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Produktdetails
  • Kultur und soziale Praxis
  • Verlag: transcript
  • Seitenzahl: 429
  • Abmessung: 225mm
  • Gewicht: 596g
  • ISBN-13: 9783933127549
  • ISBN-10: 3933127548
  • Artikelnr.: 44591755
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Der Rezensent mit dem Kürzel "hcr" erläutert zunächst, was mit diesem Begriff überhaupt gemeint ist. Denn dem Autor gehe es nicht um eine "Entscheidung zwischen der Türkei oder Deutschland", sondern um grenzüberschreitende Beziehungen jeglicher Art - etwas, das sich jenseits von Assimilation und "Multikulti" abspielt. Dabei macht der Autor, so "hcr" Wechselwirkungen aus, was etwa an dem Beispiel der islamistischen Milli-Görüs deutlich werde, die ihrerseits sehr wohl auch durch den Westen verändert werde. Als ein anderes Beispiel führt "hcr" die Tatsache an, dass viele in Deutschland erscheinende türkische Zeitungen zwar zahlreiche Anzeigen "von Firmen aus ihrem Verbreitungsgebiet" haben, über Deutschland jedoch nur wenig berichten. Was dem Rezensenten insgesamt an diesem Band jedoch fehlt, ist ein tiefergehender Vergleich mit Russlanddeutschen oder "maghrebinischen Einwanderern in Frankreich", der der Frage nachgeht, ob die `transstaatlichen Räume` türkischer Einwanderer auch auf andere Gruppen übertragbar sind. Auch die "wissenschaftliche Sprache" des Bandes kritisiert "hcr". Doch insgesamt sieht er die "deutsch-türkische Lebenswelt treffend" und ohne überflüssige Emotionen beschrieben.

© Perlentaucher Medien GmbH"

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.02.2001

Zwischenräume

TÜRKEI. Für viele sind nur die "3 T" schuld. Telefon, Television und billige Transportmöglichkeiten in ihr Herkunftsland haben ihrer Ansicht nach dazu geführt, daß sich die türkische Minderheit nicht wirklich Deutschland zuwendet. An welchen Werten sie sich orientieren sollen, hat auch nicht die "Leitkultur"-Debatte zeigen können. Statt der Entscheidung zwischen der Türkei oder Deutschland hält Thomas Faist die Räume dazwischen für die geeignete Beschreibung ihrer Lebenswirklichkeit. ",Transstaatliche Räume' bezeichnen verdichtete ökonomische, politische und kulturelle Beziehungen zwischen Personen und Kollektiven, die Grenzen souveräner Staaten überschreiten." Faist und die Autoren des Bandes bieten damit im Vergleich zu den jüngsten Diskussionen über Assimilation und das Scheitern von "Multikulti" einen undramatischen Rahmen für überraschend dynamische Entwicklungen. Diese Zwischenräume sind von Wechselbeziehungen geprägt, die schon lange nicht mehr aus religiösen oder ideologischen "Importen" aus der Türkei bestehen. Das zeigt zum Beispiel Bernhard Trautner in seinem Beitrag über die islamistische Milli-Görüs-Organisation. In Deutschland läßt sich nach seiner Auffassung eine Hinwendung der Organisation zur Zivilgesellschaft beobachten - ob durch die Nutzung rechtsstaatlicher Möglichkeiten oder das Bemühen um Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Selbst der Generalsekretär von Milli Görüs gesteht mittlerweile ein, daß Europa den Islam stärker verändern werde als andersherum. Ein weiteres Kapitel analysiert den Wandel der Strategie der kurdischen PKK: Je stärker sie in der Türkei eingeschränkt wurde, desto mehr griff sie auf die Mobilisierungsmöglichkeiten in Deutschland und Europa zurück. Beide "Standbeine" nutzen auch türkischstämmige Unternehmer, die ihre alten Nischen längst verlassen haben. Der Reiseveranstalter Öger Tours oder der Unternehmerverband Atiad sind nach Ansicht der Autoren Beispiele für die "transstaatlichen" Veränderungen, die auch in den türkischen Medien in Deutschland zu beobachten sind: So bestehen die Deutschlandausgaben einiger türkischer Zeitungen fast nur aus Anzeigen von Firmen aus ihrem Verbreitungsgebiet. Über Themen aus Deutschland schreiben sie weiter nur zögerlich. Leider nur in einem kurzen Exkurs wird der transstaatliche Ansatz auf Rußlanddeutsche in Bremen angewandt, so daß nicht zu erkennen ist, inwieweit er wirklich für die Realität anderer Minderheiten taugt. Interessant wären hier auch die maghrebinischen Einwanderer in Frankreich. Die sehr wissenschaftliche Sprache erschwert zudem den Zugang zu einem Konzept, das die deutsch-türkische Lebenswelt treffend beschreibt, anstatt sie durch ein neues emotionsgeladenes Schlagwort weiter zu komplizieren.

(Thomas Faist: Transstaatliche Räume. Politik, Wirtschaft und Kultur in und zwischen Deutschland und der Türkei. transcript, Bielefeld 2000. 428 Seiten, 48,- Mark.)

hcr.

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