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Produktdetails
  • Verlag: Melzer, Neu-Isenburg
  • Originaltitel: Asa kawamet
  • Seitenzahl: 527
  • Erscheinungstermin: 11. April 2011
  • Deutsch
  • Abmessung: 205mm
  • Gewicht: 664g
  • ISBN-13: 9783942472050
  • ISBN-10: 3942472058
  • Artikelnr.: 32767246
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.11.2011

Rede oder stirb!
Der Journalist Shlomi Eldar
über die Tragödie in Gaza
Wäre der Autor dieses erschütternden Buches ein Palästinenser, so könnte man sich manche Reaktionen der deutschen Öffentlichkeit ausmalen: einige wären israelfeindlich, antisemitisch gar. Doch Shlomi Eldar, erst Reporter beim staatlichen israelischen Fernsehen und derzeit tätig für den privaten Kanal 10, hat als Journalist den Konflikt um und in Gaza jahrelang verfolgt. Seine Schilderung vermittelt ein von der israelischen Propaganda wie von der Hamas-Rhetorik unabhängiges Bild des politischen und menschlichen Dramas, welches sich in dem verarmten Küstenstreifen mit seinen etwa eineinhalb Millionen quasi gefangenen Menschen abspielt.
Man kann in diesem Werk fast auf jeder Seite Information finden, die vielen neu sein wird. Ein Beispiel ist die Geschichte des Gefangenen Abu Ali Shahin. Als Gefolgsmann Jassir Arafats kam er 1967 in israelische Haft. Dort gründete er die „Palästinensische Gefangenenakademie“: Heimlich bildete sie Palästinenser aus für den weiteren Kampf um die besetzten Gebiete. Andererseits machten die Gefangenen auch einen Wandel durch: Viele lernten Hebräisch – und sie kamen zu der Einsicht, dass die einzige Lösung die Friedenslösung sei.
„Ich habe sie nach meinem Ebenbild geschaffen, Hunderte, Tausende, sie sind meine Schüler“, erzählte Abu Ali Shahin dem Autor. Am 27.Februar 1968 wurde er aus seiner Zelle geholt. Er durfte seinen von Folter gezeichneten Körper entlausen und reinigen. Er wurde vor Yitzhak Rabin geführt, damals der israelische Generalstabschef. Abu Ali Shahin sollte endlich über seine Mitkämpfer aussagen. „Wenn Du nicht sterben willst, dann rede“, sagte Rabin. Darauf Abu Ali Shahin: „Wenn ich Tel Aviv erobert hätte und du wärest mein Gefangener (…), wärest du bereit, deine Kameraden auszuliefern?“ Rabin stand auf. Bevor er den Raum verließ, sagte er: „Wir sind fertig.“
Die Konsequenzen aus der Tatsache, dass bis heute ständig Tausende Palästinenser in israelischer Haft seien und teilweise misshandelt würden, beschreibt Shlomi Eldar so: „Israel hat niemals die Bedeutung des großen Drucks verstanden, den die Gefangenen, die freigelassenen Gefangenen und ihre Familien auf die palästinensische Autonomieverwaltung ausgeübt haben. Danach war die Freilassung der Gefangenen die Voraussetzung für eine Fortführung des politischen Prozesses und die Erfüllung der gegenseitigen Verpflichtungen.“
Für einen Journalisten wie Shlomi Eldar ist es selbstverständlich, dass er auch die andere Seite schildert, die Korruption in Jassir Arafats Fatah-Bewegung und auch die Folter, mit welcher dieser arabische Despot seine eigenen Landsleute malträtiert hat. Nachdem die Wähler aus Enttäuschung über die Fatah 2006 der Hamas das Vertrauen geschenkt hätten, schreibt der Autor, habe diese ihrerseits in Gaza alle ihre Versprechen gebrochen. In den internen Machtkämpfen sei ein versöhnlicher gestimmter Mann wie Ismail Haniye kaltgestellt worden.
Eldar zufolge hat dieser Weg „den Bewohnern Gazas nicht nur nicht gut getan, sondern sie um Jahre und Generationen zurückgeworfen. Zurück in eine Zeit der Finsternis und Angst, der Entbehrungen und der Hoffnungslosigkeit“. Die Entwicklung gipfelte im israelischen Angriff auf Gaza vom 7. Dezember 2008. Diesmal habe es nicht nur die israelische Führung übertrieben: „Alle haben es übertrieben.“ Shlomi Eldar schließt sein Buch mit fast apokalyptischen Worten: „Gaza im Jahr 2011 ist tatsächlich wie der Tod.“
HEIKO FLOTTAU
SHLOMI ELDAR: Gaza bis zum bitteren Ende. Im Schatten des Todes. Aus dem Hebräischen von Abraham Melzer. Melzer-Verlag, Neu-Isenburg 2011. 528 Seiten, 19.99 Euro.
„Israel versteht nicht, wie groß
der Einfluss von Tausenden
palästinensischen Häftlingen ist.“
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Neues über Gaza? Sogar mehr als ihm lieb ist, erfährt Heiko Flottau von Shlomi Eldar, der den Konflikt jahrelang als Journalist begleitet hat und nun berichtet. Dabei schont er weder die eigenen israelischen Landsleute noch die Hamas, wie Flottau feststellt, sondern bietet dem Rezensenten ein, wie er schreibt, "unabhängiges" Bild der politischen wie der menschlichen Verhältnisse. Jede Seite erwartet Flottau mit erschütternden Einzelheiten zu den Entwicklungen - über und in den Folterkellern von Rabin und Arafat.

© Perlentaucher Medien GmbH