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Bereits seit Jahrzehnten finden John Fiskes Beiträge zur Medientheorie und zur Analyse der Populärkultur der Gegenwart weltweit viel Beachtung. Ihre prominente Bedeutung ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Fiske in ihnen eine Synthese der heterogenen und vielschichtigen Beiträge der Cultural Studies vornimmt und damit einen zentralen Beitrag zur Abgrenzung und Profilierung der jungen wissenschaftlichen Disziplin leistet. Wie die Beiträge dieses Bandes dokumentieren, gilt sein spezielles Interesse den kreativen und mitunter widerspenstigen Praktiken sozialer Akteure, mittels derer sie…mehr

Produktbeschreibung
Bereits seit Jahrzehnten finden John Fiskes Beiträge zur Medientheorie und zur Analyse der Populärkultur der Gegenwart weltweit viel Beachtung. Ihre prominente Bedeutung ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Fiske in ihnen eine Synthese der heterogenen und vielschichtigen Beiträge der Cultural Studies vornimmt und damit einen zentralen Beitrag zur Abgrenzung und Profilierung der jungen wissenschaftlichen Disziplin leistet. Wie die Beiträge dieses Bandes dokumentieren, gilt sein spezielles Interesse den kreativen und mitunter widerspenstigen Praktiken sozialer Akteure, mittels derer sie sich die Produkte der Kulturindustrie alltagspraktisch aneignen. Besonders fruchtbare und breit rezipierte Beiträge von Fiskes Kultur- und Medienanalyse befassen sich mit den großen Spektakeln der Fernsehgesellschaft USA. Die Bedeutung dieser medialen Inszenierungen für die gesellschaftlichen Auseindersetzungen um Gender, Alter, Klasse und Hautfarbe werden hier herausgearbeitet.
Der Reader bündelt Fiskes wichtigste Arbeiten zur Fernseh- und Populärkultur. Die vorliegende, mehrere Jahrzehnte überbrückende Auswahl von Aufsätzen eignet sich sowohl als Einstieg in Fiskes Werk als eines der wichtigsten der Cultural Studies, unterstützt aber auch eine vertiefende Lektüre.
Autorenporträt
Rainer Winter ist Professor für Medien- und Kulturtheorie an der Universität Klagenfurt und Institutsvorstand des Instituts für Medien- und Kommunikationswissenschaft.

Lothar Mikos ist Professor an der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf in Potsdam-Babelsberg und lehrt im Fachgebiet Medien- und Kommunikationswissenschaft.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.01.2002

Widerstand der Röhre
Der wahre Sinn des Free-TV: John Fiske schätzt das Fernsehen

Populäre Filme im Fernsehen anzuschauen ist kein Eskapismus wie weithin angenommen; es kann auch als Widerstand gegen die herrschende Ideologie begriffen werden: Der Zuschauer trägt seine eigenen Bedeutungen an die Sendungen heran und verwirklicht eine Art semiotische Demokratie. Das ist der utopische Aspekt des medienanalytischen Ansatzes von John Fiske, einem der Protagonisten der britischen "Cultural Studies". Es geht Fiske darum, zu untersuchen, wie Texte - und das können gerade auch Fernsehsendungen sein - im alltäglichen Lebenszusammenhang der Rezipienten funktionieren und wie sie genutzt werden.

Fiske hat seit Ende der siebziger Jahre zahlreiche Arbeiten zur Analyse von Fernsehen und Video veröffentlicht, in Deutschland findet sein Ansatz zur Fernsehanalyse seit Ende der achtziger Jahre Beachtung und ist aus der Diskussion nicht mehr wegzudenken. Eine wichtige Station der Fiske-Rezeption in Deutschland ist eine Nummer der Zeitschrift "montage/av" von 1993, die seinem Werk gewidmet war. 1999 sind einige Aufsätze ins Deutsche übersetzt worden, 2000 erschien in Österreich der Klassiker "Reading the Popular" auf deutsch. Nun legt der Bielefelder transcript Verlag eine Sammlung von grundlegenden Aufsätzen nach, die bislang auf deutsch nicht erhältlich waren.

Kultur ist für Fiske der Machtkampf zwischen verschiedenen sozialen Gruppen; nicht nur der marxistische Klassenkampf, sondern auch der zwischen Geschlechtern und Rassen. Die Angehörigen einer sozialen Gruppe lesen die Texte in einer Weise, die ihrer aktuellen Situation entspricht, und geben ihnen eigene Bedeutungen. Das ist möglich, weil Texte keine festen Bedeutungen an sich haben, sondern lediglich Bedeutungspotentiale sind. Sie werden überhaupt erst dadurch "populär", daß sie unterschiedlichen, auch einander widersprechenden Lesarten Raum geben. Fiske führt in seinen Analysen von Madonna-Videos, "Starsky und Hutch"-Folgen sowie Nachrichtensendungen vor, wie unterschiedliche Publika verschiedene Lesarten entwickeln und wie sie im Zusammenhang mit den in der Gesellschaft zirkulierenden Vorstellungen stehen: So können junge Mädchen aus Madonna-Videos befreiende Impulse gewinnen, indem sie dort ihre eigenen Schwierigkeiten thematisiert finden, angesichts bestehender Rollenklischees eine eigene sexuelle Identität zu finden, während sich Jungen in ihrer Identität eher von Madonna gefährdet sehen.

Fiske liefert mit seinem im Reader enthaltenen Aufsatz "Die britischen Cultural Studies und das Fernsehen" selbst die beste Einführung, indem er die Einflüsse Gramscis, Althussers, Halls, Bachtins und anderer auf seine Medientheorie darstellt. In den weiteren Essays diskutiert er unter anderem, inwiefern die Rezeption populärkultureller Produkte als Widerstand gegen die herrschende Ideologie begriffen werden kann, wie Populärkultur als Bricolage in die Lebenszusammenhänge der Rezipienten eingebunden ist und in welcher Weise sich die innerhalb der amerikanischen Gesellschaft schwelenden rassischen Differenzen im Fernsehen widerspiegeln. Fiske betrachtet das Fernsehen als Arena für die drängenden Diskussionen in der jeweiligen Gesellschaft. Ein Ereignis wird nur dann zum Medienereignis, wenn darin aktuelle kulturelle beziehungsweise gesellschaftliche Tendenzen ablesbar werden. Auch die zunehmende Videoüberwachung in amerikanischen Städten sieht Fiske im Kontext der Rassendifferenz, denn die Überwachung gelte vor allem der Überwachung der Schwarzen, die für das überwachende weiße Auge grundsätzlich verdächtig sind.

Die Herausgeber unterstreichen in ihrem Vor- und Nachwort den grundsätzlich emanzipatorischen Ansatz der Theorie: Fiske möchte den Menschen durch seine Analysen helfen, ihre konkrete Situation und die Prägung ihrer Erfahrungsstruktur durch die gesellschaftlichen Verhältnisse besser zu verstehen, damit sie im Kampf um Bedeutungen handlungsfähig werden. Die Textauswahl bezeugt dabei die Differenziertheit und den Facettenreichtum von Fiskes Konzeption der Fernsehanalyse.

MARTIN KLAUS.

Rainer Winter, Lothar Mikos (Hrsg.): "Die Fabrikation des Populären". Der John Fiske-Reader. Aus dem Englischen von Thomas Hartl. transcript Verlag, Bielefeld 2001. 374 S., br., 25,46 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

John Fiske ist ein Protagonist der britischen "cultural studies"-Bewegung, der für Martin Klaus aus der kritischen Medientheorie und -analyse nicht mehr wegzudenken ist. Fernsehen und Video werden dabei selbstredend nicht verteufelt, sondern auf den alltäglichen Lebenszusammenhang der Rezipienten hin untersucht und als eine Art "semiotischer Demokratie" interpretiert. In Deutschland, schreibt Klaus, verdankt sich die Fiske-Rezeption einem Sonderheft der Zeitschrift "Montage/av", sein Hauptwerk "Reading the popular" sei letztes Jahr in Österreich veröffentlicht worden, und der kleine Bielefelder transcript-verlag liefere nun verstreute und bislang nicht übersetzte Aufsätze nach. Fiske interpretiere Kultur als Machtkampf zwischen verschiedenen sozialen Gruppen: Klasse, Rasse, Geschlecht, erläutert der Rezensent. Je nach Gruppenzugehörigkeit entwickle das Publikum seine eigene Lesart des Films, des Buchs oder des Videos und sage somit etwas über gesellschaftliche Entwicklungen und Spannungen aus. Besonders einen Aufsatz hebt Klaus hervor: "Die britischen Cultural Studies und das Fernsehen", mit dem der Autor ein exzellente Einführung in sein Thema und die theoretischen Einflüsse auf seine Medientheorie liefere.

© Perlentaucher Medien GmbH