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Sie war ein Landkind und das "modernste Mädchen" der Vorkriegszeit; sie machte Karriere unter den Nazis und war doch gegen sie; sie galt als unabhängig und diszipliniert mit preußischem Mutterwitz und erfüllte die tragischen, zerrissenen Frauenfiguren des Theaters mit Leben: Marianne Hoppe - gelebter Widerspruch einer großen Charakterdarstellerin im Spiegel deutscher Geschichte.

Produktbeschreibung
Sie war ein Landkind und das "modernste Mädchen" der Vorkriegszeit; sie machte Karriere unter den Nazis und war doch gegen sie; sie galt als unabhängig und diszipliniert mit preußischem Mutterwitz und erfüllte die tragischen, zerrissenen Frauenfiguren des Theaters mit Leben: Marianne Hoppe - gelebter Widerspruch einer großen Charakterdarstellerin im Spiegel deutscher Geschichte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.12.2001

Eine Distanzdiva rauscht vorbei
Blitzsauber und brav: Die erste Biographie über Marianne Hoppe

Was auch immer Kluges über die Schauspielerin Marianne Hoppe mitgeteilt worden ist, das Beste stammt meistens von ihr selbst. Einer Journalistin erklärte sie zum Beispiel in pointierter Knappheit: "Ich bin Mitglied der Berliner Akademie der Künste und des Südbayerischen Milchschafezuchtverbandes. Das sind meine Pole." So nüchtern und klar wie ihre Figurendarstellungen, so kühl und trocken sind auch ihre Stellungnahmen in eigener Sache - von wolkigen Äußerungen zu Leben und Karriere im Dritten Reich abgesehen. Seit Ende der zwanziger Jahre schrieb die 1909 in Rostock geborene "Intellektschauspielerin" deutsche Theater- und Filmgeschichte.

Hätte man in den späteren Dreißigern einen Brief mit "Marianne Hoppe, Deutschland" adressiert, er wäre ohne Verzögerung angekommen, meint Petra Kohse in ihrer Biographie. Das ist eine hübsche Vermutung und eine der wenigen Thesen, die sich dieses "erste Buch über Marianne Hoppe" erlaubt. Denn im weiteren entpuppt es sich als indifferente, brav erfaßte Ansammlung von Fakten, Anekdoten, Zitaten. Um das Phänomen Marianne Hoppe in seinem historischen Umfeld zu schildern, verlegt sich Kohse auf schulmeisterliches Belehren, das die Lexikon-Ebene kaum verläßt und mit den künstlerischen Ereignissen lediglich in loser Verbindung steht. Da dreht Hoppe etwa Mitte August bis Mitte Oktober 1939 für die Ufa den in Afrika spielenden Abenteuerfilm "Kongo-Express". Noch im selben Absatz weist Kohse darauf hin, daß "die Deutschen am 1. September in Polen einmarschierten und einen Weltkrieg provozierten, der jenen Kontinent eineinhalb Jahre später auch erreichen sollte". Wie im Volkshochschulkurs wird der Name "Reichskristallnacht" erklärt, wie im Biologie-Grundkurs Hoppes "Reifung vom Mädchen zur Frau" angekündigt, "die auch rein lebenszeitlich nicht ausblieb". Schlichte Soziologie-Lektionen, die samt den politischen Anmerkungen 1945 weitgehend abbrechen, korrespondieren einer langatmigen Lebens- und Rollenchronologie. Reihenweise werden Filminhalte nacherzählt und mit zeitgenössischen Kommentaren ergänzt, ohne daß sich daraus mehr als eine Oberflächenbeschreibung früher deutscher Kinounterhaltung ergäbe.

Zwischendurch kommen in kurzen Einschüben Freunde und Bekannte zu Wort, berichten, wie ein Arzt, daß die Diva immer noch arges Lampenfieber hätte, oder, wie eine Bewunderin aus frühen Tagen, von einer spontanen Geburtstagsfeier im zerstörten Berlin 1945. Oder, wie Hoppes einziges Kind Benedikt, von der zeitlebens flotten Autofahrerin. 1937 kaufte sie einen mitternachtsblauen BMW 326, den sie auf der Berliner Avus einfuhr. Das tat desgleichen Heinz Rühmann, bloß mit weniger Erfolg. Hoppe rauschte fröhlich winkend an ihm vorbei, während er meist mit offener Motorhaube am Straßenrand stand. Auf der Ondit-Ebene ist die Biographie gelegentlich unterhaltsam, wenngleich selbst hier sonderbar steif im Ton. Höchstens in Bruchstücken blitzt etwas vom Charisma der Hoppe und ihrer unerhörten Bühnenpräsenz auf, etwa wenn es um die umfassende Rollenvorbereitung geht. "Probenarbeit als Schattenboxen vor dem Auftritt, die Angst vor dem Unzulänglichen und die Flucht in den nächsten Versuch: Wieder scheitern, besser scheitern", nennt das Kohse einfühlsam in einer der wenigen überzeugenden Passagen des Buchs.

Obwohl Marianne Hoppe sich 1987 auskunftsfreudig der Fernsehreihe "Zeugen des Jahrhunderts" stellte, wollte sie, wie stets dem Pathos abhold, den Titel der Sendung nicht auf sich beziehen, da sie sich als gewöhnliches Kind ihrer Zeit verstand. Die Hoppe allerdings mindestens ebenso prägte wie jene sie, nur artifizieller. Von der Kraft, die das gekostet haben mag, und der Abgründigkeit, mit der es verbunden ist, will Kohses genügsames Porträt indes nichts wissen: Blitzsauber sagt hier die Kunst gute Nacht.

IRENE BAZINGER

Petra Kohse: "Marianne Hoppe". Ein Schritt vom Wege. Biografie. Ullstein Berlin, Berlin 2001. 432 S., geb., 44,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Fritz Göttler bespricht zwei Biografien Rücken an Rücken: eine zu Marianne Hoppe, eine zu Ferdinand Marian.
1) Petra Kohse: "Marianne Hoppe"
Über das Buch selbst hat Göttler wenig zu sagen, mehr, aber auch nicht viel, über das Leben der Biografierten, vor allem ihre Leinwand-Persona: "Was für eine strenge Schönheit, ohne jede Spur Jugendlichkeit". Über das Buch nur das: es besteht aus "streng konturierten Bruchstücken", die Haltung der Verfasserin liegt zwischen "Sympathie und Distanz".
2) Friedrich Knilli: "Ich war Jud Süß"
Die Rolle, die ihn berühmt macht - der Jud Süß in Veit Harlans Propagandafilm -, hat zugleich seine Nachkriegskarriere verunmöglicht. Ferdinand Marian starb dann schon 1946. Erzählt wird das Leben hier "in großem Bogen", man erfährt vom Unwillen des Darstellers, die Rolle des Juden Oppenheimer zu übernehmen. Knilli berichtet offensichtlich sehr solidarisch, "leidet mit", hatte, so berichtet Göttler, gegen Widerstände bei der Recherche zu kämpfen.

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