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Winston Churchill war ein begnadeter Redner, Literaturnobelpreisträger, überzeugter Monarchist- und Abenteurer. Bevor er im Zweiten Weltkrieg unsterblich wurde, war er verhasst wegen seiner politischen Kehrtwendungen, ein Verschwender, oft am Rande des Bankrotts. Dass er so triumphal aus seinen zahlreichen Skandalen hervorging, macht ihn schon allein zu einem der merkwürdigsten Helden der westlichen Welt.
In drei mit Verve und Lust geschriebenen biographischen Essays lässt David Cannadine ein Denkmal lebendig werden.

Produktbeschreibung
Winston Churchill war ein begnadeter Redner, Literaturnobelpreisträger, überzeugter Monarchist- und Abenteurer. Bevor er im Zweiten Weltkrieg unsterblich wurde, war er verhasst wegen seiner politischen Kehrtwendungen, ein Verschwender, oft am Rande des Bankrotts. Dass er so triumphal aus seinen zahlreichen Skandalen hervorging, macht ihn schon allein zu einem der merkwürdigsten Helden der westlichen Welt.

In drei mit Verve und Lust geschriebenen biographischen Essays lässt David Cannadine ein Denkmal lebendig werden.
Autorenporträt
David Cannadine is Professor of British History at the University of London, UK.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.08.2005

Der große Orator

WINSTON CHURCHILL. Gleich drei Churchill-Jubiläen gab es in den vergangenen Monaten: Zum vierzigsten Mal jährte sich sein Todestag (24. Januar 1965), zum fünfzigsten Mal sein Rücktritt als Premierminister (5. April 1955) und zum sechzigsten Mal seine Abwahl als Regierungschef während der Potsdamer Konferenz (26. Juli 1945). So kommen die Aufsätze von David Cannadine wie gerufen, zumal er für eine Neubewertung eintritt und "die unangenehme Seite" von Charakter und Karriere einbeziehen will. Zunächst widmet sich der Autor ausführlich dem 1874 geborenen aristokratischen Abenteurer und seinen "unappetitlichen Verwandten": vom früh verstorbenen und an Syphilis leidenden Vater Randolph über die amerikanische Mutter Jenny, die schon während der Vernunftehe mit Randolph als Verschwenderin und Seitenspringerin für Gesprächsstoff sorgte und nach dessen Tod zwei Ehen mit jeweils zwanzig Jahre jüngeren Männern einging, bis hin zu den alkoholkranken Kindern Randolph, Diana und Sarah. Aber auch Vettern und Cousinen, Onkel und Tanten trugen dazu bei, daß "die Marlboroughs ein Paradebeispiel für den Niedergang und die Degeneration einer herzoglichen Dynastie" lieferten. Dann untersucht Cannadine das tief emotionale Verhältnis Churchills zur konstitutionellen Monarchie im allgemeinen und zur englischen Krone im besonderen. Schließlich handelt der dritte Beitrag von dem stets für die Nachwelt sprechenden "Wortkünstler", der sich seine Eloquenz hart erarbeiten mußte. Für eine Rede von 45 Minuten benötigte er zwischen sechs und achtzehn Stunden Vorbereitung. Allerdings habe er bis zum Ende der dreißiger Jahre häufig "eher als Sklave denn als Herr seiner eigenen Phrasen" gewirkt und sich "mehr für den Klang der eigenen Worte als für ihre Wirkung auf seine Zuhörer" interessiert. Seine allzu erhabene Rhetorik sei oft fehl am Platze gewesen und habe erst zu der existentiellen Bedrohung Großbritanniens durch das nationalsozialistische Deutschland "perfekt" gepaßt. Nun habe es vorübergehend einen "echten Dialog mit der gesamten Nation" gegeben. Überhaupt habe sich sein Ansehen bis 1940 "radikal" von dem in der Zeit danach unterschieden: "Jener war in vieler Hinsicht ein suspekter Versager (der freilich die Fähigkeit besaß, Fehler auszubügeln); dieser war fast über jede Kritik erhaben (wenn auch nicht für diejenigen, die ihn sehr gut kannten)." Wer den Premierminister (noch) besser kennenlernen will, dem sind die Aufsätze als vergnügliche Pflichtlektüre empfohlen. (David Cannadine: Winston Churchill. Abenteurer, Monarchist, Staatsmann. Berenberg Verlag, Berlin 2005. 189 Seiten, 21,50 [Euro].)

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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.05.2005

John Bull
Wie Winston Churchill erreichte, dass die Briten ihre Geschichte nicht ohne ihn verstehen konnten
Als Winston Churchill 1953 den Literaturnobelpreis bekam, hielt sich seine Freude in Grenzen. Er hatte den Friedensnobelpreis erwartet. Der Staatsmann, seit 1900 im Unterhaus, Mitglied mehrerer Regierungen und zweimaliger Premierminister, wurde für seine historischen Werke geehrt, aber nicht für den Sieg über Hitler. Gleichwohl hat es der Historiker Churchill sehr gut verstanden, es Julius Cäsar gleichzutun und die Vergangenheit als einen erstrangigen Faktor seiner Politik zu instrumentalisieren. Zeit seines Lebens befasste er sich mit ihr, ob in den Biografien seiner Vorfahren oder in den großen Darstellungen der Weltkriege. Dem Individualismus der englischen Tradition war es geschuldet, so Churchills Botschaft, die Zivilisation des Westens gegen die Diktaturen Europas verteidigen zu können. Nachdem der Faschismus niedergerungen war, stellten sich Recht und Freiheit der Demokratie gegen Stalin. Der unverwüstliche Kämpfer John Bull alias Churchill: Das verkörperte den unbeugsamen Willen der angelsächsischen Welt gegen die Melancholie der appeaser und für eine Politik der militärischen Stärke.
Im Wissen um ihre mobilisierende wie legitimierende Wirkung beanspruchte Churchill stets die Kontrolle über Geschichtsbilder, die erkämpft und umkämpft werden wollten wie der politische Alltag. Dabei kamen ihm die Erfahrungen zugute, die er als Korrespondent im Südafrikanischen Krieg und als Parlamentsredner hatte sammeln können. Geschickt und in glänzender Prosa stellt David Reynolds Churchills sechsbändige Geschichte des Zweiten Weltkrieges (1948-54) in eine parallele Chronologie: der Premierminister im Krieg und der nach 1945 abgewählte Politiker, wie er um die Sicherung seiner Rolle als historische Persönlichkeit bemüht war, wechseln sich systematisch ab.
Im Geflecht von Vergangenheit und Gegenwart blickte der 76-Jährige aber durchaus in die Zukunft. Während der Arbeit am fünften Band bot sich die Gelegenheit, die schwache Labour-Regierung Attlee abzulösen. Indem der Historiker die Geschichte für die Selbstrechtfertigung gebrauchte, bereitete der Politiker sein Comeback vor. So war die Invasion der Alliierten in der Normandie im Juni 1944, die er 1951 beschrieb, sicher nicht der einzige D-Day, den Churchill sich vorstellen konnte. Sein eigener war der erneute Griff nach dem Hausschlüssel von Downing Street 10, den er dann bis 1955 wieder in der Hand hielt.
Es liegt ein eigentümlicher Sinn in dem viktorianischen Fortschrittsglauben der Generation Churchills, der sich aus der Einheit ihrer Erfahrungswelt erfassen lässt. Nicht allein die weltgeschichtlichen Konflikte, die man oft als bestimmend für Churchills politisches und historisches Denken beschrieben hat, sind dafür maßgeblich, sondern auch eine Grundbedingung des industriellen Zeitalters, nämlich die der Produktion durch Arbeitsteilung. Wenige seiner Bücher hätte Churchill ohne seine Forschungsassistenten schreiben können, aber gewiss nicht die Bände über den Zweiten Weltkrieg, die unter markanten Titeln wie „The Gathering Storm”, „Their Finest Hour” und „Closing the Ring” ihresgleichen in der Historiografiegeschichte suchen. Was sie auszeichnet, ist ihr klarer Stil und der Reichtum an historischen Dokumenten.
Wie kein anderer vermochte es Churchill, eine populäre Nostalgie für die Vergangenheit mit dem öffentlichen Interesse an seiner geschichtlichen Person zu verknüpfen. Großbritannien, sein Empire und die Welt sollten ohne die Biografie des „greatest Briton” nicht verstanden werden können. Churchill inszenierte sich selbst als Erinnerungsort der Nation, die nach Identifikation verlangte. Stalingrad, die Ostfront, der Ferne Osten, der Pazifik und nicht zuletzt die Einschätzung Roosevelts: Das und vieles mehr wurde von Churchill dagegen entweder stark verkürzt, für bedeutungslos erklärt oder falsch dargestellt.
Wie bedeutsam dagegen seine Rhetorik war, hat David Cannadine in vielen seiner Churchill-Arbeiten aufgezeigt. So auch in der ursprünglich in seinem Buch „In Churchill’s Shadow” (Allen Lane The Penguin Press, London 2003) erschienenen Studie mit dem rätselhaften Titel „Churchill als Stimme des Schicksals”, die nun neben zwei anderen über monarchische und aristokratische Aspekte in einem schlanken Band in deutscher Übersetzung vorliegt. Das ist ein lobenswertes Unternehmen, denn es will im Zeichen der Jubiläen dieses Jahres Churchill der deutschen Öffentlichkeit näher bringen: Nicht nur jährt sich das Kriegsende zum 60., sondern auch zum 40. Mal sein Todestag und zum 50. sein Rücktritt als Premierminister.
Cannadine, selbst ein Meister des konzisen Stils und gegenwärtig einer der renommiertesten britischen Historiker, vermutet, dass Churchill eine für die Nachwelt so schillernde Persönlichkeit werden konnte, weil er im Kriegsjahr 1940 durch seine unvergesslichen Reden ein Monument von sich errichtete. Seine Sprache entfaltete ihre Wirkung im Zweiten Weltkrieg, und seitdem sei er über jede Kritik erhaben gewesen. Als ob Churchill sein Leben lang auf den Moment gewartet, ja gehofft hatte, sich als Retter der Nation zu präsentieren und zu bewähren, dramatisierte sich seine Rhetorik. Zugleich beschränkte er sie auf die Fragen, um die es ging - Sieg oder Niederlage, Freiheit oder Tyrannei, Zivilisation oder Barbarei. Zu einem Zeitpunkt, da die Briten mit einer deutschen Invasion rechnen mussten, bot sich Churchills Redekunst von selbst an, seinem Land Hoffnung und Selbstvertrauen zu geben. Er mobilisierte sie und schickte sie in die Schlacht.
In der Summe lassen sich Reynolds und Cannadine auf eine wichtige Aussage zusammenbringen. Churchill, in seinen zahlreichen Ambivalenzen umstritten wie verehrt, biete sich für eine von Tony Blair und George W. Bush gegenwärtig um jeden Preis gesuchte Rechtfertigung des transatlantischen Bündnisses nicht wirklich an. Zu sehr stand er im eigentlichen Sinne für sich selbst und den Mythos um seine Person. Seinen Bewunderern gab der schon achtzigjährige Churchill zu bedenken, er habe immer nur durch seine Feder und seine Zunge gelebt, und es sei allein ein glücklicher Zufall gewesen, dass er dazu berufen war, den englischen Löwen zum Brüllen zu bringen.
1940 war das entscheidende Jahr, in dem der berühmteste britische Staatsmann des 20. Jahrhunderts Geschichte, und wie er meinte, seine eigene Geschichte machte. So glaubte er sein Ziel, über Vergangenheit wie Gegenwart zu gebieten, am ehesten über die Sprache zu erreichen. Über deren Qualität schrieb er selbst: „Von allen Fähigkeiten, die den Menschen gegeben sind, ist keine so wertvoll wie die Gabe der Rhetorik. Wer sie besitzt, übt eine Macht aus, die dauerhafter ist als die eines großen Königs. Er ist eine unabhängige Kraft in der Welt. Er mag von seiner Partei verstoßen sein, von seinen Freunden verraten, seiner Ämter entkleidet - wem diese Macht zu Gebote steht, der ist noch immer furchteinflößend.”
In finanzieller Hinsicht konnte Churchill 1945 nichts Besseres passieren, als vom britischen Volk abgewählt zu werden, freilich in der Oppositionsbank immer noch „furchteinflößend” zu bleiben. Als Premier hätte er die Zeit zum Schreiben seiner Bücher über den Zweiten Weltkrieg jedenfalls nicht gefunden. Diese aber brachten ihm durch die weltweiten Rechte, Vorabdrucke in Zeitungen und einen beispiellosen Verkaufserfolg in den USA umgerechnet etwa 30 Millionen Pfund ein, die dank der Verhandlungen seiner Agenten sogar steuerfrei blieben. Seine Mitarbeiter erhielten freilich nur kleine Abfindungen.
Reynolds meint, Churchill gegen den häufig erhobenen Vorwurf verteidigen zu müssen, weder die Quellenforschung noch die Darstellung stammten komplett von ihm, und er habe lediglich die Überarbeitung des Stils und die Schlussurteile zu verantworten. Vielmehr sei er mit dem Leiter eines modern geführten Forschungsteams zu vergleichen, nicht mit einem konventionell arbeitenden Autor. Doch greift diese Analogie zu kurz. Schließlich machten sich Churchills literarische Strategien in mehrfacher Hinsicht bezahlt, denn bis auf den heutigen Tag hat er das Bild, das die breite Öffentlichkeit Großbritanniens vom Zweiten Weltkrieg hat, entscheidend bestimmt. Und damit sich selbst ein marmornes Standbild gesetzt.
David Reynolds
In Command of History. Churchill Fighting and Writing the Second World War
Allen Lane The Penguin Press, London 2004. XXVI + 646 Seiten, 30 britische Pfund.
David Cannadine
Winston Churchill. Abenteurer, Monarchist, Staatsmann
Aus dem Englischen von Matthias Wolf. Berenberg Verlag, Berlin 2005. 189 Seiten, Euro 21,50.
In finanzieller Hinsicht konnte Churchill nichts Besseres passieren, als abgewählt zu werden. Seine Weltkriegsbücher brachten ihm Millionen ein.
SZ-Archiv
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Benedikt Stuchtey lobt die deutsche Übertragung dieses "schlanken" Bandes, in dem neben David Cannadines Studie über Churchills Rhetorikkünste auch noch zwei andere seiner Arbeiten zu monarchischen und aristokratischen Elementen enthalten sind, als ein "lobenswertes Unternehmen". Churchill als Mann des Worts darzustellen, passe gut zu dem Historiker, den der Rezensent als "Meister des konzisen Stils" und einen der derzeit "renommiertesten" britischen Geschichtswissenschaftler rühmt. Nach Cannadines Darstellung errichtete Churchill vor allem mit seinen Widerstandsreden im Kriegsjahr 1940 sein eigenes Denkmal. Allerdings lasse die grundlegende Selbstbezüglichkeit des britischen Premiers es auch nur bedingt zu, dass sich etwa ein Tony Blair oder George Bush von den Führungsqualitäten des britischen Kriegspremiers ein Scheibchen abschneiden könnten. Dafür war Churchill immer zu sehr darauf bedacht, seine eigene Person als zentrale Figur in der englischen Erinnerung zu verankern, notiert Stuchtey.

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