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Harald Haarmann legt hier erstmals eine moderne Universalgeschichte der Sprachen vor. Er beschreibt, was wir über die Sprachfähigkeit der frühesten Menschen wissen, in welchen Stufen sich die komplexe Sprache des Homo sapiens entwickelte und wie die vergleichende Sprachforschung das Nostratische als älteste bekannte Sprachfamilie rekonstruiert hat. Haarmann versteht es meisterhaft, seinen Lesern die oft verschlungenen Wege der Herausbildung von Sprachfamilien, der Transformation und Aufgliederung alter und der Entstehung neuer Sprachen zu vermitteln. Ein Ausblick auf gegenwärtige Entwicklungen rundet den Band ab.…mehr

Produktbeschreibung
Harald Haarmann legt hier erstmals eine moderne Universalgeschichte der Sprachen vor. Er beschreibt, was wir über die Sprachfähigkeit der frühesten Menschen wissen, in welchen Stufen sich die komplexe Sprache des Homo sapiens entwickelte und wie die vergleichende Sprachforschung das Nostratische als älteste bekannte Sprachfamilie rekonstruiert hat. Haarmann versteht es meisterhaft, seinen Lesern die oft verschlungenen Wege der Herausbildung von Sprachfamilien, der Transformation und Aufgliederung alter und der Entstehung neuer Sprachen zu vermitteln. Ein Ausblick auf gegenwärtige Entwicklungen rundet den Band ab.
Autorenporträt
Harald Haarmann, geb. 1946, gehört zu den weltweit bekanntesten Sprachwissenschaftlern. Bei C.H.Beck erschienen von ihm u.a. Kleines Lexikon der Sprachen (2002), Lexikon der untergegangenen Sprachen (2004) sowie zuletzt Lexikon der untergegangenen Völker (2005).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.08.2007

Kein Ding ist, wo das Wort gebricht
Aus grauer Vorzeit ins Internet: Harald Haarmanns informativer Überblick über die Weltgeschichte der Sprachen
Eine Weltgeschichte der Sprachen ist ein ehrgeiziges Unternehmen. Wer es beginnt, muss zunächst den Beweis antreten, dass Sprachen zu den Objekten gehören, die sich für die Beschreibung im Rahmen einer Weltgeschichte eignen. Das ist nicht selbstverständlich, was man daraus entnehmen mag, dass es keine marktgängigen Weltgeschichten dieser Art gibt. Harald Haarmann, der sich seit Jahrzehnten mit den großen und besonders mit den kleinen Sprachen der Welt beschäftigt, wusste, was er tat, als er dieses Projekt begann. Er wollte eine Lücke füllen, wozu er mit seinen Kenntnissen der verschiedensten Sprachfamilien das nötige Rüstzeug wie kaum ein anderer mitbringt.
Die Bedingungen sind schwierig, denn Sprachen sind so komplexe Gebilde, dass sich die meisten Wissenschaftler, die sich mit ihnen beschäftigen—Linguisten, Philologen, Sprachhistoriker—auf eine Sprache oder zumindest eine Sprachfamilie spezialisieren und wenig über andere wissen. Wenn etwas aber eine Weltgeschichte werden soll, muss es um Beziehungen zwischen diesen Gebilden gehen. Aus der Addition der Geschichten der Dinge, die wir Sprachen nennen und so zu solchen machen, wird noch keine Weltgeschichte.
Was für einen Sinn hat es, die Geschichte von Gegenständen zu erzählen, die nichts miteinander zu tun haben? Das kann das Ziel nicht sein, obwohl Sprachen ja durchaus ihre Geschichte haben.
Zu erfahren, dass das Wort „Stegreif” nichts mit stehen und greifen zu tun hat, sondern sich von „Steigreif”, einem veralteten Wort für „Steigbügel”, herleitet, erfreut vielleicht den einen oder anderen, der sich für die Geschichte des Deutschen interessiert, aber das ist nicht der Stoff, aus dem eine Weltgeschichte wird. Dass der Abschiedsgruß „Tschüs” über französisch „à dieu” auf lateinisch „ad deum” zurückgeht, gibt da schon etwas mehr her; wie auch die Tatsache, dass die deutsche Militärterminologie im 18. und 19. Jahrhundert vorwiegend französisch war, man heute aber von „weichen Zielen” und „Kollateralschaden” spricht, weil sich überall auf der Welt, wo zum Besten der Menschheit gestorben und getötet wird, englischsprachige Euphemismen oder deren Übersetzungen ausbreiten.
Was die Geschichte der Sprachen als Weltgeschichte interessant macht, ist ihre Verbreitung, sei es als einzelnes ihrer Elemente oder als Ganzes: Dass „Literatur” ein Wort ist, das es mit leichten Modifikationen in Dutzenden Sprachen gibt, dass die Amtssprache in Angola Portugiesisch ist, dass die Hälfte des koreanischen Wortschatzes chinesischer Herkunft ist, und so weiter. Davon handelt Haarmanns Buch. Er beginnt am Anfang, nämlich mit dem Auftauchen des Homo sapiens sapiens. Da man sich hier auf prähistorischem Terrain bewegt, ist es keine Geschichte im engeren Sinne, der er hier nachgeht, sondern eine rekonstruierte Evolutionstheorie. Das birgt viele Probleme, weil unsere Kenntnisse fragmentarisch sind. Dementsprechend gibt es im ersten Kapitel über die Anfänge der Sprachevolution viel Spekulation. Vieles von dem, was als gesicherte Erkenntnis präsentiert wird—„Die Fähigkeit, Sprache zu verwenden, hat der archaische Mensch mit Sicherheit besessen”—ist tatsächlich eine Setzung, und mehr als einmal denkt der kritische Leser, dass Haarmann sich einen Gefallen getan hätte, es offen auszusprechen: Vom Menschen fangen wir an zu reden, wenn er anfängt zu reden.
Vermischung an den Küsten
Die folgenden Kapitel sind den bekannten Sprachfamilien gewidmet, den Sprachen Afrikas und Eurasiens, denen Australiens, Sibiriens und der Amerikas. Einer Gesamtübersicht der Sprachfamilien der Welt folgt eine gründliche Behandlung der indoeuropäischen Sprachfamilie, was seine Rechtfertigung darin hat, dass die historisch-vergleichende Sprachwissenschaft ihr Instrumentarium hauptsächlich anhand der Erforschung der zwischen Ganges und Nordatlantik gesprochenen Sprachen ausbildete. Haarmann repetiert die Forschungsgeschichte im Detail, wobei er die linguistische Darstellung der Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den indo-arischen, italischen, slawischen germanischen und anderen Zweigen dieser großen Sprachfamilie mit vielen historischen und kulturellen Informationen ergänzt. Das ist ein wichtiger und begrüßenswerter Teil der Geschichte, der den Leser immer wieder daran erinnert, dass Sprachen keine Lebewesen sind, die sich auf naturwüchsige Weise verbreiten und durch die Zeit bewegen, sondern nur durch die Menschen leben, die sie verwenden und anderen durch Handel, Eroberung, Unterwerfung, religiöse Missionierung und andere Arten der Verführung mitteilen, lehren und aufdrängen.
Je näher die Geschichte der Gegenwart kommt, desto leichter wird es, den Zusammenhang zwischen Sprachverbreitung, Macht, Technik und Kultur zu erhellen. Die Entwicklung von Ackerbau, Viehzucht, Eisenverarbeitung und die Erfindung der Schrift hatten entscheidende Einflüsse auf die Ausbreitung der Sprachen, da sie für ihre Sprecher Vorteile im Wettbewerb mit anderen Gruppen bedeuteten. In vielen Fällen zog kulturelle Überlegenheit im Sinne von Macht die Übernahme der Sprache einer Gemeinschaft durch eine andere nach sich, besonders deutlich etwa bei der oft beobachteten Verdrängung ungeschriebener durch geschriebene Sprachen. Eine besondere Rolle im Kräftespiel der Völker spielen neuzeitliche Sprachschöpfungen, zu denen es im Zuge der europäischen Expansion durch Kolonialismus, Sklavenhandel und Imperialismus kam.
An den Küsten anderer Kontinente entstanden durch den Kontakt europäischer mit einheimischen Sprachen und die Vermischung von Bevölkerungsgruppen völlig neue Sprachen, die teils nie über den Status eines Handelsjargons hinauskamen, teils zu eigenständigen Gemeinschaftssprachen ausgebaut wurden und wie zum Beispiel Papiamentu auf den niederländischen Antillen, Krio in Kamerun und Afrikaans in Südafrika heute noch als koloniale Hinterlassenschaft fortleben.
Mit reichen Informationen und vielen Zahlen, die manches Vorurteil zurechtrücken, führt Haarmann uns bis in die heutige Epoche der Weltsprache Englisch und des Internets als eines der Medien ihrer Verbreitung. Manchmal ist seine Darstellung zu sehr dem evolutionistischen Denken der historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft verpflichtet, aber wer wissen will, wie die Weltkarte der Sprache so geworden ist, wie sie heute ist, dem gibt dieses Buch einen guten Überblick. FLORIAN COULMAS
HARALD HAARMANN: Weltgeschichte der Sprachen. Von der Frühzeit des Menschen bis zur Gegenwart. C. H. Beck Verlag, München 2007, 400 Seiten, 14,90 Euro..
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Einfach "großartig" findet Rezensentin Stefana Sabin die Art und Weise, wie Harald Haarmann neueste  Erkenntnisse der Sprachwissenschaft und Anthropologie gut verständlich darstelle. Vor dem auch geschichtlich umfassenden Hintergrund, den der Autor ausbreite, erscheine der heutige Klimawandel als Petitesse. Den größten Raum nähmen die indoeuropäischen Sprachen ein, deren Besonderheiten der Autor immer geschickt anhand des Deutschen erkläre. Im letzten Teil gehe es dann um Verschriftungssysteme und hier insbesondere um die Bedeutung der lateinischen Schrift. Gut gefallen haben der Rezensentin auch Reflektionen zur Zukunft der Sprachentwicklung, denn hier beruhige Harald Haarmann gewissermaßen die Gemüter mit dem Hinweis, eher werde in Zukunft überall chinesisch oder Hindi gesprochen als englisch. In Hinblick auf die Aktualität solcher Fragen prophezeit die Rezensentin dem vorliegenden Werk Besteller-Potential.

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