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1873 im norwegischen Christiana, dem späteren Oslo, geboren und aufgewachsen, nimmt der talentierte junge Karikaturist, Maler und Grafiker Olaf Gulbransson 1902 eine Stelle am legendären Satiremagazin Simplicisssimus an und siedelt nach München über. Hundert Jahre später machen sich die zwei norwegischen Zeichner und Humoristen Lars Fiske und Steffen Kverneland auf eine Reise in die Wahlheimat des berühmtesten Karikaturisten und Jugendstilkünstlers des 20. Jahrhunderts, den sie von der norwegischen Kunsthistorik und Intellligenzia stiefmütterlich behandelt oder gar vergessen glauben. Im…mehr

Produktbeschreibung
1873 im norwegischen Christiana, dem späteren Oslo, geboren und aufgewachsen, nimmt der talentierte junge Karikaturist, Maler und Grafiker Olaf Gulbransson 1902 eine Stelle am legendären Satiremagazin Simplicisssimus an und siedelt nach München über. Hundert Jahre später machen sich die zwei norwegischen Zeichner und Humoristen Lars Fiske und Steffen Kverneland auf eine Reise in die Wahlheimat des berühmtesten Karikaturisten und Jugendstilkünstlers des 20. Jahrhunderts, den sie von der norwegischen Kunsthistorik und Intellligenzia stiefmütterlich behandelt oder gar vergessen glauben. Im zweifachen Sinne biographisch portraitieren die beiden mehrfach prämierten Illustratoren sowohl das bewegte Leben des bärbeißigen Ausnahmekünstlers Olaf Gulbransson als auch die eigene Suche nach dem kulturellen Vermächtnis des genialen Karikaturisten und Naturburschen in der bayerischen Landeshauptstadt, wo das wegweisende Satireblatt Simplicissimus verlegt wurde, und Tegernsee, dem Rückzugsgebiet des Eremiten Gulbransson vor der Hektik der Zivilisation.

Ihr Portrait des norwegischen Tuscheminimalisten und gestandenen Nudisten ist eine Collage aus Zitaten, Anekdoten und Mythenfragmenten, das sie auf liebenswert chaotische Weise zwischen Schweinshaxe, Bierfrühstück und Kulturschock zusammensetzen. "Olaf G." ist eine Liebeserklärung an die Zeichenkunst, ein Kniefall vor einem der größten Karikaturisten des 20. Jahrhunderts und ein lustvoll komischer Reisebericht, der im gonzojournalistischen Selbsterfahrungsstil das bayerische Paralleluniversum aus der Sicht zweier begnadeter Humoristen auf die Schippe nimmt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.06.2008

Angst und Schrecken am Tegernsee: Zwei Norweger auf den Spuren von Olaf Gulbransson
Ein Norweger in einem Bauernhof in den bayerischen Alpen, ein Frauenschwarm und eingefleischter Nudist, der seinen muskelbepackten Körper nur mit einer Schürze und einem Handtuch auf dem Kopf bekleidet durch den Garten bewegt, während er ein „Mmmmh”-Dauergeräusch emittiert: Als Exzentriker ist der Maler Olaf Gulbransson (1873-1958) eine dankbare Vorlage für die Comic-Figur, zu der er in Lars Fiskes und Steffen Kvernelands gezeichneter Biografie „Olaf G.” geworden ist. 1902 ging Gulbransson auf Einladung des Verlegers Albert Langen nach München, um für das Satiremagazin „Simplicissimus” zu zeichnen, und zog wenig später an den Tegernsee.
Wegen seiner opportunistischen Rolle im Nationalsozialismus umstritten, ist Gulbransson als Künstler für Fiske und Kverneland ein unerreichbares Idol und zeitlos moderner Künstler. Um ihm näher zu kommen, haben sie Gulbranssons Wirkungstätten bereist und dabei ihren Fetisch für „hochgelegne Biergärten” ausgelebt und das ein oder andere „Beer with a view” getrunken.
Es liegt nahe, das Unternehmen mit „Angst und Schrecken in Tegernsee” zu beschreiben. Doch anders als Hunter S. Thompson in seiner Gonzo-Reportage aus Las Vegas haben die beiden norwegischen Zeichner ein handfestes Erkenntnisinteresse und konsumieren die Drogen, große Mengen an Nikotin, Alkohol und Schweinefleisch, nur nebenbei. In erster Linie nutzen sie den Ortstermin, um ihre Gulbransson-Hommage zu gliedern. Sie finden ihr Idol auf seinem Hof, in den Bergen und im See – und am Ende sogar in der Form eines Mülleimers, so gulbranssonifiziert sind sie.
Sie sparen die Kritik an OG nicht aus , folgen in der Interpretation des Werks aber seiner eigenenen Aussage: „Ich bin eigentlich kein politischer Zeichner, ich zeichne, was ich zwischen die Finger kriege.” „Olaf G.” ist aber nicht nur eine vergnügliche Einführung in Leben und Werk Gulbranssons, sondern auch ein extrem subjektiver Reisebericht, der vom Dialog der beiden Zeichenstile und dem manchmal böswilligen Blick der Fremden lebt: Fiske und Kverneland schlagen sich mit zu früh schließenden Kneipen und Einheimischen herum, die nur so tun, als hätten sie Olaf Gulbransson gekannt. Das berühmte Tegernseer Bräustüberl, diese Spezialbier-Höhle, wird als oberbayerisches Satyricon in Fegefeuerfarben ausgemalt. Die Zeichner skizzieren die Stammgäste als „Schweinshaxen-Corleone” und befinden: „Dieses Land ist cartoonisch!” CHRISTIAN KORTMANN
LARS FISKE, STEFFEN KVERNELAND: Olaf G. Avant-Verlag 2007. 184 Seiten, 24,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.01.2008

Auf Geisterbahntour an den Tegernsee

Was Biographen auf den Spuren von Olaf Gulbransson in Bayern finden und erleben können, erzählen die norwegischen Zeichner Lars Fiske und Steffen Kverneland in ihrem Sachcomic "Olaf G.".

Immer häufiger erscheinen Comics, die keine fiktiven Geschichten (Superhelden, sprechende Tiere, historische Phantasien, um nur die berühmtesten Genres zu nennen) erzählen, sondern sich Sachthemen widmen. Allerdings leiden nicht wenige dieser Sachcomics darunter, dass zugunsten der Genauigkeit bei der Darstellung des jeweiligen Themas die Qualität der Zeichnungen zurückgestellt wird - Fakten sind nicht immer attraktiv zu gestalten, und große Textmengen stellen jeden Comic-Zeichner vor Probleme. Es gibt jedoch auch einfallsreiche Künstler, die dabei auch noch ambitioniert sind, wie den Aachener Willi Blöß, der sich vor einigen Jahren das Konzept einer kleinformatigen Serie mit schmalen gezeichneten Künstler-Monographien ausgedacht hat, die für jeweils drei Euro erhältlich sind und sich in Museumsbuchläden auch recht gut verkaufen. Das erste Dutzend ist mittlerweile voll, unter anderem finden sich dabei Titel zu Warhol, van Gogh, Frida Kahlo, Beuys oder Picasso.

Der Gedanke, mit den eigenen zeichnerischen Mitteln das Werk großer bildender Künstler zu ehren, mag etwas Vermessenes haben, er ist aber auch naheliegend, weil man die Arbeiten der Porträtierten in den Erzählfluss integrieren kann. Geradezu vorbildlich haben das jetzt zwei Norweger, Lars Fiske und Steffen Kverneland, getan, die gemeinsam einen Band über das Leben ihres Landsmannes Olaf Gulbransson geschrieben und gezeichnet haben. Bibliographisch ist dieses Buch das genaue Gegenteil der Künstler-Sachcomics von Blöß, nämlich umfangreich, großformatig und kostspielig, mit einem Wort: opulent. Und im Bunde aus Fiske und Kverneland ist Gulbransson der dritte, denn ein nicht unerheblicher Teil des hundertachtzigseitigen Buches stammt aus seiner Feder. Überall dort nämlich, wo es autobiographische Quellen im gigantischen zeichnerischen Werk des berühmten Karikaturisten gab, wurden sie herangezogen, und so ist der Band mit dem albernen Titel "Olaf G." partiell eine Augenweide - partiell!

Denn den überwiegenden Teil des Buches haben denn doch Fiske und Kverneland gestaltet. Fiske pflegt einen eckig-klaren Stil, wie ihn vor einem Vierteljahrhundert Zeichner wie Joost Swarte oder Ever Meulen populär gemacht haben, und mischt diese Einflüsse mit den physiognomischen Verrenkungen des aus "Mad" bekannten Don Martin. Das ist immerhin ungewöhnlich, hat aber nichts mit der grandiosen Linienreduktion von Gulbransson zu tun, die dessen neidische Kollegen in der Münchner Satirezeitschrift "Simplicissimus" zu dem Spottsatz bewegt haben soll, man müsse vorsichtig sein, leere Blätter wegzuwerfen, es könne sich um ein Original von Gulbransson handeln.

Steffen Kvernelands Stil wiederum ist geradezu die ästhetische Antithese zu Gulbransson: Grotesk karikaturesk könnte man ihn nennen, und um ihn zu beschreiben, müsste man sich vorstellen, dass Gerhard Haderer Figuren vor Hintergründen von Greser & Lenz zeichnet. Es wird kräftig laviert und koloriert bei Kverneland, so kräftig, bis kein Eckchen Weiß des Papiers mehr zu sehen ist. An Gulbransson jedenfalls würde niemand beim Betrachten dieser Bilder denken. Umso stärker wirken dagegen die Reproduktionen seiner Zeichnungen, denen erfreulicherweise oft ganze Seiten eingeräumt werden.

Gegenstand des Bandes ist eine Reise der beiden Norweger im Mai 2002 nach Tegernsee und München, den beiden wichtigsten Wirkungsorten von Olaf Gulbransson, der hundert Jahre zuvor als Siebenundzwanzigjähriger aus Norwegen nach Deutschland gegangen war, um dort für den "Simplicissimus" zu zeichnen. Er blieb, mit einer Unterbrechung von ein paar Jahren, hier bis zu seinem Tod 1958 - hochgeehrt im Gastland, doch in der Heimat nach dem Zweiten Weltkrieg geradezu verfemt, weil man es ihm in Norwegen übelgenommen hatte, dass er im nationalsozialistischen Deutschland geblieben war. Als der greise Gulbransson einen Antrag auf Rückkehr in sein Heimatland stellte, wurde er abgelehnt.

Diese bis heute heiklen Aspekte des Lebens von Olaf Gulbransson sparen Fiske und Kverneland lange aus. Ihr vor vier Jahren in Norwegen erschienener Comic sollte die Zeichnerlegende einem neuen einheimischen Publikum erst einmal wieder bekannt machen, und deshalb wird 130 Seiten lang erst einmal der ganze Anekdotenschatz über Gulbransson verbraten, ehe die Rede auf sein Verhalten im "Dritten Reich" kommt. Das ist klug, zumal die skurrile Gestalt eines Nonkonformisten, wie sie die ersten zwei Drittel des Buchs malen, dann dem Bild eines Opportunisten weicht, der außer den eigenen keine anderen Interessen kannte. Dieser Kontrast macht "Olaf G." spannend.

Doch bis es dahin kommt, muss man leider auch die hanebüchen erzählten Erlebnisse überstehen, die Fiske und Kverneland auf ihrer einwöchigen Deutschland-Reise hatten. Sehr schnell nutzt sich die Freude am Deutschen-Klischee und an den Alkohol- und Schweinshaxen-Exzessen der beiden Norweger ab, und zurück bleibt regelrechter Ärger über einen mutmaßlich ironisch gemeinten, aber unsagbar peinlich erzählten Bericht, der zudem immer wieder in banalste Adoration von Gulbransson umschlägt. Wollen wir den Quatsch verstehen? Nicht die Bohne!

Über die Meisterschaft von Gulbranssons Strich wird viel geredet, ohne dass darüber viel zu erfahren wäre. Die Absetzung der historischen, schwarzweiß gezeichneten Reminiszenzen an das Leben des Zeichners von der kunterbunten bayrischen Geisterbahntour, als die Fiske und Kverneland ihre Reise an den Tegernsee empfunden zu haben behaupten, ist als Effekt zwar reizvoll, doch alsbald ist jedes Interesse an den Ereignissen des Jahres 2002 erloschen. Umso mehr hätten wir gerne über die Jahre von 1873 bis 1958 erfahren. Aber vielleicht taugt das Buch ja als Anregung für eine eigene Reise auf Gulbranssons Spuren; das in Tegernsee beheimatete Museum, das dem Zeichner gewidmet ist, wird bald seinen Erweiterungsbau abschließen.

ANDREAS PLATTHAUS.

Lars Fiske, Steffen Kverneland: "Olaf G.". Aus dem Norwegischen von Ina Kronenberger. Avant Verlag, Berlin 2007. 184 S., Abb., geb., 24,95 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Andreas Platthaus versucht das Beste draus zu machen. Den "Sachcomic" der beiden norwegischen Zeichner Lars Fiske und Steffen Kverneland nimmt er als Anregung für eine weitere Beschäftigung mit dem Karikaturisten Olaf Gulbransson. Zwar findet er die Aufgabe, Werk und Leben Gulbranssons in den Erzählfluss zu integrieren, hier durchaus "vorbildlich" gelöst und mitunter sogar "spannend", den Wert des Bandes führt er jedoch vor allem auf die aus Gulbranssons Biografie gespeisten Passagen zurück. Nur schwer erträglich dagegen erscheinen Platthaus Inhalt und Form der von Fiske und Kverneland beigesteuerten Anteile. Stilistisch eher die "Antithese zu Gulbransson", quält ihn der "peinliche" Bericht einer Reise der beiden Autoren zu den deutschen Wirkungsstätten des Meisters über die Maßen. Selbst als Kontrastprogramm zu Gulbranssons Kunst findet Platthaus das kaum überzeugend.

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