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Wir West-Berliner wollen nicht die Mauer wieder haben. Um Himmels Willen. Wir wollen nur unsere Erinnerungen an die Zeit vor ihrem Fall nicht missen. Und deshalb spricht uns das Wort von der "Insel der Glücklichen" immer noch und immer wieder an. Eigentlich spricht uns jeder dieser dreißig Hinweise an, die dieses Buch enthält. Wir erkennen sie ohne langes Fragen, und wir erkennen dabei auch uns selbst. Ich meine, das wir noch länger dauern. Klaus Schütz

Produktbeschreibung
Wir West-Berliner wollen nicht die Mauer wieder haben. Um Himmels Willen. Wir wollen nur unsere Erinnerungen an die Zeit vor ihrem Fall nicht missen. Und deshalb spricht uns das Wort von der "Insel der Glücklichen" immer noch und immer wieder an. Eigentlich spricht uns jeder dieser dreißig Hinweise an, die dieses Buch enthält. Wir erkennen sie ohne langes Fragen, und wir erkennen dabei auch uns selbst. Ich meine, das wir noch länger dauern.
Klaus Schütz

Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.02.2005

Hier grüßt das Café King
Ausgefranst und melancholisch: Ein Band über das alte West-Berlin
Café King. Ein Berliner Sportwetten-Lokal wird in diesen Tagen zum Symbol einer lebendigen Halbwelt. Fußball, Korruption, Mafia - noch fragt man sich in der Berliner Rankestraße, in dem das Café King liegt, wie es eigentlich gewesen ist. Aber eines scheint immerhin jetzt schon klar zu sein: Im Herzen Westberlins ist noch richtig was los. Hier, wo die nach Kurfürsten, Kant und Hardenberg benannten Straßen nicht weit sind, ruht man sich nicht aus auf dem Bett der Tradition, hier werden fleißig Geschäfte gemacht, werden die durch die Öffnung nach Osten hin gewonnenen Verbindungen gewinnbringend geknüpft. Die Hertha lebt, das Olympiastadion hat eine neue, strahlend blaue Kampfbahn, und in die Schaubühne am westlichen Ende des Kurfürstendamms kommt wieder junges Publikum. Hauptstadtgefühle!
Und doch kann all dies nicht darüber hinwegtäuschen: Das alte Westberlin ist heute ein Ort von tiefer, unheilbarer Melancholie. Das Bewusstsein des früheren Sonderstatus ist einem verstörten Gefühl der Ausgefranstheit gewichen. Mit notdürftig gespielter Aufgeschlossenheit oder mit der trotzigen Dekadenz des Niedergangs versucht man die Gewichtsverlagerung der Stadt nach Osten hin erträglich zu machen. Denn so gut wie alles Angesagte, Glamouröse, Prominente findet hier nicht mehr statt; einstige Bollwerke westlicher Nachkriegsmodernität haben vernehmbar nach dem Bahnhofsvorplatz von Braunschweig zu riechen begonnen. Von dieser Atmosphäre des Verlusts spürt man einiges in den Cafés rund um den Savignyplatz, am Kino „Zoo Palast”, im „Henry-Ford-Bau” der Freien Universität, im „Europa-Center”.
Nun sollte man eigentlich auf Melancholikern nicht noch herumhacken, sondern sie feinfühlig ihrer schön-traurigen Sehnsucht nach dem „RIAS”- und „Bierpinsel”-Berlin, nach der „Insel der Glücklichen” überlassen. Gleichwohl gebietet es die kritische Pflicht mitzuteilen, dass das Büchlein dieses Titels, das mit Texten von Kerstin Schilling und Fotos von Burkhard Peter die Beschreibung jener Gefühle leisten will, enttäuschend medioker geraten ist.
Es ist fast, als wollten Autorin und Fotograf der Piefigkeit der Frontstadt nicht nur mit dem Abgebildeten, sondern auch noch mit der Art und Weise der Abbildung nachspüren. Die Schwarzweißbilder vermitteln zwar das Stille, Nicht-Grandiose der Welt zwischen Dreilinden und Tegeler Strandpromenade, bleiben jedoch an Eindringlichkeit hinter vielen Berlin-Bildbänden zurück. Ähnlich Kerstin Schillings Text. Zu den einschlägigen Erinnerungsorten wie „Entlastungsstraße”, „Passierscheinstelle” oder „Avus” gibt es hier und da hübsche Beobachtungen. Etwa die, dass für viele Westberliner Jugendliche bis in die achtziger Jahre das Wort „Einheit” in erster Linie die Tatsache bezeichnete, dass man im Ortstarif für eine Einheit von dreiundzwanzig Pfennigen unbegrenzt telefonieren konnte. Im Ganzen jedoch ist die Darstellung brav plätschernd, ohne Witz und Schnauze, von schaler Harmlosigkeit auch dort, wo sie ironisch sein will. So gelingt nicht das Profil einer „Generation”, das der Untertitel trendgerecht verspricht.
JOHAN SCHLOEMANN
KERSTIN SCHILLLING: Insel der Glücklichen. Generation West-Berlin. Mit Fotografien von Burkhard Peter und einem Vorwort von Klaus Schütz. Parthas Verlag, Berlin 2004. 143 Seiten, 19,80 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Als "enttäuschend medioker" beurteilt Johan Schloemann ungnädig den Foto-Band "Insel der Glücklichen", der das Ausgefranste und Melancholische des alten West-Berlin einzufangen sucht. Fast scheint es dem Rezensenten, als wollten die Autorin Kerstin Schilling und der Fotograf Burkhard Peter der Piefigkeit der Frontstadt nicht nur mit dem Abgebildeten, sondern auch noch mit der Art und Weise der Abbildung nachspüren. Zwar vermittelten die Schwarzweißbilder das Stille, Nicht-Grandiose der Welt zwischen Dreilinden und Tegeler Strandpromenade, sie blieben jedoch an Eindringlichkeit hinter vielen Berlin-Bildbänden zurück. Auch Schillings Text kann Schloemann nicht überzeugen. Auch wenn ihr hier und da "hübsche Beobachtungen" zu den einschlägigen Erinnerungsorten wie "Entlastungsstraße", "Passierscheinstelle" oder "Avus" gelingen, findet Schloemann die Darstellung im Ganzen "brav plätschernd, ohne Witz und Schnauze, von schaler Harmlosigkeit auch dort, wo sie ironisch sein will".

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