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Endlich!
Althussers epochales Werk erstmals ins Deutsche übersetzt.
Vor 50 Jahren erschienen blieb dem Opus magnum Althussers und seiner Schüler in Deutschland bis heute - selbst in der Hochphase der Marx-Diskussion in den siebziger Jahren - die verdiente Rezeption weitgehend verwehrt. Die nun vorliegende Übersetzung kommt genau zum richtigen Zeitpunkt: Sie kann der zu neuem Leben erwachten kritischen Auseinandersetzung mit Marx' Werk wichtigen Anschub geben, indem sie hilft, das hermeneutische, historistische und irrationalistische Erbe zu kritisieren, welches immer (noch nicht nur) auf…mehr

Produktbeschreibung
Endlich!

Althussers epochales Werk erstmals ins Deutsche übersetzt.

Vor 50 Jahren erschienen blieb dem Opus magnum Althussers und seiner Schüler in Deutschland bis heute - selbst in der Hochphase der Marx-Diskussion in den siebziger Jahren - die verdiente Rezeption weitgehend verwehrt. Die nun vorliegende Übersetzung kommt genau zum richtigen Zeitpunkt: Sie kann der zu neuem Leben erwachten kritischen Auseinandersetzung mit Marx' Werk wichtigen Anschub geben, indem sie hilft, das hermeneutische, historistische und irrationalistische Erbe zu kritisieren, welches immer (noch nicht nur) auf der akademischen Philosophie lastet. Nur auf diese Weise wird es möglich werden, das kritische Potenzial der Kapital-Lektüre in der gegenwärtigen wissenschaftlichen und insbesondere in der politischen Debatte voll zu entfalten und dabei zugleich die deutsche Diskussion für die global geführten Debatten ebenso zu öffnen wie fruchtbar zu machen.

Zusammen mit der Sammlung von Louis Althussers philosophischen Interventionen unter dem Titel Für Marx markierte dieses Buch einen radikalen Neubeginn der Debatte über den Marxismus und ihre Streitpunkte: Worin liegt eigentlich der wissenschaftliche Durchbruch, den Marx in seiner "Kritik der politischen Ökonomie" auf dem Felde der Wissenschaften von Geschichte und Gesellschaft vollzogen hat? Und: In welchem Sinne liefert dieser wissenschaftliche Durchbruch unverzichtbare Grundlagen für eine Politik der Überwindung der Herrschaft der kapitalistischen Produktionsweisen in unseren gegenwärtigen Gesellschaften? Sowie schließlich: Welchen Beitrag kann ein kritisches Philosophieren dazu leisten, dass sich wirklich wissenschaftliche Forschung und revolutionäre Politik als solche entwickeln und gegen alle Störungen durch herrschende Ideologien behaupten können? - Um eben diese Fragen zu bearbeiten und neu zu beantworten, ist heute immer noch das Kapital zu lesen - und dieses Buch hilft heute erst recht dabei, die Kapital-Lektüre auf diese Fragen zu beziehen.
Autorenporträt
Frieder Otto Wolf, geboren 1943, Prof. h.c. Dr. phil., PD an der FU Berlin, Philosoph und Politologe, 1994-1999 MdEP für Bündnis 90/Die Grünen.

Étienne Balibar, geboren 1942, ist emeritierter Professor für Philosophie an der Universität Paris X Nanterre und Distinguished Professor of Humanities an der University of California, Irvine. Er ist Schüler von Louis Althusser.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.06.2015

Was ist? Kampf!
Louis Althusser lesen - warum es heute hilft, das Werk des Marxisten und Anti-Fundamentalisten wiederzuentdecken

Auf die tiefste aller philosophischen Fragen, auf die Frage "Was ist?" hat Karl Marx im Sommer 1880 in einem englischen Badeort einem amerikanischen Journalisten mit einem Wort geantwortet: "Struggle!" Der Kampf also ist es, was ist. Louis Althusser hätte dieser allgemeinsten aller Bestimmungen des Seins, dessen, was ist, sofort zugestimmt, hätte mit Mao aber hinzugefügt: "Nie den Klassenkampf vergessen!"

Wenn man diese Forderung heute liest, muss man zwangsläufig lachen und zustimmend denken: Klar, wird gemacht. Merkwürdigerweise sind es heute aber gerade solche lustig-verstaubt klingenden Parolen, in denen Louis Althussers Aktualität aufscheint, da nicht mal mehr Alain Badiou oder Slavoj Zizek vom Klassenkampf sprechen. In einer schönen, erstmals auf Deutsch vollständigen Ausgabe von "Das Kapital lesen", einem der Bücher, mit denen Althusser, nachdem es 1965 in Paris erschienen war, weltberühmt geworden war, kann man dieser Aktualität nachspüren. Wobei weltberühmt sich damals tatsächlich auf die ganze Welt bezog. Althussers Schriften wurden teilweise auch ins Russische und Chinesische übersetzt. Und wie er in seinem autobiographischen Bericht "Die Zukunft hat Zeit" schrieb, hatte er im Zuge der Übersetzungen auch eine Einladung Maos erhalten, der mit Althusser dessen Thesen diskutieren wollte. Dass Althusser die Einladung aus Rücksicht auf die 1968 beginnenden Kämpfe zwischen den französischen Maoisten und der KPF, der kommunistischen Partei Frankreichs, ablehnte, empfand er im Nachhinein, wie er schrieb, als einen seiner größten Fehler.

Der Kampf in Paris, an dem er aus Rücksicht auf die KPF nicht mal teilgenommen hatte, hatte ihn aber nicht nur um ein Treffen mit Mao gebracht, es hatte ihn auch von vielen seiner Schüler im Streit getrennt. Seine Schüler Bernard-Henri Lévy, Alain Badiou und Jacques Rancière kämpften auf Seiten der Maoisten nicht zuletzt auch gegen die KPF, die sie als schrecklich mittelmäßig, veraltet und dogmatisch empfanden. Althusser hingegen hielt der Partei, in der er bis zu seinem Tod am 22. Oktober 1990 Mitglied geblieben war, die Treue. Daher rührt auch sein Ruf als fundamentalistischer oder dogmatischer Philosoph.

Ein Bild, das allerdings nur zu kleinen Teilen stimmt und den bedeutenderen Teil von Althussers Schaffen, seine gegen jeden letzten Grund, gegen jeden Grund des Grundes und jede Suche nach dem Fundament aller Fundamente gerichtetes Denken verdeckt. Der Soziologe Oliver Marchart hat in seiner großartig fairen Studie zur "postfundamentalistischen Theorie der Gesellschaft", die unter dem Titel "Das unmögliche Objekt" 2013 bei Suhrkamp erschienen ist, die Ambivalenz Althussers herausgearbeitet. Althussers Kampf, der zuerst ein Kampf an der Theoriefront in der Philosophie war und im Wesentlichen blieb, richtete sich demnach vor allem gegen den Ökonomismus des orthodoxen und vulgären Marxismus. Althussers Neulektüre der Schriften von Marx entsprang der Erkenntnis, dass man nach Stalin nicht einfach so tun könne, als sei nichts geschehen; und dass man nichts begriffen habe, wenn man eine politische Niederlage nur auf die Stärke des Gegners zurückführe. Die Gründe seien in der Schwäche des eigenen Projektes zu suchen. Und für Althusser war das immer eine Schwäche des Denkens und nicht der Organisationsstruktur von Parteien oder Gewerkschaften. Im Denken des orthodoxen Marxismus fand er diese Schwäche in der Vorstellung, die Ökonomie sei die alles bedingende Kraft, die "letzte Instanz", die alles Wirkliche bestimme.

"Die einsame Stunde der ,letzten Instanz' schlägt nie, weder im ersten noch im letzten Augenblick", schrieb er in "Für Marx", einem Buch, das ebenfalls 1965 in Paris erschienen war. Im Grunde hatte Althusser damit das marxistische Basis-Überbau-Modell wenn nicht verabschiedet, so doch die darin enthaltene Kausalität stark relativiert. Die Basis, das Ökonomische, konnte also nicht mehr allein für alles, was im Überbau - der Kultur, der Regierung, des Rechts oder nur des morgendlichen Aufstehens oder Liegenbleibens - geschieht, verantwortlich gemacht werden. Man sehe in der Geschichte nie, dass die Überbauten "sich respektvoll zurückziehen, wenn sie ihr Werk vollbracht haben (. . .), um auf dem königlichen Weg der Dialektik ihre Majestät die Ökonomie voranschreiten zu lassen, weil die Zeit gekommen wäre".

Ein Satz, in dem man alle Gründe findet, warum man Althusser heute wieder lesen sollte. Da ist zuerst der Stilist, der mit ein paar Worten, wie "königlich" und "ihre Majestät" den Alterszustand der marxistischen Orthodoxie bestimmt. Da ist der Diagnostiker, der heute auf eine Weise recht bekommt, die sich selbst orthodoxeste Marxisten nie hätten träumen lassen. Es gab nämlich in der Geschichte noch nie eine Zeit, in der die Ökonomie zum ersten und zum letzten Grund für alles gemacht wird wie in der aktuellen Weltsituation. Ihre Majestät, die Ökonomie, zieht zurzeit zwar viele Bedenken auf sich, doch am Ende hat sie immer das letzte Wort.

Welche Gefahren sich aus einer so einseitigen Begründungslawine ergeben, davon handelt Althusser unter anderem in dem Kapitel "Das Objekt des ,Kapitals'" in "Das Kapital lesen". Ganz sachlich und buchstäblich beschreibt Althusser, auf welches ganz bestimmte Objekt sich Marx im "Kapital" bezieht: auf die Herrschaft der kapitalistischen Produktionsweise in modernen, bürgerlichen Gesellschaften. Mit der Benennung des Objekts des Kapitals wird zugleich gesagt, dass es auch noch jede Menge anderer Objekte gibt, auch wenn sie nicht immer von Althusser ausgesprochen werden. Angesprochen werden von ihm aber die Objekte der Psychoanalyse und der Ideologie, die beide außerhalb des Geltungsbereichs von Marx' Objekt anzusiedeln sind.

Nicht minder wichtig als die Ökonomie werden sie in Althussers Darstellung aber durch eine fulminante Verschränkung. Beide Objekte, die der Psychoanalyse und der Ideologie, sind für Althusser nämlich ewig. Ewig ist die Ideologie zum Beispiel, weil, wenn man auf die Welt kommt, immer schon eine oder einer da ist, der einem sagt "Du bist" und einem einen Namen gibt. Einen Namen, auf dessen Nennung hin, wenn man vom Spielplatz bis zur Straßenkreuzung "angerufen" wird, man sich umdreht, solange man hören kann. Und weil das gar nicht anders geht, weil man immer einen Namen bewohnen muss, weil jedes Kind deshalb "die Vorurteile und daher das Alter seiner Eltern lebt", wie Althusser in einer seiner schönsten Formulierungen schreibt, ist die Ideologie wie das Objekt der Psychoanalyse ewig.

Für Althusser sind das aber keine ausweglosen Verstrickungen in Vorurteile oder blinde Objektfixierung. Es gibt immer Auswege aus der Ideologie, namentlich sind das für ihn die Wissenschaften, zu denen Marx' Kapitalanalyse ebenso zählt wie Freuds Entdeckungen, ohne dass sie deshalb gleich miteinander kurzgeschlossen werden. Althusser behandelt Freud wie Marx oder auch Nietzsche, Spinoza oder Foucault als gleichwertig an verschiedenen Objekten arbeitende Denker, denen er sehr streng Verwechslungen und Vermischungen erspart.

Genau das macht Althusser zu einem postfundamentalistischen Denker. Er glaubt eben nicht an einen letzten Grund, an ein Reich "imaginärer Urfülle ungehinderten Genießens", wie Oliver Marcharts wunderbare Formulierung für das eingebildete Paradies lautet, aus dem uns nur böse Mächte vertrieben haben. Für Althusser ist die ganze Sache des Lebens, der Gesellschaft und der Ökonomie von Anfang an auf Sand gebaut. Fundamentlos resultieren Gesellschaft und Ökonomie aus zufälligen Begegnungen, die dann, wenn sie sich auf Dauer stellen können, natürlich wirkmächtig sind. Aber sie sind weder zwangsläufig noch notwendig so geworden, wie sie sind. Für Althusser könnte alles auch anders verlaufen sein, und das ist die offene Stelle seines Denkgebäudes.

Ein Denken, das aber immer auch eine dunkle Seite hatte, aus der auch seine unfassbare Institutionengläubigkeit stammt. Früh von psychischen Krisen geschüttelt, die mit der klinischen Bezeichnung manisch-depressiv nur undeutlich erfasst werden, fand er in den Institutionen den Halt, der ihn überhaupt lebensfähig erhielt. Das war vor allem die École Normale Supérieure (ENS) in Paris, in der Althusser von 1948 bis zum 16. November 1980, dem Tag, an dem er im Zustand geistiger Umnachtung seine Frau erwürgte, lehrte und einen Kampf gegen den Einbruch des Wahnsinns in sein Leben führte, den er am Ende verlor.

CORD RIECHELMANN

Louis Althusser, Étienne Balibar, Roger Establet, Pierre Macherey, Jacques Rancière: "Das Kapital lesen". Vollständige Ausgabe, herausgegeben von Frieder Otto Wolf unter Mitwirkung von Alexis Petrioli, übersetzt von Frieder Otto Wolf und Eva Pfaffenberger. Verlag Westfälisches Dampfboot, 764 Seiten, 49,90 Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Noch immer, meint Rezensent Fritz Göttler, könne man aus der Gebrochenheit von Louis Althussers Werk ungeheuer viel lernen. Göttlers Faszination für den "gefallenen Engel" des Pariser Intellektuellenhimmels, der geradezu starrsinnig am Stalinismus festhielt, halb wahnsinnig seine Frau umbrachte und aus der psychiatrischen Anstalt schließlich das härteste Bekenntnisbuch "seit Rousseau" vorlegte. "Das Kapital lesen" ist eine schwierige Lektüre, warnt Göttler - der Band verbindet Marxismus und Strukturalismus -, aber auch faszinierend in all ihrer Strenge und ihrem Fanatismus. Der Rezensent begrüßt, dass der in Zusammenarbeit mit anderen Autoren entstandene Band nun endlich auf Deutsch zu lesen ist.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.09.2015

Die Zukunft, die zu lang dauerte
Vor 50 Jahren erschien das revolutionäre Buch „Das Kapital lesen“ von Louis Althusser. Nun ist es vollständig ins Deutsche übertragen
Er war der gefallene Engel der Pariser Intellektuellen der Sechzigerjahre, eine gequälte Existenz, wie aus der schwarzen Romantik – Louis Althusser (1918 bis 1990). Eine unglückliche Jugend, Kriegsgefangenschaft, danach Lehrtätigkeit an der Ecole Normale Superieure, Mitglied in der PCF, der kommunistischen Partei Frankreichs bis ans Lebensende, ihr die Treue haltend sogar nach Stalins Tod, mit Konsequenz, wenn nicht Starrsinn, auch dann noch, als die Maoisten den alten stalinistischen Kurs immer stärker in Frage stellten, in den Jahren vor ’68. Sein Leben lang hat er an Depressionen gelitten, mehrmals war er in Behandlung, und im November 1980 hat er in einem Anfall seine Frau Hélène erwürgt. Ein Prozess blieb ihm erspart, aber Althusser blieb in verschiedenen Anstalten bis zu seinem Tod 1990. Ein Schock für die intellektuelle Welt: Haben wir uns von einem Verrückten belehren lassen, verführen lassen?
  Denn verführerisch waren und sind die beiden Bücher, die Althusser Mitte der Sechziger vor gelegt hat, „Pour Marx“ und „Das Kapital lesen“, in denen er ein Retour zu Marx, eine neue, genaue, stringente Marx-Lektüre vorgeschlagen hatte. Zurück zu Marx, der – was Althusser euphorisch feiert – einen neuen Kontinent des menschlichen Wissens entdeckt hatte, den der Geschichte, so wie einst Thales und die anderen Griechen den Kontinent der Mathematik, Galilei dann den Kontinent der Physik entdeckt hatten. Althusser will nun, in einer philosophischen Anstrengung – die immer auch eine politische ist – aus der Marxschen Methode und Dialektik eine Wissenschaft machen.
  Nach seinem Tod wurde ein Lebensbericht veröffentlicht, den Althusser in den Jahren nach dem Mord in der Anstalt geschrieben hatte, „L’avenir dure longtemps/Die Zukunft hat Zeit“ – das härteste Bekenntnisbuch womöglich seit Rousseau. Althusser legt seine Ängste offen, jene Furcht vor allem, als Betrüger entlarvt zu werden. Zu wenig Kenntnisse in der Philosophiegeschichte, viel zu wenig Kenntnisse in den Schriften von Marx, selbst das „Kapital“ hat er nie ganz gelesen. Aber keiner hat solche Ängste so faszinierend produktiv gemacht, seine Lücken und die Momente des Schweigens wie Althusser. Man kann aus der Gebrochenheit dieses Werks immer noch ungeheuer viel lernen.
  „Pour Marx“, eine Sammlung von Aufsätzen aus der ersten Hälfte der Sechziger, ist das leichtere der beiden Bücher, schon der Titel bezaubert durch seinen zärtlichen Enthusiasmus. „Das Kapital lesen“, entstanden in Gemeinschaft mit Kollegen und Freunden, – ist entschieden schwerer, auch schwerfälliger, von einer Strenge, einem Fanatismus gar gezeichnet. Man muss sie beide zusammenlesen lesen und kann das nun, wenn, fünfzig Jahre später, „Das Kapital lesen“ in einer vollständigen Fassung auf Deutsch erschienen ist.
  Die beiden Bücher dokumentieren die Vereinigung von Marxismus und Strukturalismus, Althusser wollte auch für den Marxismus das obsolet gewordene simple Kausalitätsprinzip erledigen – die alte Formel von den Produktionsverhältnissen, die das Denken bestimmten, die Basis–Überbau-Konstruktion. Die Gesellschaft bestand für ihn aus diversen ineinander verflochtenen Strukturen, von denen eine die anderen mehr oder weniger dominierte – für dieses Geflecht borgte er sich den Begriff der Überdeterminierung von der Psychoanalyse. Es gibt keine einseitige, monokausale Dialektik: „Die einsame Stunde der ,letzten Instanz‘ schlägt nie, weder im ersten noch im letzten Augenblick.“ Und die Geschichte ist ein „Theater ohne Autor“, wir sind, bevor wir Zuschauer sein können, nolens volens Akteure darin. Sein Leben lang quälte Althusser sich damit ab, die Rolle der Intellektuellen, also seine eigene, im revolutionären Prozess zu ergründen.
  Die Zukunft kann lang dauern . . . Im Jahr 1964 starb einer seiner besten Freunde, der Philosoph Jacques Martin, Selbstmord. Noch ein dunkler Engel, er hat in den Fünfzigern Hesses „Glasperlenspiel“ übersetzt. Es war wohl eine verschworene Gemeinschaft damals, an der Ecole, ein Denker-Orden. Und Louis Althusser war sein Magister Ludi.
FRITZ GÖTTLER
Louis Althusser, Étienne Balibar, Roger Establet, Pierre Macherey, Jacques Rancière: Das Kapital lesen. Vollständige und ergänzte Ausgabe mit Retraktionen zum Kapital. Hrsg. Frieder Otto Wolf, unter Mitwirkung von Alexis Petrioli. Aus dem Französischen von Frieder Otto Wolf und Eva Pfaffenberger. Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 2015. 764 Seiten, 49,90 Euro.
Das Drama von Marx, so Louis Althusser (Foto: Verlag), war seine Einsamkeit. „Unsererseits verdanken wir es Marx, dass wir nicht alleine sind. Unsere Einsamkeit hat allein auf unserer Unkenntnis dessen beruht, was er gesagt hatte.“
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