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Sir Richard, seine Frau Lady Myra und die 19jährige Lois empfangen Gäste, es wird Tennis gespielt, man gibt Tee- und Tanzparties, Liebesaffären bestimmen den Tag wie schon hundert Jahre zuvor. Aber Lois will Veränderungen, wenngleich sie nicht weiß, wie diese sein sollen. Ihr Leben liegt vor ihr wie ein aufgeschlagenes Buch mit leeren Seiten: Was kommt auf sie zu? Was ist die Liebe? Will sie überhaupt heiraten oder einen Beruf ergreifen? Ins Ausland gehen? Außerhalb ihres gemächlichen häuslichen Lebens rücken währenddessen die Rebellen immer näher... Mit einer Mischung aus Nostalgie und Ironie…mehr

Produktbeschreibung
Sir Richard, seine Frau Lady Myra und die 19jährige Lois empfangen Gäste, es wird Tennis gespielt, man gibt Tee- und Tanzparties, Liebesaffären bestimmen den Tag wie schon hundert Jahre zuvor. Aber Lois will Veränderungen, wenngleich sie nicht weiß, wie diese sein sollen. Ihr Leben liegt vor ihr wie ein aufgeschlagenes Buch mit leeren Seiten: Was kommt auf sie zu? Was ist die Liebe? Will sie überhaupt heiraten oder einen Beruf ergreifen? Ins Ausland gehen? Außerhalb ihres gemächlichen häuslichen Lebens rücken währenddessen die Rebellen immer näher...
Mit einer Mischung aus Nostalgie und Ironie schaut Elizabeth Bowen auf eine dem Untergang geweihte, dekadente Klasse, der sie selbst entstammt. Meisterlich - an Tschechows Kirschgarten erinnernd - beschreibt sie deren Zusammenbruch: Außer für die Bäume gab es auf Danielstown keinen Herbst mehr.
Autorenporträt
Elizabeth Bowen, geb. 1899 in Dublin; Schulausbildung in England, Studium der Kunst in London nach dem Ersten Weltkrieg. Ab 1923 Buchveröffentlichungen mit Erzählungen und Romanen. Sie starb 1973 in London.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Andreas Dorschel trifft Elisabeth Bowen - einmal in ihrem siebzig Jahre nach der Erstveröffentlichung endlich auch auf deutsch zu lesenden Roman "Der letzte September" (Verlag Schöffling & Co.). Und dann im Bowen-Porträt Hermione Lees ("Elisabeth Bowen. Porträt einer Schriftstellerin", ebenfalls Schöffling & Co.)
1) Elisabeth Bowen: "Der letzte September"
Ein Porträt einer untergegangenen Welt sei das Buch, schreibt der Rezensent, ein "gänzlich unsentimentaler Roman über die Liebe und ihr Misslingen", eine Parabel zur politischen Geschichte Irlands und dann noch ein Versuch über den Umgang mit Grenzen. Puh, nicht schlecht. Findet auch Dorschel. Zumal die Autorin für ihn "mit unbestechlicher Intelligenz" bei der Sache ist und mit einer Sprache, die sowieso das Eindrucksvollste darstellt: "Sie überrascht stets auf neue, durch plötzlich lakonische Charakterisierungen ... und auch durch Bilder, in denen sogar das Abstrakte zum Bild für das Konkrete werden kann". Gar nicht leicht zu übersetzen, meint Dorschel und lobt zu guter Letzt dennoch auch die deutsche Fassung.
2) Hermione Lee: "Elisabeth Bowen"
Etwa vorhandene Reste von Neugier auf die akademische Produktion zum Thema sieht der Rezensent schon in die Flucht geschlagen. Die ersten 25 Seiten des Buches hat er nur schwer ertragen: "Lang und breit, mal verständnisinnig, mal kritisch, meist ... beides", werden feministische, postkoloniale oder post-Derridasch-dekonstruktivistische Diskurse bemüht. Mit einer eher öden Botschaft, erklärt uns Dorschel, dem alles, was danach kommt auch nicht viel mehr zuzusagen scheint, ehrlich: "etwas Biografie, dieser und jener Hinweis auf historische Hintergründe und literarische Einflüsse, Inhaltsangaben zu allen Büchern, recht nett geschrieben, und ...überdies eine Art Readers Digest-Version von Elisabeth Bowens Werk". Oder klingt das vielleicht begeistert?

© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.12.2001

An der Liebe scheint doch etwas dran zu sein
Ein Snob, eine Spionin, eine geistreiche Schriftstellerin: Die Wiederentdeckung der Elizabeth Bowen / Von Renate Schostack

Die anglo-irische Schriftstellerin Elizabeth Bowen war der Ansicht, daß in einem Roman "wenigstens eine Figur magnetische Anziehungskraft besitzen muß, um den Leser zu fesseln - so als säße er höchstpersönlich neben jemandem, in den er Hals über Kopf verliebt ist". In dem Roman "Der letzte September" könnte das nur Lois sein, ein junges Mädchen, das an der Schwelle zum Erwachsenwerden steht. Sie erscheint schon auf der ersten Seite, ganz in Weiß gekleidet, kühl und frisch aussehend, um gerade mit dem Auto eintreffende Gäste zu begrüßen. Bowens Exposition ist ein Meisterwerk. Die Gastgeber auf der Treppe des irischen Herrenhauses und die Gäste umschließt "ein Augenblick des Glücks, der Vollkommenheit". Wie dieses Glück zerplatzt, davon handelt das Buch. Auf der letzten Seite fährt ein Auto weg, das Paar blickt auf die Treppe, über der "ein Höllenfeuer" lodert. Das Haus, angesteckt von politischen Rebellen, verbrennt.

Endlich liegt dieses Buch nun auch in deutscher Übersetzung vor. Wie ein Hohlspiegel versammelt es die Leitthemen der Schriftstellerin. Eine Bowen-Rezeption gab es hierzulande bisher nur in Ansätzen. Das hängt wohl auch mit den Lebensdaten der Autorin zusammen: 1899 bis 1973. Ihre wichtigsten Werke erschienen in den dreißiger und vierziger Jahren. Wer hätte damals in Deutschland für ihre Subtilitäten ein Ohr gehabt? Ihre Nachkriegswerke, die freilich nicht die besten sind, wurden rasch übersetzt. Viele Verlage brachten jeweils ein Buch heraus, ließen dann aber, weil sie sich nicht sonderlich gut verkauften, die Finger von der schwer einzuordnenden Autorin.

Der Roman "Der letzte September", 1929 geschrieben, spielt 1920, ein Jahr bevor Irland in die Republik und die sechs bei England verbleibenden Provinzen des Nordens geteilt wurde; eine Entscheidung, deren unselige Auswirkungen bis heute andauern. Der politische Konflikt grundiert die Handlung. Kasernen brennen, englische Soldaten werden von Mitgliedern der IRA aus dem Hinterhalt angegriffen, dunkle Gestalten durchqueren nachts den Park des Herrenhauses, die jungen Frauen entdecken beim Spazierengehen in einer verlassenen Mühle einen Freischärler, der sie mit einer Pistole bedroht.

Das geheime Kraftzentrum des Romans ist das Herrenhaus, in dem es nach Kampfer und den Fellen erlegter Tiere riecht und Fotos bleicher Soldaten an den Wänden eine undefinierbare Melancholie verströmen. In dieser zum Untergang bestimmten Welt der englischen Oberschicht entfaltet sich ein letztes Mal der Zauber adeligen Landlebens. Man trifft sich zu Tennisturnieren und zum Tee auf den Landsitzen, zum Tanz und zum Flirt mit den Soldaten in den Offizierswohnungen der Garnison. Lois, rastlos, nervös, umgetrieben von der Frage, ob sie eine Malschule besuchen oder Sprachen studieren soll, läßt sich von dem Leutnant Gerald küssen und beschließt, ihn zu heiraten. Denn, so denkt sie altklug, "es würde gewiß nicht so viel über die Liebe geredet, wenn nicht etwas dran wäre". Glänzend beschreibt Bowen die Verwirrung der jungen Menschen, ihre Keckheit, ihre Naivität, ihre Erwartungen.

Lady Naylor, Hausherrin und Tante der Lois, funkt dazwischen. Denn Gerald, der aus Surrey stammt und irgendwie "keine besondere Herkunft" hat, ist ihr für die Nichte nicht gut genug. In einem von Witz, Bosheit und Borniertheit funkelnden Konversationsstück zwischen der Lady und dem jungen Mann, das einer Gesellschaftskomödie entnommen sein könnte, macht sie Gerald klar, daß ihre Nichte ihn gar nicht liebe. Bowen läßt in der Schwebe, ob die Tante diese Behauptung als höfliche Ausrede benutzt oder ob sie ihre Nichte klarsichtig durchschaut. Denn als der Leutnant von den Aufständischen erschossen wird, trauert Lois kaum um ihn, sondern eher über die Entdeckung, daß er ihr letztlich nicht viel bedeutet hat.

Um die zentralen Gestalten bewegt sich ein Reigen von Hausbewohnern, Gästen, flüchtigen Besuchern. Die meisten sind desillusionierte Erwachsene, Spielernaturen, stoisch das Geschick Ertragende oder das Glück Suchende, zwischen denen es viel Unausgesprochenes gibt. Dieses steigt in luftigen Blasen an die Oberfläche, wo es sich zu zauberhaften Wendungen formiert. Eine Frau, deren Gatte "die unselige Fähigkeit hat, jederzeit jung zu sein", übt sich in "Akten der Entrückung", in denen sie ihn einfach nicht wahrnimmt. Lois, die es haßt, eine Frau zu sein, bemerkt: "Aber ich würde es auch hassen, ein Mann zu sein. Ein solcher Aufwand, bei allem, was man tut." Ihren Cousin empfindet sie als angenehmen Gesprächspartner, weil er "gegenüber jeder Facette ihrer Persönlichkeit gleichgültig" ist. Bowen entlarvt den Snobismus und die Beschränktheit der Upper class, wo Sätze wie der folgende gang und gäbe sind: "Wir würden es sehr schade finden, wenn Krieg herrschte." Ein gefundenes Fressen sind für die Schriftstellerin, die selbst ein Snob war, die Spießigkeiten der Hauptmannsfrauen, die der englischen Mittelschicht entstammten.

Bowen selbst war ein Sproß der protestantischen irischen Gentry, in deren geschlossener Welt die jungen Leute von sich sagten: "Niemand war schüchtern oder vulgär oder katholisch." Sie waren Landbesitzer, die den Winter in Dublin verbrachten und im Sommer auf ihren Gütern lebten. Cromwell hatte sie ins Land geholt und als eine Art Kolonialmacht etabliert. Ihre Herrschaft ging im zwanzigsten Jahrhundert zu Ende. Bowen nennt ihre Lage "herzzerreißend". Sie liebten ihre irischen Pächter, hatten eine irische Mentalität entwickelt, soweit das unter Ausschluß des Katholischen möglich war, doch ihre Loyalität gehörte England, wo die Söhne zur Schule gingen und als Soldaten dienten. Elizabeth Bowen erlebte diesen Zwiespalt bereits in früher Jugend. Mit sieben verließ sie mit ihrer Mutter das elterliche Bowens Court und zog nach England. Während des Zweiten Weltkriegs erforschte sie im Auftrag des britischen Informationsministeriums die Stimmung in Irland, dem die Engländer gern seine Neutralität genommen hätten. Zu deutsch: Sie war Spionin. Nach dem Tod des Vaters hatte sie das Herrenhaus in der Grafschaft Cork geerbt, wo in den dreißiger Jahren rauschende Feste gefeiert wurden.

Ihr Hauptwohnsitz jedoch war London, wo sie mit ihrem Mann, einem hohen englischen Beamten, lebte. Ihr Haus war ein Treffpunkt der literarischen Szene. In den Romanen "The Death of the Heart" (1938) und "The Heat of the Day" (1949), zwei Höhepunkte ihres Werks, schildert Elisabeth Bowen das Leben in der britischen Metropole vor und während des Kriegs. Doch nicht der Stoff macht diese Schriftstellerin groß. Unter ihren vielen Leitsternen von Austen über Flaubert zu Proust war Henry James der wichtigste. Sie ist eine Meisterin des Subtilen, der Untertöne und Anspielungen, des Nichtgesagten. Dabei ist ihre Finesse unangestrengter, gelassener, weniger stilisiert als die einer Virginia Woolf.

Ihre Figuren sind Entwurzelte, wohnen in gemieteten Cottages, Pensionen, Hotels, Verräter, aber auch immer wieder junge Menschen, über denen der Glanz der Unschuld liegt. Das Sexuelle spart sie - darin ganz Dame - bis zur Prüderie aus. Auch von der Ehe und ihren Lasten - sie selbst hatte mehrfach Affären - handeln ihre Romane wenig. Rar sind Sätze wie der folgende über eine Ehefrau: "Sie lag wie eine große Katze immerzu auf seinem Leben." Der irische Kritiker Sean O'Faolain nennt ihre Romane "Kunstgebilde aus Katastrophen-Bausteinen". Auch als Verfasserin von Kurzgeschichten brillierte Bowen. Für die Liebhaberin verlassener Häuser, leerer Villen und Ruinen wurde die Gespenstergeschichte zu einem Genre, in dem sie besonders reüssierte. Sie hinterließ zehn Romane, sechs Bücher mit Erzählungen sowie fünf Bände mit Kritiken, Essays, Memoiren.

Hermione Lee zeigt in ihrem "Porträt" die Lebensstationen der Bowen, sie analysiert ihre Hauptwerke und beschreibt in einem aktualisierten Vorwort ihre Rezeption bis heute. Es ist interessant zu verfolgen, wie eine als hypersensibel lächerlich gemachte Vertreterin der "Frauenliteratur" zur Heroine der Minderheitenliteratur, des Feminismus und des Strukturalismus wird. Leider ist die Übersetzung von grellen Stilblüten durchsetzt. Der Roman hingegen gibt die schwebenden Feinheiten des Originals gut wieder. Wahre Glanzstücke sind dort die Stimmungsbilder der irischen Landschaft, über denen die leuchtende Wehmut des Abschieds liegt.

Elizabeth Bowen: "Der letzte September". Aus dem Englischen übersetzt von Sigrid Ruschmeier. Verlagsbuchhandlung Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2001. 421 S., geb., 48,- DM.

Hermione Lee: "Elizabeth Bowen. Porträt einer Schriftstellerin". Aus dem Englischen übersetzt von Christine Frick-Gerke. Verlagsbuchhandlung Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2001. 422 S., geb., 48,- DM.

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"Man kann nur schwer aufhören, wenn man einmal mit der Lektüre von Bowens Büchern angefangen hat, sucht nach Gründen und psychologischen Erklärungen. Dass uns die auf geniale (und äußerst moderne) Weise verweigert werden, macht nicht zuletzt die literarische Größe dieser Autorin aus, die immer wieder in einem Atemzug genannt werden muss mit Henry James und Virginia Woolf." (Berliner Zeitung)