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Autorenporträt
Gina Kaus (1893-1985), Wienerin, gehört zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Autorinnen der Zwanzigerjahre. Sie schrieb Theaterstücke und Romane und führte das verwegene Leben einer "Neuen Frau". 1933 wurden ihre Bücher von den Nazis verbrannt. 1938 kehrte sie Europa den Rücken und zog nach Los Angeles, in Hollywood wurden ihre Werke erfolgreich verfilmt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.09.2000

Lebendige Legende
Teufel in Seide: Eine Ausgabe für die Schriftstellerin Gina Kaus

Eine Alice Schwarzer der zwanziger Jahre war sie nicht. Gina Kaus, die ihren Weg in Wien und Berlin begann, bevorzugte Themen zur Psychologie und Emanzipation der Frau. Ihr literarisches Profil suchte sie in Zeitschriften wie "Die Mutter", die sie selbst herausgab, und "Die Dame". 1938 ging sie ins Exil. Daß man sie in die Nähe von Vicki Baum stellte, war nicht zu ihrem Vorteil. Die Freundin in Hollywood galt, vor allem mit dem Erfolgsroman "Menschen im Hotel", als Königin der Unterhaltungsliteratur. Zu ihren Hofdamen wollte Gina Kaus nicht zählen.

Zweimal, 1979 und später in einem Neudruck, erschien ihre Autobiographie. Aber bekannt geworden war sie im Nachkriegsdeutschland schon wieder mit dem Roman "Teufel in Seide", dessen Verfilmung, mit Lilli Palmer und Curd Jürgens in den Hauptrollen, die Kinokassen füllte. Jetzt sucht der Igel Verlag neue Leser für die 1985 im kalifornischen Santa Monica gestorbene Autorin zu gewinnen mit der Werkausgabe in zwei Bänden. Zu beiden Bänden hat der Herausgeber Hartmut Vollmer vorzügliche Nachworte geschrieben.

Der eine Band sammelt ausgewählte Erzählungen und Essays. Künstler-, Liebes- und Ehegeschichten machen den Großteil der Erzählungen aus. Anhängerin der Individualpsychologie Alfred Adlers, dringt Gina Kaus zu den seelischen Ursachen von Verstörung vor, ohne über der Analyse das spannende Erzählen zu vergessen. Entschiedener noch als die Erzählungen umkreist die betrachtende Prosa das eine Thema: die gesellschaftliche Rolle der Frau. Einiges von dem Staub, den der stürmische Fortschritt der Frauenemanzipation aufwirbelte, hat sich inzwischen über die Betrachtungen aus den zwanziger Jahren gelegt.

Die Verkaufsstrategie des Ullstein Verlags hatte im Jahre 1928 den Roman "Die Verliebten" zur Unterhaltungsliteratur gerechnet. Daß die Weichenstellung falsch war, davon kann sich der Leser jetzt im Neudruck des Romans überzeugen. Die Grundkonstellation: Tausch der Liebespartner über Kreuz, ist kein origineller Einfall. Aber eine erzählerische Doppelperspektive deckt die verborgenen Triebkräfte des Partnerwechsels auf. Jeder nimmt von der Situation des anderen nur einen Teil wahr und deutet die gemeinsamen Erlebnisse anders als der Partner. Eine der vier Hauptpersonen, die Schauspielerin, bringt es auf den Punkt: "Es kommt mir so vor, als spielte jeder von uns in einem anderen Stück." Und die Erzählerin resümiert: Sie waren eins nur im Augenblick der Leidenschaft, sie liebten nebeneinander her.

Solche unversöhnte Fremdheit in den Liebesbeziehungen ist nicht Sache der Unterhaltungsliteratur. Der Roman "Die Verliebten" bestätigt am ehesten den Satz, mit dem Hilde Spiel ihre Besprechung der Memoiren von Gina Kaus in dieser Zeitung (F.A.Z. vom 5. Mai 1979) schloß: "eine lebendige Legende, die sich ganz und gar der Versteinerung entzieht".

WALTER HINCK

Gina Kaus: "Die Verliebten". Roman; "Die Unwiderstehlichen". Kleine Prosa. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Hartmunt Vollmer. Igel Verlag Literatur, Oldenburg 1999 und 2000. Zus. 512 S., geb., 76,- DM.

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Gina Kaus ist heute am ehesten noch bekannt als Autorin der Romanvorlage für den Film "Teufel in Seide" (mit Lilli Palmer und Curd Jürgens). Nach der kürzlichen Neuauflage ihres Romans "Die Verliebten" (erstmals 1928 erschienen), den der Rezensent Franz Haas für seine "sprachliche und psychologische Brillanz" preist, ist nun eine Sammlung kürzerer Texte von Kaus erschienen. Zwar lobt Haas die Fähigkeit der Autorin zu "Witz und knapper Formulierung", andererseits spricht, scheint es, der "Geist der Neuen Sachlichkeit" für den Rezensenten doch etwas zu laut aus vielen der Texte. Sie sind, kritisiert er, nicht frei von Klischees und Wiederholungen der gängigen Themen, jedoch, lobt er andererseits, sei die Autorin dann immer wieder zu ironischen Volten in der Lage. Am schönsten findet Haas jene Texte, die nicht so sehr "Spiegel des Zeitgeists" sind, sondern auf den Lärm von Thesen verzichtende Schilderungen wie "Der Donaukanal". Die "verhaltene Romantik von der Metropole" werde hier "ohne Zeigefinger" heraufbeschworen.

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