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Produktdetails
  • Bibliothek klassischer Erzähler
  • Verlag: Gollenstein
  • Originaltitel: Pharos the Egyptian
  • Seitenzahl: 324
  • Deutsch
  • Abmessung: 220mm
  • Gewicht: 596g
  • ISBN-13: 9783933389145
  • ISBN-10: 3933389143
  • Artikelnr.: 24697028
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.04.2001

Lesetip zum Wochenende
Pharos’ Pest
Schlaflos in Ägypten:
Die Kolportage eines Antipoden
Es kommt auf Sekunden an, immer wieder, in der Weltgeschichte, die nichts anderes scheint als eine fatale Serie verpasster Chancen.
Ein wenig pervers fängt es an in dieser Geschichte, mit einem Selbstmörder an der Themse, einer unterlassenen Hilfeleistung – da steht ein unheimlicher Mann am Ufer, der das arme Opfer vorbeiziehen lässt, ohne hilfreich den Arm hinzustrecken. Ein lustiges Kichern ist zu hören, „ein so ungehöriger und ekelhafter Ausbruch von Entzücken, dass ich meinen Ohren kaum traute” – so schildert es Cyril Forrester, der berühmte Maler, seinen Freunden, in einem Bericht, den er als Beichte versteht. „Der Blick dieses Mannes war auch mich gerichtet, so fest, so beharrlich, dass wenig Phantasie dazu gehörte, um anzunehmen, dass er sich in mein Gehirn bohrte ... Wie glücklich würde ich jetzt sein, wenn ich damals mehr gewusst – wenn ich ihn an der Stelle an der Gurgel und ihm auf den Steinen den Schädel zerschmettert hätte! Freilich hätte ich mir dadurch die ewige Verdammnis verdient, aber wenigstens hätte ich mich und die Welt im Allgemeinen vor einem Elend errettet, wie es das menschliche Gehirn sich kaum auszumalen vermag. Aber ich wusste von nichts, die Gelegenheit ging verloren, und während dieses kurzen Augenblicks wurden Millionen meiner ahnungslosen Mitmenschen zum Tode verurteilt.”
Ein unscheinbarer Selbstmord am Anfang, am Ende wird London von der großen Pest heimgesucht. Schuld ist der Fremde vom Fluss, der Ägypter Pharos, der sich in der zivilisierten Welt herumtreibt auf der Suche nach Revanche, Rache für die Schändung alter Heiligtümer und Gebräuche. „Ich würde Sie lieber im Grab sehen”, sagt ein Freund Forrester anfangs ins Gesicht, „als in Gesellschaft mit Pharos.” Wenn dann die beiden sich wiedersehen, hat Forrester zwei Monate mit Pharos verbracht: „Sir George, wenn ich Ihnen alles berichten würde, was ich über diesen Menschen weiß ... ” „Sagen Sie nichts”, unterbrach er mich rasch, „ich weiß längst genug.”
Die Geschichte von Pharos dem Ägypter, 1898, ist die reine Kolportage, aber zugleich ein frühreifes Meisterwerk des literarischen Somnambulismus. Mit unverhohlener Lust an pathetischen Passagen entwickelt Guy Newell Boothby ein literarisches road movie – von London nach Neapel, weiter nach Gizeh, dann über Prag, Berlin, Wittenberg, Hamburg zurück nach London. Über diese Flucht ist eine Reise in die Vergangenheit projiziert, zu dem Magier Ptahmes – das ist der „von Ptah Geliebte”. Als oberster Magier und Prophet hatte dem Pharao Ramses geschworen, er würde seinen Sohn schützen, als der israelitische Magier Moses allen Erstgeborenen der Ägypter den Tod angedroht hatte .. .
Guy Newell Boothby wurde am 13.Oktober 1867 in Glenosmond, Adelaide geboren, absolvierte die Schule in England, fing das Stückeschreiben an und verdingte sich als Sekretär des Bürgermeisters seiner Heimatstadt. 1894 übersiedelte er dann in die Wahlheimat England, wurde mit „Doktor Nikolas Vendetta” berühmt und wohlhabend, starb aber am 26. Februar 1905 an einem grippalen Effekt.
Der „Pharos” ist eine Geschichte zwischen Welten und Zeiten, ein Nachtmahr, in dem blumige Floskeln die einzige Rettung bedeuten vor dem Nichts – und der, kurz nach der Geburt des Kinos geschrieben, dessen Mythen vorwegzunehmen scheint. Die Blutsauger um Nosferatu tauchen beim Lesen, angesichts der Illustrationen so spontan auf wie die femmes fatales, die „Lady from Shanghai” und die „Barefoot Contessa”. Denn eine Lady ist auch im Spiel, Valerie von Vocxqal, die mit der Violine die Männer verzaubert. Den jungen Forrester natürlich, aber auch den dicken Schunke, einen Berliner Wirt, dessen Segenswunsch Valerie sich erbittet.
FRITZ GÖTTLER
GUY NEWELL BOOTHBY: Pharos der Ägypter. Roman. Mit den Bildern der Originalausgabe von J.H. Bacon. Illustrationen von Timo Pfeiffer. Nach der Übersetzung von Klara Berger, 1902 bei der Deutschen Verlagsanstalt erschienen. Vollständig überarbeitet und mit einem Nachwort von Karsten Schröder. Gollenstein Verlag, 2001. 326 Seiten, 39,80 Mark.
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Berichtigung. Ein falscher Zeitraum wurde irrtümlich angegeben für die Tagebücher des Samuel Pepys in der Glosse „Der Hohn des Scheichs” (SZ vom 11.4.) – er schrieb sie von 1660 bis 1669.
SZ
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Für Fritz Göttler ist dieses Buch, dass vor gut einhundert Jahren zum ersten Mal erschienen ist, ein "frühreifes Meisterwerk des literarischen Somnambulismus", das gleichzeitig die Mythen des gerade entstandenen Kinos "vorwegzunehmen scheint". Göttler erläutert, dass Pharos schuld ist an der Pest in London, weil er auf Rache sinnt für die "Schändung alter Heiligtümer". Daraus entfalte sich eine Geschichte, die sich durch ganz Europa zieht. Der Rezensent hatte offensichtlich größtes Vergnügen bei dieser Lektüre und verzeiht dem Autor auch gerne seine "unverhohlene Lust an pathetischen Passagen". Die Illustrationen erinnern darüber hinaus, so Göttler begeistert, an Filme wie 'Nosferatu', 'Lady from Shanghai' oder 'Barefoot Contessa'.

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