Marktplatzangebote
3 Angebote ab € 18,00 €
  • Gebundenes Buch

»Es ist ein entsetzliches Buch, mit dem Revolver vor der Stirn ist es geschrieben worden.« Jonas Lie
»Ich weiß wohl, daß dieses Buch ein Monstrum von einem Buch ist Eines aber ist sicher: die Boheme wächst, es werden ihrer immer mehr und mehr, dieser heimlosen Existenzen, die nicht in dem Erdboden der alten Gesellschaft Wurzel zu fassen vermögen und daher verkümmern und zugrunde gehen. Und könnten diese Unglücklichen schon am Anfang ihrer Lebensbahn dazu gebracht werden, selber klar und in vollem Umfang das Schicksal zu erkennen, das ihnen in der alten Gesellschaft zugemessen wird ? ein…mehr

Produktbeschreibung
»Es ist ein entsetzliches Buch, mit dem Revolver vor der Stirn ist es geschrieben worden.« Jonas Lie

»Ich weiß wohl, daß dieses Buch ein Monstrum von einem Buch ist Eines aber ist sicher: die Boheme wächst, es werden ihrer immer mehr und mehr, dieser heimlosen Existenzen, die nicht in dem Erdboden der alten Gesellschaft Wurzel zu fassen vermögen und daher verkümmern und zugrunde gehen. Und könnten diese Unglücklichen schon am Anfang ihrer Lebensbahn dazu gebracht werden, selber klar und in vollem Umfang das Schicksal zu erkennen, das ihnen in der alten Gesellschaft zugemessen wird ? ein heiliger Zorn würde sie packen darüber, daß so das teuerste Blut des Geschlechts, die Aussaat der Zukunft, dem Moloch der alten Zeit geopfert wird. Und mit jener Begeisterungsfähigkeit, die nur die Jugend besitzt, würden sie sich erheben, alle wie ein Mann, zu einem planmäßigen, zähen, nachhaltigen Kampfe, um die drei gigantischen Granitkolosse zu untergraben, die die alte Kultur und Gesellschaft tragen und alle Geistesarmut aufrecht erhalten: das Christentum, die Moral und den alten Rechtsbegriff. Und in diesem Kampfe würden sie einen Ersatz für das Leben finden, das ihnen versagt blieb.« (Aus dem Vorwort Hans Jaegers von 1885)

Hans Henrik Jaeger wurde am 2.9.1854 in der norwegischen Kleinstadt Drammen geboren und Besuch Lateinschule in Bergen, später in Arendal. Bereits als Schüler fahrt er zur See, mit 17 Jahren besteht er das Steuermannsexamen. Nach einer Reise ins Schwarze Meer desertiert er in England, wandert durch das Land, heuert unter falschem Namen wieder an. Seereisen fuhren ihn bis nach Amerika.
1875 wird er Stortingsstenograph und Referent für die Parlamentszeitung. Nebenbei studiert er Philosophie und debütiert 1878 anonym mit einer Studie über Kants Kritik der reinen Vernunft. 1883/84 erscheinen zwei Stücke Hans Jaegers, der inzwischen Kopf der Boheme von Kristiania ist. Die Hauptstadt Norwegens hat damals kaum 140 000 Einwohner; um so stärker wirkt dieProvokation, die von den jungen Künstlern, Schriftstellern und Intellektuellen ausgeht. Zu dem Kreis um Hans Jaeger gehören unter anderem Christian und Oda Krohg, später auch Gunnar Heiberg, Edvard Munch, Arne Garborg und Sigbjörn Obstfelder.
Im Frühjahr 1884 beginnt Jaeger mit der Niederschrift seines autobiographischen Romans »Fra Kristiania Bohemen«, der am 11. Dezember 1885 erscheint und schon am nächsten Tag beschlagnahmt wird. Das Buch löst einen Skandal aus, sein Verfasser wird in der Folge zu mehreren Gefängnis- und Geldstrafen verurteilt.
Hans Jaeger verliert seine Anstellung als Parlamentsstenograph und schlägt sich in Kopenhagen und Paris durch, er arbeitet bei einer Lebensversicherung und vollendet den ersten Teil eines weiteren autobiographischen Romans »Syk kjaerlihet« (Kranke Liebe), der ebenfalls verboten wird. Die Fortsetzungen dieses Werks bleiben ebenso erfolglos wie seine letzte größere Arbeit »Bibel der Anarchie« (1906). Am 8.2.1910 stirbt Hans Jaeger in Kristiania, über den Tod hinaus ein Geächteter.

»Kristiania-Boheme« erscheint hier in der Fassung der deutschen Erstausgabe im Wiener Verlag (1902), die durchgesehen und leicht bearbeitet wurde.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Hans Jaeger war im Dänemark des späten 19. Jahrhunderts als Skandalautor berühmt und berüchtigt - sein Roman "Kristiania Boheme" wurde am Tag nach seiner Veröffentlichung verboten, seine allzu liberalen Auffassungen in Sachen Sexualität brachten Jaeger auch einmal einen Gefängnisaufenthalt ein. Der jetzt wieder aufgelegte Roman ist, wenn man dem Rezensenten Peter Urban-Halle glauben darf, zwar nicht unbedingt ein mitreißendes Werk (eher ein etwas mühsam zu lesender "Ideenroman"), war aber doch seiner Zeit in einem Punkt voraus und darin unserer Gegenwart nah: Jaeger selbst nämlich gab sich das Gebot "Du sollst dein Leben schreiben" - und genau das tat er dann auch. Die Geschichte um einen Selbstmörder ist weitestgehend aus dem Leben gegriffen, das Lebensgefühl einer bei aller programmatischen Ausschweifung ihres Daseins nicht recht froh werdenden Fin-de-Siecle-Boheme wohl auch.

© Perlentaucher Medien GmbH