24,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Sofort lieferbar
payback
0 °P sammeln
Produktdetails
  • Verlag: Beck
  • 3. Aufl.
  • Seitenzahl: 240
  • Erscheinungstermin: 20. April 2021
  • Deutsch
  • Abmessung: 216mm x 139mm x 17mm
  • Gewicht: 343g
  • ISBN-13: 9783406776052
  • ISBN-10: 3406776051
  • Artikelnr.: 61251744
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.03.2006

Club der Unversuchbaren
Ralf Dahrendorfs vorsoziologisches Plädoyer für die Freiheit

Die offene Gesellschaft und ihr Freundeskreis, so könnte dieses Buch auch heißen. Denn was Ralf Dahrendorf in ihm versucht, ist ein Gruppenporträt derjenigen Intellektuellen im zwanzigsten Jahrhundert, die den extremen Ideologien dieser Zeit nichts abgewinnen konnten. Das trifft auf nicht eben zahlreiche Intellektuelle der von Dahrendorf bevorzugt behandelten Jahrgänge zu. Wer um 1905 geboren wurde, der war zwanzig, als der Bankrott des liberalen Rechtsstaates in Europa eine ausgemachte Sache schien, und dreißig, als es den meisten vorkam, nur noch die Wahl zwischen Faschismus und Kommunismus zu haben.

Nicht, daß man viele Intellektuelle vor eine ausweglose Situation hätten stellen müssen, um von ihnen ein Bekenntnis zu Nation, Rasse, Proletariat oder Sowjetherrschaft zu erhalten. Dahrendorf unterstreicht den Reiz des gesteigerten Lebensgefühls, den politische Extreme mit ihren Verhaltenszumutungen ohnehin für sie bereithalten. Er erkennt bei Intellektuellen eine Präferenz für Umbrüche, weil in Umbrüchen das Wort an Bedeutung gewinnt und weil Krisen angeblich mehr zu erkennen geben als Normalzustände. Heute, könnte man ergänzen, warten viele Zeitdiagnostiker erst gar nicht auf solche gewaltigen Umbrüche, sondern erfinden die Epochenzäsuren gleich im Dutzend selber: 1968, 1989, 2001, das Ende der Arbeitsgesellschaft, das Ende der Ideologien, das Ende der Geschichte, der Wiederbeginn der Geschichte und so weiter - friedlich, ohne Theorie, aber dicht am Fernsehapparat und fast nach Belieben.

Außerdem, schreibt Dahrendorf, sei der Intellektuelle für "Bindungen", für Freude am Gehorsam gegenüber höheren Mächten und für Zukunftsprojektionen anfällig, sobald er an seinem "freischwebenden" Zustand irre wird. Auch kompensatorische Bedürfnisse werden von Extremen angesprochen. Auf den freien Geist übt die Uniform, auf den Schreiber die Tat, auf den Theoretiker die "Praxis", auch wenn sie oft nur Technik ist, mitunter eine eigenartige Anziehungskraft aus. Ein wenig von ihr mag sich sogar noch unter liberalen Verhältnissen in der Bewunderung von Orden, Akademiemitgliedschaften und politischen Beratungsaufgaben wiederfinden. Es handelt sich um die Sehnsucht nach jener Gruppenbildung, die Kontingenzen der eigenen Arbeit ausgleicht. Man findet sie seit der Romantik verstärkt, und in Dahrendorfs Untersuchungszeitraum hingen ihr vor allem die Avantgarden an.

Selbst Dahrendorf kann einer solchen Gruppenbildung wenigstens nachträglich nicht widerstehen und denkt sich für die Helden des Widerstands gegen intellektuell-politische Gruppenbildungen einen Club aus, die Akademie der Erasmier. Er nennt sie so, weil der erste Intellektuelle, der die für diese Akademie qualifizierende liberale Einstellung gepflegt haben soll, Erasmus von Rotterdam gewesen sei. Worin allerdings für den Philosophen und Philologen im sechzehnten Jahrhundert die totalitäre Versuchung bestanden haben soll, wird nicht deutlich. Die Reformation kann es nicht gut gewesen sein, ihre Zeit "manichäisch" zu nennen macht sie noch nicht dem zwanzigsten Jahrhundert vergleichbar. Andererseits wird man gerade Ralf Dahrendorf, der Staatssekretär war und Abgeordneter und Mitglied der Europäischen Kommission und was nicht alles noch, kaum unterstellen wollen, er rede hier dem erasmischen unparteiischen Zuschauersein das Wort.

Die "Unversuchbaren" jedenfalls, die den Kern von Dahrendorfs liberalem Club bilden, sind der politische Soziologe Raymond Aron, der Ideengeschichtler Isaiah Berlin und der Philosoph Karl Popper. Ihnen sowie einer Reihe von weniger geistes- als schicksalsverwandten Intellektuellen - Orwell, Patocka, Sperber - widmet er ausgedehnte Porträts. Ein bißchen geht es dabei zu, wie wenn Jungs sich eine Lieblingsmannschaft unbekümmert darum zusammenstellen, wo die Spieler gerade engagiert sind. Inwiefern etwa Berlin ein "public intellectual" war, welche Resonanz in irgendeiner öffentlichen Angelegenheit er gefunden hat, dazu schweigt das Buch. Daß er in Oxford beliebte Vorlesungen gehalten und im Zweiten Weltkrieg durch "direkten Kontakt mit Führenden" gewirkt habe, führt auf ein Feld, in dem Wirkungsanalysen notwendig eine Glaubenssache bleiben. Vergliche man Popper mit André Malraux oder Elias Canetti, dann wüßte man auch nicht zu sagen, worin genau sein Intellektuellentum bestanden haben soll. Dahrendorf hat die drei Stammspieler seiner Internationalmannschaft wohl auch mehr darum ausgewählt, weil sie sich nicht nur in Distanz gegenüber den Extremen hielten, sondern auch ständig über Freiheit nachgedacht haben.

Er selber macht es sich mit diesem Kernthema der Abhandlung begrifflich ganz leicht: Der liberale Intellektuelle tritt ein für Freiheit als Fehlen von Zwang und die Fähigkeit eines jeden, tun zu können, was er will. Nicht nur für einen Soziologen, was Dahrendorf einst zu sein schien, ist das eine überraschend weltarme Begriffsfassung, in der Individualismus und Vergesellschaftung in einfachen Gegensatz gebracht werden. Sie tut so, als müsse das Individuum in der modernen Gesellschaft Eigensinn auf eigene Rechnung behaupten. Darin wirkt noch heute die zweifelhafte Lehre nach, die Dahrendorf vor fünfzig Jahren in seinem "Homo sociologicus" entwickelt hat: Das Individuum, als Mensch frei, liegt sozial überall in den Ketten von Rollen-, und das heißt Konformitätszumutungen, denen es sich um seiner individuellen Freiheit willen entwinden muß.

Aus Freiheit und Individualität werden auf diese Weise außergesellschaftliche Tatbestände, die helden- oder jedenfalls tugendhaft durchgesetzt werden müssen. Der Liberale wird zum Repräsentanten der Natur des Menschen gegen die Gesellschaft, deren Ordnung dann nur als deren Einschränkung interpretiert werden kann, was Dahrendorf auch buchstäblich tut. Daß er ausgerechnet Theodor W. Adorno, der ihm im sogenannten Positivismusstreit 1961 ebendies als unreflektierten Liberalismus vorsoziologischer Machart vorgehalten hat, nun in die Erasmus-Akademie aufnimmt - "ein Erasmier-Index müßte ihm eine Handvoll Punkte zugestehen" -, ist darum mindestens so eigenartig wie die Behauptung, Adorno sei über Husserl in die Philosophie gelangt. Irgendwie ist bei der "Societas Erasmiana" die Aktenlage in ziemlich liberalem Zustand.

Anders gesagt: Dahrendorf investiert in seinen Grundbegriff nicht gerade viel. Die Haltung seiner Helden nennt er einen "Glauben an die Freiheit". Bemerkenswerterweise vermischt er dabei gerne die rechtsstaatliche und politische Freiheit, für die seine Helden eingetreten sind, mit ihrer geistigen Unabhängigkeit und ihrem Verzicht darauf, den Rückhalt in etwas anderem als den eigenen Gedanken - und jenem Glauben! - zu suchen. Doch dem Leser der Schriften Arons oder Poppers kann es natürlich ganz gleichgültig sein, ob die Argumente zugunsten liberaler politischer Ordnungen von "innengelenkten" Autoren stammen oder nicht. Und umgekehrt garantiert der dem Erasmus attestierte Wille, auf der Suche nach der Wahrheit nur seinem inneren Kompaß zu folgen, wohl kaum ein liberales Ergebnis. Die Tugendlehre der erasmischen Geister, die mutig, widerspruchsbewußt, besonnen und weise genannt werden, mag insofern zutreffen - daß Aron intellektuell anregender als Sartre ist, Poppers Soziallehre klüger als die Adornos, geht daraus nicht hervor. Von der politischen Tugend des Denkers führt kein gerader Weg zur Richtigkeit des Gedankens. Anstand und Erkenntnis mögen zusammentreffen, aber mehr als ein schöner Zufall ist das nicht. Dahrendorf übersieht an dieser Stelle, daß er den Umkreis der platonischen Behauptung, insofern die Tugend auf Erkenntnis beruhe, seien politische Ordnungen wahrheitsfähig, nicht schon dadurch verläßt, daß er seinen Wahrheitsbegriff aus der normativen Wissenschaftstheorie Poppers bezieht.

Am merkwürdigsten an Dahrendorfs Buch ist insofern der Unwille, den Liberalismus mit denselben Mitteln zu analysieren, die auf seine Gegner angewandt werden. Die Soziologie ist nur für die anderen zuständig, die Versuchbaren, die Unanständigen und Unvernünftigen. So haben es rechte und linke Intellektuelle seit je miteinander gehalten, so praktiziert es hier auch der liberale. Das trägt ihm Widersprüche wie den ein, daß England "das Erasmus-Land" sein soll, in dem Freiheit gewissermaßen institutionalisiert ist, weshalb es "genaugenommen" dort kaum politisch extreme Intellektuelle - von Wyndham Lewis bis Eric Hobsbawm fast nur Liberale - wie auch keine Erasmier gebe, denn es fehlten die Versuchungen. Und wie kann das gehen? Weil dort der "common sense", der gesunde Menschenverstand, herrsche, den Dahrendorf dann, hier einmal kein Kantianer, mit "Vernunft" übersetzt. Also ist es doch der Gemeinsinn, aus dem die Liberalen schöpfen, und nicht der Eigensinn?

Eine letzte Verlegenheit, in der sich Dahrendorf befindet, ist die: Man sieht nicht recht, was uns Tugendkanon und Heiligenlegende der unversuchbaren Intellektuellen für die Gegenwart lehren sollen. Dahrendorf fragt, ob es neue Versuchungen der Unfreiheit gibt. Er findet sie in den illiberalen Demokratien, die Wirtschaftswachstum ohne Bürgerrechte zu realisieren versprechen, und im Westen, wenn er ein bißchen Folter im Kampf gegen den Terrorismus für angebracht hält. Vielleicht hätte er ergänzend fragen sollen, ob diesseits der Unfreiheit heute ganz andere Versuchungen für Intellektuelle bestehen, etwa solche, die sich durch verlängerte Sendezeiten ergeben, die zunehmende Frequenz von Moralpredigten oder durch sinkende Abwehrkräfte gegen wohlfeile Zeitdiagnosen. "Die Gegenwart ist keine Zeit der großen Prüfungen" - aber auch durch kleine kann man fallen.

JÜRGEN KAUBE

Ralf Dahrendorf: "Versuchungen der Unfreiheit". Die Intellektuellen in Zeiten der Prüfung. Verlag C. H. Beck, München 2006. 239 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.03.2006

Auch eine Versuchung
Ralf Dahrendorf hat einen liberalen Club gegründet, er heißt „Societas Erasmiana”, und nicht jeder darf Mitglied werden
Von Franziska Augstein
Was Ralf Dahrendorf mit seinem jüngsten Buch bezweckt, wird klarer, je näher es aufs Ende zugeht. Eine Wurst wird am Ende angeschnitten, ein Buch hingegen wird vom Anfang her gelesen, weshalb wir dort auch beginnen wollen. „Versuchungen der Unfreiheit”: Die ungeschickte Genitiv-Konstruktion mag daher rühren, dass Lord Dahrendorf, Baron of Clare Market, ein wenig aus dem Englischen heraus formuliert. „Unfreiheit als Versuchung” wäre ein klarer Titel gewesen, der nicht die Frage aufwirft, ob denn die Unfreiheit in Versuchung geführt werde. In die Irre geführt hätte indes auch der zweite Titel. Der Autor schreibt nicht über Leute, die sich im 20. Jahrhundert in Versuchung führen ließen, sei es vom Faschismus, vom Leninismus oder Stalinismus, sondern über jene, die keinem in die Arme fielen.
Ralf Dahrendorf hat sich einige Jahre lang mit diesem Buch getragen. Ein wenig liegt der Arbeit die Frage zugrunde, warum „so viele Intellektuelle sich von den Schalmeienklängen des Nationalsozialismus haben betören lassen”. Das unüberlegte Wort „Schalmeienklänge” (weniger für ihre Engelsmusik als für ihre Märsche war die NSDAP bekannt) zeigt allerdings, dass die Problematik den Autor nicht gar so sehr beschäftigt. Nicht umsonst hat er die Frage umgedreht: „Warum haben manche allen Versuchungen der Unfreiheit widerstanden?” Sein Essay soll „eine Erkundungsreise zu den Quellen des liberalen Geistes” sein.
In Wahrheit handelt es sich nicht um eine Erkundung, sondern um eine Satzung: Es ist die Satzung eines Clubs. Den nennt Dahrendorf „Societas Erasmiana” - in Anlehnung an den Publizisten aus Rotterdam, „einen öffentlichen Intellektuellen, wie er im Buche steht”.
Als Mitglieder kommen Intellektuelle beiderlei Geschlechts in Frage. Dahrendorf bevorzugt „Kandidaten” (dies sein Wort), die im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts zur Welt kamen. Sie sollen politisch „engagierte Beobachter” gewesen sein, ohne sich jedoch mit Vehemenz zu einer Partei zu bekennen. Liebäugeleien mit der extremen Linken oder Rechten darf es nicht gegeben haben. Weltverbesserer sind unerwünscht. Leidenschaftlichkeit ist suspekt. Mit Mitgliedern, die nähere Kontakte zu England hatten oder gar dort lebten, hat der Club - sozusagen rückwirkend - besonders gute Erfahrungen gemacht.
Das sind die Hauptkriterien, nach denen Dahrendorf einige Europäer beurteilt, die ihm in seinem Leben und seiner Lektüre begegnet sind. Seine Auswahl ist willkürlich, weshalb es nicht wundernimmt, dass er angibt, mit den drei vornehmsten „Erasmiern” gut bekannt gewesen zu sein: Isaiah Berlin, Karl Popper und Raymond Aron. Der Club hat mehr als drei Mitglieder, aber alle übrigen haben Macken. Sie sind zu laut, laden clochards von der Straße ein oder werden überm Whisky weinerlich. Zu diesen zweifelhaften Mitgliedern zählt Theodor Adorno, dessen Werk „von grenzenloser Negativität” ist, was im Club nicht gut ankommt. Dazu zählt auch Hannah Arendt, „deren Emotionen zu stark waren, um sie zur Erasmierin reinsten Wassers zu machen”. Ein dritter ist Theodor Eschenburg, dem es „am liberalen Verständnis des Lebens mit Widersprüchen” gemangelt habe.
Das Konzept „Erasmier” überzeugt nicht. Dahrendorf erklärt nicht, warum manche Menschen es nicht nötig haben, sich einem Führer oder einer Welterlösungsidee zu verschreiben. Im Fall Isaiah Berlins bleibt unverständlich, was so bemerkenswert daran sein soll, wenn ein jüdischer Gelehrter, dessen bürgerliche Familie wegen der Revolution 1917 aus Russland emigriert ist, später weder für Kommunismus noch für Faschismus eintritt. Dahrendorf behauptet, faschistische Führer hätten nie die Sorge gehabt, einen Nachfolger zu finden, und setzt sich damit der Frage aus, als was er denn Spaniens Franco bezeichnen würde.
Gewiss sind Aron, Popper und auch Berlin sehr bedeutende Autoren. Je mehr indes Dahrendorf sie preist, desto mehr gewinnt man den Eindruck, er habe die wichtigste Empfehlung für die Clubaufnahme zu nennen versäumt: Der Kandidat muss zum kulturellen Establishment gehören - woraus sich die Skepsis gegenüber Weltverbesserertum und ähnlichen sozialen Devianzen in ganz natürlicher Weise ergibt.
Gegen Ende des Buches erwähnt Dahrendorf „eine Anomalie” des britischen Oberhauses, wo es - quer gestellt zu den Bänken für die Konservativen und Labour - auch Sitze für die parteilosen Lords gibt, für die cross-benchers: Diese Sitze seien „den Erasmiern . . . vorbehalten”. Der Verzicht auf niedere Formen der Eitelkeit hat Lord Dahrendorf verboten, bei dieser Gelegenheit zu erwähnen, dass er selbst auf den cross benches sitzt.
Je länger man liest, desto klarer wird es, dass Dahrendorf in Wahrheit über sich selbst schreibt: Er schreibt über gute Bekannte, darüber, was er an ihnen schätzt und was ihn mit ihnen verbindet. Und er möchte, dass alles zusammen einen Sinn ergebe, dem Dauer beschieden sei. Mit Hilfe von Erasmus, Aron, Berlin und Popper hat er ein Selbstporträt verfasst. Hier stehe ich, sagt er, vom gleichen Holz wie diese vier: nicht mutig, durchaus elitär, aber zuverlässig liberal - mit Leuten wie mir wird Folter, zum Beispiel, niemals legitim sein. Auch als er noch in Deutschland lebte, hat Ralf Dahrendorf von Fall zu Fall gesagt, was aus liberalem, menschlich-vernünftigem Blickwinkel gesagt werden musste.
Im letzten Kapitel setzt Dahrendorf eine „Feier der Toten” an. Warum? Nein, so weit mag man nicht denken. Auf jeden Fall wird Lord Dahrendorf länger im Gedächtnis bleiben als dieses Buch. Wer ihm schmeicheln will, der wird anlässlich seines nächsten Geburtstags etwas Passendes daraus zitieren.
Ralf Dahrendorf:
Versuchungen der Unfreiheit. Die Intellektuellen in Zeiten der Prüfung.
Verlag C. H. Beck, München 2006. 239 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Kritisch geht Jürgen Kaube mit Ralf Dahrendorfs Buch über "Intellektuelle in Zeiten der Prüfung" ins Gericht. Im Mittelpunkt des Buches steht eine Reihe von Porträts liberaler Intellektueller wie Raymond Aron, Isaiah Berlin oder Karl Popper, die die extremen Ideologien des zwanzigsten Jahrhundert ablehnten und stets die Idee der Freiheit hochhielten. Dahrendorfs Begriff der Freiheit als Fehlen von Zwang und Fähigkeit eines jeden, tun zu können, was er will, fällt nach Ansicht Kaubes allerdings "überraschend weltarm" aus. Er hält dem Autor vor, Freiheit und Individualität als außergesellschaftliche Tatbestände darzustellen und für ein vorsoziologisches Verständnis von Freiheit zu plädieren. Kritik übt er zudem am Vorgehen des Autors, den Liberalismus nicht mit denselben Mitteln zu analysieren, die auf seine Gegner angewandt werden. Und schließlich bleibt für Kaube bei Dahrendorfs Glorifizierung seiner Lieblingsliberalen unklar, "was uns Tugendkanon und Heiligenlegende der unversuchbaren Intellektuellen für die Gegenwart lehren sollen".

© Perlentaucher Medien GmbH