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Der Roman "Mandala", der in Südkorea mit der Kritik am koreanischen Buddhismus und am buddhistischen Mönchtum großes Aufsehen erregte und politische Kontroversen entfachte, wurde im Jahre 1981 vom renommierten koreanischen Regisseur Im Kwontaek verfilmt. 2001 erschien eine überarbeitete Fassung, auf der die vorliegende Übersetzung basiert. "Mandala" ist bereits ins Englische, Französische, Bulgarische und Spanische übersetzt worden. Der junge Mönch Beobun trifft auf Jisan. Dieser heruntergekommene Mönch, der aus Einsamkeit und Verzweiflung im Alkohol Trost sucht, missfällt Beobun. Nach und…mehr

Produktbeschreibung
Der Roman "Mandala", der in Südkorea mit der Kritik am koreanischen Buddhismus und am buddhistischen Mönchtum großes Aufsehen erregte und politische Kontroversen entfachte, wurde im Jahre 1981 vom renommierten koreanischen Regisseur Im Kwontaek verfilmt. 2001 erschien eine überarbeitete Fassung, auf der die vorliegende Übersetzung basiert. "Mandala" ist bereits ins Englische, Französische, Bulgarische und Spanische übersetzt worden. Der junge Mönch Beobun trifft auf Jisan. Dieser heruntergekommene Mönch, der aus Einsamkeit und Verzweiflung im Alkohol Trost sucht, missfällt Beobun. Nach und nach lernt Beobun Jisan jedoch näher kennen und begleitet ihn auf seiner Wanderschaft. Durch Jisan erkennt Beobun die Korruption der Klöster, die sich vor allem um die Vergrößerung der eigenen Besitztümer bemühen, und er begegnet Mönchen, die heimlich die Gebote der Keuschheit brechen. Eines Morgens findet Beobun Jisans Leiche vor ihrer Klause im Schnee. Daraufhin flüchtet er in die Stadt und bricht, wie Jisan, mit den Geboten: Er trinkt, raucht, und bricht später auch das Keuschheitsgebot. Aber anders als Jisan entschließt er sich, ins Kloster zurückzukehren und seinen Weg in der aus den Fugen geratenen Welt zu finden.
Autorenporträt
Jürgen Abel ist Journalist und Literaturkritiker in Hamburg.Kim Seong-Dong, 1947 geboren, tritt 1966 in ein buddhistisches Kloster ein. 1975 erfolgt der Ausschluss wegen der Veröffentlichung einer Kurzgeschichte. Seit 1978 freischaffender Schriftsteller, seit 1975 regelmäßige Veröffentlichungen von Erzählungen und Romanen. Kim Seong-Dong hat zahlreiche Literaturpreise erhalten.

Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.08.2005

Wanderungen eines Zen-Mönchs
Dostojewskisches Kasteiungsfeuer: Kim Seong-Dongs "Mandala"

Als der französische Reiseschriftsteller Georges Ducrocq 1901 Seoul erreichte, konnte er kaum fassen, daß die koreanische Hauptstadt nichts als ein Dorf mit strohgedeckten Hütten war. Er begegnete einem armen Land, das unter dem mächtigen Einfluß seiner japanischen und chinesischen Nachbarn das Heil eher im Spirituellen als in weltlicher Größe suchte. Neben dem buddhistischen Klostersystem, der konfuzianischen Regierungspraxis und dem von französischen Missionaren eingeführten Christentum spielte auch der Schamanismus in weiten Teilen der Bevölkerung noch eine Rolle.

Inzwischen haben die Südkoreaner eine radikale Wandlung durchgemacht, sie wohnen in Hochhäusern und sind sehr ehrgeizig geworden. Die bis 1945 vier Jahrzehnte währende japanische Kolonialisation und der westliche Einfluß, der im Korea-Krieg mit den amerikanischen Alliierten kam, haben dem Land einen mächtigen Modernisierungsschub beschert, der es nicht nur unter die zehn führenden Wirtschaftsnationen torpedierte, sondern die geteilte Nation auch zu einer der widersprüchlichsten unter den Globalkulturen machte.

Von individueller Zerrissenheit erzählt denn auch Kim Seong-Dongs Roman "Mandala". Es ist die Geschichte eines jungen Zen-Mönchs, dessen Askese durch die Begegnung mit Jisan, einem unorthodoxen Wanderbruder, in den Grundfesten erschüttert wird. "Mandala" löste bei seinem ersten Erscheinen 1978 in Korea großes Aufsehen aus. Denn es diskutierte nicht nur die Qualen der Entsagung und die Selbstzerfleischung eines spirituellen Schiffbruchs, sondern griff ganz konkret auch die Institutionen eines Glaubens an, der immer materieller und zynischer geworden war. In Seoul begegnen den Protagonisten ihre Glaubensbrüder mit Tortenschachteln in den Händen, die sie zu reichen Gönnern tragen. In einem städtischen Zen-Kloster schauen sich die Bewohner johlend einen amerikanischen Ringkampf im Fernsehen an und schicken die Besucher davon, weil man für Wandermönche keinen Platz mehr hat. Jisan reagiert auf den trostlosen Zustand seiner Konfessionsgemeinschaft durch Exzesse: Lästerungen, wahllose Liebesaffären und permanente Trunkenheit. Dennoch fasziniert er den glaubensstrengen Erzähler durch seine asketische Schönheit und die philosophische Brisanz seiner uferlosen Reden.

Als eine Religion, die den Körper mit der Seele erlösen will, statt seinen Willen abzutöten, ist das Christentum in Jisans Monologen immer gegenwärtig. Mit lutherischer Verve argumentiert er für die Rückkehr des Sinns in die Rituale und für eine elementare Geistlichkeit, die ganz der tabulosen Selbsterfahrung entspränge. Desillusioniert von einer saturierten Zen-Meister-Kaste, die in Rätseln spricht und ihre Predigten im weithin unverständlichen Sino-Koreanisch abhält, begehren Kims Helden gegen die Gottverlassenheit auf und sehnen sich nach einer im Buddhismus nicht vorgesehenen Diesseitsfülle.

Als weltliches Phänomen ist der Triebverzicht im zukunftsbesessenen Korea heute vielleicht noch gegenwärtiger als vor dreißig Jahren. So mag es sich erklären, daß der Autor kürzlich eine Überarbeitung seines Romans publizierte, in der sein Erzähler darauf verzichtet, seinerseits Jisans Läuterungsweg durch das Dickicht sinnlicher Erfahrung einzuschlagen. Die Prostituierte, mit der er im letzten Kapitel eine Nacht verbringt, schläft auf der Stelle ein - und er rennt zum Bahnhof, "so schnell ich nur konnte".

Indem sich der Verlag für diese neuere Version des Textes entschied, hat er dem Buch einen guten Teil seiner Plausibilität genommen, aber nichts von seiner Verve und seinem Dostojewskischem Kasteiungsfeuer. Kim Seong-Dong ist selber Wandermönch gewesen und berichtet aus einer Welt, die man für längst vergangen halten mochte. Denn während Sekten und religiöse Institutionen für viele ein einträgliches Geschäft geworden sind, erinnert der Autor an meditierende Mönche, die in den Meditationszentren und Einsiedlerklausen der koreanischen Berge weiterhin nach Erleuchtung suchen oder sich bei Schnee und Eis in dünner Kutte auf die Wanderschaft begeben. Die Bedeutung der genußsüchtigen Jisan-Figur wird erst auf dieser Folie ganz deutlich, denn die Rede ist auch von Mönchen, die ihrer Devotion einen Finger opfern oder zur Verteidigung des Priesterzölibats gar Harakiri begehen. "Wie könnte man jedoch sein flüchtiges Leben vergeuden, ohne zu erfahren, wozu man fähig ist?" begründet Jisan seinen zugleich sehr modernen und tief im Buddhismus verwurzelten Extremismus, der zur Not eine Atombombe werfen möchte, um Seoul von seiner Eitelkeit zu befreien.

Das südkoreanische Wirtschaftswunder hat solche Energien zu kanalisieren verstanden. Auf der Strecke bleiben das dem schamanischen Korea teure Glück der Gegenwart und die Selbstgenügsamkeit der Strohdachhütten. Ein Mißtrauen gegenüber den Träumen von irdischer Größe ist nur noch in den Zen-Paradoxen zu spüren, die Kim Seong-Dongs Protagonisten hin und her wälzen. Skepsis gegenüber allen Entsagungsreligionen verrät jene Trauer, die beide Männer Tag und Nacht begleitet. "Ich würde mich wenigstens nicht mehr ganz so einsam fühlen", sagt Jisan von den Frauen, "wenn sie keine Brüste hätten."

INGEBORG HARMS

Kim Seong-Dong: "Mandala". Roman. Aus dem Koreanischen übersetzt von Song Moon-Ey, Nina Berger und Jürgen Abel. Pendragon Verlag, Bielefeld 2005. 288 S., geb., 18,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Kim Seong-Dong hat diesen Roman bereits 1978 veröffentlicht und er hat damals großes Aufsehen erregt, berichtet Ingeborg Harms. "Mandala" erzählt die Geschichte zweier buddhistischer Mönche: glaubensstreng und asketisch der eine, unorthodox und genusssüchtig der andere, ein Wandermönch, der den Erzähler mit seiner "asketischen Schönheit" und seinen philosophischen Reden in den Bann schlägt. Doch auch wenn Seong-Dong - einst selber Wandermönch - durchaus von der inneren Zerrissenheit und den "Qualen der Entsagung" erzählt, liegt die Brisanz des Buches für Harms doch in der harschen Kritik an den buddhistischen Glaubensinstitutionen. Song-Deong schildert die Zen-Mönche als saturierte, korrumpierte Kaste. Gegen sinnentleerte Rituale, zynische Institutionen und das entsagungsvolle Diesseits schreibe Seong-Dong mit geradezu "lutherischer Verve" und "Dostojewskischem Kasteiungsfeuer", freut sich Harms, die es nur bedauert, dass der deutsche Verlag Seong-Dongs von einigen Exzessen bereinigte Version übernommen hat. Darin sieht Harms allerdings nur einen weiteren Hinweis auf die Widersprüchlichkeit des Landes, das bei aller Hightech-Versessenheit heute mehr als vor dreißig Jahren den Triebverzicht predige.

© Perlentaucher Medien GmbH