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  • Broschiertes Buch

Produktdetails
  • Kookbooks Bd.1
  • Verlag: Kookbooks
  • Seitenzahl: 127
  • Deutsch
  • Abmessung: 210mm
  • Gewicht: 195g
  • ISBN-13: 9783937445120
  • ISBN-10: 3937445129
  • Artikelnr.: 13544166
Autorenporträt
Thomas Kraft wurde 1959 in Bamberg geboren, war Programmmacher des Literaturhauses München, arbeitet als Autor, Herausgeber, Literaturkritiker und Organisator kultureller Veranstaltungen. Thomas Kraft lebt mit seiner Familie in Herrsching am Ammersee.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.05.2005

Pralinenschachtel
Thomas Kraft möchte die deutsche Gegenwartsliteratur retten
Wer wünscht sie sich nicht, die verlässliche Auskunft, was von der deutschen Gegenwartsliteratur nun eigentlich taugt? Bisherige umfassendere Wertungsversuche haben dazu geneigt, eher misslaunig das Feld leerzuwischen, so dass sie nichts oder fast nichts von lebenden Autoren empfehlen mochten. Gegen sie, insbesondere gegen Heinz Schlaffer, zieht Thomas Kraft mit seinem Buch zu Felde „Warum die deutschsprachige Literatur besser ist als ihr Ruf. Eine Werbeschrift”.
Der Titel ist nicht gut. Er klingt defensiv und aufgekratzt zugleich, als ob ein Filialleiter in Zeiten wegbrechender Umsätze seine Filiale zu retten versucht. Thomas Kraft ist Herausgeber des „Lexikons der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur”. Das liefert für sein jetziges Projekt keine gute Ausgangsbasis, denn die angestammte lexikalische Methode verpflichtet ihn von Amts wegen zu einer Komplettheit, die dem hier erforderlichen Akt der Sichtung widerstreitet.
Krafts Vorsatz muss an Selbstvereitelung scheitern. Das Bild auf dem Umschlag, nach ästhetischen Standards der überwundenen Neunziger gestaltet, zeigt eine Schattenrissfigur, die den Inhalt einer Pralinenschachtel erläutert; per Igelstrich wird auf jede Pralinensorte, mit Porträt versehen wie eine Mozartkugel, einzeln hingewiesen. Davon braucht man nur die Ironie abzuziehen, und man hat genau, was Kraft tut. Zum Beispiel hält er nicht weniger als 32 lebende deutsche Humoristen für der Rede wert, in einem Kapitel von fünf Seiten Umfang. Da reicht es beim einzelnen halt nur noch zu knappen Überleitungsgesten wie „nicht zu vergessen”, „ein nobles Panoptikum, zu dem auch X gehört”, oder einfach „ebenfalls”, mehr als ein Handschlag zur Begrüßung ist nicht drin. Selbst wo Kraft einen Autor durch die Länge der zugewiesenen Passage auszeichnen will, gelingt ihm selten Anderes als eine Nacherzählung und ein flaues Kompliment. Georg Klein, den er sehr schätzt, schreibt er „vielleicht den stärksten Prosaauftritt dieser Jahre” zu. Also was jetzt? Ist er der stärkste, oder ist er es nicht? So wie es dasteht, „vielleicht”, wird die Stärke zum Schwächeanfall. Ja, loben will gekonnt sein! Es fordert mehr Herz als der Verriss.
Was den Stil des Buchs angeht, soll hier nur eine einzige Beobachtung zum Zuge kommen: Kraft hat seine Metaphern nicht im Griff. Das ist so ziemlich das Schlimmste, was einem Schriftsteller passieren kann. Er spricht vom „Profil einer Generation, die skrupulös und sehnsüchtig ihren eigenen Weg zwischen allen möglichen Stühlen gehen will” und kapiert weder, dass das Bild vom Aufenthalt zwischen den Stühlen dazu ersonnen wurde, die Vorzüge der Profillosigkeit anzudeuten, noch, dass ein Stuhl zum Sitzen und nicht zum Gehen geschaffen ist. Er befasst sich mit der Behauptung, die interessanteste Gegenwartsliteratur stamme aus der alten DDR: „Hinter dieser These verbarg sich ein krudes Amalgam aus Helfersyndrom und Goldgräberstimmung, mit der vor allem Berliner Journalisten ihre Frontstellung zu untermauern versuchten”, und sieht davon ab, dass ein Amalgam niemals krud ausfallen kann, sondern, da eine Legierung, notwendig immer fein bis ins Letzte gerät; und dass eine Frontstellung eben keine Siegfriedstellung ist, festgemauert in der Erden, sondern in ihrer kühnen Vorgeschobenheit so bedrohlich wie bedroht wirkt; und dass eine Stimmung sich nicht als Mörtel eignet, und eine These nicht als Versteck - gar als Versteck für ein Amalgam, als ob ein ungetreuer Zahnarzt seinen Hort von seltenen Metallen der Abrechnung mit der AOK entzöge, schon gleich gar nicht, und . . . Ach, es lässt sich kein Ende finden.
Krafts ärgerliches Nicht-Buch hat gleichwohl sein relatives Verdienst: fühlbar gemacht zu haben, wie sehr jenes Buch, das er versprochen und nicht geliefert hat, fehlt.
BURKHARD MÜLLER
THOMAS KRAFT: Warum die deutschsprachige Literatur besser ist als ihr Ruf. Eine Werbeschrift. Kookbooks Verlag, Idstein 2005. 127 Seiten, 14,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der Rezensent Burkhard Müller ist entsetzt über die Wirkung dieses Buches von Thomas Kraft, das als Verteidigung der deutschen Gegenwartsliteratur intendiert war. Es leistet nach Meinung des Rezensenten genau das Gegenteil, denn selten macht der Autor mehr, als den gefeatureten Autoren ein "flaues Kompliment" auszusprechen. Müller hinterfragt, ob Kraft als Herausgeber des "Lexikons der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur" wirklich der geeignete Autor für eine solche Streit- (oder, wie es der Autor selber nennt, Werbe-) schrift ist. Dadurch, dass er zu viele Inhalte auf wenig Raum abhandeln will, bleibt das Buch an der Oberfläche. Zudem ärgert sich der Rezensent über Krafts schlechten Stil. Diesbezüglich "soll hier nur eine einzige Beobachtung zum Zuge kommen: Kraft hat seine Metaphern nicht im Griff". Aber eine Leistung will der Rezensent dem Buch nicht absprechen - nämlich " fühlbar gemacht zu haben, wie sehr jenes Buch, das er versprochen und nicht geliefert hat, fehlt".

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