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Angesichts der technischen Entwicklung der "neuen" Medien hält Oliver Jahraus eine medienorientierte Neuausrichtung der Geisteswissenschaften, insbesondere der Germanistik, für unumgänglich. Dennoch geht es ihm nicht um eine völlige Neubegründung; die Medientheorie, die er in diesem Buch entwickelt, soll Literatur und Literaturwissenschaft vielmehr gerade in ihr spezifisches Recht einsetzen.
Jahraus zielt darauf ab, unter Rückgriff auf eine systemtheoretische Theoriearchitektur Literatur als Interpretationsmedium zwischen Philosophie, Soziologie und Literaturwissenschaft in
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Produktbeschreibung
Angesichts der technischen Entwicklung der "neuen" Medien hält Oliver Jahraus eine medienorientierte Neuausrichtung der Geisteswissenschaften, insbesondere der Germanistik, für unumgänglich. Dennoch geht es ihm nicht um eine völlige Neubegründung; die Medientheorie, die er in diesem Buch entwickelt, soll Literatur und Literaturwissenschaft vielmehr gerade in ihr spezifisches Recht einsetzen.
Jahraus zielt darauf ab, unter Rückgriff auf eine systemtheoretische Theoriearchitektur Literatur als Interpretationsmedium zwischen Philosophie, Soziologie und Literaturwissenschaft in medienkulturwissenschaftlicher Perspektive darzustellen. Er zeigt, daß das Literarische an der Literatur erst verständlich wird, wenn man Literatur als Mediensystem in den Kontext anderer Mediensysteme einreiht.

Anders als in vielen aktuellen Medientheorien wird der Begriff Medium nicht auf den der Medientechnik reduziert: Das "Medium" der Literatur ist deswegen auch nicht einfach das technische Vermittlungsmedium für Literatur, das Buch. Medien sind nicht ohne Bewußtsein und Bewußtsein ist nicht ohne Medien zu denken. Jahraus möchte mit dem Begriff Medium das Zusammenspiel von Bewußtsein und Kommunikation bestimmen. An dieser Stelle gerät sein systemtheoretischer Ansatz mit demjenigen Luhmanns in Konflikt. Während Luhmann seine Medientheorie gerade unter Verzicht auf die transzendentale Instanz eines Subjekts entwickelt, wird hier Interpretieren einem Subjekt zugerechnet. Ein Medium leistet die strukturelle Kopplung von Bewußtsein und Kommunikation; in dieser Kopplung wird Wahrnehmung so verarbeitet, daß in einem Akt der Interpretation Sinn konstituiert und "verarbeitet" wird.
Interpretation nutzt ein strukturelles Defizit, das jedem Text innewohnt: Sein Sinn liegt niemals vollständig offen; Interpretation will den Text gleichsam vervollständigen. Dadurch entsteht die Paradoxie, daß Interpretation nichts anderes sagen will als der Text und zugleich mehr und anderes sagt als der Text.
Interpretation ist mit dem Text identisch und zugleich verschieden; Interpretation erzeugt die Differenz zwischen Text und Interpretation. Da nun auch die Interpretation ihren Sinn niemals vollständig offen legen kann, kommt eine nicht stillzustellende Bewegung in Gang, in der jede Interpretation als Text neue Interpretationen erzeugt. Umgekehrt gibt es aber auch keinen Text, der nicht bereits Interpretation wäre: Texte existieren, jedenfalls als Sinngebilde, nicht unabhängig vor jeder Interpretation.
In diesem Sinne ist Literatur ein Medium, das die Sinnproduktion intensiviert und Sinnüberschüsse produziert; ihre Funktion ist es, Interpretation als Effekt sui generis hervorzuheben.
Autorenporträt
Oliver Jahraus, geb. 1964, promovierte 1992 mit einer strukturalen Analyse des Werks von Thomas Bernhard. Von 1994 bis 1996 Mitarbeiter im DFG-Projekt «Radikale Avantgarden« und seit 1996 Wiss. Assistent am Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft der Universität Bamberg, 2001 Habilitation in Bamberg mit einer Arbeit über Literatur als Medium. Seit 2005 Inhaber des Lehrstuhls für Neuere deutsche Literatur und Medien an der LMU München.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Oliver Jahraus' umfangreiche Dissertation "Literatur als Medium" hat Alexander Honold nicht wirklich überzeugt. In seiner Besprechung, deren Abstraktionsniveau dem des besprochenen Buchs kaum nachstehen dürfte, hält er Jahraus vor, dass dessen Lust an Definitionen und deren Verkettungen nur bedingt auf den Leser übergreift - eine Vorwurf, den man auch dem Rezensenten machen könnte. Als Grundlage von Jahraus' Medienbegriff sieht Honold ein an Luhmanns Systemtheorie orientiertes Konzept von Kommunikation als soziale Systeme zusammenhaltendes Element, dem Phänomene wie Bewusstsein, Subjektivität und Intentionalität gegenüberstehen. Die Medien und insbesondere die Literatur bestimme Jahraus als Schnittstelle zwischen dem Sozialen und dem Individuellen, wobei die Medien sowohl durch den technischen Apparat, als auch durch die kommunikative Zeichenpraxis selbst bestimmt seien. Für Honold ein gewaltigen Unterschied. Denn, so doziert Honold, nur im zweiten Falle sei Literatur selbst "als Medium" konzipierbar, während sie in ersterer Perspektive als ein diskursiv und institutionell spezifiziertes Bündel von Sprachspielen erscheine, die sich zu ihrer Verbreitung bestimmter Trägermedien bedienten. Als "unentschieden" moniert er darum Jahraus' Konzept. Im übrigen kritisiert er die seltenen "Konkretisierungen" bei Jahraus, seine "umständlich geratenen systematischen ?Herleitungen'" sowie seine Tendenz zu tautologischen Definitionen.

© Perlentaucher Medien GmbH
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