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Biografien, die berühren - eine Erfahrung, die verbindet: Polen, Ukrainer und Deutsche erzählen von Flucht und Vertreibung
Helga Hirsch arbeitet als Filmemacherin, Buchautorin und seit 1985 als freie Journalistin, von 1988 bis 1994 als Korrespondentin der ZEIT in Warschau. 2001 wurde sie mit dem Deutsch-Polnischen Journalistenpreis ausgezeichnet; 2005 mit dem Latücht-Preis für ihren Dokumentarfilm "Coffee Beans For a Life".

Produktbeschreibung
Biografien, die berühren - eine Erfahrung, die verbindet: Polen, Ukrainer und Deutsche erzählen von Flucht und Vertreibung
Helga Hirsch arbeitet als Filmemacherin, Buchautorin und seit 1985 als freie Journalistin, von 1988 bis 1994 als Korrespondentin der ZEIT in Warschau. 2001 wurde sie mit dem Deutsch-Polnischen Journalistenpreis ausgezeichnet; 2005 mit dem Latücht-Preis für ihren Dokumentarfilm "Coffee Beans For a Life".
Autorenporträt
Helga Hirsch arbeitet als Filmemacherin, Buchautorin und seit 1985 als freie Journalistin, von 1988 bis 1994 als Korrespondentin der ZEIT in Warschau. 2001 wurde sie mit dem Deutsch-Polnischen Journalistenpreis ausgezeichnet; 2005 mit dem Latücht-Preis für ihren Dokumentarfilm "Coffee Beans For a Life".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.02.2008

Eindringlich
Flucht und Vertreibung

Helga Hirsch ist immer wieder mit Veröffentlichungen hervorgetreten, die sich dem Schicksal der deutschen Opfer von Flucht und Vertreibung widmen. Jetzt nimmt sie die gesamtostmitteleuropäische Dimension in den Blick und zeichnet zehn Schicksale von deutschen, jüdischen, polnischen und ukrainischen Vertriebenen nach: So etwa die Odyssee Liselotte von Stackelbergs aus Riga über Gdingen nach Greifswald, dann nach Posen und Ostrowo nach Ludwigsburg - oder von Artur Singer aus Bessarabien über Chemnitz nach Zamo in Polen und von dort nach Bad Salzuflen. Sowohl Deutschbalten als auch Bessarabiendeutsche machten hierbei die keineswegs leicht zu verarbeitende Erfahrung, zum einen Opfer von Zwangsumsiedlung und Vertreibung, zum andern aber auch zu Werkzeugen der verbrecherischen NS-Politik in Polen geworden zu sein. Wichtig sind gerade für ein deutsches Publikum die Berichte, die sich mit dem heutigen polnisch-ukrainischen Grenzgebiet beschäftigen. Denn die auf die Grenzziehung von 1919/21 zurückgehenden Konflikte zwischen Polen und Ukrainern sind hierzulande wenig bekannt.

Beklemmend liest sich die Geschichte des polnischen Juden Kupple Miller, der nach Kriegsende zusammen mit acht Leidensgenossen aus Auschwitz in seinen Heimatort zurückkehrte, im November 1945 als Einziger durch Zufall der Ermordung (verantwortlich waren vermutlich antikommunistische polnische Partisanen) entging und daraufhin seine Heimat endgültig verließ. Helga Hirsch will mit diesen eindringlichen Berichten keineswegs deutsche Schuld relativieren oder Opfer gegeneinander aufrechnen. Sie plädiert vielmehr für einen offenen Dialog "frei von Schuldzuweisungen und Überlegenheitsgefühlen". Ihr ist hierbei durchaus bewusst, dass die individuelle Vertreibungserfahrung nicht automatisch zu einer Solidarisierung der unterschiedlichen Opfergruppen miteinander führt. Sie setzt bei der Überwindung der "geteilten Erinnerung" auf die Neugier der "Enkel", auf deren Bereitschaft, ein mutiges, von Mitgefühl gekennzeichnetes, differenziertes Bild von der Flucht und Vertreibung in Ostmitteleuropa zu zeichnen.

MATTHIAS STICKLER

Helga Hirsch: Entwurzelt. Vom Verlust der Heimat zwischen Oder und Bug. Edition Körber-Stiftung, Hamburg 2007. 293 S., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.11.2007

Verwinkelte Lebenswege
Zwischen Oder und Bug
Nicht erst mit der deutschen Niederlage im Osten 1945, sondern bereits mit dem Angriff auf Polen 1939 begann eine gigantische Bevölkerungsverschiebung. Nach Ost wie West wurden Millionen von Menschen umgesiedelt, vertrieben. Millionen flüchteten aus eigenem Antrieb, erst vor der Kriegswalze der Wehrmacht, dann vor der Roten Armee. Hunderttausende sind dabei umgekommen. Zwischen den Flüssen Oder und Bug, die heute die West- und die Ostgrenze Polens markieren, waren es Polen, Ukrainer, Juden und Deutsche.
Die frühere Polen-Korrespondentin Helga Hirsch hat die Lebenswege von zehn Personen nachgezeichnet, die in dieses große Räderwerk der Geschichte geraten sind. Da gibt es einen jungen Juden aus Warschau, der vor den Deutschen in den sowjetisch besetzten Teil Polens flieht, von dort in den Ural geschickt wird, nach dem Krieg über viele Umwege nach Oberschlesien gelangt, später aber nach Israel auswandert. Oder eine Baltendeutsche, die im Zuge der „Heim-ins Reich”-Politik Lettland verlassen muss, ein Gut bei Posen zugewiesen bekommt und mit der von den deutschen Besatzern enteigneten polnischen Besitzerin zunächst unter einem Dach lebt, später aber selbst vertrieben wird. Oder die Polin, die aus dem heutigen Weißrussland nach Kasachstan deportiert wird und nach dem Krieg nach Ost-Brandenburg kommt, das nun polnisch ist.
Wie in ihren früheren Büchern über Opfer des Krieges lässt Helga Hirsch die Personen, deren verwinkelte Lebenswege sie schildert, ausführlich zu Wort kommen. Ihre Botschaft: Die Schicksale der kleinen Leute waren unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit oft sehr ähnlich. Doch die Autorin verliert die große Geschichte nicht aus den Augen. Jedem der zehn Kapitel ist eine Skizze des politischen Hintergrundes vorangestellt. Es ist ein bewegendes Buch, das auch zeigt, warum dieser Themenkomplex bis heute einen Schatten auf die deutsch-polnischen Beziehungen wirft. Deshalb ist es allen sehr zu empfehlen, die sich für unseren Nachbarn im Osten interessieren, so wie auch eine polnische Ausgabe sehr wünschenswert wäre. THOMAS URBAN
Helga Hirsch
Entwurzelt
Vom Verlust der Heimat zwischen Oder und Bug. Edition Körber-Stiftung, Hamburg 2007. 292 Seiten, 20 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Berührt zeigt sich Rezensent Thomas Urban von Helga Hirschs Buch über zehn Menschen - Polen, Ukrainer und Deutsche -, die während und nach dem Zweiten Weltkrieg durch Umsiedlung, Flucht oder Vertreibung ihre Heimat verloren haben. Er begrüßt, dass die Autorin bei ihrer Schilderung dieser Lebensgeschichten die Porträtierten auch selbst zu Wort kommen lässt. Deutlich wird für ihn, dass diese Menschen unabhängig von der Staatsangehörigkeit oft dasselbe Schicksal teilten. Dabei hält er der Autorin zugute, die große Geschichte nicht aus dem Blick zu verlieren. Wie Urban hervorhebt, skizziert sie vor jedem der Kapitel die politischen Hintergründe. Der Rezensent jedenfalls kann die Lektüre nur empfehlen, auch weil das Buch zeige, "warum dieser Themenkomplex bis heute einen Schatten auf die deutsch-polnischen Beziehungen wirft".

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