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In einer Nacht verquicken sich auf einer Abendgesellschaft in einem venezianischen Palazzo die Schicksale des amerikanischen Geschwisterpaars Madelin und Jack mit denen der illustren Partygesellschaft. Ob ein gefeierter Theaterregisseur, extravagante Witwen oder verarmte italienische Aristokraten - alle sind auf der Suche nach ihrem persönlichen Schatz. Der Verlust einer kostbaren Brosche, die in einer Art Schnitzeljagd von einer weiteren Gruppe neureicher Venedig-Gäste in gieriger Hatz gesucht wird, führt Madelin durch die nächtlichen Gassen der Lagunenstadt.

Produktbeschreibung
In einer Nacht verquicken sich auf einer Abendgesellschaft in einem venezianischen Palazzo die Schicksale des amerikanischen Geschwisterpaars Madelin und Jack mit denen der illustren Partygesellschaft. Ob ein gefeierter Theaterregisseur, extravagante Witwen oder verarmte italienische Aristokraten - alle sind auf der Suche nach ihrem persönlichen Schatz. Der Verlust einer kostbaren Brosche, die in einer Art Schnitzeljagd von einer weiteren Gruppe neureicher Venedig-Gäste in gieriger Hatz gesucht wird, führt Madelin durch die nächtlichen Gassen der Lagunenstadt.
Autorenporträt
Ruth Landshoff-Yorck, geb. 1904 in Berlin, entstammte dem jüdischen Bürgertum und war die Nichte des Verlegers Samuel Fischer. Sie besuchte die Schauspielschule, wirkte in Murnaus 'Nosferatu' von 1922 mit, trat am Theater auf und zählte zur Berliner Boheme. Nach Veröffentlichungen in Zeitschriften wie der 'Dame' kam ihr erster Roman 'Die Vielen und der Eine' 1930 bei Rowohlt heraus. Ihr zweiter Roman konnte in Deutschland bereits nicht mehr erscheinen. 1937 emigrierte sie in die USA und lebte bis zu ihrem Tod 1966 als Publizistin, Übersetzerin und Theaterautorin in New York.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.11.2004

Schwere See für Leichtmatrosen
Luder am Lido: Ruth Landshoff-Yorck feiert auf dem Vulkan / Von Dirk Schümer

Dieser Roman erscheint mit über siebzig Jahren Verspätung. Ruth Landshoff-Yorck hatte ihn 1932 fertiggestellt, und der Rowohlt-Verlag wollte ihn als mondän-ironischen Frauenroman im Stil der damals so berühmten Vicki Baum auf den Hauptstadtmarkt werfen. Doch die Autorin, die damals neben zahlreichen Feuilletons bereits zwei andere Romane in ähnlich kecker Weltläufigkeit geschrieben hatte, sah weder ihr exorbitantes Honorar von 40 000 Reichsmark noch irgend etwas Gedrucktes. Vor den Nationalsozialisten floh sie zuerst nach Paris, später in die Vereinigten Staaten, wo das Manuskript fast vergessen worden wäre. Nun endlich liegen alle ihre drei Vorkriegsromane vor.

Die Autorin, Jahrgang 1904 und aparte Tochter einer Opernsängerin und Nichte des Verlegers Samuel Fischer, gehörte zur Jeunesse dorée der Weimarer Republik, verkehrte im nervös-aufregenden Berlin mit Annette Kolb, Klaus und Erika Mann, spielte in Murnaus "Nosferatu" mit, stand neben Marlene Dietrich auf der Bühne und schrieb regelmäßig für Modemagazine wie "Die Dame", "Tempo" oder die "Berliner Illustrirte Zeitung" über flotte Themen wie Rennwagen, die Côte oder die jugendliche Zeitstimmung im allgemeinen. Daß sie keine wirklich große Schriftstellerin war und wurde, gereicht diesem Fund nicht zum Nachteil; die "Schatzsucher" wirken wie eine Zeitreise in ein Deutschland, insonderheit Berlin, kurz vor der Katastrophe: neugierig, schnoddrig, zukunftsfroh, ohne Angst vor Klischees und kleinen Plattheiten und vor allem unterhaltsam.

Diese Leichtigkeit, wie sie mit etwas mehr sprachlicher Finesse auch die Romane des leider unterschätzten Franz Hessel oder auch Erich Kästners "Fabian" auszeichnet, kam der deutschen Literatur danach mit schlimmen Gründen abhanden. Daß Ruth Landshoff-Yorck diese Impressionen einer venezianischen Partynacht quasi auf dem Vulkan aufgezeichnet hatte, geben ihnen im Rückblick eine eher ungewollte Tragik mit. Denn die Heldin, die wunderschöne und bei aller Mondänität unschuldige Amerikanerin Madelin, hat sich steif und fest vorgenommen, der abendländischen Lebenstragik nicht auf den Leim und lieber traumwandlerisch durchs noch so schräge Tag- und Nachtleben zu gehen.

Sie und ihr leutselig-sportlicher Bruder Jack, naturgemäß Millionenerben aus Chicago, gehören zum ähnlichen Personal wie die Reporterin Louis Lou aus Landshoff-Yorcks Erstling "Die Vielen und der Eine", der direkt und im jazzigen Tonfall von Kreneks "Johnny spielt auf" in Amerika spielt. Hier nun nutzt Landshoff-Yorck die Möglichkeiten, das okzidental-morbide Verlebtheitssymbol Venedig mit der kapitalistischen Partylaune eines Häufleins vorgeblich sorgenfreier Weltbürger zu konfrontieren. Im Palazzo einer mindestens ebenso wollüstigen wie reichen Erbin kommen sie für eine Nacht zusammen. Da treffen wir inmitten einer im Stil von Grosz geschilderten Corona aus abgesetzten Monarchen und fetten Millionärinnen den eitlen Theaterkönig Bachmann, dessen Regisseurs-Bonhomie nur unvollkommen das reale Vorbild Max Reinhardt verschleiert; oder einen geheimnisvollen, verführerischen, sich später aber leider als üblen Gangster entpuppenden Hasardeur Proktor; einen griechischen Pianisten, der gar nicht so übel spielt, wie er aussieht; und den notorisch redlichen, etwas langweiligen und schon wieder national großsprecherischen Deutschen, der nicht anders heißen kann als "Dr. Müller", aber zum Trost dafür das Vitamin D entschlüsseln half.

Eigentlich mehr beobachtende Feuilletonistin als Strickerin komplizierter Romanhandlungen, nutzt die Autorin ein damals offenbar verbreitetes Partyspiel, die "Schatzsuche", als roten Faden: Madelin bekam eine wertvolle Brosche angeheftet, gibt sie achtlos einem Bootstaxi-Gigolo und müßte nun - warum eigentlich? - bei den Ausheckern dieser dekadenten Rätselvers-Schnitzeljagd nach Juwelen für den Schaden geradestehen. Inzwischen hat sie vom volltrunkenen und konsternierten Jack erfahren, das väterliche Vermögen, symbolisiert durch den familieneigenen "Zimmermann-Tower", sei in Chicago über Nacht zusammengestürzt - also muß man sich den Luxus fortan hart erkämpfen. Aber der naiven Lebenszuversicht kann keine Katastrophe etwas anhaben. Wir sind hier schließlich bei einer Literatur, in die der nötige Eskapismus vor dem gesellschaftlichen Kollaps regelrecht eingebaut war.

In den schönsten Passagen dieses fetzig-kecken Werkchens bummelt die fröstelnde Schönheit aus Michigan dann mit einem deutschen Hallig-Leichtmatrosen durch die Gassen und über die Brücken und empfindet Alteuropas Schönheit wie eine neusachliche Epiphanie: "Dieser Mond war doch anders als in Valparaiso und Paris, sein blasses Licht schälte die Umrisse der Nacht, die Häuser wurden Ornamente, ihre Nutzbarkeit verlor an Bedeutung, sie wurden zu Preisliedern, hingestellten Loben dieser Stadt." Zuweilen verhebt sich die Autorin grammatikalisch, macht diese Schusseligkeit dann aber sogleich mit der gehörigen Chuzpe wieder wett: "Man konnte das doch anschauen, oder?" Man kann es sogar recht genüßlich lesen, wie die kostbare Brosche den venezianischen Gaunern aus einer Spelunke am Zattere wieder entwunden wird und sich die jungen Leute ausgerechnet in der Touristendestination par excellence auf ein Leben der Arbeit und der Würde - irgendwo im herrlich fernen Peru - einschwören. Solche spätpubertäre Pathetik oder ein leicht fehlerhaftes Auftauchen so gar nicht venezianischer "Ostindiendampfer" kann diese köstliche Brise Berliner Luft von 1932 nicht kaputtmachen. Denn es ist ja gerade die trotzköpfige Hoppla-Haltung, die zwanghafte Welterklärerei und das an jeder Ecke lauernde Groschenroman-Abenteuer - und nicht ihre Coolness, die Landshoff-Yorck zur beinahe rührenden Zeitfigur machen.

Und mit Venedig kannte die hübsche Rennwagen- und Windhunde-Freundin sich gut aus, was - trotz einer 1937 geschiedenen Ehe mit dem arg preußischen Grafen Yorck - nicht zuletzt an ihrem über dreißig Jahre älteren Geliebten Karl Vollmoeller lag, der damals als reich gewordener Szenaristdirekt Wohnung in Wagners Sterbepalazzo, dem Vendramin-Calergi am Canal Grande, genommen hatte. Auch dieser Bonvivant, an den anders als an Wagner bislang leider keine Gedenktafel am Palazzo Vendramin erinnert, darf in Verkleidung als nächtlich philosophierender Gastgeber im Roman nicht fehlen. Und vielleicht meint sich Landshoff-Yorck ja selbst, wenn sie von ihrer Heldin folgendes schreibt: "Madelin stand am Fenster, sah auf das dunkel schimmernde Wasser und dachte, daß es nirgends trauriger sein müsse zu sterben als hier in Venedig. Und daß es kein Trost sei, in den Himmel zu kommen, wenn man, um ihn zu erreichen, diese Stadt verlassen müsse." Ruth Landshoff-Yorck mußte nicht nur Venedig, sondern ganz Europa verlassen. Sie starb 1966 in New York, und wir sollten sie nicht vergessen.

Ruth Landshoff-Yorck: "Die Schatzsucher von Venedig". Erstausgabe aus dem Nachlaß. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Walter Fähnders. AvivA Verlag, Grambin/Berlin 2004. 167 S., geb., 16,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Eine "köstliche Brise Berliner Luft" hat Dirk Schümer mit diesem Roman eingeatmet, der in Venedig spielt, von einer Pop-Autorin der Weimarer Republik geschrieben wurde und nun - 70 Jahre zu spät - endlich erschienen ist. Bereits 1932 für ein exorbitantes Honorar verfasst, verhinderte der Nationalsozialismus die Veröffentlichung des "fetzig-kecken Werkchens" der Feuilletonistin und Lebedame Ruth Landshoff-Yorck. Eine Impression einer venezianischen Partynacht mit schwerreichen Millionären, sorgenfreien Weltbürgern und eitlen Künstlern, gezeichnet im "Stil von Grosz" sei das Ganze, "neugierig, schnoddrig, zukunftsfroh ... und vor allem unterhaltsam". Das Buch ist zwar nicht ganz frei von grammatikalischen Verhebern, "spätpubertärer Pathetik" und falsch platzierten Ozeandampfern, trotzdem konnte es und vor allem die Autorin den Kritiker überzeugen: "Denn es ist gerade die trotzköpfige Hoppla-Haltung, die zwanghafte Welterklärerei und das an jeder Ecke lauernde Groschenroman-Abenteuer und nicht ihre Coolness, die Landshoff-Yorck zur beinahe rührenden Zeitfigur machen". 

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