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Dass sich im Übergang von parlamentarischer Demokratie zur medialisierten Postdemokratie und vom Kapitalismus der Realwirtschaft zum neoliberalen Finanzkapitalismus und vor allem in der Komplizenschaft beider Protagonisten ein Weg zu einer unmenschlichen Gesellschaft auftut, haben mittlerweile nicht nur jene erkannt, die "schon immer dagegen" waren. Diese Entwicklung wird verkörpert in Erscheinungen wie Berlusconi, Sarkozy oder Guttenberg, sie ist aber auch spürbar im eigenen Alltag: In der rücksichtslosen Aneignung von Architektur und Landschaft durch die Profi tinteressen der Wirtschaft und…mehr

Produktbeschreibung
Dass sich im Übergang von parlamentarischer Demokratie zur medialisierten Postdemokratie und vom Kapitalismus der Realwirtschaft zum neoliberalen Finanzkapitalismus und vor allem in der Komplizenschaft beider Protagonisten ein Weg zu einer unmenschlichen Gesellschaft auftut, haben mittlerweile nicht nur jene erkannt, die "schon immer dagegen" waren. Diese Entwicklung wird verkörpert in Erscheinungen wie Berlusconi, Sarkozy oder Guttenberg, sie ist aber auch spürbar im eigenen Alltag: In der rücksichtslosen Aneignung von Architektur und Landschaft durch die Profi tinteressen der Wirtschaft und in der Arroganz der Macht der Politik gegenüber den Interessen der einzelnen. Sie ist spürbar in der immer absurderen Ungleichverteilung von Chancen und Reichtum, und äußert sich schließlich auch in einem rapiden Verfall der (politischen) Kultur - diese Entwicklung hat auch die bürgerliche Mitte tief gespalten: Dem Citoyen wird unerträglich, was sich der Bourgeois vielleicht gerade noch gefallen lässt.Das Buch beschreibt den Übergang von Postdemokratie und Finanzkapitalismus zu einer unmenschlichen Gesellschaft und die Mechanismen und Manipulationen, die dabei eingesetzt werden. Es begründet und beschreibt alle Formen des bürgerlichen Widerstands dagegen, von der Kritik über den zivilen Ungehorsam bis zur Rekonstruktion des öffentlichen Raums und eine Neuformulierung der "Demokratie von unten". Es soll helfen, die lokalen Formen des zivilen Ungehorsams auf der einen Seite und die globalen Bewegungen auf der anderen Seite miteinander zu verbinden: Gegen Stuttgart 21 und gegen die Ausbeutung der Rohstoff e und die Vernichtung der Märkte in Afrika zu protestieren, bedeutet Ungehorsam gegenüber den selben Kräften. Erst im zivilen Ungehorsam gegen Postdemokratie und Neoliberalismus können wir werden, was uns die Demokratie zu werden verheißen und was sie vor lauter wirtschaftlichem Fortschritt und Machtpoker einzulösen vergessen hat: Mündige Menschen.
Autorenporträt
Georg Seeßlen, geb. 1948, studierte Malerei, Kunstgeschichte und Semiologie in München. Er ist Dozent an verschiedenen Hochschulen im In- und Ausland gewesen und arbeitet als freier Autor für u.a. DIE ZEIT, Frankfurter Rundschau, epd-Film, Freitag, Tagesspiegel.
Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zum Film und zur populären Kultur.

Markus Metz, geboren 1958 in Oberstdorf, Studium der Publizistik, Politik und Theaterwissenschaft an der FU Berlin, freier Journalist und Autor, lebt in München.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.08.2012

Zur Rettung des
Menschlichen
Firlefanz über Neoliberalismus
und Postdemokratie
Die beiden Publizisten Markus Metz und Georg Seeßlen gehen aufs Ganze: Sie skizzieren mit Verve den „Fahrplan der bürgerlichen Erhebung“ zur „menschlichen Gesellschaft“, ja zur „Rettung des Menschlichen“. Dass man die Welt verändern muss, ist eine kluge Einsicht. Mit quasi-religiösem Pathos vermischt, wird sie allerdings zum Polit-Kitsch.
  Zunächst analysieren und kritisieren die Autoren die existierende Gesellschaft. Aus ihrer Sicht wird sie vom „Raubtier aus Postdemokratie und Neoliberalismus“ beherrscht. „Postdemokratie“ – ein Wort à la mode. Viel mehr, als dass es sich um eine nahe Verwandte von „Berlusconismus“, „Merkelismus“ und „Neoliberalismus“ handeln könnte, erfährt der Leser nicht.
  Noch nach 70 Seiten ist „Postdemokratie“ für die Autoren „ein durchaus noch unscharf verwendetes Etikett“. Zu seiner Beschreibung ist ihnen kein Wort zu pathetisch: „Kannibalismus“, „Barbarei“ und „Sklaverei“ gehören noch zu den harmloseren Metaphern und Analogien. In ihrem rhetorischen Furor lassen die Autoren jeden Sinn für analytische Differenzierung fahren. Mal trägt die Postdemokratie „noch Züge der Demokratie“, dann ist „das Parlament als ernst zu nehmendes demokratisches Instrument in Wahrheit“ ebenso verschwunden wie „die kritische Presse“, und zuletzt landet „das Raubtier“ als Bettvorleger: „Postdemokratie ist immer noch besser als gar keine Demokratie.“
  Solche Inkonsistenzen haben einen Grund: Der methodische Zugriff der Autoren ist denkbar willkürlich. Sie bedienen sich vieler sozialwissenschaftlicher Theorien von der Systemtheorie bis zur Bild- und Medientheorie sowie viel modischem Firlefanz aus der Feuilletonsoziologie.
  Demzufolge werden Kriege geführt „für ökonomische Interessen“ oder für „die Produktion von Bildern“; und „die Warenzirkulation“ wird „zunehmend zur Sinnzirkulation“. Die Einarbeitung von Theorieversatzstückchen führt zur Akkumulation von blankem Unsinn. Mit Luhmanns Theorie der funktionalen Differenzierung moderner Gesellschaften oder Foucaults Improvisationen über Macht hantieren die Autoren wie Kinder mit Bauklötzchen.
  Diesem methodischen Zugriff entspricht der mal nervös-hechelnde, mal wichtigtuerische Gestus des Buches. Von der „Arabellion“ kommt man mit wenigen Sätzen zu „Stuttgart 21“, zu den Castor-Transporten, zu Griechenland und zur NSU-Gruppe. Die Autoren lassen nichts aus. Aber allen feuilletonsoziologisch zugerüsteten Glossen ist gemeinsam, dass Metz und Seeßlen ohne empirisches Fundament auskommen. So deklarieren sie den Rüstungsexport zur Grundlage „des relativen Reichtums“ der „deutschen Post-Bourgeoisie“. Tatsächlich betrug der Export 2010 ganze 2,34 Milliarden US-Dollar und umfasste 2000 bis 2010 jeweils 0,15 bis 0,22 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
  Das Thema „ziviler Ungehorsam“ verkürzen die Autoren auf die Proteste gegen „Stuttgart 21“ und überschätzen das „politisch-ökonomisch-mafiose Großprojekt“ als Beispiel für den „totalitaristischen Kapitalismus“. Selbstgefälliger Verbalradikalismus und Pirouetten der Selbstüberbietung machen das Buch zum intellektuellen Ärgernis.  
RUDOLF WALTHER
  
Rudolf Walther ist Publizist und lebt in Frankfurt.
 
Markus Metz, Georg Seeßlen: Bürger erhebt euch! Postdemokratie, Neoliberalismus und ziviler Ungehorsam. Laika-Verlag, Hamburg 2012. 378 S., 24.90 Euro.  
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Intellektuell verärgert zeigt sich Rudolf Walther von so viel Unsinn. Was die Publizisten Markus Metz und Georg Seeßlen hier zusammenzwingen - Arabellion, Stuttgart 21, Castor-Transporte - gehört für Walther schön sauber getrennt und analytisch differenziert. Metz und Seeßlen denken aber nicht dran. Stattdessen hauen sie mit Pathos und Furor auf Neoliberalismus und Postdemokratie, erfinden dolle Metaphern dafür und verrühren Sozialwissenschaft, System- und Medientheorie und Feuilleton-Gebrabbel miteinander, bis Walther komplett die Lust verliert.

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