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Clemens Alexander Wimmer schlägt mit dieser Untersuchung ein neues Kapitel der Gartengeschichtsschreibung auf. Die seit über einem Jahrhundert ausschließlich kunsthistorisch betrachtete Gartengeschichte erfährt bei Wimmer die Hinwendung zur Pflanze und ihrer Verwendung, ist doch die Pflanze der eigentliche Inhalt des Gartens und ihre Verwendungsweise der eigentliche Gegenstand der Gartenkunst. Der Autor legt nun die Frucht seiner jahrzehntelangen Studien zur Pflanzenverwendung vor. Seine 2001 unmittelbar nach Erscheinen vergriffene Geschichte der Gehölzverwendung wird ergänzt durch die seitdem…mehr

Produktbeschreibung
Clemens Alexander Wimmer schlägt mit dieser Untersuchung ein neues Kapitel der Gartengeschichtsschreibung auf. Die seit über einem Jahrhundert ausschließlich kunsthistorisch betrachtete Gartengeschichte erfährt bei Wimmer die Hinwendung zur Pflanze und ihrer Verwendung, ist doch die Pflanze der eigentliche Inhalt des Gartens und ihre Verwendungsweise der eigentliche Gegenstand der Gartenkunst. Der Autor legt nun die Frucht seiner jahrzehntelangen Studien zur Pflanzenverwendung vor. Seine 2001 unmittelbar nach Erscheinen vergriffene Geschichte der Gehölzverwendung wird ergänzt durch die seitdem von ihm erforschten Gebiete der Blumen- und Staudenverwendung, der Obstbaumformen und der Rasenanlage. Die Gartengeschichte gewinnt durch seine gründlichen Analysen besonders für das 19. und 20. Jahrhundert an Klarheit. Hergebrachte Begriffe wie Landschaftsgarten, Eklektizismus und Moderne können anhand der Verwendungsweise der Pflanzen präziser gefasst werden als bisher. Der Untersuchungszeitraum reicht vom Mittelalter bis etwa 1970. Stellvertretend für die noch ausstehende vollständige Erfassung der Gartenpflanzen nach historischen Gesichtspunkten sind einige Tabellen typischer Sortimente in das Werk eingearbeitet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.05.2015

Wer hat wo, was und warum gepflanzt?

Gärten sind besondere Denkmale, aber um ihre Erforschung war es hierzulande bislang nicht gut bestellt. Clemens Alexander Wimmer hat jetzt die Geheimnisse der Gartenkünstler entschlüsselt.

Das Buch kommt zur richtigen Zeit. Nicht nur, weil jetzt wieder allenthalben die Gartenscheren geschliffen, die Gartenschauen eröffnet und die Pflanzencenter gestürmt werden. Die Lust der Deutschen am Pflanzen, Jäten, Schneiden und Graben ist seit Jahren ungebrochen, sogar generationsübergreifend. Die jährlichen Ausgaben für die Beet- und Rasenpflege samt Gartenmöblierung nähern sich der 20-Milliarden-Euro-Grenze, und die Zeitschrift "Landlust" hat ihre Auflage in den letzten acht Jahren nahezu verzehnfacht.

Da scheint "Lustwald, Beet und Rosenhügel" gut in die Landschaft zu passen, doch Vorsicht: Die Arbeit des Berliner Gartenhistorikers Clemens Wimmer ist keine Anleitung für den eigenen Bauern- oder Rosengarten und gehört noch weniger zu den Lifestyle-Produkten, die zeigen, wie der Garten zum sozialen Distinktionsmerkmal nobilitiert werden kann. Wimmers Buch, das die langjährige Forschung des Autors bündelt, ist ein inhaltsreiches, mit 570 historischen Plänen, Stichen und kolorierten Pflanzschemata ebenso opulent wie sinnvoll bebildertes Geschichtsbuch, in dem sich eine ganze Welt auftut. Nicht umsonst hat das Buch soeben den deutschen Gartenbuchpreis erhalten.

Wem gehört die Gartenkunst? Den Kunsthistorikern, die über die Sonnensymbolik von Versailles und die Leibnizsche Monadologie im Park von Herrenhausen forschen, oder doch den Experten der Natur, die die Technik des Pflanzenschnitts und die Fragen der Gehölzgruppierung studieren? Kunst oder Handwerk, das ist die alte Frage, wenn von Gärten und Parks forschungshalber die Rede ist. Wimmers Position ist eindeutig: Auf mehr als vierhundert engbeschriebenen Seiten wird die Geschichte der gärtnerischen Kernaufgabe verfolgt: was, wo, in welcher Anordnung gepflanzt wurde.

Den Rahmen stecken ungefähr die Jahre 1500 und 1945; die Quellen sind historische Gartentraktate, aus denen jeweils die charakteristischen Pflanzen, die Bepflanzungspläne und viele andere Gestaltungsempfehlungen zusammengefasst sind. Wimmers Fleißarbeit ist außerordentlich, der Stil treibt das Prinzip der Nüchternheit manchmal etwas weit. Die Vielfalt der Abbildungen aber erleichtert die Lektüre, und das Spektrum der Details bietet letztlich reichlich Entdeckerfreuden: Wir erfahren von den Spielarten des Spalierobstbaums im Barock, bewundern die berceaux naturels aus Linden und Ulmen, aus denen die Gartenarchitekten den Park zu einer Art großer Freiluftwohnung mit grünen Wänden machten.

Man kann die Listen der neu eingeführten Pflanzensorten in der Renaissance studieren, hört von den Pyramiden, die Friedrich II. aus Holland für die Weinbergterrassen von Sanssouci importierte. Wimmer kennt das Pflanzeninventar der Villa d'Este von Tivoli im Jahr 1580, den Pflanzplan des Gartens von Furttenbach in Ulm, weiß von den pflanzlichen Monogrammen der Herrscher zu erzählen und lässt den Leser zum Connaisseur werden angesichts der ornamentalen Broderiemuster, die zum französischen Markenzeichen wurden. Mit dem Renaissancegarten beginnt Wimmer seine Geschichte, mit dem "Garten der Moderne" lässt er sie etwas abrupt enden.

Dazwischen liegt ein Feld, das in der Tat bisher stiefmütterlich behandelt wurde. Die Kunsthistoriker, so ließe sich wohl Wimmers Position umschreiben, sind zu verliebt in ihre spekulativen Ideen, um das Naheliegende am Boden, die Blumen, Kräuter und Sträucher, das eigentliche Material ihres Gegenstandes, wahrzunehmen. Auf der anderen Seite ist für die heutigen Landschaftsarchitekten das Thema Pflanze, deren Geschichte allemal, eine vernachlässigbare Größe, sieht die Zunft doch in großräumlichen Landschaftsplanungen ihre Identität.

Diese standes- und fachspezifischen Richtungsdebatten sind bei Wimmer als kritischer Subtext stets mitzulesen. Es geht ihm um die Rehabilitierung der Pflanze gegenüber den Gebildeten ihrer Verächter. Freilich befriedigt dieser Ansatz nicht alle Interessen. Der Autor muss den repräsentativen Lustgarten, auf den sich die kunsthistorische Interpretation in der Regel beschränkte, auf eine Stufe mit anderen Gartentypen stellen, mit Küchen-, Kräuter- und Blumengarten, und er muss die Entwicklung der Profession vom Gärtner zum freien entwerfenden Künstler weitgehend ausblenden, um seinen Ansatz durchhalten zu können.

Aber hatte nicht Ludwig XIV. seine Obst-, Blumen- und anderen Spezialgärten aus dem repräsentativen Zentrum des Parks von Versailles bewusst aussortiert? Eine Rangordnung von Gartentypen im siebzehnten und noch im achtzehnten Jahrhundert steht wohl außer Frage. Die Pflanzen selbst geben darüber wenig Auskunft. Dass man sich in der Fülle des Materials und des behandelten Zeitraums nicht wie im Irrgarten verliert, dafür sorgt eine einheitliche schematisierte Gliederung nach Epochen: Einer Einführung folgen Abschnitte über Pflanzensortimente, Gartentypen, Verwendungsformen der Pflanzen und schließlich eine leider recht knappe Zusammenfassung der Schriften der wichtigsten Autoren, womit tatsächlich so etwas wie eine eigenständige Systematik einer auf Pflanzen beruhenden Gartenkunstgeschichte intendiert wird. Besonders gegen Ende der Zeitreise, wenn die noch wenig fixierten gärtnerischen Epochen der "Spätromantik", des "Eklektizismus" und der "Moderne" sich überlappen, verlieren die Spuren ihre Eindeutigkeit.

Obwohl wissenschaftlich-botanische Gesichtspunkte im neunzehnten Jahrhundert deutlich an Bedeutung gewinnen, sind andererseits die Bezüge der Gartenkunst etwa zur Architekturgeschichte, zu ästhetischen Farbtheorien, zu einem umfassenden Phänomen wie der Reformidee oder auch zu den Malergärten eines Pissarro oder Monet ebenso eng wie lohnend. Hier stößt die isolierte Betrachtung der Pflanzen selbst an ihre Grenzen.

Dennoch ist der These des Buches, das insgesamt eher als Grundlagenbuch einzuschätzen ist, zuzustimmen: Die Bepflanzung kommt in den meisten Gartenkunstgeschichten zu wenig vor. Ihre Kenntnis aber wäre nicht zuletzt für die Rekonstruktion historischer Gärten notwendig. Um die Gartendenkmalpflege aber ist es hierzulande nicht gut bestellt; nur einen einzigen Lehrstuhl gibt es in Deutschland, einen Bereich, für den Wimmers Buch demnächst als Standardwerk gelten dürfte. Materialgerechtigkeit, der Erhalt der Bausubstanz, in der Architektur lange schon entscheidendes Kriterium, hier in der Gartenkunst entspräche dem die Nachpflanzung der genetisch gleichen Pflanze an gleicher Stelle. Dass damit nicht alles über die Reize und Zauberkräfte von Parks und Gärten gesagt ist, Historientreue und Schönheit nicht immer identisch sind, steht auf einem anderen Blatt.

FRANK MAIER-SOLGK.

Clemens Alexander Wimmer: "Lustwald, Beet und Rosenhügel". Geschichte der Pflanzenverwendung in der Gartenkunst.

Verlag VDG, Weimar 2014. 432 S., 570 Abb., geb., 52,- [Euro].

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