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Eigentlich könnte es kaum besser laufen für Nathaniel Piven. Er hat seinen ersten Buchvertrag in der Tasche, schreibt für angesagte Magazine und tummelt sich in der hippen Kulturszene von Brooklyn. Auch sein Liebesleben hat Aufwind. Seine Exfreundin Elisa versucht, ihn wieder zu verführen, die attraktive Greer flirtet mit ihm, und als er die intelligente, selbstbewusste Hannah kennenlernt und eine Beziehung mit ihr eingeht, scheint das Glück endgültig vor seiner Tür zu stehen. Das Problem ist nur, dass Nate es nicht hereinlässt. Je ernster es zwischen ihm und Hannah wird, desto mehr wird er…mehr

Produktbeschreibung
Eigentlich könnte es kaum besser laufen für Nathaniel Piven. Er hat seinen ersten Buchvertrag in der Tasche, schreibt für angesagte Magazine und tummelt sich in der hippen Kulturszene von Brooklyn. Auch sein Liebesleben hat Aufwind. Seine Exfreundin Elisa versucht, ihn wieder zu verführen, die attraktive Greer flirtet mit ihm, und als er die intelligente, selbstbewusste Hannah kennenlernt und eine Beziehung mit ihr eingeht, scheint das Glück endgültig vor seiner Tür zu stehen. Das Problem ist nur, dass Nate es nicht hereinlässt. Je ernster es zwischen ihm und Hannah wird, desto mehr wird er von Zweifeln geplagt. Ist er tatsächlich bereit, sich jetzt schon zu binden? Ist Hannah wirklich die richtige Frau? Ein quälender Zerfallsprozess beginnt ... Scharfsinnig und mit großer Beobachtungsgabe seziert Adelle Waldman die Psyche des modernen Mannes und sein Verhältnis zu Frauen. Ihr viel diskutierter Bestseller ist ein humorvolles, aber auch entlarvendes Porträt einer Generation, die alles hinterfragt, sich aber bei der ersten aller Fragen - wie passen Männer und Frauen überhaupt zusammen? - immer wieder selbst im Wege steht.
Autorenporträt
Adelle Waldman, geboren und aufgewachsen in Baltimore, studierte Journalismus in New York und schrieb anschließend für das 'Wall Street Journal', 'The Village Voice' und andere Publikationen. Ihr Debütroman 'Das Liebesleben des Nathaniel P.' erschien 2013 und zählte für viele Kritiker zu den besten Romanen des Jahres. Adelle Waldman ist verheiratet und lebt in Brooklyn.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Was ist nur los mit den Typen? In Zeiten von Tinder scheint die Welt, die Adelle Waldman in ihrem gefeierten Debüt beschreibt, schon fast archaisch altmodisch mit ihren analogen Dating-Dramen, und gleichsam symptomatisch. Diese saturierte New Yorker Hipster-Gesellschaft von jungen Intellektuellen aus der Medien- und Literaturwelt - in der sich ihr Antiheld Nathaniel P. bewegt. Die Art, wie Waldman Naths chronische Beziehungsunfähigkeit beschreit, ist faszinierend, weil sie dabei keine Partei ergreift und gerade deshalb das Soziogramm einer ganzen Generation narzisstischer Selbstdarsteller auffächert. Die von einer Beziehung in die nächste wechseln und am Ende doch am meisten in sich selbst verliebt sind. Durch Nathaniels Augen lernen wir Hannah kennen, erleben einen Sommer der Verliebtheit in diese Frau, die vorerst in keine seiner Schubladen passen will, weil sie so vernünftig, nicht lächerlich ist. Durch seine Rückblenden erleben wir ihn als einen Typen, der sich für einen Frauenversteher hält - doch mit zunehmendem Erfolg auf dem gesellschaftlichen Parkett immer geschicktere Ausreden vor sich selbst findet, sich am Ende doch wie ein total versnobtes Arschloch zu benehmen.

© BÜCHERmagazin, Tina Schraml (ts)
"Adelle Waldman ist die Jane Austen ihrer Generation." -- THE BOSTON GLOBE

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.06.2015

Die Liebe in Zeiten des Arugula
Die Amerikanerin Adelle Waldman und ihr aufschlussreicher Roman über Männer von heute und Beziehungen

Brooklyn, irgendwann jetzt: Nathaniel Piven, der Mann, um dessen Liebesleben es in Adelle Waldmans Debütroman "Das Liebesleben des Nathaniel P." geht, steht kurz vor der Veröffentlichung seines Debütromans. Parallel zu den Immobilienpreisen in seinem Viertel ist damit auch sein Marktwert enorm gestiegen. Nathaniel, genannt Nate, ist ein präzise gezeichneter Prototyp: Man trifft ihn in den upcoming Gegenden großer Städte, die sich wiederum durch ihr Lebensgefühl der Einzigartigkeit auszeichnen. Nate und seine Freunde verdienen nicht zwangsläufig mehr als ihre Vormieter, gehören aber einer anderen demografischen Gruppe an, ernähren sich von hochwertiger Hipster-Hausmannskost oder von Pizza, die aussieht wie ein Salat, weil sie mit Arugula überhäuft wurde, was man außerhalb der Vereinigten Staaten als Rucola kennt.

So weit, so verbreitet. Nate also befindet sich in der richtigen Stadt, in den richtigen Kreisen und am richtigen Punkt seiner Karriere, die nach harten Jahren als Freiberufler endlich Fahrt aufnimmt und damit auch seinem Status einen Schub verleiht - als Autor und als Mann. Nach Schul- und Uni-Tagen als freundlicher Nerd im Schatten der Coolen, Sportskanonen, Reichen und sehr Reichen, denn er hat in Harvard studiert, fühlt er sich nun bestätigt.

Es ist, denkt Nate, als hätte sich eine langatmige Diskussion endlich zu seinen Gunsten entschieden. Und zwar so rasant, dass er sich fragen muss, wie er jetzt sein Liebesleben organisiert, ohne sich fest zu binden, denn er ist nicht nur auf der Suche nach Sex, sondern auch nach einem lebenswerten Moralkodex. Nate schlägt sich also mit seinen eigenen Argumenten herum, mit seinem inneren Sexisten, Postfeministen und einem etwas altklugen Bürschchen, das auch noch Kant ins Spiel bringt. Dabei ist er nicht gewollt sympathisch, nicht besonders integer oder geradlinig, und man liest gern, was er denkt.

Es ist amüsant, wenn er sich etwa fragt, wo das Problem mit dem unverbindlichen Sex liegt. Respektive bei wem. Wir erraten es: Bei den Frauen, genauer gesagt in deren hoffnungsvoller Blauäugigkeit, ihrem Hunger nach Nähe und der ungenierten Annahme, dass Männer sich ebenso sehr danach sehnten. Doch worauf basierte die? Auf wem, fragt sich Nate, der nun auch mit der Schattenseite seines Erfolgs konfrontiert wird, nämlich der relativ neuen Gefahr, als Arschloch zu gelten.

Vielleicht auch, weil man ihn unter- oder überschätzt hat, denn er mag nicht nur Thomas Bernhard und Italo Svevo, sondern auch Pornos und eine bestimmte Form und Größe von Brüsten. Und auch ein Mann wie er ruft im Zweifel nie wieder an. Warum nicht? Weil er es kann.

Es sind diese Quasi-Enthüllungen, die diesem Roman, als er 2013 in den Vereinigten Staaten erschien, wo er es in nahezu alle namhaften Bücher-des-Jahres-Listen schaffte, die Attribute schonungslos und brutal ehrlich eingebracht haben. Und Lena Dunham sagte über ihn, er brächte die Lage der modernen Frau auf den Punkt. Die moderne Frau nämlich will den modernen Mann offenbar so dringend, dass Nates Beliebtheit nicht nur mit seinem Aufstieg zu tun hat, sondern auch mit einer Verschiebung des Kräfteverhältnisses zu seinen Gunsten.

Auch mit Jane Austen wurde Waldman, 38, verglichen. Austens Romane gelten - wie der Waldmans auch - als psychologisch genaue Gesellschaftsporträts und werden nach wie vor ständig adaptiert und verfilmt. Außerdem sind sie zweihundert Jahre alt, und ihr Hauptthema ist Heiraten. Wenn Nathaniel P. mit einer Mischung aus Erleichterung und Wehmut von der Hochzeit einer Ex erfährt, ist das definitiv ein Jane-Austen-Moment. Auch wenn sich seither viel geändert hat. Besonders in der Theorie. Und im Wording. Und natürlich auch in der Beziehungsanbahnung. Und während seine platonische Freundin Aurit darüber sinniert, wie man Dating, dieses Leistungsgesellschaftsprocedere angewandt im Privatleben, mit halbwegs heiler Psyche überstehen soll, fragt sich Nate, ob es keine anderen Themen gibt als das Glück der Frauen der gehobenen Mittelklasse.

Gute Frage. Männer, Frauen und Beziehungen sorgen auf jeden Fall für erhellende Dialoge in diesem Buch, während man bei den Gesprächen zur Weltlage eher denkt: Okay. Muss man vielleicht dabei gewesen sein. Auf einem dieser Rhetorikkurs-Abendessen begegnet Nate einer Frau, die seinen Anforderungskatalog fast vollständig erfüllt. Diese Beziehung steht im Mittelpunkt von Waldmans Verhaltensstudie, in der sie aus Nates Sicht seziert, wie eine vermeintlich passende Verbindung, ein Match, wie es im Partnersuch-Jargon heißt, vergiftet und schließlich zersetzt wird. Besagte Frau also begegnet ihm auf der gewünschten Augenhöhe, inspiriert und fordert ihn, ist lustig und erfüllt sogar sein komplexes Wunschgeflecht nach Elite-Bewusstsein bei gleichzeitiger Unversnobtheit.

Und es gibt Sex. Adelle Waldman schreibt gute Sexszenen, deutlich, unkitschig und unverklemmt. Nate könnte jetzt aufhören, die Frau zu taxieren, doch er kann nicht. Er wägt ab, vergleicht, zerstreut anfängliche Zweifel, um kurz darauf wieder von ihnen eingeholt zu werden. Was richtig scheint, passt irgendwie doch nicht. Daraus entwickelt sich keine amour fou, sondern ein sprachloses Auseinanderdriften. Etwas, das nicht ungewöhnlich ist, aber unerklärlich und das Waldman jetzt erklärt.

Das Unausgesprochene, die gruseligen Antworten auf die verbotene Frage: Schatz, was denkst du?, sie sind es, die dieser Geschichte über Leute, denen es im Grunde gut geht, ihre Abgründe verleiht. Es ist kein großer Rausch, dem Ernüchterung und schließlich ein Kater folgen. Hier scheitert ein Versuch, der kurzfristig zur Beziehung hätte werden können. Sie hat vieles, das er perfekt finden müsste, umso schwerer tut er sich mit dem Eingeständnis, dass ihr trotzdem etwas fehlt.

In diesen Momenten will man mit dem Paar in diesem eigentlich so leicht daherkommenden Zeitgeistroman so wenig tauschen wie mit Leuten auf Galeeren oder in Felsspalten. Waldman schildert, wie aus Nates anfänglichem Bewerten ein Belauern wird, unter dem die Frau sich windet, wie er sich zurückzieht und sie nicht etwa klammert, sondern seinen Freiraum vergrößert, worin er eine Schwäche sieht, die ihn abstößt, wofür er sich schuldig fühlt, was er wiederum auf sie projiziert, sie, die Auslöserin, die ihm damit noch lästiger wird. Sie leidet, ihm tut es leid. Und dann auch wieder nicht. Dann, wenn er Partei für sich ergreift, was er selbstverständlich tut. Adelle Waldman ergreift keine Partei für Männer oder Frauen, kritisiert nicht, sondern protokolliert eine Talfahrt am Beispiel zweier Personen, denen klar ist, dass sie auch in der Rolle des anderen hätten sein können, denn so geht dieses Spiel.

Was lief schief? Der Erklärungskatalog für angeschlagene Egos greift nicht: Nein, es ist nicht die Angst der Männer vor starken Frauen und keine Glücksphobie. Es ist auch keine Bindungsunfähigkeit, die mittlerweile weiter verbreitet sein dürfte als Laktose-Intoleranz. Bindungsunfähigkeit ist zudem komfortabler als viele Wahrheiten, und deshalb bringt auch Nate sie kurz als Begründung an. Erfolglos.

Dieser Roman hat gnadenlose Stellen, das macht ihn gut und wahr, er verrät jedoch niemals seine Figuren, ist nicht zynisch und auch nicht unromantisch, er verzichtet nur auf die Art von Romantik, in der Liebe unabhängig von Äußerlichkeiten zu entstehen hat.

Im letzten Teil beschreibt der Roman dann, nun konsequent und ohne Nebenhandlung, eine funktionierende Beziehung, die rätselhafte Rezeptur aus Begehren, Faszination und einer Neuordnung der Vorlieben und Abneigungen - Liebe, wenn man so will.

JACKIE THOMAE

Adelle Waldman: "Das Liebesleben des Nathaniel P.". Übersetzt von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann, Liebeskind, 300 Seiten, 19,90 Euro. Von Jackie Thomae erscheint Ende Juli auch ein Roman über das Scheitern von Beziehungen: "Momente der Klarheit" (Hanser Berlin).

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.08.2015

Die Stadt, die niemals beischläft
Adelle Waldmans New-York-Roman „Das Liebesleben des Nathaniel P.“ über einen schluffigen Hipster, der nichts auf
die Reihe, aber immer die besten Frauen kriegt, ist in den USA zum Kultbuch avanciert. Und das hat gute Gründe
VON VERENA MAYER
Sie heißen Nathaniel, Will, Elisa, Hannah, Eugene, Aurit oder Francesca, sie sind Ende zwanzig, waren an tollen Unis und wohnen jetzt in Brooklyn, wo sie etwas mit Kunst oder Medien machen. Kurzum: Die Leute, die Adelle Waldman in ihrem Roman versammelt, gehören einer der beneidenswertesten Gesellschaftsschichten an: jung, kreativ, New York. Was nicht heißt, dass ihr Leben einfach wäre. Statt endlich ihr Buch zu schreiben, kloppen sie Nachrichten für Zeitungswebsites zusammen, um Geld zu verdienen. Von den Eltern haben sie sich entfremdet, ihre Freunde sind bestenfalls Kontakte. Und erst die Liebe. Dates enden vor dem Schlafzimmer, weil jemand sagt, das sei doch alles nicht so gemeint. Feste Beziehungen sind auf eine so komplexe Art verwirrend, dass man nachts zusammen eigentlich nur Netflix gucken kann.
  New York – die Stadt, in der man niemals miteinander schläft. Als Gedanke, um einen Roman zu tragen, wirkt das eher dürftig, es gibt ja kaum ein abgedroscheneres Genre als Geschichten über beziehungsgestörte New Yorker. Was sich über flirrende Paare in der Großstadt sagen lässt, steht in „Frühstück bei Tiffany“, die Figur des Stadtneurotikers ist seit der Serie „Seinfeld“ auserzählt. Adelle Waldmann tut sich in ihrem Buch jedenfalls schwer, nicht eine Sitcom-Situation auf die andere folgen zu lassen. Ihr Brooklyn ist mit Williamsburg Bridge und bis zur Albernheit gentrifizierten Läden ein Klischee, genau wie die Sorgen ihrer Hipster. Frauen warten auf Mr. Right, Männer drücken Anrufe weg, und ständig fragt einer: „Was ist eigentlich aus uns geworden?“ Manche Dialoge sind so platt, dass Waldman in Selbstironie flüchten muss: „,Können wir bitte über irgendwas anders reden als Dating‘, sagte er . . . ,Das könnte ja eine Folge von ,Sex and the City‘ sein.‘“
  Dass der Roman in den USA zum Phänomen wurde, als er 2013 herauskam, liegt an seinen Fans. Serienstar Lena Dunham empfahl ihn ihren zweieinhalb Millionen-Twitter-Followern, in New York breitete sich das Buch aus wie eine Dating-App. Es wurde als Dokument einer Generation gelesen, die keine Grenzen überwinden muss, wenn es um Geschlechteridentität, Sexualität, Rollenbilder geht. Nathaniel, Will, Elisa, Hannah, Eugene, Aurit oder Francesca haben so viele Optionen, dass sie schier paralysiert sind vor der eigenen Grenzenlosigkeit. „Ein Teil von ihm wollte . . . hinter sie treten und sich flüsternd für das Essen bedanken. Aber er hatte Angst davor, dass, wenn er das täte, Erwartungen geweckt würden, die er im Moment nicht erfüllen wollte. ‚Hast du etwas dagegen, wenn ich meine Mails checke?‘, fragte er.“ Bei Waldman reden alle über Beziehungen, doch keiner will eine führen. Eine neue Möglichkeit ist ja immer nur eine Party, ein Date, ein Wischen auf dem Handy entfernt, das interessantere Gespräch, der schönere Körper, der bessere Sex. „Das Liebesleben des Nathaniel P.“ ist der Roman zur Generation Tinder.
  Literarisch gelungen ist das Buch aber aus einem anderen Grund: wegen einer klugen Perspektive nämlich. Erzählt wird aus der Sicht des jungen Noch-nicht-Buchautors Nathaniel Piven, der mit dem hübschen Satz eingeführt wird: „Nate war nicht immer der Typ Mann gewesen, den Frauen als Arschloch beschimpften“. Ein schluffiger Hipster, der nichts auf die Reihe, aber immer die besten Frauen kriegt. Einer, der Essays über die „Kommerzialisierung des Gewissens“ schreibt, an der Uni die Genderstudies mit dem Chai Latte eingesogen hat, aber nur eines im Sinn hat: es sich auf Kosten von Frauen gut gehen zu lassen. Ihnen „den Kopf zu vernebeln, weil er nicht bloß Sex wollte, sondern sich auch ein Weilchen in dem wohligen Gefühl ihrer anhaltenden, vielleicht sogar gesteigerten Zuneigung zu suhlen“.
  Mit ihrem Nate arbeitet sich Waldman nicht nur an dem seit Philip Roth etablierten Narrativ ab, die Welt durch die Augen eines von Begehren und Beschwerden getriebenen Schriftstellers zu sehen. Es ermöglicht ihr auch einen schonungslosen Blick auf die Frauen, die Nate umgeben. Die sind auf mondäne und selbstironische Art kultiviert, sehen super aus und sind mit ihrem Roman schon recht weit. Doch sich als armer Poet durch Partyszene und Prekariat treiben zu lassen, ist eine Rolle, die den Männern vorbehalten ist. Die Frauen, die sich das herausnehmen und dabei auch noch Sex haben, werden von Nate als hysterisch oder anekelnd eingestuft. Oder sie kriegen eins mit wie die geistreiche und schöne Elisa, die ihr literarisches Talent als Assistentin eines Verlagsmanagers brachliegen lässt. „Sie war zu einer weiteren unglücklichen, alleinstehenden Frau geworden, die auf bestimmten Partys gesehen wurde. Sie war außerdem als seine Ex bekannt, was zutreffend aber unfair war. Er wurde nämlich nicht auf die gleiche herablassende Art als ihr Ex eingestuft“.
  Nates männlicher Blick auf Frauen ist degradierend, er hat aber auch etwas Objektivierendes. Die Tatsache, dass es Männer wie ihn gibt, beweist ja, dass es in der intellektuell-ironischen Hipsterwelt genauso sexistisch zugeht wie überall sonst. Die Männer haben den Spaß, die Frauen kommen von alten Rollenbildern so wenig weg wie die Heldinnen bei Jane Austen von ihren Stickereien. Ihnen bleibt nur das Lamento. Dem New York Observer zufolge ist es unter jungen New Yorkerinnen inzwischen üblich, Männer, die es nicht bringen, als „total Nathaniel P.“ zu bezeichnen.
  Jane Austen ist ein gutes Stichwort. Waldman, die sie in einem Essay als eine ihrer wichtigen Leseerfahrungen nennt, hat sich von der englischen Autorin nicht nur einen hintersinnigen Moralismus abgeguckt, sondern auch die ironische Langmut im Beschreiben. Waldman kann aus Details wie vollgestopften Schränken die ganze Tragik eines weiblichen Lebens auffächern und schreibt poetisch dichte Sätze wie „Wenn man Single war, glichen die Wochenenden weiten, offenen Feldern, die sich in alle Richtungen erstreckten; in einer Beziehung waren sie wie der Himmel über Manhattan: punktiert, eingepfercht, komprimiert.“
  Die 38-jährige Adelle Waldman könnte selbst eine der abgehängten Frauen aus ihrem Roman sein. Sie studierte Journalismus, schrieb einen Roman, der nie herauskam. Sie schlug sich als Kritikerin und Nachhilfelehrerin durch, versuchte es noch mal mit einem Buch, drei Jahre lang, in denen sie als Tutorin an der Uni jobbte. Bis „Das Liebesleben des Nathaniel P.“ einen Verlag fand, ging ein weiteres Jahr ins Land. Dass Waldman ausgerechnet ein Buch über die modernen Spielarten weiblichen Scheiterns zum Durchbruch verholfen hat, ist dann wohl ausgleichende Geschlechtergerechtigkeit.
      
Adelle Waldman: Das Liebesleben des Nathaniel P. Roman. Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. Verlagsbuchhandlung Liebeskind, München 2015. 304 Seiten, 19,90 Euro. E-Book 14,99 Euro.
Die Frauen warten auf Mr. Right,
die Männer drücken Anrufe weg
und checken ihre Mails
Die Genderstudies hat Nate,
der Protagonist, schon an der Uni
mit der Chai Latte eingesogen
Die Möglichkeiten der Generation Tinder sind so grenzenlos und zugleich diffus wie der Nebel, der auf unserem Foto die Skyline von Manhattan verhüllt.
Foto: dpa
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Was ist nur los mit den Typen? In Zeiten von Tinder scheint die Welt, die Adelle Waldman in ihrem gefeierten Debüt beschreibt, schon fast archaisch altmodisch mit ihren analogen Dating-Dramen, und gleichsam symptomatisch. Diese saturierte New Yorker Hipster-Gesellschaft von jungen Intellektuellen aus der Medien- und Literaturwelt - in der sich ihr Antiheld Nathaniel P. bewegt. Die Art, wie Waldman Naths chronische Beziehungsunfähigkeit beschreit, ist faszinierend, weil sie dabei keine Partei ergreift und gerade deshalb das Soziogramm einer ganzen Generation narzisstischer Selbstdarsteller auffächert. Die von einer Beziehung in die nächste wechseln und am Ende doch am meisten in sich selbst verliebt sind. Durch Nathaniels Augen lernen wir Hannah kennen, erleben einen Sommer der Verliebtheit in diese Frau, die vorerst in keine seiner Schubladen passen will, weil sie so vernünftig, nicht lächerlich ist. Durch seine Rückblenden erleben wir ihn als einen Typen, der sich für einen Frauenversteher hält - doch mit zunehmendem Erfolg auf dem gesellschaftlichen Parkett immer geschicktere Ausreden vor sich selbst findet, sich am Ende doch wie ein total versnobtes Arschloch zu benehmen.

"Witzig.", Freundin, 05.10.2016