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Heinrich August Winkler hat eine dramatische, spannend zu lesende deutsche Geschichte vorgelegt. Er greift auf die Quellen zurück, um die Beweggründe der Handelnden freizulegen und die Geschichtsbilder nachzuzeichnen, von denen sie sich leiten ließen. Entstanden ist eine deutsche Geschichte, wie es sie so noch nicht gab: auf das Wesentliche ausgerichtet, anschaulich, entschieden im Urteil - und so verständlich geschrieben, daß nicht nur die Fachleute, sondern alle gefesselt sein werden, die wissen wollen, wie Deutschland wurde, was es heute ist. Gab es ihn oder gab es ihn nicht, den…mehr

Produktbeschreibung
Heinrich August Winkler hat eine dramatische, spannend zu lesende deutsche Geschichte vorgelegt. Er greift auf die Quellen zurück, um die Beweggründe der Handelnden freizulegen und die Geschichtsbilder nachzuzeichnen, von denen sie sich leiten ließen. Entstanden ist eine deutsche Geschichte, wie es sie so noch nicht gab: auf das Wesentliche ausgerichtet, anschaulich, entschieden im Urteil - und so verständlich geschrieben, daß nicht nur die Fachleute, sondern alle gefesselt sein werden, die wissen wollen, wie Deutschland wurde, was es heute ist. Gab es ihn oder gab es ihn nicht, den umstrittenen "deutschen Sonderweg"? Das ist die Leitfrage, von der Heinrich August Winklers zweibändige Deutsche Geschichte vom Ende des Alten Reiches bis zur Wiedervereinigung ausgeht. Deutschland wurde erst Jahrhunderte nach England und Frankreich ein Nationalstaat und später als diese eine Demokratie. 1806 erzwang Napoleon die Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Der Reichsmythos aber blieb lebendig. Zu keiner Zeit war seine Wirkung so stark wie im "Dritten Reich". Als Hitlers Herrschaft zusammenbrach, ging nicht nur das Deutsche Reich unter, sondern auch der Reichsmythos.
"Im Anfang war das Reich": So lautet der erste Satz im neuen Werk des Berliner Historikers. Mit dem universalen Anspruch des Heiligen Römischen Reiches hängt zusammen, daß Deutschland noch im 20. Jahrhundert sich nicht damit abfinden wollte, ein Nationalstaat wie andere zu sein. Noch weniger mochte es sich mit der westlichen Demokratie befreunden. Sie galt nach 1918, als das Deutsche Reich schließlich zum parlamentarischen System übergegangen war, als Staatsform der Sieger des Ersten Weltkriegs. Nicht zuletzt daran ist die Weimarer Republik gescheitert.
Nach 1945 erhielt nur der westliche Teil Deutschlands eine zweite Chance, eine westliche Demokratie zu werden. Erst seit der Wiedervereinigung im Jahre 1990 ist Deutschland ein demokratischer Nationalstaat unter anderen, aber fest in Europa eingebunden und damit etwas ganz anderes als das Deutsche Reich. Deutschlands Weg in den Westen war lang, und das prägt die Deutschen bis heute.
Autorenporträt
Heinrich August Winkler, geb. 1938 in Königsberg, studierte Geschichte, Philosophie und öffentliches Recht in Tübingen, Münster und Heidelberg. Er habilitierte sich 1970 in Berlin an der Freien Universität und war zunächst dort, danach von 1972 bis 1991 Professor in Freiburg. Seit 1991 ist er Professor für Neueste Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.03.2000

Die verschleppte Freiheit
Weg nach Westen: Heinrich August Winkler präsentiert den ersten Band seiner Deutschen Geschichte
Die Warnung war deutlich: „Täuschen wir uns nicht darüber”, bilanzierte Gustav Stresemann im Februar 1928, „wir stehen in einer Krise . . . Diese Krise hat zwei Ursachen: einmal das Zerrbild, das aus dem parlamentarischen System in Deutschland geworden ist, zweitens die völlig falsche Einstellung des Parlaments in Bezug auf seine Verantwortlichkeit gegenüber der Nation. ” Zu diesem Zeitpunkt war die erste deutsche Demokratie nicht mal zehn Jahre alt, und es sollte keine weiteren fünf Jahre dauern, bis ihr Siechtum zu einem Ende führte, das auch Stresemann so nicht vorhergesehen hat.
Heute kann sich keine Darstellung der deutschen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert dieser Zäsur entziehen, auch nicht die jüngste des an der Berliner Humboldt-Universität wirkenden Historikers Heinrich August Winkler. Mit dem Januar 1933 endet der erste Band seines monumentalen Unternehmens – der abschließende zweite folgt im Herbst. Als Hitler die Macht übernahm, so die Bilanz, hatte das „Bekenntnis zur demokratischen Republik” schon seit Jahren „nur noch eine Minderheit” in Deutschland mobilisieren können; der „lange Weg nach Westen” war zu einer Sackgasse geworden – nicht zum ersten Mal in der deutschen Geschichte, und auch nicht zum letzten Mal.
Hier findet Winkler sein Thema, und das braucht er auch, wenn er seine Leser sicher durch die wechselvolle neuere deutsche Geschichte führen und sein Werk zugleich auf einem Markt positionieren will, der üppig ausgestattet und dabei gut sortiert ist. An Gesamtdarstellungen der neueren deutschen Geschichte herrscht nicht gerade ein Mangel – allein der Münchner Verlag C. H. Beck, in dem auch Winkler sein Opus vorlegt, ist mehrfach hervorgetreten: Thomas Nipperdeys dreibändige „Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert”, Otto Pflanzes zweibändige Bismarck-Biografie oder Hans-Ulrich Wehlers auf vier Bände angelegte „Deutsche Gesellschaftsgeschichte”, von denen zwei das 19. Jahrhundert abdecken – das ist die Konkurrenz, gegen die Winkler antritt.
Er tut das souverän und erfolgreich, weil er konsequent eine Frage im Auge behält: Warum ist der deutsche „Weg nach Westen”, der Weg zu einer funktionierenden parlamentarischen Demokratie und zu einem von seinen Bewohnern wie seinen Nachbarn akzeptierten Nationalstaat so lang geraten und von so vielen Rückschlägen begleitet gewesen? Genau genommen erzählt Winkler die Geschichte eines permanenten Scheiterns.
Dabei bewegt er sich gleichsam von Ende zu Ende – vom Ende des durch Franz II. lustlos verwalteten Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, das angesichts der revolutionären Dynamik und der Modernität des voranstürmenden westlichen Nachbarn 1806 endgültig aufgegeben wurde, zum Ende der ersten deutschen Demokratie, die nicht stark genug war, um das auszuhalten, was vorausgegangene Generationen angerichtet hatten: die „Verschleppung der Freiheitsfrage im 19. Jahrhundert”.
Hier also zeigt sie sich jene „Ungleichzeitigkeit der politischen Modernisierung”, die für Deutschlands „langen Weg” charakteristisch gewesen ist: eine vergleichsweise „frühe Demokratisierung des Wahlrechts”, die schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von unten gefordert und dann endgültig 1871, in der Verfassung des Deutschen Reiches, von oben durchgesetzt worden war – das war die eine Seite. Und das war die andere: eine „verspätete Demokratisierung des Regierungssystems”, die bis in die Endphase des Ersten Weltkrieges hinein nie ernsthaft betrieben, dann aber in einem Tempo realisiert worden ist, das Konstruktionsfehler fast unvermeidlich machte. Von Anfang an war die erste deutsche Demokratie „so verfasst, dass sie sich selbst aufheben konnte. ”
Für das wiederholte Scheitern gibt es mithin einen handfesten Grund: die Unfähigkeit, beziehungsweise – so jedenfalls sieht das Winkler – die „Unmöglichkeit, Einheit und Freiheit zur gleichen Zeit zu verwirklichen. ” Ist es ein Zufall, dass diese Ungleichzeitigkeit erst nach zwei Jahrhunderten und in einem Augenblick überwunden werden konnte, den andere, die alliierten Sieger des Zweiten Weltkrieges, für geeignet hielten? Gerade die alten Nationalstaaten des Westens, Frankreich und England, blickten ja auf einen Jahrhunderte währenden Prozess der „nationalen Vereinheitlichung” zurück. Wer im Laufe dieser Entwicklung „mehr Freiheit wollte, fand den staatlichen Rahmen schon vor, in dem die Veränderungen erfolgen sollten. In Deutschland musste der staatliche Rahmen für das Vorhaben der Liberalen und Demokraten erst noch hergestellt werden. ” So war dann auch die „Nationsbildung” mit der Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871 keineswegs vollendet, sondern sie trat „in ein neues Stadium. ” Das erklärt, warum zwar beim Abtritt Bismarcks die „Herausbildung einer deutschen Staatsnation” als weitgehend abgeschlossen, das Haus also als errichtet gelten konnte, dass ihm aber weiterhin der Innenausbau fehlte.
Dieser Zustand schuf Orientierungslosigkeit. Im deutschen Fall gab es eben nicht jene „nationale Identität”, die Selbstgewissheit im Innern verbürgen und damit die Verlässlichkeit, Berechenbarkeit und souveränes Auftreten nach außen ermöglichen konnte. Schon die frühen deutschen Nationalisten – die Fichtes, die Jahns, die Arndts – hatten der Menschheit „keine universalen Werte wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit anzubieten, sondern nur das Ansinnen, die Überlegenheit des deutschen Geistes anzuerkennen und sich von Deutschland erlösen zu lassen. Da die Welt keine Anstalten traf, dies zu tun, musste zunächst Gott in die Bresche springen”, später taten es andere: „Die Erfahrung der Ohnmacht erzeugte Machtträume, die nur ein Allmächtiger verwirklichen konnte. ”
Weil mithin die Deutschen ihrer nationalen Identität „zutiefst unsicher” blieben, hatten ihr andere bei der Beantwortung der Frage zu helfen, „was deutsch und was undeutsch sei”; nachdem der „äußere ,Erbfeind‘”, nachdem Frankreich 1871 überwunden worden war, musste ein neuer, ein innerer Erbfeind her: „Das ,internationale Judentum‘ eignete sich für diese Rolle besonders gut, weil es mit fast allem in Verbindung gebracht werden konnte, was Deutsche als Bedrohung empfanden. ” Das ist eine sehr weitgehende These, und man wird sehen müssen, ob sie sich durchzusetzen vermag. Gewiss, der „Antisemitismus war schon im Kaiserreich kein Monopol antisemitischer Parteien und Verbände”; doch ob man darin ein oder gar das konstitutive Element des ersten Nationalstaats auf deutschem Boden sehen kann, bedarf der Diskussion. Jedenfalls ist in dieser Hinsicht wohl kein deutscher Historiker so weit gegangen wie Winkler.
Aber auch hier, im Aufwerfen unangenehmer Fragen und im Aufzeigen unorthodoxer Perspektiven, zeigt diese „Deutsche Geschichte”, was eine solche Gesamtdarstellung heute zu leisten hat: Sie muss anregen, sie muss wohl auch in angemessener Weise provozieren und sie muss in der Sache wie in ihrer Präsentation überzeugen, das heißt: neben der politischen Geschichte in einem umfassenden Sinne müssen die Sozial- und Wirtschafts-, die Religions- und Kirchengeschichte oder auch, in dieser Darstellung besonders eindrucksvoll, die Geistes- und Ideengeschichte ihren Raum haben. Heinrich August Winkler zeigt, wie man das macht.
GREGOR SCHÖLLGEN
HEINRICH AUGUST WINKLER: Der lange Weg nach Westen. Band 1. C. H. Beck, München 2000. 652 S. , 78 Mark
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

In einer recht umfangreichen Rezension weist Dan Diner darauf hin, dass die Stärken Winklers seiner Ansicht nach in der Beschreibung von "großen Umbrüchen deutscher Geschichte" liegt. Hier zeige sich Winkler als "Parteien- und Institutionenhistoriker", dem daran gelegen ist, auch über seinerzeit (verpasste) Alternativen nachzudenken, beispielsweise beim Übergang vom Kaiserreich in die Republik oder später zu Hitler. Neben zahlreichen Informationen zum Inhalt bietet Diner Informationen über den Autor und seinen historiografischen Blickwinkel, wobei er auf das "ausgesprochen politisch formatierte Interesse" Winklers an der Thematik aufmerksam macht. Mit dem vorliegenden Band habe sich Winkler erneut als hervorragender Kenner seines Fachs gezeigt, allerdings hält Diner die Ausführungen über die Zeit bis 1890 für eher zäh und zu sehr an "Quellenzitaten" orientiert. Besser gefallen ihm die Passagen über die Zeit von 1890 bis zu Hitlers Machtergreifung, wegen der "durchgehend zügigen, souveränen und spannenden Erzählweise".

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