Marktplatzangebote
6 Angebote ab € 5,00 €
  • Gebundenes Buch

Für ihren erfolgreichen Roman 'Der größere Teil der Welt' erhielt Jennifer Egan den Pulitzer-Preis und zahlreiche andere Auszeichnungen - nicht zuletzt deshalb, weil sie in ihrem Werk immer wieder mit Erzählweisen experimentiert und verblüffend präzise unser heutiges Lebensgefühl trifft oder sogar Blicke in die Zukunft wagt.Für ihre neue Geschichte 'Black Box' gibt es noch keine Bezeichnung, denn auch hier betritt sie Neuland: Die Story wurde getwittert und erschien erst, nachdem die Kurznachrichten gesendet waren, gebündelt im New Yorker. In der festgelegten Zeichenzahl von 140 Zeichen pro…mehr

Produktbeschreibung
Für ihren erfolgreichen Roman 'Der größere Teil der Welt' erhielt Jennifer Egan den Pulitzer-Preis und zahlreiche andere Auszeichnungen - nicht zuletzt deshalb, weil sie in ihrem Werk immer wieder mit Erzählweisen experimentiert und verblüffend präzise unser heutiges Lebensgefühl trifft oder sogar Blicke in die Zukunft wagt.Für ihre neue Geschichte 'Black Box' gibt es noch keine Bezeichnung, denn auch hier betritt sie Neuland: Die Story wurde getwittert und erschien erst, nachdem die Kurznachrichten gesendet waren, gebündelt im New Yorker. In der festgelegten Zeichenzahl von 140 Zeichen pro Tweet entfaltet Jennifer Egans Text eine ungeheure Explosionskraft. Eine namenlose, auf sich gestellte Frau ist auf einen hochrangigen Verbrecher angesetzt: Ihre Aufzeichnungen entfesseln eine atemberaubende, von Agententhrillern inspirierte Verfolgungsjagd, offenbaren dabei aber auch schonungslos den Umgang mit weiblicher Schönheit und technisch aufgerüsteten Körpern - eben als Black Box.
Autorenporträt
Jennifer Egan wurde 1962 in Chicago geboren und wuchs in San Francisco auf. Neben ihren Romanen und Kurzgeschichten schreibt sie für den New Yorker sowie das New York Times Magazine und lehrt an der Columbia University Creative Writing. Ihr Roman »Look at Me« kam ins Finale für die Nominierung des National Book Awards.Für ihren Roman »Der größere Teil der Welt« wurde sie mit dem Pulitzer-Preis 2011 ausgezeichnet.

Brigitte Walitzek, geboren 1952, lebt in Berlin. Seit 1986 ist sie Übersetzerin, u. a. von Margaret Atwood, Peter Behrens, Jane Bowles, Margaret Forster, Germaine Greer, Carson McCullers, Beverley Nichols, Jeanette Winterson und Virginia Woolf.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nun ist "Black Box", der im Mai 2012 von der Pulitzer-Preisträgerin Jennifer Egan getwitterte Roman auch als Buch erhältlich und Rezensent Joachim Hentschel stellt erfreut fest, dass der nun komprimierte "belletristische Live-Ticker" nicht an Wirkung verliert. Denn, auch wenn das Prinzip des Dialogs und der Hashtags Egans Text nun natürlich fehlt, ist ein "perfekt austariertes" Gebilde entstanden, in dem Hentschel einmal mehr gebannt einer futuristischen Geheimagentin folgt und darüber hinaus bewundert, wie es Egan gelingt, Sätze in Nachrichtencharakter zu formulieren, die beinahe "physische Schwere" haben. Ein auch kommunikationstheoretisch bedeutendes Buch, das nicht nur inhaltlich an die Brillanz von "Der größere Teil der Welt" anknüpft, lobt der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.09.2013

Wenn Machtmänner datenmäßig ausgesaugt werden
Die Mission einer Schönheit im hauchzarten Bademantel: Jennifer Egans wunderbar verspielter Twitterroman "Black Box"

Wann erscheint der erste Facebook-Roman? Gibt es eine Literatur im Twitterformat? Ist der Kurzsprech der sozialen Netzwerke kompatibel mit dem Anspruch eines komplexen Prosakunstwerks?

Diese Fragen sind in den vergangenen Jahren rauf und runter diskutiert worden. Und wahrscheinlich lassen sie sich so lange nicht abschließend beurteilen, bis es nicht ein Romanwerk gegeben haben wird, das seinen Schöpfer als ein Talent auf der Höhe seiner Zeit enthüllt und die 140-Zeichen-Prosa der digitalen Ära in den Stand einer literarischen Sprache versetzt. Die 1962 geborene Pulitzerpreisträgerin Jennifer Egan hat jetzt zumindest einen überzeugenden Versuch vorgelegt, ihrer Aufgabe als sprachlicher Seismograph der Stunde gerecht zu werden. Sie hat mit "Black Box" einen kleinen, rasanten Kurznachrichtenroman veröffentlicht, der als Abfolge tatsächlich gesendeter text messages zuerst im "New Yorker" erschienen ist und nun als kleines schwarzes Büchlein mit weißer Covertype in deutscher Übersetzung vorliegt.

Nicht zufällig erinnert die "Back Box" an ein digitales Lesegerät. Und der erste Tweet darin lautet: "Menschen sehen nur selten so aus, wie man es erwartet, selbst wenn man Fotos von ihnen kennt." Abwandelnd könnte man sagen, dass ein Buch, das aus Kurznachrichten besteht, auch nicht unbedingt so aussieht, wie man es erwartet, wenn man Besitzer eines Smartphones ist. Erst mal handelt es sich nämlich um untereinander abgedruckte, durch größere Absatzzeichen getrennte, säuberlich lektorierte Kurztexte. Das hat etwas Aphoristisches. Die meisten dieser Nachrichten lassen sich nämlich durchaus einzeln goutieren: "Ziel ist es, zugleich unwiderstehlich und unsichtbar zu sein." Oder: "Eine Schönheit in einem hauchzarten Bademantel kann überall hingehen, solange sie den Eindruck erweckt, dass sie sich zu jemandem begibt." Oder: "Die Tatsache, dass ein Mann dich erst missachtet und anschließend beleidigt, bedeutet nicht, dass er dich nicht ficken will."

Die Geschichte über eine Schönheit im hauchzarten Bademantel wird von Egan bewusst in einem James-Bond-Referenzsetting angelegt, in dem undurchsichtige Agenten oder brutale Machtmänner sich mit langbeinigen Femmes fatales vergnügen, die selbst als durchtriebene Agentinnen agieren und eigentlich mit der Beschaffung empfindlicher Daten beauftragt sind. Um so etwas scheint es hier zu gehen. Unsere Kurznachrichtenschönheit ist jedenfalls in bedeutender Mission unterwegs. Ein katzenhafter Machtmann soll datenmäßig ausgesaugt werden, was quasi einem digitalen Schnitt in seine Pulsadern gleichkommt. Um welche Sorte Daten es sich bei diesem kunstvoll eingefädelten Raub handelt, wird auf knapp neunzig Seiten nicht weiter aufgeklärt. Spannend ist die fragmentarische Handlung dennoch insofern, als sie uns Auskunft über gleich mehrere zeitgenössische Problematiken gibt: die Durchdrungenheit unserer Existenz durch Datenströme. Der anhaltende Sexismus in Feldern der Macht und des Geldes. Ein Moment des Paranoischen in Verbindung mit einem neu erblühenden (nationalen) Heroismus.

Aber der Reihe nach: Eine "Schönheit" soll in das Schlafzimmer eines mächtigen Mannes eindringen, um sein Handy dort mit ihrem eigenen Körper, den sie einem ungenannten Geheimdienst als Black Box zur Verfügung stellt, anzusaugen. Das ist nicht nur von der Machart her - ins Schlafzimmer eindringen, niemanden dabei wecken, von Schusswaffen Gebrauch machen - eine gefährliche Sache, sondern auch wegen der Datenströme selbst. Denn "obwohl es sich um fremde Daten handelt, werden die freigesetzten Erinnerungen deine eigenen sein", heißt es in einem Tweet. Und: "Wir können dir nur versichern, dass wir noch jeden Zivilagenten, dem es gelang, einen Hotspot zu erreichen, geborgen haben. Tot oder lebendig." Der Leser erfährt nun weiterhin, dass es sich um eine keineswegs professionelle, sondern vielmehr idealistisch motivierte Aktion handelt. Die dreiunddreißig Jahre junge Agentin stellt ihren Körper freiwillig zur Verfügung, um ihrer Nation zu dienen, denn so hofft sie, Schlimmeres zu verhindern und als Heldin in die Geschichte einzugehen beziehungsweise als Märtyrerin, denn man kann bei einem solchen Datenklau auch draufgehen oder doch wenigstens irreparablen seelischen Schaden nehmen.

Interessanterweise sind die Wege zu dem erwünschten Datengut seit "Goldfinger" die gleichen geblieben. Schöne Frauen verschaffen sich Einlass in die Paläste der Macht, indem sie ihre langen Beine zur Geltung bringen. Mächtige Männer lieben sadistisch, aber immerhin intensiv. Zuletzt hat Marlene Streeruwitz einen solchen Körper-Gewalt-Paranoia-Komplex ausgearbeitet in ihrem 2011 erschienenen Roman "Die Schmerzmacherin". Darin ging es um die manipulativen Techniken einer privaten Sicherheitsfirma, die in Europa den Polizeiapparat zu ersetzen schien und auf die Körper junger, orientierungsloser Frauen spekulierte. Ganz ähnlich ist die Konstellation bei Jennifer Egan, nur humorvoller - und im besten Sinne amerikanisch cooler. "Heroismus heute heißt, mit etwas zu verschmelzen, das größer ist als man selbst", steht in einer Kurznachricht. Und dann auch: "Heroismus heute heißt, Generationen der Egozentrik hinter sich zu lassen." Hat Jennifer Egan in diesem klitzekleinen Twitterbuch am Ende auch eine neue Superheldengeschichte geschrieben? Oder eine über die Entstehung des Terrorismus? Denn diese Sätze könnten außer aus einer amerikanischen Superheldenstory auch von Al Qaida stammen.

Jedenfalls ist der Autorin, die zuletzt mit ihrem Roman "Der größere Teil der Welt" (2011) beeindruckte, auch mit diesem kleinen Buch etwas Erstaunliches gelungen. Gerade weil diese Tweets nicht zu einer geschlossenen Form verschmelzen, entsteht zwischen ihnen ein phantastischer Raum, in dem Genres, Interpretationen und Sprachen entweder ineinanderfließen und damit etwas Neues ergeben oder einfach etwas schon Vorhandenes zitieren. Weil das Ganze so unaufdringlich, leicht und verspielt geschrieben ist, wie nur eine Kurznachricht es sein kann, ist "Black Box" ein schönes Experiment geworden und noch dazu ein gelungenes. Denn Jennifer Egan schafft es, die Formverliebtheit der guten alten Avantgarde mit den Mitteln heutiger Kommunikation in Szene zu setzen, so wie man eben eine "Schönheit" in Szene setzt, wenn man das Drehbuch zum neuen James-Bond-Film schreibt.

KATHARINA TEUTSCH

Jennifer Egan: "Black Box".

Aus dem Amerikanischen von Brigitte Walitzek. Verlag Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2013. 89 S., geb., 9,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.10.2013

Am besten, du bist dein
eigener Geheimagent
Kein Tweet: Jennifer Egans Roman „Black Box“
Man weiß nicht, über wen man sich mehr wundern soll. Über die Leute, die noch Ende 2013 einen Twitter-Roman für einen abgefahrenen Risikoversuch halten? Oder über die anderen, die altklug darauf hinweisen, dass es sowas schon vor Jahren gab und das Medium Twitter ja längst durch sei? „Black Box“ war natürlich nur deshalb ein Ereignis, weil es von einer großen Autorin getippt wurde, nicht von einem buschhaarigen Blogger.
  Im Mai 2012 ließ Jennifer Egan - Pulitzer-Preisträgerin, seit dem sensationellen Popkultur-Moral-Epos „Der größere Teil der Welt“ als literarische Stimme anerkannt – ihren neuen Text über den Twitter-Kanal des New Yorker verbreiten, in Form von 620 Nachrichten, nie länger als 140 Anschläge. Ein belletristischer Live-Ticker, den es nun auch als Buch gibt, als perfekt austariertes, zielführendes Gebilde. So, wie Egan ihren kleinen Roman wohl ursprünglich verfasst hatte.
  Wer Twitter nutzt, wird schnell gemerkt haben, dass „Black Box“ kein ganz echtes Medienexperiment war. Der wahre Witz an der Plattform ist ja das Dialogische, die Vielfalt der sich kommentierenden und zitierenden Stimmen, das Prinzip des Hashtags, mit dem Schlagwörter gesetzt werden, die auf Twitter ja viel entscheidender sind als die Autorenstimme. Diese Dimension fehlt in Egans Text komplett: Ihre Erzählerin, eine futuristische Geheimagentin, scheint live und ohne Widerrede von einer heiklen Mission zu berichten, konkret („Begib dich so nah an die Skizzen heran, die du fotografieren willst, dass sie dein ganzes Blickfeld füllen“) oder aphoristisch („Der kindliche Wunsch, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, geht normalerweise auf Kosten echter Macht“).
  Dem Twitter-Prinzip wird sie damit nicht gerecht, ein anderes Experiment aber gelingt: ein Erzählen in Sätzen, die durch ihren Nachrichtencharakter eine fast physische Schwere haben, die Demonstration, wie der innere Monolog eines Ichs aussehen kann, wenn er in einer radikal öffentlichen Sphäre stattfindet. Die Intimität, die Buchdeckel oder ein E-Reader wenigstens suggerieren, ist auf Twitter völlig undenkbar. Den Lesern von „Der größere Teil der Welt“ wird auffallen, dass diverse Charaktere in „Black Box“ wieder auftauchen, Episoden rückwirkend beleuchtet werden. Das letzte Kapitel eines auch kommunikationstheoretisch aussagekräftigen Romans einfach hinterherzutwittern – damit wäre Egan wirklich allergrößte Kunst gelungen.
JOACHIM HENTSCHEL
  
Jennifer Egan: Black Box. Roman. Aus dem Englischen von Brigitte Walitzek. Verlag Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2013. 96 Seiten, 9,95 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr
»BLACK BOX ist Avantgarde im Sinne von janz vorne dran.« Robin Detje, Die Zeit
"Der Hitzegrad dieses Thrillers ist nicht zu unterschätzen."