch ohne Simplifizierung Ursachen und Zusammenhänge, beschränkt Namen und Daten auf ein Mindestmaß. Einen roten Faden für die "Weltgeschichte" bildet die Frage, was die jeweiligen Zeitgenossen selbst unter "Welt" verstanden, daneben die Fernwirkungen der klassischen Kulturen.

Unter dem Strich stehen fünf informative Synthesen zu Hauptepochen und Regionen der Frühzeit und der "Alten Welt", aber eine "Weltgeschichte" ist das nur in der Linie der eingangs erwähnten Sammelwerke. Auch ein Beitrag zu Altamerika würde daran nichts ändern.

UWE WALTER

Akira Iriye und Jürgen Osterhammel: "Geschichte der Welt". Frühe Zivilisationen. Die Welt vor 600.

Hrsg. von Hans-Joachim Gehrke. Verlag C. H. Beck (mit Harvard University Press, Cambridge), München 2017. 1082 S., Abb., geb., 49,95 [Euro].

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