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Auf der Basis dieser Einsicht formuliert der bekannte Berliner Kirchenhistoriker und Präsident der Humboldt-Universität zu Berlin, Prof. Dr.Dr. h.c. Christoph Markschies, Positionsbestimmungen im Zusammenhang zentraler gegenwärtiger Debatten: beispielsweise der Kontroversen über Gesundheit und Lebenswissenschaft oder über den künftigen Weg der deutschen Universitäten.

Produktbeschreibung
Auf der Basis dieser Einsicht formuliert der bekannte Berliner Kirchenhistoriker und Präsident der Humboldt-Universität zu Berlin, Prof. Dr.Dr. h.c. Christoph Markschies, Positionsbestimmungen im Zusammenhang zentraler gegenwärtiger Debatten: beispielsweise der Kontroversen über Gesundheit und Lebenswissenschaft oder über den künftigen Weg der deutschen Universitäten.
Autorenporträt
Christoph Markschies studierte evangelische Theologie, klassische Philologie und Philosophie in Marburg, Jerusalem, München und Tübingen Seit 1994 habilitiert lehrte er als Professor für Kirchengeschichte in Jena und Heidelberg. Seit 2004 Professor für Ältere Kirchengeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin, deren Präsident er seit 2006 ist. Als ordinierter Pfarrer predigt er regelmäßig in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.11.2008

Was hat der Heilschlaf mit der Universitätsreform zu tun?
Multiperspektivisch statt transdisziplinär: Christoph Markschies legt widerständige Aufsätze vor

Die Übernahme eines universitären Leitungsamtes hat meist zur Folge, dass die wissenschaftliche Produktivität des damit betrauten Gelehrten erlahmt. Nicht so bei Christoph Markschies, dem Berliner evangelischen Kirchenhistoriker und Präsidenten der Humboldt-Universität, der aus dem Amte heraus erneut ein Buch vorgelegt hat. Darin finden sich nun nicht, wie in seinen vorangegangenen Publikationen, Spezialstudien zu Problemen der Alten Kirche, sondern vielmehr Vorträge und Aufsätze zur Aktualität der Antike und zur Geschichte der Berliner Universität, die zum größeren Teil bereits andernorts publiziert wurden.

Markschies möchte mit dieser Zusammenstellung zeigen, dass sich die Humboldtsche Universität "einer bestimmten Form von Transformation der Antike" verdanke und "Ausdruck eines lebendigen Bezuges auf ein - selbstverständlich nach bestimmten Gesetzen und Axiomen konstruiertes - Altertum" sei. Nicht nur das Christentum, auch die "klassische europäische Universität" sei "bis auf den heutigen Tag transformierte Antike", und insofern hätten diejenigen unrecht, die das Haltbarkeitsdatum antiker Ideen und Visionen überschritten sähen. Das ist originell, aber der Band löst das Versprechen dann doch nicht ganz ein. Denn was hat die antike medizinische Methode der Inkubation, also der Heilschlaf an und in Heiligtümern, der im zweiten Beitrag behandelt wird, mit den Berliner Universitätsreformern der letzten zwei Jahrhunderte zu tun, die Gegenstand des letzten Kapitels sind?

Doch sei's drum. Anregungen zum weiteren Nachdenken über die Frage, wie eine zeitgemäße Geisteswissenschaft jenseits der Bürokratisierung durch den Bologna-Prozess aussehen könnte, findet man bei diesem Theologen allemal.

Eröffnet wird der Band mit der Berliner Antrittsvorlesung des Autors aus dem Jahre 2005, die die Frage, ob Theologie eine Lebenswissenschaft sei, zum Gegenstand hat. Markschies lehnt eine im Sinne von Jürgen Mittelstraß "transdisziplinär" verstandene Konzeption von Lebenswissenschaft ab und propagiert stattdessen einen multiperspektivischen Zugang zum Phänomen des "Lebens". Auf dem Weg zu dieser Antwort kontrastiert er die moderne Diskussion mit antiken paganen wie christlichen Lebenskonzepten, für die er den ihnen gebührenden Respekt einfordert, ohne einer Repristination von überholten Traditionsbeständen das Wort zu reden.

Nach einer Studie, in der es um unterschiedliche antike Modellierungen des Kosmos geht, setzt sich der Verfasser in einer überaus lesenswerten Akademierede mit der viel diskutierten These Odo Marquards und Jan Assmanns auseinander, der zufolge der Monotheismus - im Unterschied zum integrationswilligen Polytheismus - intolerant und daher tendenziell gewaltbereit ist. Markschies zeigt anhand von spätantiken Inschriften auf Türstürzen aus Syrien, die Rückschlüsse auf die religiöse Identität der Bewohner erlauben, dass hier offenbar Polytheisten, Juden und Christen "auch noch lange nach der sogenannten Konstantinischen Wende friedlich nebeneinanderlebten".

Auf dieser Grundlage problematisiert er die Fundamentalunterscheidung zwischen Monotheismus und Polytheismus, wie sie seit Schleiermacher als identitätsbildendes Merkmal für Judentum und Christentum einerseits und die übrigen antiken Religionen andererseits in Gebrauch gekommen ist. In der abschließenden Rede zum Antritt seines Berliner Rektorats lässt sich Markschies von Vorgängern in der Leitung der Berliner Universität die Stichworte liefern zu seiner Vision einer nachhaltigen Universitätspolitik. Diese ist gekennzeichnet durch die Ziele Flexibilität und Freiheit, womit der Humboldt-Präsident dem derzeitigen Trend der Wissenschaftspolitik zur Bürokratisierung und Verschulung des Studiums in sympathischer Weise Paroli bietet.

Diese unzeitgemäße Widerständigkeit ließ sich bereits im Vorwort erkennen, wo Markschies angesichts der zunehmenden Berufung von Nichtwissenschaftlern in Rektorenämter durch demokratisch ungenügend legitimierte Hochschulräte forderte: "An die Spitze einer klassischen Universität gehören aktive Wissenschaftler, engagierte Forscherinnen und begeisterte Lehrende, die aus lebendiger eigener Erfahrung wissen, was zu tun ist, um mit aller Kraft herausragende Forschung und exzellente Lehre zu unterstützen." Diesen Satz sollte man allen neu geschaffenen Hochschulräten ins Stammbuch schreiben.

WOLFRAM KINZIG

Christoph Markschies: "Antike ohne Ende". Berlin University Press, Berlin 2008. 227 S., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Für Wolfram Kinzig personifiziert der Autor den Typus des engagierten, wissenschaftlich aktiven Hochschulpräsidenten, keine Frage. Wurden die hier versammelten Vorträge und Aufsätze des amtierenden HU-Präsidenten Christoph Markschies auch bereits andernorts publiziert, dem Rezensenten dienen sie zum Nachdenken über eine zeitgemäße Universitätspolitik und Geisteswissenschaft jenseits von Verschulung und Bürokratisierung. Den Blick des Autors auf die Humboldt'sche Universität als eine sich der Antike verdankende Institution und Ausdruck lebendiger Bezüge zum Altertum, findet Kinzig originell, auch wenn er ihn nicht in allen hier versammelten Beiträgen thematisiert sieht.

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