Marktplatzangebote
3 Angebote ab € 13,00 €
  • Gebundenes Buch

Er war ein Feingeist. Nicht die lauten Töne machten ihn zum Dichterfürsten seiner Zeit. Vielmehr jene subtile Musikalität, die noch Shakespeare bewundernd mit dem Lautenspiel eines John Dowland vergleichen konnte. Seine gedankliche Raffinesse, formale Perfektion und schier unerschöpfliche Phantasie faszinierten ganze Generationen von Literaten: Ob Milton, Pope, Shelley, Byron, Yeats oder Conrad, niemand konnte sich dem Klangzauber Edmund Spensers, dieser"silbernen Trompete"(Keats), entziehen. Und nirgends tritt die Meisterschaft des Dichters deutlicher zu Tage als in dessen filigranen…mehr

Produktbeschreibung
Er war ein Feingeist. Nicht die lauten Töne machten ihn zum Dichterfürsten seiner Zeit. Vielmehr jene subtile Musikalität, die noch Shakespeare bewundernd mit dem Lautenspiel eines John Dowland vergleichen konnte. Seine gedankliche Raffinesse, formale Perfektion und schier unerschöpfliche Phantasie faszinierten ganze Generationen von Literaten: Ob Milton, Pope, Shelley, Byron, Yeats oder Conrad, niemand konnte sich dem Klangzauber Edmund Spensers, dieser"silbernen Trompete"(Keats), entziehen. Und nirgends tritt die Meisterschaft des Dichters deutlicher zu Tage als in dessen filigranen Sonetten. Eros und Melancholie, Schönheit und Vergänglichkeit, Zorn und Milde werdenhier in immer neuen, oft paradoxen Bildern zusammengefügt und zur sprachlichen Vollendung gebracht.
Der Band stellt zum erstenmal sämtliche Sonette Spensers in deutscher Übertragung vor und enthält die Zyklen"Amoretti"und"Visionen von der Wahnhaftigkeit der Welt". Dem Lyriker Alexander Nitzberg gelang es, nicht nur die Poesie, sondern vor allem auch die Musik des Originals nachzuempfinden.
Autorenporträt
Alexander Nitzberg, geb. 1969 in einer Künstlerfamilie in Moskau, 1980 nach Deutschland aus. Studium der Germanistik und Philosophie an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Er ist freier Schriftsteller und Publizist. Des Weiteren unterrichtet er an der Heinrich-Heine-Universität und verfasst Lyrik, Prosa, Essays, Dramen und übersetzt aus dem Russischen. Er ist Mitglied im P.E.N.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.05.2008

Gepriesen sei Elisabeth

Die Liebe in den Breiten der Choleriker: Die Sonette Edmund Spensers - unter irischen Barbaren lebend und leidend - erstmals vollständig in deutscher Übertragung.

In finsteren Zeiten, das ist längst erwiesen, strahlt der Stern der Dichtung besonders hell. Was bleibt einem talentierten jungen Mann aus ordentlichem, aber mittellosem Hause, der stets sehr gute Lehrer, aber nie wirklich einflussreiche Gönner findet, letztlich anderes übrig, als durch eloquente Selbstpräsentation und kunstvolle Spracherfindung, die noch die größte Trübsal aufzuhellen vermag, die Gunst der Mächtigen zu erbitten?

Einem Zentralgestirn nähert sich freilich nur derjenige Dichter an, welcher selbst Leuchtkraft besitzt, während andere dieses Licht lediglich absorbieren oder spiegeln. Dichtkunst als Lichtstrahl also, der den Horizont versilbert. Aber wie die Dichtkunst versilbern? Bevor der bürgerliche Wohlstandsstaat zu diesem Zweck den Stadtschreiberposten und das Literaturstipendium erfand, führte in der höfischen Gesellschaft der Weg des Dichters über das Sonett. Wer sich in der Renaissance um Förderung bewerben oder überhaupt nur zur Geltung kommen wollte, verfasste gerne diese kunstfertigen Vierzehnzeiler.

Auch der englische Dichter Edmund Spenser griff in diesem Sinne zum Sonett - noch in der Spätzeit. Während der Tudor-Hof in England seine Macht immer glänzender entfaltete und Königin Elisabeth sich mit zunehmendem Alter von immer jüngeren Kavalieren tugendreich umschwärmen ließ, darbte Spenser in der Ferne, seit er aufgrund der Bestallung als Sekretär des Vertreters der englischen Königin in Irland im Jahre 1580 nach Dublin übergesiedelt war. Dabei hatte sein Frühwerk einst die strahlende Epoche der elisabethanischen Dichtung eröffnet. Nun aber befand sich der selbstbewusste Autor unter Barbaren, weil sich auf der Nachbarinsel alle edlere - und das hieß für ihn: englische - Kultur selbst mit Gewalt kaum durchsetzen ließ. Irland, verstrickt in einen schmutzigen Partisanenkrieg, mochte einem englischen Poeten des sechzehnten Jahrhunderts, der sich an Tasso und Petrarca maß, wie die Hölle erscheinen. Wen wundert es da, dass seine Verse von unbändiger Sehnsucht singen, von bangem Harren, lustvollem Begehren, endlosem Warten, von Irrfahren und Hoffen?

"Wie lange dieses Sterbeleben währt,/ das zwischen Furcht und Zuversicht verstreicht,/ in Zweifel und Verzagen sich verzehrt,/ nicht wissend, ob die Qual am Ende weicht?" So kann es klingen, wenn ein großer Dichter hungert. Dabei aber hungert es ihn, wie seine "Amoretti" bezeugen, vor allem nach Erfüllung in der Liebe. Entstanden in den frühen neunziger Jahren, als der Vierzigjährige um die Hand seiner (vermutlich zweiten) Frau anhielt, folgen die Gedichte weitgehend der Konvention des inbrünstigen Liebeswerbens, die Petrarcas Werk zweihundert Jahre zuvor in die Sprache europäischer Eliten eingeführt hatte.

Doch den Elisabethanern bot das petrarkistische Stellungsspiel des gequälten Liebhabers die zusätzliche Option, als hoffnungsvoller Höfling zu sprechen, denn ihre höchste Angebetete war schließlich nicht nur Königin der Herzen, sondern tatsächlich auch des Reichs. So wird Liebe als Passion und Politik zugleich wirksam, zumal für Edmund Spenser, dessen Gattin (wie übrigens auch seine Mutter) ebenfalls Elisabeth hieß: "Dank meiner Mutter bin ich, was ich bin,/ denn sie gebar mich einst aus ihrem Schoß./ Dank meiner würdevollen Königin/ ward ich auf Erden hier an Ehren groß./ Dank meiner Liebe, dieser reinsten Ros,/ entrann mein Geist dem Staub und wurde frei./ Und darum preise ich so grenzenlos/ vor allen anderen die teuren drei/ Elisabeths."

Alexander Nitzberg hat nun die erste deutsche Gesamtausgabe dieses europäischen Großwerks vorgelegt (gewidmet seiner eigenen Tochter Elisabeth). Nitzberg zeigt sich als guter, insgesamt stilsicherer Nach- und Neudichter der überaus komplexen und sehr bewusst durchkomponierten Spenserschen Kunstsprache. Gewiss wird jeder Leser, den es reizt, der zweisprachigen Doppelspur zu folgen, an vielen Stellen auch einmal andere Wege gehen wollen. Doch ist es diesem Übersetzer hoch anzurechnen, dass er sich, wie er im Nachwort schreibt, "die Form des Spenser-Sonetts zur unbedingten Vorgabe gemacht" hat und weder im Metrum noch im Kettenreim-Schema, das dieser Autor erfand und das kein anderer Dichter je zu übernehmen wagte, Kompromisse duldet. Einzig zu bedauern ist bei dieser verdienstvollen Unternehmung daher, dass Nitzberg sich entschlossen hat, statt des großen Hochzeitsgedichts, das Spensers Erstausgabe den neunundachtzig Sonetten folgen ließ, einen weiteren, kleinen Sonettzyklus über das Vanitas-Motiv aufzunehmen, der den thematischen Schwerpunkt der Gesamtkomposition gründlich verschiebt.

Dennoch finden deutsche Leser nunmehr endlich die Gelegenheit, den überragenden Zeitgenossen und Anreger des jungen Shakespeare durch eigene Lektüre zu erkunden. Während unzählige deutsche Übertragungen der Shakespeare-Sonette existieren, haben die "Amoretti" mehr als vier Jahrhunderte auf vollständige Übersetzung warten müssen. "Selig, ihr Blätter, denn auch euch erfaßt/ die Lilienhand, die mich hinweggerafft": So imaginiert Spenser zum Auftakt seiner Serie, wie die Geliebte die Blätter mit seinen Versen zur Hand nimmt und über sein Werk ihn selbst berührt. Drei Jahre später, im Jahr 1599, raffte es Spenser buchstäblich hinweg, und er wurde in Westminster Abbey bestattet. Die Hand jedoch, von ihm geführt, vermag noch immer zu berühren.

TOBIAS DÖRING

"Die Lilienhand". Alle Sonette von Edmund Spenser. Ins Deutsche übersetzt von Alexander Nitzberg. Verlag Jung und Jung, Salzburg 2008. 231 S., geb., 24,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Tobias Döring freut sich, dass nun endlich - nach mehr als 400 Jahren - auch eine deutsche Fassung sämtlicher Sonette des elisabethanischen Dichters Edmund Spenser vorliegt, den der Rezensent als eigenwilligen Lyriker und Vorläufer Shakespeares schätzt. Überwiegend Liebessonette versammelt der vorliegende Band, und der Rezensent findet es verdienstvoll, dass sich der Übersetzer Alexander Nitzberg in seiner Übertragung zum unbedingten Festhalten an den Spenser'schen Reimformen und seiner Metrik entschlossen hat. Spensers Sprache zeichne sich nicht nur durch Vielschichtigkeit und künstlerische Eigenwilligkeit aus, er habe auch ein "Kettenreimschema" erfunden, das bei keinem anderen Dichter zu finden sei, betont Döring. Er ist nicht mit allen Entscheidungen des Übersetzers einverstanden, lobt aber die deutsche Fassung alles in allem als gelungen.

© Perlentaucher Medien GmbH