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Ein Plan, geboren im 1. Weltkrieg, dessen Folgen bis heute wirken: Die Mobilisierung arabischer, persischer und afghanischer Muslime zum Heiligen Krieg. So wollte das Deutsche Reich seine Kriegsgegner schwächen und sie vom Nachschub aus ihren Kolonien abschneiden. Entwickelt wurde der »Dschihad-Plan«, in dem der Terrorismus als Waff eingesetzt wird, von einem der bedeutendsten Orientalisten der Zeit: Max von Oppenheim. Seine Denkschrift, die konkrete Handlungsanweisungen für den Waffenschmuggel, die Ausübung von Brandanschlägen und den Einsatz von Propaganda enthält, liest sich wie ein…mehr

Produktbeschreibung
Ein Plan, geboren im 1. Weltkrieg, dessen Folgen bis heute wirken: Die Mobilisierung arabischer, persischer und afghanischer Muslime zum Heiligen Krieg. So wollte das Deutsche Reich seine Kriegsgegner schwächen und sie vom Nachschub aus ihren Kolonien abschneiden. Entwickelt wurde der »Dschihad-Plan«, in dem der Terrorismus als Waff eingesetzt wird, von einem der bedeutendsten Orientalisten der Zeit: Max von Oppenheim. Seine Denkschrift, die konkrete Handlungsanweisungen für den Waffenschmuggel, die Ausübung von Brandanschlägen und den Einsatz von Propaganda enthält, liest sich wie ein Handbuch des Terrors - der DSCHIHAD MADE IN GERMANE.Eingeleitet wird das Buch vom Schriftsteller Steffen Kopetzky. Kopetzky verfasste auf der Basis von Oppenheims Denkschrift und anderer, hierzulande wenig bekannter, in der angloamerikanischen Welt wissenschaftlich erforschter Aktivitäten des Deutschen Reichs im Orient seinen 2015 erschienenen Roman "Risiko".
Autorenporträt
Max von Oppenheim (18601946) entstammt der Bankiersfamilie Oppenheim. Zahlreiche Forschungsreisen machten Oppenheim, der sich zuweilen wie ein Beduine kleidete, zu einem der angesehendsten Nahostexperten seiner Zeit. Bleibende Berühmtheit erlangte er durch die Entdeckung des Siedlungshügels Tel Halaf, einem Zeugnis der prähistorischen Halaf-Kultur, und die Ausgrabung der Stadt Guzana. Von Beginn des 1. Weltkriegs an war er für das Auswärtige Amt in Berlin tätig, für das er die »Nachrichtenstelle für den Orient« gründete. Sein 1914 entwickelter, vom Kaiser befürworteter, Dschihad-Plan trug ihm den Ruf eines deutschen Gegenstücks zu Lawrence von Arabien ein. Seine Denkschriftft - gegen die sich bereits zeitgenössische Stimmen erhoben, die vor den Gefahren des religiösen Fanatismus warnten - ist ein bleibendes Dokument intellektueller Skrupellosigkeit.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.07.2018

Er empfahl einen Dschihad mit deutscher Unterstützung
Diese Lektüre lohnt sich auch nach mehr als hundert Jahren: Max von Oppenheim überlegt, wie sich Deutschland muslimischer Schützenhilfe versichern könnte

Max von Oppenheims "Denkschrift betreffend "die Revolutionierung der islamischen Gebiete unserer Feinde" ist ein in mehrfacher Hinsicht interessantes Dokument: Es zeigt die strategischen Überlegungen eines der führenden Orientkenner der Epoche im Kontext des Ersten Weltkrieges, die zumindest in Teilen von der Militärführung übernommen wurden. Ihr Kernstück war die Allianz Deutschlands mit dem Osmanischen Reich, die mit der Kriegsniederlage beider Mächte und der Aufteilung des Vorderen Orients endete.

Von Oppenheims Pläne gingen weit über das Osmanische Reich und seine schon länger de facto selbständige, von Großbritannien seit 1882 besetzte ägyptische Provinz hinaus. Sie umfassten auch die Muslime Indiens, Afghanistans und, zu einem geringeren Teil, die von Frankreich kontrollierten nordafrikanischen Länder. Die Denkschrift zeigt in ihrer Argumentation ferner das deutsche Kalkül, Muslime zum Aufstand gegen insbesondere die Briten, aber auch die Franzosen sowie, im Kaukasus, die Russen zu motivieren. Dabei sollten Osmanen, Perser sowie Afghanen und die lokalen Bevölkerung mit deutscher finanzieller und militärischer Unterstützung kräftig Schützenhilfe leisten.

Viele Muslime in den genannten Regionen hegten durchaus einen erheblichen Groll gegen die britische, französische und russische Herrschaft. Im späten neunzehnten Jahrhundert hatten viele das Osmanische Reich als mögliche Schutzmacht gegen die europäische Ausdehnung betrachtet. Darauf aufbauend, ging es von Oppenheim darum, sie zur Entlastung der deutschen Truppen gegen die jeweiligen Kolonialherren anzustacheln.

Im Erfolgsfalle eröffnete diese Mobilisierung die Perspektive auf erhebliche Absatzgebiete und Bodenschätze - insbesondere Erdöl, das in diesem Krieg erstmalig eine wichtige Rolle spielte. Orientalische Interessen nahmen demgegenüber einen dezidierten zweiten Rang ein. Man werde, so von Oppenheim, "in vorsichtigster Weise abzuwägen haben wieweit wir uns in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht für die Zukunft engagieren können".

Eine genaue Lektüre des instruktiven Textes entlarvt die in der Region häufig vernommene Einschätzung, Deutschland sei ein historischer Freund muslimischer Gesellschaften, als das, was sie war: eine reine Zweckgemeinschaft. Wenn nordafrikanische Kriegsgefangene sich gegenüber deutschen Offizieren beklagten, sie seien von den Franzosen nur als Kanonenfutter eingesetzt worden, so sahen die deutschen Pläne nichts anderes vor, nur eben an der Seite der mit Deutschland alliierten Osmanen. Insofern muss die deutsche Politik - ebenso wie die osmanische, die in der "Denkschrift" nur eine passive Rolle spielt - im gleichen imperialen Kontext gesehen werden wie die anderer europäischer Mächte.

Die Mobilisierung im Namen eines "Heiligen Krieges" im Kontext des Ersten Weltkriegs war, wie neuere Untersuchungen Tilman Lüdkes, Mustafa Aksakals, Ernst Zürchers und anderer gezeigt haben, keine rein muslimische - oder auf diese bezogene - deutsche Idee: Auch christliche Würdenträger unterstützten dezidiert ihre jeweiligen Kriegsherren, und die Osmanen hätten der deutschen Inspiration wohl nicht bedurft. Zwar waren die seit 1908 an der Macht befindlichen Jungtürken nicht besonders religiös, aber die Mobilisierungskraft der Religion spielte auch für sie eine wichtige Rolle. Die Kritik seines holländischen Kollegen Snouck Hurgronje, von Oppenheim habe eine durch die Modernisierung überholte Macht wiederbelebt, war insofern eher verfehlt.

Die "Denkschrift" wird mit einem Text des Schriftstellers Steffen Kopetzky eingeleitet, der den Weltkriegsroman "Risiko" publiziert hat (F.A.Z. vom 7. März 2015). Sie ist für alle instruktiv, die sich mit deutscher Orientpolitik im Zeitalter des Imperialismus und Weltkriegs beschäftigen. Wenn heute der Dschihad zu Recht als Gefahr für den Westen betrachtet wird, ist die Erinnerung daran, dass der Islam und speziell der Heilige Krieg im vergangenen Jahrhundert immer wieder von westlichen Mächten zu instrumentalisieren versucht wurde - beispielsweise in Afghanistan gegen die Sowjetunion -, durchaus wichtig.

Bedauerlich ist, dass sich der Herausgeber nicht etwas mehr Mühe mit der Edition gemacht oder Fachleute konsultiert hat. Die Anmerkungen sind nur bedingt hilfreich - "Maghsen" etwa erklärt von Oppenheim selbst im Text als Bezeichnung für das marokkanische Königreich und seinen Herrschaftsradius, es ist also keine Anspielung auf die Amazigh (Berber). Auch das Nachwort läse sich ohne modische Analogien zwischen Deutschen und Chinesen und englische Einsprengsel ("scoren") besser, selbst wenn es treffende Beobachtungen enthält.

Hundert Jahre nach seinem Erscheinen ist von Oppenheims Schrift eine lohnende Lektüre. Sie verweist nicht nur auf die langen Verbindungen zwischen Deutschland und muslimisch geprägten Ländern, sie zeigt auch die Anfänge westlicher Indienststellung des Islams. Schon im Ersten Weltkrieg zeigte sich, dass die Verbündeten sehr wohl ihre eigenen Interessen vertraten, auch zur Irritation der Deutschen. Diese Lehre wurde nicht aufgegriffen, wie etwa die Vereinigten Staaten in Afghanistan bitter erfuhren. Bis heute beschäftigen die Folgen des Ersten Weltkriegs den Vorderen Orient. Auch wenn Großbritannien und Frankreich für die anschließende Mandatsherrschaft kritisiert werden: es war deutsches Drängen, das die Osmanen bewegte, in den Krieg einzutreten.

ULRIKE FREITAG

Max von Oppenheim: "Denkschrift betreffend

die Revolutionierung der islamischen Gebiete unserer Feinde".

Verlag Das Kulturelle

Gedächtnis, Berlin 2018.

112 S., geb., 18,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Er empfahl einen Dschihad mit deutscher Unterstützung
Diese Lektüre lohnt sich auch nach mehr als hundert Jahren: Max von Oppenheim überlegt, wie sich Deutschland muslimischer Schützenhilfe versichern könnte

Max von Oppenheims "Denkschrift betreffend "die Revolutionierung der islamischen Gebiete unserer Feinde" ist ein in mehrfacher Hinsicht interessantes Dokument: Es zeigt die strategischen Überlegungen eines der führenden Orientkenner der Epoche im Kontext des Ersten Weltkrieges, die zumindest in Teilen von der Militärführung übernommen wurden. Ihr Kernstück war die Allianz Deutschlands mit dem Osmanischen Reich, die mit der Kriegsniederlage beider Mächte und der Aufteilung des Vorderen Orients endete.

Von Oppenheims Pläne gingen weit über das Osmanische Reich und seine schon länger de facto selbständige, von Großbritannien seit 1882 besetzte ägyptische Provinz hinaus. Sie umfassten auch die Muslime Indiens, Afghanistans und, zu einem geringeren Teil, die von Frankreich kontrollierten nordafrikanischen Länder. Die Denkschrift zeigt in ihrer Argumentation ferner das deutsche Kalkül, Muslime zum Aufstand gegen insbesondere die Briten, aber auch die Franzosen sowie, im Kaukasus, die Russen zu motivieren. Dabei sollten Osmanen, Perser sowie Afghanen und die lokalen Bevölkerung mit deutscher finanzieller und militärischer Unterstützung kräftig Schützenhilfe leisten.

Viele Muslime in den genannten Regionen hegten durchaus einen erheblichen Groll gegen die britische, französische und russische Herrschaft. Im späten neunzehnten Jahrhundert hatten viele das Osmanische Reich als mögliche Schutzmacht gegen die europäische Ausdehnung betrachtet. Darauf aufbauend, ging es von Oppenheim darum, sie zur Entlastung der deutschen Truppen gegen die jeweiligen Kolonialherren anzustacheln.

Im Erfolgsfalle eröffnete diese Mobilisierung die Perspektive auf erhebliche Absatzgebiete und Bodenschätze - insbesondere Erdöl, das in diesem Krieg erstmalig eine wichtige Rolle spielte. Orientalische Interessen nahmen demgegenüber einen dezidierten zweiten Rang ein. Man werde, so von Oppenheim, "in vorsichtigster Weise abzuwägen haben wieweit wir uns in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht für die Zukunft engagieren können".

Eine genaue Lektüre des instruktiven Textes entlarvt die in der Region häufig vernommene Einschätzung, Deutschland sei ein historischer Freund muslimischer Gesellschaften, als das, was sie war: eine reine Zweckgemeinschaft. Wenn nordafrikanische Kriegsgefangene sich gegenüber deutschen Offizieren beklagten, sie seien von den Franzosen nur als Kanonenfutter eingesetzt worden, so sahen die deutschen Pläne nichts anderes vor, nur eben an der Seite der mit Deutschland alliierten Osmanen. Insofern muss die deutsche Politik - ebenso wie die osmanische, die in der "Denkschrift" nur eine passive Rolle spielt - im gleichen imperialen Kontext gesehen werden wie die anderer europäischer Mächte.

Die Mobilisierung im Namen eines "Heiligen Krieges" im Kontext des Ersten Weltkriegs war, wie neuere Untersuchungen Tilman Lüdkes, Mustafa Aksakals, Ernst Zürchers und anderer gezeigt haben, keine rein muslimische - oder auf diese bezogene - deutsche Idee: Auch christliche Würdenträger unterstützten dezidiert ihre jeweiligen Kriegsherren, und die Osmanen hätten der deutschen Inspiration wohl nicht bedurft. Zwar waren die seit 1908 an der Macht befindlichen Jungtürken nicht besonders religiös, aber die Mobilisierungskraft der Religion spielte auch für sie eine wichtige Rolle. Die Kritik seines holländischen Kollegen Snouck Hurgronje, von Oppenheim habe eine durch die Modernisierung überholte Macht wiederbelebt, war insofern eher verfehlt.

Die "Denkschrift" wird mit einem Text des Schriftstellers Steffen Kopetzky eingeleitet, der den Weltkriegsroman "Risiko" publiziert hat (F.A.Z. vom 7. März 2015). Sie ist für alle instruktiv, die sich mit deutscher Orientpolitik im Zeitalter des Imperialismus und Weltkriegs beschäftigen. Wenn heute der Dschihad zu Recht als Gefahr für den Westen betrachtet wird, ist die Erinnerung daran, dass der Islam und speziell der Heilige Krieg im vergangenen Jahrhundert immer wieder von westlichen Mächten zu instrumentalisieren versucht wurde - beispielsweise in Afghanistan gegen die Sowjetunion -, durchaus wichtig.

Bedauerlich ist, dass sich der Herausgeber nicht etwas mehr Mühe mit der Edition gemacht oder Fachleute konsultiert hat. Die Anmerkungen sind nur bedingt hilfreich - "Maghsen" etwa erklärt von Oppenheim selbst im Text als Bezeichnung für das marokkanische Königreich und seinen Herrschaftsradius, es ist also keine Anspielung auf die Amazigh (Berber). Auch das Nachwort läse sich ohne modische Analogien zwischen Deutschen und Chinesen und englische Einsprengsel ("scoren") besser, selbst wenn es treffende Beobachtungen enthält.

Hundert Jahre nach seinem Erscheinen ist von Oppenheims Schrift eine lohnende Lektüre. Sie verweist nicht nur auf die langen Verbindungen zwischen Deutschland und muslimisch geprägten Ländern, sie zeigt auch die Anfänge westlicher Indienststellung des Islams. Schon im Ersten Weltkrieg zeigte sich, dass die Verbündeten sehr wohl ihre eigenen Interessen vertraten, auch zur Irritation der Deutschen. Diese Lehre wurde nicht aufgegriffen, wie etwa die Vereinigten Staaten in Afghanistan bitter erfuhren. Bis heute beschäftigen die Folgen des Ersten Weltkriegs den Vorderen Orient. Auch wenn Großbritannien und Frankreich für die anschließende Mandatsherrschaft kritisiert werden: es war deutsches Drängen, das die Osmanen bewegte, in den Krieg einzutreten.

ULRIKE FREITAG

Max von Oppenheim: "Denkschrift betreffend

die Revolutionierung der islamischen Gebiete unserer Feinde".

Verlag Das Kulturelle

Gedächtnis, Berlin 2018.

112 S., geb., 18,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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