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Dieses Buch lädt dazu ein, zeitgenössische russische Lyrik zu entdecken - im Oigininal und in deutscher Übertragung. Die in der Anthologie vorgestellten Gedichte sind überwiegend in den 90er Jahren uznd zum großen Teil in allerjüngster Zeit entstanden. Der Schwerpunkt der Auswahl liegt bei der jüngeren Generation der 30- bis 40jährigen AutorInnen, diein Russland in breiterem Umfang publiziert und rezipiert werden, die es in Deutschland hingegen zum großen Teil noch zu entdecken gilt.

Produktbeschreibung
Dieses Buch lädt dazu ein, zeitgenössische russische Lyrik zu entdecken - im Oigininal und in deutscher Übertragung. Die in der Anthologie vorgestellten Gedichte sind überwiegend in den 90er Jahren uznd zum großen Teil in allerjüngster Zeit entstanden. Der Schwerpunkt der Auswahl liegt bei der jüngeren Generation der 30- bis 40jährigen AutorInnen, diein Russland in breiterem Umfang publiziert und rezipiert werden, die es in Deutschland hingegen zum großen Teil noch zu entdecken gilt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.10.2002

Des Stoffwechsels ewige Kette
Stil und Stilisierung: Eine Anthologie neuer russischer Lyrik

Die russische Lyrik ist eine Pflanze, die beinahe überall gedeiht. Inmitten einer Flut von Massenkultur, eines hart umkämpften Buchmarkts und eines Publikums, das immer weniger Muße hat, finden zeitgenössische Poeten in Rußland erstaunlich viele und treue Leser. Die Beobachtung, daß der Prozentsatz von Lyriklesern in fast allen Ländern klein, aber dafür stabil sei, läßt sich für das rauhe Rußland mit dem Zusatz versehen, daß der geistige Rückzug in die besseren virtuellen Welten der Verssprache eine ehrwürdige Tradition besitzt und auch heute eine vitale Subkultur darstellt. Einen Einblick in diese Welten ermöglicht jetzt ein verdienstvoller Sammelband, in welchem das deutsch-russische Duo Annette Julius und Feliks Cecik zweiundzwanzig Gegenwartsautoren mit je einer kurzen Auswahl im Original und in deutscher Nachdichtung sowie biographischen Anmerkungen und einem Nachwort vorstellt.

Den deutschen Leser beeindruckt, wie lebendig die traditionellen sprachmusikalischen Formen sind. Betrachtungen über die verwüstete Kulturlandschaft der Moderne kommen im graziösen Liedton daher. Philosophische Sätze nehmen folkloristische Dialekt-Gestalt an. Die gelungensten Texte beleuchten mit zugleich derbem und tiefsinnigem Humor die Tragikkomödie der menschlichen Existenz.

Dazu gehören die subtil kalauernden Sentenzen Timur Kibirovs, daß poetische Worte zwar sinnlos sind, für uns aber notwendig, weil wir uns ohne sie in der Welt nicht zurechtfinden. Oder Andrej Turkins Volksweisheiten vom Sternenhimmel, der in verschiedenen Hirnen verschiedene Visionen hervorruft, und welchen der Titel des Bandes entnommen ist. Julij Gugolev beantwortet in getragenen Strophen und Reimkaskaden Vorhaltungen wegen mangelnder Eßdisziplin mit einem theologischen Exkurs über die ewige Stoffwechselkette.

Doch das klassische Instrumentarium bringt auch klassische Geschichtsbilder hervor, deren Frische die Zeitdistanz nichts anhaben kann. Wenn Elena Svarc den Übergang einer russischen Husareneinheit über den bottnischen Meerbusen im Winter 1809 besingt, der Schweden zur kampflosen Preisgabe Finnlands bewog, so fängt dies den immergrünen Schauder des zivilisierten Europa vor den russischen Abenteurern ein. Manchmal freilich scheinen die gepflegten sprachlichen Gefilde die Substanz der überwiegend im vergangenen Jahrzehnt entstandenen Wortgewächse mitzuliefern. Ohne Scheu beschwören zeitgenössische Wortkünstler unfehlbare Pfeile, an denen Blutspuren nicht trocknen, die Göttlichkeit der entgötterten Natur, das durch Leiden lernende Herz. Mit dem Rüstzeug geschulter Technik und Stilgefühl bannen Autoren, die um die dreißig, vierzig Jahre alt sind, ewige Lyrikstoffe wie Einsamkeit, Liebe, Sinnsuche in suggestive Sprachbilder, in welchen die Musik und der elegische Ton von Anna Achmatowa und selbst Puschkin fortleben.

Dabei lassen die gelegentlich simplen Sentenzen und Sentiments merken, daß bei vielen Poeten die preziösen Wortgewänder nicht die eigenen sind. Zeilen wie "Wir wissen, daß zerrissen ist der Zeiten Band" (Swetlana Kekowa), "Mich friert, mein Freund" (Tatjana Woltskaja) oder "Halbtöne im Lächeln meines Sohnes" (Stella Morotskaja) klingen flach wie Fertigware, auch wenn sie tief erfahren sein mögen. Hier wird die Gesundheit der russischen Poesie zum Problem. Die philologisch versierten Autoren sind Meister der Stilisierung. Selten spürt man jenen Zwang, für etwas Unsagbares Worte zu finden, der die Erfahrung von Literatur als Kunst ausmacht. Wo alles durch Verse sagbar ist, erfüllt sich in schöngeistigen Sphären die Utopie oder Antiutopie der totalen Kommunikation.

KERSTIN HOLM

Feliks Cecik, Annette Julius (Hrsg.): "Nur Sterne des Alls". Zeitgenössische russische Lyrik. Kirsten Gutke Verlag Köln, Frankfurt 2002. 356 S., geb., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Recht angetan ist Kerstin Holm zunächst von dieser Anthologie zeitgenössischer russischer Lyrik. Sie hat "beeindruckt, wie lebendig die traditionellen sprachmusikalischen Formen sind". Die hat sie in Kibirovs "subtil kalauernden Sentenzen" ebenso gefunden wie in "Turkins Volksweisheiten" und in Gugolevs "getragenen Strophen und Reimkaskaden". Allerdings ist dieses "klassische Instrumentarium" dann nicht nur verantwortlich für "klassische Geschichtsbilder", die Kerstin Holm allerdings goutiert, sondern auch eine "Stilisierung" zu "preziösen Wortgewändern", denen sie anzumerken meint, dass sie nicht dem eigenen Erleben abgerungen sind. Insofern empfindet die Rezensentin dann die "Gesundheit der russischen Lyrik" auch als "Problem". Für sie ist letztlich dann doch eine Schwäche, wenn "alles durch Verse sagbar ist".

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