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Jahrzehntelang diente die schwarze Mappe der Aufbewahrung von diversen Papieren, die mit Danzig zusammenhingen. Als Fünfzehnjähriger mußte Ulrich Bräuel Anfang 1945 aus seiner Heimatstadt flüchten. Mit der Zeit verblassten die Erinnerungen an den Ort der Kindheit. Erst nach der politischen Wende im Osten 1989/90 und nachdem er auf verschollen geglaubte Manuskripte seines Vaters gestoßen war, nimmt der Autor die Spur zu dem lange zurückliegenden Lebensabschnitt und zu seiner Familiengeschichte wieder auf.Die Fahrt nach Danzig wird eine Reise in die Erinnerung, der Wiederbegegnung mit der Heimat…mehr

Produktbeschreibung
Jahrzehntelang diente die schwarze Mappe der Aufbewahrung von diversen Papieren, die mit Danzig zusammenhingen. Als Fünfzehnjähriger mußte Ulrich Bräuel Anfang 1945 aus seiner Heimatstadt flüchten. Mit der Zeit verblassten die Erinnerungen an den Ort der Kindheit. Erst nach der politischen Wende im Osten 1989/90 und nachdem er auf verschollen geglaubte Manuskripte seines Vaters gestoßen war, nimmt der Autor die Spur zu dem lange zurückliegenden Lebensabschnitt und zu seiner Familiengeschichte wieder auf.Die Fahrt nach Danzig wird eine Reise in die Erinnerung, der Wiederbegegnung mit der Heimat der Kindheit und Jugend. Sie wird aber auch eine Konfrontation mit der politischen Vergangenheit der dreißiger Jahre und der Kriegszeit sowie mit der Gegenwart des polnischen Gdansk. Vor allem aber sucht und erlebt Ulrich Bräuel die Heimat seines noch in Danzig verstorbenen Vaters, erfährt dort eine neue Begegnung mit ihm, die neue Fragen aufwirft und zu weiteren Nachforschungen drängt.
Autorenporträt
ULRICH BRÄUEL, Dr. jur., geb. 1930 in Danzig. Ende Januar 1945 Flucht aus Danzig, Abitur in Arnstadt/Thüringen. Studium der Rechtswissenschaften in Freiburg i. Br., seit 1957 als selbständiger Rechtsanwalt in Berlin tätig. 1984 Promotion an der Universität Frankfurt am Main. Ulrich Bräuel hat einen Alterssitz in Lindau am Bodensee.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.10.2002

Wurzeln schlagen, wo Erdreich ist
Ein ehemaliger Danziger, der sich lange Zeit als Vertriebener fühlte, begibt sich auf eine sentimentale Reise in die Heimat seiner Vorfahren
ULRICH BRÄUEL: Die schwarze Mappe. Reise nach Danzig, Fibre Verlag, Osnabrück 2002. 239 Seiten, 24 Euro.
Dies ist ein Buch produktiver Erinnerung. Als ob Günter Grass mit seinem Buch über den Untergang der Wilhelm Gustloff eine Pandora-Büchse geöffnet hätte, kommen jetzt einige Vertriebene auf die Idee, aufzuschreiben, was sie schon lange herumtragen. Sieben Tage führte der Danziger Ulrich Bräuel, Jahrgang 1930, seit 1957 Anwalt in Berlin, ein Reise-Tagebuch in die Vergangenheit. Das Tagebuch ist durch die Reminiszenzen der vergangenen fünf Jahrzehnte so angefüllt, dass es fast fiktiv erscheint.
Dennoch: Die Reise wird begleitet von sentimentalen Gefühlen. Am ersten Tag notiert Bräuel: Der Geruch der See wecke in Sekunden eine Erinnerung an das Meer seiner Heimatstadt, „dieselbe Reaktion wie damals, als wir Kinder an der Endstation in Brösen ausstiegen: Wir rannten zum Strand”. Bräuel zitiert die alten Polenfreunde, den Freiherrn von Stein und Nikolaus Lenau. Er bewundert uneingeschränkt, dass Danzig nicht als Stadt „gemordet”, sondern vom polnischen Staat liebevoll wiederaufgebaut wurde: Dies sei eine große Leistung der Polen. Dennoch verweist er darauf, dass Versöhnung nicht um den Preis der Wahrheit errungen werden könne – das ist sein Leitthema: Mehr als 700 Jahre ethnischer Geschichte seien einfach wie Unrat hinweggefegt worden, als hätte es sie nicht gegeben. Auf dem Schloss Krockow denkt der Autor, „an die Problematik der entschädigungslosen Enteignung. Nicht einmal eine Geste entschärft Polens apodiktisches NEIN”, selbst bei diesem Landgut, das seit Jahrhunderten im Eigentum der Familie Krockow war.
Immerhin notiert Bräuel auch die Silberstreifen am Horizont deutsch- polnischer Verständigung. Polens Präsident Kwasniewski sagte 2001 in Mainz: „Die Steine in Danzig sprechen Deutsch.” Und Außenminister Bartoszewski bekannte schon 1995: „Wir haben uns daran beteiligt, Millionen Menschen ihrer Heimat zu berauben. Das uns angetane Böse, das wir anderen zugefügt haben, die Aussiedlung von Menschen aus ihrer Heimat, kann niemals eine gute Tat sein. ”Das Buch ist ein schönes Zeugnis für die Bereitschaft der Deutschen, auf ein Stück eigenen Landes zu verzichten.
Es mündet in ein erfundenes Gespräch des betagten Autors mit seinem verstorbenen Vater über die immerwährende Frage aller Deutschen: „Wie konnte das geschehen?” Er habe gegenüber den Polen keine bösen Gefühle mehr, fasst Bräuel am Ende seiner sentimentalen Reise zusammen; er empfinde sich nicht mehr als Heimatvertriebener. „Früher war ich es, als ich von Danzig noch als ‚Zuhause' sprach, wo alles anders gewesen sei”. Diese Phase sei einem Lebensimpuls gewichen, der Wurzeln schlagen lässt, wo Erdreich ist.
RUPERT
NEUDECK
Der Rezensent ist der Leiter der Hilfsorganisation Cap Anamur.
Einst war Danzig „zuhause”. Heute ist es für viele ehemalige Danziger eine fremde, liebevoll restaurierte Stadt in Polen.
Joker
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Sieben Tage ist der 1930 in Danzig geborene Autor in die Vergangenheit gereist und hat Tagebuch geführt. Und Rupert Neudeck, der für die SZ den Band rezensiert, hat den Eindruck, dass Günter Grass mit seinem letzen Buch eine "Pandora-Büchse" öffnete: Vertriebene schreiben auf, was sie lange Jahre mit sich "herumgetragen" haben. Das Tagebuch von Bräuel sei eine Mischung aus Anspielungen auf sein Leben nach der Vertreibung und Kindheitserinnerungen. Dominiert sei die ganze Reise von "sentimentalen Gefühlen", wie Neudeck meint. So philosophiere der Autor über den Wiederaufbau von Danzig ebenso wie über die Negation der deutschen Vergangenheit. "Immerhin", hält ihm der Rezensent zu Gute, "notiert Bräuel auch die Silberstreifen am Horizont deutsch-polnischer Verständigung". Somit bezeugt das Buch laut Neudeck die Bereitschaft der Deutschen, "auf ein Stück eigenen Landes zu verzichten". Im abschließenden fiktiven Zwiegespräch mit dem Vater könne daher der Autor von sich sagen, dass er sich nicht mehr als Vertriebener fühlt, sondern Wurzeln geschlagen hat, "wo Erdreich ist".

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