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Ein lauer Sommerabend, ein idyllischer Landsitz, eine blutige Geiselnahme. Die Täter: heldenhafte Freiheitskämpfer für die einen, skrupellose Terroristen für die anderen. Angeführt von Martin Leonard, dem wortkargen Strategen, dringen sie in das vornehme Haus ein - die schöne Isabel Lynam, die Gewalt predigt und nun kalte Füße bekommt, die tiefgläubigen Brüder McAleer, die so gut Bomben bauen, wie sie Uhren reparieren, und der fanatische Killer Jack Gallagher. Die Opfer: die alteingesessene Gutsbesitzerfamilie Armstrong und ihre Gäste, unschuldige Zivilisten für die einen, Vertreter einer…mehr

Produktbeschreibung
Ein lauer Sommerabend, ein idyllischer Landsitz, eine blutige Geiselnahme. Die Täter: heldenhafte Freiheitskämpfer für die einen, skrupellose Terroristen für die anderen. Angeführt von Martin Leonard, dem wortkargen Strategen, dringen sie in das vornehme Haus ein - die schöne Isabel Lynam, die Gewalt predigt und nun kalte Füße bekommt, die tiefgläubigen Brüder McAleer, die so gut Bomben bauen, wie sie Uhren reparieren, und der fanatische Killer Jack Gallagher. Die Opfer: die alteingesessene Gutsbesitzerfamilie Armstrong und ihre Gäste, unschuldige Zivilisten für die einen, Vertreter einer brutalen Besatzungsmacht für die anderen. Das Ziel: Aus dem berüchtigtsten Gefängnis des Landes sollen drei hochrangige Mitglieder der IRA freigepresst werden. Das Ultimatum: Freilassung der Gefangenen und Bereitstellung eines Hubschraubers biszum Mittag des nächsten Tages, andernfalls Hinrichtung der ersten Geisel.Während draußen die Staatsmacht in gepanzerten Fahrzeugen vorfährt, entspinnt sich drinnen ein gespenstisches Drama um Leben und Tod. Die Stunden verstreichen, und in der klaustrophobischen Abgeschlossenheit des herrschaftlichen Salons werden alte Gewissheiten auf den Prüfstein gestellt und neue Allianzen geknüpft. Eugene McCabes Roman führt die grausame Logik des Terrors hautnah vor Augen.
Autorenporträt
Eugene McCabe wurde 1930 als Sohn irischer Eltern in Glasgow geboren. Die Familie kehrte in den 1940er Jahren nach Clones in der Grafschaft Monaghan zurück. McCabe ist vor allem als Dramatiker und Autor von Erzählungen, Stücken und Fernseh spielen berühmt. Er lebt auf einer Farm in Clones. Von ihm erschienen im Steidl Verlag Tod und Nachtigallen (2011) und Schwestern (2014).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.12.2015

In sechs Stunden ist der nächste dran
Auch die IRA braucht Dummköpfe, so wie die Felder den Schweinemist. Eugene McCabes
„Die Welt ist immer noch schön“ ist ein Roman, der auf alles Lehrstückhafte verzichtet
VON HANS-PETER KUNISCH
Eine große Vieh- und Pferdeausstellung in der Republik Irland, direkt an der Grenze zum „grau-braun brütenden Hochland“ der nordirischen Grafschaft Fermanagh. Ein Mann namens Martin Leonard zeigt einer Dubliner Kunststudentin, die mit einem Wagen der IRA gekommen ist, die Männer, die am Abend auf einem Landsitz überfallen werden sollen: Colonel Armstrong, den Gutsherrn, vor allem aber dessen Schwiegersohn, einen Staatssekretär im Außenministerium und englischen Lord. Die Freilassung drei wichtiger IRA-Leute aus dem Hochsicherheitsgefängnis Long Kesh soll erpresst werden.
  Noch heute, wo Long Kesh aufgelöst ist und Belfast als Touristenziel vermarktet wird, ist der Alltag zwischen den Fronten schwierig. Familien mit Schulkindern, die sich aus dem schwelenden Konflikt heraushalten wollen, haben die größten Probleme. Doch in den siebziger Jahren, in denen Eugene Mc Cabes schmaler, aber explosiver Roman „Die Welt ist immer noch schön“ spielt, herrscht Krieg. Die Kunststudentin ist Isabel Lynam, deren Vater Wirt ist und im Parlament sitzt. Sie selber hat zwei Jahre lang von Podien herab Gewalt gepredigt. Jetzt soll sie die Praxis kennen lernen. Das Programm ist klar: eine Stunde nach Ablauf des Ultimatums muss morgen Mittag der erste Gefangene getötet werden. Dann alle sechs Stunden einer. Möglich, dass der Landsitz von der Polizei gestürmt wird.
  Isabel, die sich nicht zum „aktiven Dienst gemeldet“ hat, ahnt, warum sie dennoch für diesen gefährlichen Job bestimmt wurde: sie hat ein Kind des IRA-Führers Burke abgetrieben. Ist es Rache? Denkt er sich, dieses Mädchen ist zu allem fähig? Seine Frau hat mit Selbstmord gedroht.
  Wenn jemand gute Voraussetzungen hat, einen tiefgründig-spannenden Provinz-IRA-Roman zu schreiben, der über Ablehnung oder Propaganda hinaus geht, ist es Eugene McCabe. 1930 in Glasgow als Sohn irischer Einwanderer geboren, die Anfang der vierziger Jahre zurückkehrten, wohnt er seit Jahrzehnten als Farmer bei Clones, County Monaghan, genau an der Grenze. Die Auffahrt zur Farm führt von Irland durch Nordirland wieder nach Irland zurück. Auch hier ist Grundbesitz oft älter als die politischen Grenzen.
  Mit „Tod und Nachtigallen“, seinem zweiten Roman, wurde McCabe erst 2011 für den deutschen Sprachraum entdeckt. Der 85jährige hat wenig geschrieben, vor allem Theaterstücke. „Victims“, so der englische Titel des sarkastisch gemeinten „Die Welt ist immer noch schön“, war in den siebziger Jahren eine lange Erzählung, dann Teil einer Trilogie fürs Fernsehen. Danach baute McCabe es zu dem Roman aus, der jetzt, von Hans-Christian Oeser gerade an schwierigen Stellen gut übersetzt, zum ersten Mal auf Deutsch vorliegt.
  Anders als in „Tod und Nachtigallen“ mit seinen metaphernreich-präzisen Landschaftsbildern stehen in „Die Welt ist immer noch schön“ giftige politische Dialoge und fein abgestufte, feurige Charaktere im Zentrum. Neben der jungen Gewaltpredigerin Isabel, die schnell Bedenken entwickelt, fasziniert die Figur von Jim Gallagher: ein flammend rothaariger Fanatiker, jung, hypernervös und cholerisch aufbrausend, aber gescheit; ein Epileptiker, dem der Pistolenarm manchmal zuckt, „wie der Schwanz eines eingesperrten Tigers“.
  McCabe sät gerne ironisch Zwist, gerade zwischen den Mitgliedern einer „Partei“. Als Gallagher Isabel zum ersten Mal anspricht, antwortet sie schnippisch, sie sei „La belle Dame sans merci“. Er sagt, er heiße Gallagher, „habe in vier Jahren fünf Männer umgelegt (. . .), drei Kasernen in die Luft gesprengt und in der ganzen Provinz mehr als hundert Bomben gelegt, und wenn ich eine höfliche Frage stelle, erwarte ich einen höfliche Antwort.“ Worauf Isabel französisch meint, sie würde gern auf Dummköpfe wie ihn verzichten, aber „die Sache habe ihn nötig, wie die Felder den Schweinemist.“ Dumm, dass Gallagher sein Terror-Handwerk bei der bretonischen Befreiungsbewegung gelernt hat.
  McCabe verspiegelt alle Fronten. Auch „die Engländer“ treten zerrissen auf. Harriet, die Frau des Colonels, eine hochfahrende Alkoholikerin, kann mit den abgestanden-arroganten Ansichten der Männer nichts anfangen. Ein Kanonikus zitiert eine Untersuchung, die aufzeige, dass der IQ von Schwarzen dem der Iren überlegen sei. Trotzdem haftet McCabes Engländern auch etwas Tragisches an. Die Armstrongs waren nicht die schlechtesten Kolonialherren, sonst wären sie lange tot. Sie waren zu Kompromissen bereit. Dass die Erpresser gerade sie benutzen, ist deshalb so unsinnig wie die arroganten englischen Sprüche vor der Entführung.
  Kann Terror gut sein? Wann ist politischer Kampf berechtigt? Geschickt vermeidet Mc Cabe alles Lehrstückhafte, lässt jeden Leser seine Fragen stellen und beantwortet sie nicht. Seine Charaktere sind Menschen, egal auf welcher Seite, was bei harten Konflikten gern vergessen wird. Auch der Engländer, der im Buch am kürzesten lebt, der alte Alex Boyd-Crawford, der schon auf Bäume stieg, um dort frühen irischen Unabhängigkeitskämpfern und den mit ihnen verbündeten Nazis, die nie auftauchten, aufzulauern, bleibt mehrdeutig. Wenn er, „ein komischer Kauz, ein weiser Narr, Trinker und Schürzenjäger“, auf die Iren zu sprechen kommt, meint er, so selbstkritisch wie zynisch: „Wir haben nie Papisten eingestellt, Familientradition, die betrügen alle, lügen und stehlen, sind schmutzig, unachtsam, abergläubisch, dumm; wenn man das von Kindsbeinen an hört, ob richtig oder falsch, bleibt es meist haften.“
  Der Überfall gelingt, aber nur teilweise: der Staatssekretär und Lord ist schon weg, was die Erpressung beinahe unmöglich macht. Die Nerven liegen bei Iren wie bei Engländern blank. Vor dem Landsitz fährt Polizei auf, es gibt noch mehr interne Konflikte. Die junge Frau des Lords, die schwanger ist, kennt Entführerin Isabel vom Studium her. So treibt eine Geschichte, die auf der Landwirtschaftsausstellung vermeintlich behäbig in Fahrt kommt, schnell in die Eskalation. Mc Cabe lässt politischen Zwist und menschliche Tragödien aufeinander prallen. Und ihm gelingt ein eigentlicher Showdown: eine Lösung scheint sich anzubahnen, aber Leonard, der unauffällige Anführer der IRA-Leute, verrät nichts – bis klar wird: die drei Gefangenen sollen frei kommen – im Tausch gegen drei der Erpresser. An Leonard liegt es, zu entscheiden, wer raus muss.
Dem Helden zuckt manchmal der
Pistolenarm „wie der Schwanz
eines eingesperrten Tigers“
„Wir haben nie Papisten
eingestellt, Familientradition, die
betrügen alle, lügen und stehlen.“
  
  
  
  
Eugene McCabe: Die Welt ist immer noch schön. Roman. Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser. Steidl Verlag, Göttingen 2015. 133 Seiten, 16 Euro.
Drei IRA-Häftlinge sollen aus dem berüchtigten Hochsicherheitsgefängnis Long Kesh herausgeholt werden, durch eine brutale Erpresseraktion. Eugene McCabe erzählt vom blutigen irischen Konflikt aus allen Perspektiven.
Foto: Paul McErlane/Bloomberg News
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Alexander Müller ist begeistert von Eugene McCabes kleinem und gehaltvollem Roman von 1976. Die perfide Logik des Terrors vermag ihm der Autor anhand einer IRA-Geiselnahme kammerspielartig auf den Punkt zu bringen. Insofern scheint Müller der Text von aktueller Relevanz, auch wenn MacCabe eigentlich den Irlandkonflikt im Visier hat und seinen Text laut Rezensent mit politischen und historischen Figuren und Ereignissen anreichert. Meisterlich scheint Müller, wie der Autor das Geschehen multiperspektivisch erfasst und mit Lakonie Figuren bis in die Tiefe auslotet, ohne parteiisch zu sein. Dramaturgisch spannend entfaltet sich McCabes gerade, aber durchaus poetische Prosa laut Müller fast von selbst.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.04.2016

Unerbittliche Opfer
Eugene McCabes Meisterstück über den Irland-Konflikt

Eine Geiselnahme reduziert das menschliche Leben auf das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Ist das Leben einiger Angehöriger der Oberschicht die Freilassung mehrerer Terroristen wert? Der Preis ist am Ende Verhandlungssache. Diese Logik des Terrors, die eine Logik des Krieges ist und den pervertierten Gesetzen des Marktes folgt, führt Eugene McCabes "Die Welt ist immer noch schön" so beklemmend wie distanziert vor Augen. Sein im Original bereits 1976 erschienener Roman ist bei einem Umfang von knapp 140 Seiten gehaltvoller als manch dicker Schinken.

Im Zentrum des Geschehens steht ein Trupp der provisorischen IRA, der an einem Sommerabend in ein Landhaus eindringt und Geiseln nimmt, um drei Gefangene aus Long Kesh freizupressen, einem berüchtigten Hochsicherheitsgefängnis in Nordirland. Angeführt wird die Gruppe vom erfahrenen und undurchsichtigen Martin Leonard, der als Einziger zu ahnen scheint, worauf dieses vermeintliche Selbstmordkommando hinauslaufen wird. Ihm zur Seite stehen ein eiskalter Vollstrecker, Frauenheld und Epileptiker, Jack Gallagher, zwei tiefgläubige Brüder und Bombenbastler sowie Isabel Lynam. Die attraktive junge Frau weiß nicht mehr, woran sie glaubt. Ihre Mitstreiter vertrauen ihr nicht. Sie hatte ein Verhältnis mit einem verheirateten Mitglied des Armeerats, wurde schwanger, hat sich für eine Abtreibung entschieden. Nun fühlt sie sich zu nichts nutze. Denn mag sie der Gewaltanwendung in der Theorie einiges abgewinnen, direkt mit ihr konfrontiert, schreckt sie davor zurück. Die anderen werden sich also darum kümmern müssen, ihr Ultimatum in die Tat umzusetzen.

Das lautet: Freilassung der Gefangenen und Bereitstellung eines Hubschraubers bis zum Mittag des nächsten Tages, sonst stirbt die erste Geisel, alle sechs Stunden eine weitere. Bei den Geiseln handelt es sich um die noble, kultivierte Familie Armstrong und ihre Gäste, darunter ein amerikanischer Professor und ein protestantischer Geistlicher. Der Vater, der Colonel mit den Bluthundaugen, ist von herzloser Höflichkeit, die Mutter, Harriet, trinkt zuviel und redet zu offen, und Millicent, die Tochter, erwartet ein Kind. Sie ist eine frühere Kommilitonin von Isabel; sie besuchten dieselben Französischtutorien, nun gehören sie verfeindeten Lagern an. In den Radionachrichten werden die weiblichen Geiseln mit keiner Silbe erwähnt.

Wer sollte verschont, wer geopfert werden? Diese Fragen stellen sich nicht nur für die Geiseln, sondern auch für die Geiselnehmer, als sich die Lage zuspitzt. Und der englische Titel "Victims: A Tale From Fermanagh" deutet es bereits an: Die Frage, wer in dieser scheinbar unzweideutigen Konstellation letztendlich Täter und wer Opfer ist, ist nicht leicht zu beantworten. McCabe, 1930 als Sohn irischer Eltern in Glasgow geboren, hat mit diesem Szenario den blutigen Konflikt in Irland im Kern erfasst. Plot und Dialoge sind mit Anspielungen auf politische und historische Figuren und Ereignisse gespickt; die Anmerkungen des umsichtigen und präzisen Übersetzers Hans-Christian Oeser verdeutlichen das. Dennoch weist "Die Welt ist immer noch schön" über den geschichtlichen Kontext hinaus, weil die moralischen Dilemmata, die die Erzählung verhandelt, auch in Zeiten asymmetrischer Kriegsführung Gültigkeit besitzen.

McCabe versteht es meisterlich, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen und all seine Figuren zu ihrem Recht kommen zu lassen. Mit wenigen Worten gelingt es ihm, sie zu charakterisieren und ihnen Tiefe zu verleihen. Partei ergreift er nicht. Die Denkweisen der sich unerbittlich gegenüberstehenden Konfliktparteien fördert er subtil zutage. Dramaturgie und Spannung ergeben sich aufgrund der fatalen Ausgangssituation wie von selbst. Seine Prosa ist schlackenlos und poetisch zugleich, insbesondere auch in den Naturschilderungen. Ein hässlicher Krieg in schöner Landschaft.

Die überraschende Wendung, die die Handlung nimmt, liegt von Anfang an in der Luft. Der höhere Zweck des Krieges erfordert ein Geschäft, bei dem zwar jeder möglichst viel für sich herauszuholen versucht, jeder minimale Gewinn jedoch mit hohen Verlusten einhergeht. Dass sich daraus immerhin erzählerisches Kapital schlagen lässt, beweist diese packende Erzählung.

ALEXANDER MÜLLER

Eugene McCabe: "Die Welt ist immer noch schön". Roman.

Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser. Steidl Verlag, Göttingen 2015. 136 S., geb., 16,- [Euro].

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