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Ein Schelmenroman und der erste Roman von Artur Klina in deutscher Übersetzung: Schalom ist eine Satire aus der Perspektive des armen, osteuropäischen Künstlers, ein Trinkerroman und wilder Roadtrip. Es geht von Bonn über Berlin, Warschau und Minsk bis nach Mogiljow, im Osten von Belarus. Schalom ist das belarussische Wort für Kriegerhelm, und den setzt sich der Protagonist Andre in Deutschland auf um ihn niemals wieder abzusetzen. Die preußische Pickelhaube auf dem Kopf wird zum Statement, das mit immer neuen Bedeutungen aufgeladen wird. Klina spiest dabei überaus unterhaltsam Erwartungshaltungen und Vorurteile auf aus Ost und West.…mehr

Produktbeschreibung
Ein Schelmenroman und der erste Roman von Artur Klina in deutscher Übersetzung: Schalom ist eine Satire aus der Perspektive des armen, osteuropäischen Künstlers, ein Trinkerroman und wilder Roadtrip. Es geht von Bonn über Berlin, Warschau und Minsk bis nach Mogiljow, im Osten von Belarus. Schalom ist das belarussische Wort für Kriegerhelm, und den setzt sich der Protagonist Andre in Deutschland auf um ihn niemals wieder abzusetzen. Die preußische Pickelhaube auf dem Kopf wird zum Statement, das mit immer neuen Bedeutungen aufgeladen wird. Klina spiest dabei überaus unterhaltsam Erwartungshaltungen und Vorurteile auf aus Ost und West.
Autorenporträt
Klina_, Artur
Artur Klina_, 1965 geboren, ist einer der wichtigsten Künstler seines Landes. Der Minsker Schriftsteller und Architekt gibt u. a. die einzige unabhängige Kunstzeitschrift in Belarus heraus: pARTisan (http://partisanmag.by/). Auf Deutsch erschienen von Klina_ bisher Minsk. Sonnenstadt der Träume (Suhrkamp) sowie der Essayband Partisanen. Kultur_Macht_Belarus (edition.fotoTAPETA).

Weiler, Thomas
Thomas Weiler, geboren 1978, lebt als Literaturübersetzer aus dem Russischen, Polnischen und Belarussischen in Markkleeberg. Er setzt sich u. a. mit dem Online-Portal literabel.de für die Vermittlung belarussischer Literatur ins Deutsche ein.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.03.2016

Auf zur Rebellion gegen Mordor
Der weißrussische Autor Artur Klinau lädt zu einer phantastischen Trinkertour von West nach Ost

Verlorene Seelen trinken gern. Der Rausch, der Suff bestärkt sie in dem Gefühl, nicht von dieser Welt zu sein. Es ist deshalb kein Wunder, dass es in der Literatur von Trinkern nur so wimmelt. Sie sind dankbare Figuren, um an ihnen das Fremdsein in der eigenen Haut und in der Welt zu exemplifizieren. Die neueste Trinker-Figur kommt vom östlichen Rande Europas, aus Weißrussland.

Der Protagonist des Debütromans "Schalom" von Artur Klinau, der nun vom kleinen Berliner Verlag edition fotoTAPETA veröffentlicht wurde, ist ein Trinker durch und durch. Klinau, der hierzulande bereits mit der Utopienphantasterei "Minsk - Sonnenstadt der Träume" überzeugte, schickt den Künstler Andrej auf eine Sauftour, die es in sich hat. Es geht von West nach Ost, von Bonn nach Mogiljow, von der westlichen in die östliche Provinz. Beide Städte haben ihre beste Zeit hinter sich. Wie auch Andrej, der sich mit avantgardistischen Experimenten in den Achtzigern einen Namen gemacht hat. Heute unterrichtet er an der örtlichen Kunstakademie und fertigt Büsten von Verstorbenen. Die Stücke, die nicht abgeholt werden, stehen in seinem Atelier, das so zum Friedhof wird. Ein Bild für das erstarrte Leben, in dem Andrej festhängt.

Ab und zu wird er in den Westen eingeladen, wo sich drittklassige Galeristen gern mit einem Exoten aus dem politisch schwierigen Weißrussland schmücken. Andrej nennt sich lieber André, weil er sich eher als Teil der westlichen Welt sieht. Die aber hat so ihre Probleme mit einem Künstler, dessen Ideen- und Gedankenwelt doch stark vom Osten Europas geprägt ist. "André repräsentierte ein kleines, gottvergessenes Land irgendwo hinter dem europäischen Zaun. Diesseits des Zaunes hielten es alle für das finstere Tolkien-Land Mordor, in dem die herrschenden Orks die armen Hobbits zur Schnecke machten und ihre Rechte beschnitten, wo sie nur konnten."

Oberflächlich betrachtet erinnert die Tour an das hochprozentige Stück "Die Reise nach Petuschki" von Wenedikt Jerefojew. Dass der größte Unterschied zwischen beiden Figuren in deren Konzeption liegt, darauf wies Klinau selbst in einem Interview hin: "Der Petuschki-Held ergibt sich der Realität, ohne dass er versucht, sie zu ändern . . . Mein Schalom-Held dagegen ist ein Rebell."

Andrejs auch schelmenhafte Rebellion beginnt, als er auf einem Flohmarkt in Bonn eine alte preußische Pickelhaube entdeckt. Statt für seine Schwiegermutter Stiefel zu kaufen, investiert er das Geld in dieses krude Artefakt, setzt es auf und beschließt, den Helm nicht mehr abzusetzen. "Dein Leben lang hast du als braver Soldat in der großen Kunstarmee gedient . . . Du bist nämlich am falschen Ort geboren, hinterm Zaun, am Arsch . . . Du bist eine miese, kleine Nulpe! Aber hier ist deine Chance! Wenn du ihn jetzt absetzt, dann bist du wirklich ein Idiot. Du bist ein Künstler! Erkläre der Welt dein Manifest! Mach den Helm zu Projekt! Aufstand! Revolution!" Andrej macht sich zum Kunstprojekt.

Mit dem Helm auf dem Kopf wähnt er sich im Krieg: gegen die Kleingeister in der Kunst, gegen die westliche Welt, die ihn nicht versteht, gegen sein Leben in Mogiljow, wo er abgelehnt und für verrückt erklärt wird, gegen seine Identität, die eine des Dazwischen-Seins ist. "Schalom" ist das weißrussische Wort für "Helm". Gleichzeitig bedeutet es in den semitischen Sprachen "Frieden", und im Hebräischen ist es überdies eine Grußformel. Man merkt, dass Klinau als Konzeptkünstler groß geworden ist, der sich immer wieder mit Fragen der Identitätskonstruktion beschäftigt hat.

Als Autor geht er nicht gerade geizig um mit bedeutungsschwangeren Wort- und Symbolspielchen, mit aufgeladenen Assoziationen und Bildern, die der Idee des Romans Tiefe verleihen sollen, der Geschichte aber durchaus gewisse Ermüdungserscheinungen angedeihen lassen. Leider. Schließlich ist Andrejs Kampf um Anerkennung und Frieden mit sich und der Welt, den Klinau durch Begegnungen mit Künstlern, Pennern, Nutten, Nazis und Normalos durchaus gekonnt in Szene zu setzen weiß, flott, spannend und vor allem komisch erzählt. Gerade für Nichtkundige dürfte der Roman eine Entdeckungsreise in eine unbekannte europäische Welt sein, die ebenfalls - und zu Recht - um Akzeptanz wirbt. Ein großes Kompliment gilt hier dem Übersetzer Thomas Weiler, der eine Sprache gefunden hat, die das etwas Märchenhafte und Phantastische der Geschichte vortrefflich wiedergibt.

Am Ende landet der unverstandene Andrej schließlich in Mogiljow (der Name lehnt sich an das russische Wort für "Grab" an), wo sich die Reise in ein phantasmagorisches Kasperletheater verkehrt - mit allem, was dazugehört: Popen, Polizisten, dem Teufel, Gott. Das ist der beste Teil dieses ehrgeizigen, wenn auch nicht vollständig geglückten Romans, der in seiner berauschenden Wirkung aber ein großes Verdienst hat: uns auf den Osten Europas neugieriger zu machen.

INGO PETZ

Artur Klinau: "Schalom". Ein Schelmenroman.

Aus dem Russischen von Thomas Weiler. Edition

fotoTAPETA, Berlin 2015. 272 S., br., 16,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Lektüre dieses Romans lohnt sich schon allein als spannender und unterhaltsamer Blick auf den Osten Europas, versichert Rezensent Ingo Petz. Ein bisschen konstruiert vielleicht und aufgeladen mit "bedeutungsschwangeren" Symbolen, im Wesentlichen aber doch sehr vergnüglich erzählt der weißrussische Konzeptkünstler Artur Klinau hier die Geschichte des Künstlers und Trinkers Andrej, der zwischen Bonn und Mogiljow pendelnd, mit einer preußischen Pickelhaube auf dem Kopf gegen die Kleingeister der Kunstwelt, den Westen, den Osten und seine eigene Identität protestiert. Der Kritiker macht in amüsanten und lebendigen Szenen interessante Begegnungen mit verschiedenen Künstlern, Pennern, Nutten, Nazis und Normalos und lobt nicht zuletzt die Übersetzung Thomas Weilers, der das Märchenhafte und Fantastische dieses Schelmenromans gelungen ins Deutsche übertrage.

© Perlentaucher Medien GmbH