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101 Kundenbewertungen

Als der elfjährige Lev über Wochen ans Bett gefesselt ist, wird ausgerechnet die schlaue, aber von allen gemiedene Kato geschickt, um ihm die Hausaufgaben zu bringen. Zwischen dem ungleichen Paar entsteht eine unverbrüchliche Verbindung, die den beiden Heranwachsenden im kommunistischen Vielvölkerstaat Rumänien Halt bietet. Ein halbes Leben später läuft Lev noch immer die Pfade ihrer Kindheit ab, während Kato schon vor Jahren in den Westen aufgebrochen ist. Geblieben sind Lev nur ihre gezeichneten Postkarten aus ganz Europa. Bis ihn eines Tages eine Karte aus Zürich erreicht, darauf nur ein einziger Satz: »Wann kommst du?«…mehr

Produktbeschreibung
Als der elfjährige Lev über Wochen ans Bett gefesselt ist, wird ausgerechnet die schlaue, aber von allen gemiedene Kato geschickt, um ihm die Hausaufgaben zu bringen. Zwischen dem ungleichen Paar entsteht eine unverbrüchliche Verbindung, die den beiden Heranwachsenden im kommunistischen Vielvölkerstaat Rumänien Halt bietet. Ein halbes Leben später läuft Lev noch immer die Pfade ihrer Kindheit ab, während Kato schon vor Jahren in den Westen aufgebrochen ist. Geblieben sind Lev nur ihre gezeichneten Postkarten aus ganz Europa. Bis ihn eines Tages eine Karte aus Zürich erreicht, darauf nur ein einziger Satz: »Wann kommst du?«

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Autorenporträt
Iris Wolff, geboren in Hermannstadt, Siebenbürgen. Die Autorin wurde für ihr literarisches Schaffen mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt, darunter mit dem Marieluise-Fleißer-Preis und dem Marie Luise Kaschnitz-Preis für ihr Gesamtwerk. Zuletzt erschien 2020 der Roman 'Die Unschärfe der Welt', der mit dem Evangelischen Buchpreis, dem Eichendorff-Literaturpreis, dem Preis der LiteraTour Nord und dem Solothurner Literaturpreis ausgezeichnet sowie unter die fünf Lieblingsbücher des Deutschen als auch des Deutschschweizer Buchhandels gewählt wurde. Die Autorin lebt in Freiburg im Breisgau.  
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensentin Lennart Laberenz zeigt sich bezaubert von Iris Wolffs neuem Roman "Lichtungen", der erzählerisch den Norden Rumäniens, des Heimatlandes der in Berlin lebenden Autorin, erkundet. Vordergründig handelt er von der wechselvollen Beziehung zwischen Lev, der unzuverlässigen Erzählstimme, und Kato, mit der er seit Kindertagen verbunden ist. Zugleich ist der Roman jedoch, so der Rezensent, als formales Experiment angelegt, das nach dem Verhältnis von Landschaft und Vergangenheit sowie nach der Rolle von Erzählungen fragt: "Lichtung" wird dabei zur Metapher für Erinnerung und, weiß Laberenz, zur Allegorie auf das Schreiben selbst. Wie schon die früheren Romane Wolffs kann der Rezensent das Buch empfehlen.
 

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.01.2024

Ins Früher geführt

Im Roman "Lichtungen" erzählt Iris Wolff von einer rumäniendeutschen Liebe, die über Diktatur, Revolution und Trennung siegt.

Der Titel des neuen Romans von Iris Wolff lautet "Lichtungen". Dieses Wort fällt auf 250 Seiten nur ein einziges Mal und eher beiläufig: "In allem gab es diese Dunkelstellen, wo die Erfahrung aufhörte und die Erinnerung anfing. Etwas blieb, und etwas ging verloren, manches schon im Augenblick des Geschehens, und wie sehr man sich auch bemühte, es tauchte nie wieder auf. Erinnerungen waren über die Zeit verstreut wie Lichtungen. Man begegnete ihnen nur zufällig und wusste nie, was man darin fand. Die eindrücklichsten Momente, das, was sich nicht verlor, gehörte einem nie ganz alleine. Die Angst gehörte einem alleine. Das Vergessen. Alles sonst, dachte Lev, bleibt nur durch andere gegenwärtig."

Dieser Absatz ist typisch - nicht nur für Iris Wolffs Sprache, die unkapriziös daherkommt und von größter Präzision ist, sondern mehr noch für ihr Interesse am Erzählen. Alle vier vorherigen Romane der 1977 im rumänischen Sibiu (Hermannstadt) geborenen Autorin, von "Halber Stein" (2012) über "Leuchtende Schatten" und "So tun, als ob es regnet" bis zu "Die Unschärfe der Welt" (2020), sind zum wesentlichen Teil angesiedelt in den Landschaften ihrer Kindheit, die mit der Übersiedelung in die Bundesrepublik 1985 endete. Doch es sind dadurch nicht einfach persönliche Siebenbürger oder Banater Geschichten. Sondern Menschheitserfahrungen, die aufscheinen im Spiegel von Wolffs Herkunft, die ständig dem Risiko des Vergessens ausgesetzt ist, von dem sie ja auch in dem anfangs zitierten Abschnitt spricht. In den Figuren ihrer Bücher, daraus hat diese Autorin nie ein Geheimnis gemacht, sind die Erfahrungen ihrer Familie aufbewahrt, aber über- und umgeformt durch die eigenen des Schreibens, auch wenn Florentine, das poetische Gewissen des vielfach preisgekrönten Romans "Die Unschärfe der Welt", Worten gegenüber "ein nie ganz aufzulösendes Unbehagen" empfindet. "Die Unschärfe der Aussagen", lesen wir dort weiter, "verunsicherte sie. Wie sehr sie sich auch bemühte: Sprechen reichte nicht an die Wirklichkeit der Erfahrung heran."

Was heißt das für die Verfasserin? Dass Iris Wolff mit ihren Romanen gegen diese Einschätzung der eigenen Figur antritt. In "Lichtungen" wird das ganz deutlich: Darin wird von Leonhard, genannt Lev (wie das rumänische Wort für Löwe), erzählt, dem Sohn einer rumäniendeutschen Familie, die zur einen Hälfte aus dem Banat und zur anderen aus Siebenbürgen stammt. Als einziges Kind der zweiten Ehe seines früh verstorbenen Vaters ist Lev zu Hause ein Außenseiter, zumal die Mutter nicht von der väterlichen Familie akzeptiert wird, denn der Großvater mütterlicherseits hat das Land verlassen. Zuvor jedoch hatte er gemeinsam mit seinem jungen Enkel noch einen Kuraufenthalt absolviert, während dem Lev ein traumatisches Erlebnis widerfuhr.

Dieses Bild, so sagt Iris Wolff, habe am Anfang ihres Schreibens gestanden: "Ich habe Lev im Bett liegend kennengelernt, als kleinen Jungen, der nach einem Unfall seine Beine nicht mehr bewegen kann." Doch bis es dahin kommt, sind schon fast zweihundert Seiten um. Nicht, weil die Vorgeschichte so viel Platz beansprucht hätte, sondern weil "Lichtungen" rückwärts erzählt: vom Enddreißiger Lev, der in Zürich seine frühere Mitschülerin Kato wiedertrifft, in die er sich als bettlägriges Kind verliebt hat, über den jungen Mann im noch von Ceausescu beherrschten Rumänien, der sich im Sägewerk verdingt und Kato verliert, bis eben zum Knaben, dessen erste Elementarerfahrung der Tod des Vaters ist und der im Leben darauf wartet, dass eintritt, was der geflohene Großvater ihm noch prophezeit hat: "Irgendwann, davon war Ferry überzeugt, würde es eine Frau in Levs Leben geben, die er nicht gehen lassen dürfe. Für die sich das Warten lohne, jedes Wagnis, jede Zeit." Die Geschichte dieser großen Liebe heißt "Lichtungen".

Auch deren einzelne Szenen sind über die Zeit verstreut, fast vierzig Jahre dies- und jenseits des Einschnitts der rumänischen Revolution von 1989, der aber selbst kein Kapitel bekommt. Nachher - das ist eine Welt, die Lev plötzlich offensteht, in der er aber nichts zu suchen hat, solange er nicht Kato sucht. Vorher - das ist das ländliche Rumänien, in dem die deutsche Volksgruppe auf Abruf lebt und die rumänische nur auf deren Auswanderung wartet. "Er spricht schon mit der Überlegenheit des Siegers", sagt der Großvater über einen Rumänen: "Er muss nur warten, wir werden freiwillig gehen; sobald wir können, werden wir gehen, es wird kein halten geben."

Iris Wolffs großes Thema ist die Erfahrung einer fremden Existenz in der eigenen Heimat. Als Angehörige der deutschen Volksgruppe erlebte und erlernte sie in Rumänien den Sprachzauber einer polyglotten Welt. Als Autorin hat sie heute diese Erfahrungen mit im Gepäck und macht aus ihnen Erzählungen. Den Roman "Die Unschärfe der Welt" begann Wolff mit einem Kapitel, das als Überschrift das rumänische Wort "zapada" (Schnee) trug, in "Lichtungen" ist nun jedem der von neun bis eins herabgezählten namenlosen Kapitel eine Art Motto vorangestellt, das jeweils einer anderen Sprache entstammt. Neun Idiome, die selbst Lichtungen sind: Man weiß nie, was man darin findet. Aber alles Zitierte ist wichtig für die Konzeption des Buchs und die Charakteristika seiner Figuren.

Die Liebe zwischen Lev und Kato ist eine große Leidenschaft, die den Doppelsinn dieses deutschen Wortes erfüllt: In der Leidenschaft steckt stets das Leid. Doch mit Ausnahme der Keimzelle des Romans, des "Unfalls", wie Wolff sie nennt, gibt es keine unmittelbare Gewalt, nur latente Bedrohung, erst durch die Büttel des Ceausescu-Regimes und dann durch die Freiheit, die sich Kato gegen sie herausnimmt, während Lev zurückscheut. "Lichtungen" ist mehr als ein weiterer Rumänien-Roman von Iris Wolff. Er ist das Psychogramm einer von unterschiedlichen Diktaturen versehrten Seele, die sich rettet, weil sie warten kann und am Schluss (der den Anfang des Romans darstellt) die gnadenloseste Diktatur abschüttelt: die des eigenen Gefühls, einem anderen Menschen nicht genug sein zu können.

"Lass uns keine Sätze mit 'früher' beginnen", regt Kato an, als sie Lev wiederbegegnet. Danach geht es im Roman immer weiter ins Früher zurück, denn "es gab ein Früher, in dem sie fast alles voneinander gewusst hatten, und das, was jetzt war, musste sich den Vergleich damit gefallen lassen". Wir als Publikum wissen da noch nichts darüber. Doch das wird sich ändern, und die Art, wie Iris Wolff uns dabei ins Früher führt, hält jeden Vergleich aus. Ein großartig gegenwärtiges Buch. ANDREAS PLATTHAUS

Iris Wolff: "Lichtungen". Roman.

Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2024. 256 S., geb., 24,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Es ist sehr raffiniert gemacht und trotzdem - und das ist das Tolle - ganz selbstverständlich, ganz leicht.« Adam Soboczynski, Die Zeit Podcast, 09. März 2024 Iris Radisch Die Zeit Podcast 20240309

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.04.2024

Torte mit
Iris Wolff
Die preisgekrönte Schriftstellerin
hat einen neuen Roman geschrieben, endlich.
Zeit für ein Treffen.
VON LENNART LABERENZ
Sie winkt schon. Im Gesicht: Spannung, Freude, Neugier. Winkt über Tische im Literaturcafé in Berlin-Charlottenburg. In einer Stunde sei hier besetzt, dann müssten wir noch einen Spaziergang machen, sagt sie, ärgert sich sogar: Sie habe nicht daran gedacht, dass wir besser hätten reservieren sollen. Und eine Stunde, Atemholen, sei dann ja doch zu kurz. Guten Nachmittag, Iris Wolff. Fünf Minuten vor dem verabredeten Zeitpunkt steht sie am Tisch, bestellt dann Espresso macchiato, oh, Blaubeertarte hört sich gut an. Nimmt die Espresso-Idee zurück, doch Kräutertee, lieber etwas Beruhigendes. Eine Frage hat sie auch, Kinn etwas vorgereckt, der Reporter hatte leichtfertig erwähnt, dass er frühere Romane von ihr kennt, welcher ihm denn am besten gefiel? Billiger Konter, welcher sei ihr Favorit? „Immer der neueste, ich habe den Eindruck, es wird besser mit dem Schreiben.“
Mit so einer schönen Untertreibung geht es also los. Iris Wolff, geboren 1977 in eine deutsch-rumänische Pfarrersfamilie in Hermannstadt, aufgewachsen im Banat und Siebenbürgen, ihre Familiengeschichte kann sie dort 850 Jahre zurückverfolgen. Dann zogen sie 1985 nach Deutschland, und Rumänien rückte weit weg. Mit dreißig Jahren fing sie an, sich wieder intensiver um ihre Herkunft und die Geschichte des Landes zu kümmern. Für den Roman dazu, „Halber Stein“, erschienen 2012, benötigte sie sechs Jahre. Seitdem spielt ihre Prosa, lobüberhäuft, preisumkränzt, zu größten Teilen in Rumänien. Manchmal trägt es ihr Personal auch hinaus über die Landesgrenzen: In „So tun, als ob es regnet“ (2017) ziehen sich in vier Erzählungen zarte Bande durch eine Familie und ein rumänisches Jahrhundert, bis zum Zerreißen gespannt vom Ersten Weltkrieg, frühen Vorzeichen der Judenverfolgung, der brutalen Securitate, Verschleppung nach Russland, Zwangsarbeit. „Die Unschärfe der Welt“ von 2020 reicht dann vom letzten rumänischen König bis über das Ende des Ceaușescu-Regimes hinaus. Entlang der Generationen einer Familie aus dem Banat und Siebenbürgen erleben wir wieder fast ein Jahrhundert. Schon da sind ihre formalen Kompositionen genaue Gegenstücke zum Inhalt, Auslassungen und Sprünge spielen eine wichtige Rolle.
Ihr neuester, wieder ganz bezaubernder Roman „Lichtungen“ erkundet den Norden des Landes, die hügelige, waldige Maramuresch. Es geht um die Beziehung von Lev und Kato. Für Lev übersetzen sich Klänge in innere Bilder, Kato betrachtet die Welt und zeichnet sie. Vielleicht ergänzen sich beide, streben zueinander, dann wieder voneinander weg. Der unzuverlässige Erzähler Lev trägt schwerer an dieser Verbindung, hofft ernster zu ihr hin.
Es gibt Menschen, sagt Iris Wolff, die eine vertraute Landschaft benötigten. Viele ausgewanderte Banater oder Siebenbürger seien wie Lev: „Die besten Geschichten haben sie in dieser Landschaft erlebt, auch die forderndsten. Das hat sie geprägt. Sie finden sich anderswo zurecht, aber ein Teil von ihnen bleibt immer dort.“
Diese Mischung aus Landschaft und Vergangenheit formt Figuren und Handlung. Iris Wolff legt das als formales Experiment an, das nach der Rolle von Erzählungen selbst fragt: „Lichtungen“ springt in Episoden rückwärts, hin zur Jugend, zu Levs Kindheit. Sie geht der Frage nach, wie Menschen Erzählungen über sich selbst entwerfen, die wiederum den Blick auf die Vergangenheit prägen. Und ob man sich von dem bestimmen lassen will, was hinter einem liegt. Darin liegt nun einiges von Iris Wolff selbst. Sie hatte länger das Gefühl, dass mit dem Umzug nach Deutschland ihre Lebensbahn gekappt worden sei. Als Teenager war sie oft unglücklich. Und sortierte sich irgendwann zu einer neuen Erkenntnis: „Heimat“ sagt sie, ruft sie fast, in immer lauter werdender Geräuschkulisse, „muss nichts sein, was in der Vergangenheit liegt, sondern ist auch etwas, auf das du zugehst. Etwas Zukünftiges.“
Im Literaturcafé werden voluminöse Stücke Sahnetorte angeliefert, die nächsten Gesprächsabschnitte ziehen sich etwas, der Kuchen will bewältigt werden. Dazu soll sie über einen Satz aus ihrer Rede an Abiturienten aus dem Jahr 2022 sprechen, die unter dem Titel „Tu, was du willst“ erschienen ist. Steckt darin ein Glaubensbekenntnis, etwas Programmatisches für ihr Schreiben? Da sagt sie: „Was Literatur ermöglicht – paradoxerweise, da sie mit nichts anderem arbeitet als Sprache –, das Sich-Einlassen auf die Wirklichkeit der Erfahrung jenseits der Sprache.“
Die Antwort kommt ohne Zögern aber mit bekümmertem Blick auf ihren Teller: Iris Wolff ist sehr von Literatur überzeugt. Und sie sucht danach, „dass beim Lesen ein weiter Raum aufgeht“. Iris-Wolff-Prosa enthält die Aufforderung, mitzuarbeiten, Bilder auszukleiden, die oft nur angedeutet sind; die Dynamik ihres Personals vermittelt sie vor allem durch Klänge, spärliche Dialoge, Ungesagtes. Die zarte Balance hat einen bestimmten Sinn: Iris Wolff komponiert Geschichten, die beim Lesen einen Widerhall finden, als begänne man ein Gespräch. In Siebenbürgen sei ihr aufgefallen, dass die Bauernhöfe so angelegt sind, dass man nicht auf das Grundstück des Nachbarn schauen könne. Die Menschen in der Gegend kontrollierten, schloss sie, sehr genau, was sie zeigen. In solchen Beobachtungen verbinden sich die rumänischen Provinzen mit Grundsätzlichem: Selbst dann, wenn von Siebenbürgen, Banat und Maramuresch die Rede ist, wirkt es, als bewegten man sich nicht nur in einer konkreten Region, sondern als würde man sein eigenes inneres Rumänien durchmessen. Ihre Geschichten sollten, sagt sie, „so groß werden wie echtes Leben, auf das man von verschiedenen Seiten schauen kann“.
Das Wort „Lichtung“ taucht in „Lichtungen“ selten auf, aber einmal ist es mehr als eine bloße Ortsbeschreibung, nämlich eine Allegorie auf das Schreiben selbst. Lev besinnt sich: „In allem gab es diese Dunkelstellen, wo die Erfahrungen aufhörte und die Erinnerung anfing. Etwas blieb, und etwas ging verloren, manches schon im Augenblick des Geschehens, und wie sehr man sich auch bemühte, es tauchte nie wieder auf. Erinnerungen waren über die Zeit verstreut wie Lichtungen. Man begegnete ihnen zufällig und wusste nie, was man darin fand. Die eindrücklichsten Momente, das, was sich nicht verlor, gehörte einem nie alleine. Die Angst gehörte einem alleine. Das Vergessen. Alles sonst, dachte Lev, bleibt nur durch andere gegenwärtig.“
Solche Lichtungen, kann man denken, baut Iris Wolff nach jeder Lesung mit Lesern selbst: Am Abend hat jemand im Literaturhaus schon zwei Mal laut in den Keller, zu Musik und Wein gebeten, aber Iris Wolff sitzt weiter auf der Bühne (gespannt, neugierig), hört Menschen zu, die einzeln an sie herantreten, von ihrer Verbindung zu Rumänien erzählen, davon, was sie in den Romanen lesen.
Der Umzug nach Deutschland fühlte sich zunächst an, als sei eine Lebensbahn gekappt worden: Die Schriftstellerin Iris Wolff.
Foto: Maximilian Gödecke
Iris Wolff: Lichtungen. Klett-Cotta Verlag,
Stuttgart 2024.
256 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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»Iris Wolff ist eine großartige Erzählerin. Sie versteht sich auf die Kunst der anschaulichen und subtilen Charakterzeichnung.« Deutschlandfunk Kultur