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Kinderschänder und Vergewaltiger prägen die Vorstellung vom Verbrecher. Manche werden zu Medienstars, doch nach der Verurteilung verschwinden auch sie hinter den Mauern. Gefängnisse zählen zu den schattigsten Regionen der Gesellschaft. Wo keine Öffentlichkeit ist, herrscht auch im Rechtsstaat Willkür. Kai Schlieter sprach mit Mördern, Räubern und anderen Verbrechern, besuchte prominente Gerichtspsychiater, Forensiker und Kriminologen. Er zeigt, was sich in der Welt hinter Gittern wirklich abspielt, und kommt letztlich zu dem Schluss: Der jetzige Vollzug schadet unserer Gesellschaft mehr, als dass er ihr nutzt.…mehr

Produktbeschreibung
Kinderschänder und Vergewaltiger prägen die Vorstellung vom Verbrecher. Manche werden zu Medienstars, doch nach der Verurteilung verschwinden auch sie hinter den Mauern. Gefängnisse zählen zu den schattigsten Regionen der Gesellschaft. Wo keine Öffentlichkeit ist, herrscht auch im Rechtsstaat Willkür. Kai Schlieter sprach mit Mördern, Räubern und anderen Verbrechern, besuchte prominente Gerichtspsychiater, Forensiker und Kriminologen. Er zeigt, was sich in der Welt hinter Gittern wirklich abspielt, und kommt letztlich zu dem Schluss: Der jetzige Vollzug schadet unserer Gesellschaft mehr, als dass er ihr nutzt.
Autorenporträt
Kai Schlieter ist Soziologe und Sozialpädagoge und arbeitet als Redakteur bei der taz. Kai Schlieter wurde aufgrund einer zweijährigen Recherche zu den Heimen der Haasenburg, die dann zu deren Schließung führte, 2014 mit dem Journalistenpreis "Der lange Atem" ausgezeichnet. Die gleiche Artikelserie schaffte es in die Endauswahl des Henri-Nannen-Preises für investigative Recherchen. Bereits davor war er für den Henri-Nannen-Preis in der Kategorie "Dokumentation" (2012) und den Reporterpreis (2013) nominiert.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.05.2011

Deutsche Gefängnisse – eine Reise durch den Strafvollzug
Kai Schlieter wollte beschreiben, wie der Staat mit seinen Häftlingen umgeht. Eine Frau vom Fach bedauert das Ergebnis
Die wenigsten Menschen wissen aus eigener Anschauung, wie das Innenleben eines Gefängnisses aussieht. Der Gedanke an Inhaftierung ist mit Unbehagen, Klischees oder schlicht Unkenntnis verbunden. Wo Unwissenheit herrscht, entsteht Raum für Projektionen und Ängste.
Kai Schlieter, Soziologe, Sozialpädagoge und Redakteur bei der tageszeitung , möchte sich ein eigenes Bild vom Leben hinter Gittern machen und begibt sich auf eine Reise durch deutsche Gefängnisse. Er will aufzeigen, was sich jenseits der Öffentlichkeit im Justizvollzug abspielt. Es herrschen nach seiner Ansicht Zustände, die mit rechtsstaatlichem Handeln nichts zu tun haben und den Nutzen des Freiheitsentzugs als Strafe ad absurdum führen.
Das Buch gliedert sich in sechs Themenblöcke. Der Autor beschäftigt sich mit der Jugendkriminalität und den Besonderheiten des Frauenvollzugs, er interviewt Langzeit-Gefangene und lässt den renommierten Forensiker Hans-Ludwig Kröber zu Wort kommen. Zu Zusammenhängen zwischen neurophysiologischen Phänomenen und Straffälligkeit bezieht Schlieter ebenso Position wie zu Privatisierungsprozessen im Justizvollzug und eröffnet damit ein ganzes Panorama gewichtiger Themen.
Will man die inhaltlichen Schwerpunkte des Buches auf einen Nenner bringen, wird deutlich, dass sich der
Autor auf seiner Reise durch den Justizvollzug wie ein Tourist auf Stippvisite bewegt.
Grundsätzlich erfasst Schlieter die Themenvielfalt, aber er streift die unterschiedlichen Aspekte nur oberflächlich und nimmt sich keine Zeit für eine eingehende Recherche. Die ein-
zelnen Kapitel lassen in der Regel eine tiefgreifende Auseinandersetzung vermissen.
So besteht das Kapitel über jugendliche Intensivtäter überwiegend aus einer Beschreibung der Polizeilichen Kriminalstatistik der letzten Jahre und Versatzstücken, die der Autor einem Aufsatz des Kriminologen Wolfgang Heinz entlehnt. Ähnlich lückenhaft setzt Schlieter sich mit dem Thema Kriminalprognose auseinander. Mit willkürlich gewählten Schwerpunkten hangelt er sich von der Schädellehre der Ärzte Lombroso und Gall aus dem 19. Jahrhundert über aktuelle Erkenntnisse im Bereich der Hirnforschung hin zu der Bedeutung von Gutachten im Strafverfahren. Der Leser erfährt nichts über Prognosemethoden und Qualitätsmerkmale. Auffällig sind zahlreiche inhaltliche Brüche und grob vereinfachte Darstellungen.
In zwei Kapiteln geht der Autor auf die Sicherungsverwahrten ein, die er in einer Überschrift provokativ als „Die Zombies der deutschen Justiz“ bezeichnet. Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Dezember 2009 und dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist der Fokus der Öffentlichkeit auf diese Straftäter gerichtet. Das Grundsatzproblem zur Praxis der Sicherungsverwahrung versus Menschenrechtskonvention stellt der Autor in Grundzügen verständlich dar. Für diejenigen, die im Thema stecken, dürften Schlieters Ausführungen allerdings unbefriedigend sein. Es unterbleibt der Hinweis, dass die Neuausrichtung der Sicherungsverwahrung im fortwährenden Fluss ist. Die Problemdarstellungen des Autors wurden von der aktuellen Debatte im Übrigen bereits in Teilen überholt.
Über „das Leben der Weggesperrten“ verrät der Autor lediglich das, was sein fixierter Blick auf ein Negativimage des Strafvollzuges zulässt. Schlieter kann sich offenkundig nicht von eigenen Vorurteilen freimachen und möchte diese bestätigt finden. Die inhaftierten Gesprächspartner sind Extrembeispiele, die er zum Anlass nimmt, um zu verallgemeinern und zu skandalisieren. Dem Gros der Gefangenen und ihrer Lebenswelt schenkt Schlieter keine Beachtung. Ohne Erwähnung bleibt die Öffentlichkeitsarbeit, mit der die Gefängnisse das Leben und Arbeiten hinter Gittern transparent zu machen versuchen. Obwohl er einleitend die Sensationsberichterstattung der Boulevardmedien anprangert, gelingt es dem Autor nicht, sich von deren effekthascherischer Darstellungsweise abzusetzen. Dazu trägt wesentlich sein polemischer Tonfall bei.
Die Themenauswahl würde viel Stoff für eine differenzierte und kritische Betrachtung des Strafvollzuges bieten. Herausgekommen ist ein Buch ohne Überraschungsmomente. Schlieter bleibt hinter seinem eigenen Anspruch zurück. Oder um es mit den Worten der Schriftstellerin Charlotte von Kalb zu sagen: „Manche Leute reisen, um Neues zu sehen, aber sie sehen das Neue leider immer mit alten Augen.“ NIKOLA FRAMME
KAI SCHLIETER: Knastreport. Das Leben der Weggesperrten. Westend Verlag, Frankfurt a.M. 2011. 256 S., 17,95 Euro.
Nikola Framme ist Vollzugsabteilungsleiterin und stellvertretende Fachbereichsleiterin Sicherheit in der JVA Oldenburg. Die hochgesicherte Anstalt für Männer beherbergt 325 Haftplätze.
Kai Schlieter bezeichnet Häftlinge
in Sicherungsverwahrung
als „Zombies der deutschen Justiz“.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.08.2011

Weggesperrt

Wenn Soziologen ins Feld gehen, gehört das Verbot von Schreibzeug und Leibesvisitationen nicht zum Normalprogramm. Kai Schlieter hat dies auf sich genommen und deutsche Gefangene besucht. Herausgekommen ist eine nicht nur kritische, sondern anklagende, aber auch hochinteressante Studie über den Zustand des deutschen Strafvollzugs und seine Protagonisten: Richter, Anwälte, Wärter, Gefangene, Politiker. Ist der Freiheitsentzug Resultat einer sachlichen Logik oder einer historischen Evolution? Ist der Schutz der Allgemeinheit für verhängten Freiheitsentzug eine hinreichende Erklärung? Kann Resozialisierung durch bloße Verwahrung gelingen? Oder gilt eher, dass Gefängnisse die schlechtesten Chancen für Wiedereingliederung bieten? Sorgen Gefängnisse für eine gesellschaftliche Illusion von Sicherheit, deren substantielle Entsprechung fehlt? Sollten Gefängnisse gar abgeschafft werden? Der Autor hat viele Fragen und Thesen, deren Relevanz er mit seinen Beobachtungen untermauert. Doch diese Reihenfolge verstellt auch den Blick. Das Buch beginnt mit Werturteilen, nicht mit Beobachtungen. Und diese sind obendrein hoch selektiv. Schreckliche Einzelfälle - fünfzehn jährige Isolationshaft, monatelange Untersuchungshaft, Rechtsbrüche gegenüber Gefangenen, Sicherungsverwahrung auf Grund von Prognosen - werden dargestellt, aber nicht an alltäglichen Fällen konturiert, sondern an der Haltung des Autors. Die Kraft der Argumente bleibt damit schwach. Die sich aufdrängenden Diskussionen über Alternativen zum Freiheitsentzug und die sozialen Funktionen sinnvoller, gar konstruktiver Strafen, bleiben aus. (Kai Schlieter: "Knast-Report". Das Leben der Weggesperrten. Westend Verlag, Frankfurt 2011. 253 S., br., 17,95 [Euro].) stsch

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Chance vertan, meint die Rezensentin Nikola Framme, Vollzugsabteilungsleiterin im Männergefängnis von Oldenburg, enttäuscht fest. In ihren Augen vermag der Soziologe und Journalist Kai Schlieter nicht, seinen Stoff auf wirklich differenzierte, erkenntnisbringende Weise darzustellen. Über die an sich spannenden Themen Jugendkriminalität, Frauenvollzug, Langzeitgefangene und die Zusammenhänge von Neurophysiologie und Straffälligkeit erfährt Framme leider nichts Neues. Oberflächlich und lückenhaft findet sie Schlieters Vor-Ort-Recherchen und Auseinandersetzungen. Und beim Thema Sicherheitsverwahrung kann der Autor sich ihrer Meinung nach nicht von eigenen Vorurteilen lösen.

© Perlentaucher Medien GmbH