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Produktdetails
  • Verlag: Lindemanns Stuttgart
  • Seitenzahl: 128
  • Deutsch
  • Abmessung: 305mm
  • Gewicht: 1036g
  • ISBN-13: 9783895062438
  • ISBN-10: 389506243X
  • Artikelnr.: 12679498
Autorenporträt
Christian Frevel, geboren 1962, Dr. theol., ist Professor für Altes Testament an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.03.2004

Augen, die ich zuletzt im Traume sah: Menschen im Herzen Afrikas
„Afrika ist, soweit die Geschichte zurückgeht, für den Zusammenhang mit der übrigen Welt verschlossen geblieben.” Es ist, schreibt G. F. W. Hegel in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts, „das in sich gedrungen bleibende Goldland, das Kinderland, das jenseits des Tages der selbstbewußten Geschichte in die schwarze Farbe der Nacht gehüllt ist”. Auf Afrika blickend sah man, was man sehen wollte und was man in der Lage war zu sehen. Und was man sah, das war ein Fest für die Augen, eine erotische Traumwelt, schüchtern, wild und ungezähmt – europäische Phantasiebilder, die mit kolonialer Attitüde über einen jungfräulichen Kontinent verhängt wurden.
Wer heute den engagierten Bild- und Reportageband von Jürgen Escher und Christian Frevel (Hautnah. Berührungen mit Menschen im Herzen Afrikas. Lindemann Verlag, Stuttgart 2004. 128 Seiten,
39 Euro) zur Hand nimmt, der erblickt ganz andere Ansichten von Afrika. Der Fotograf und der Journalist haben auf Reisen durch Uganda, Burundi, Ruanda und dem Kongo vollkommen unfolkloristisch Menschen porträtiert und mit Reportagen über die Situation in den afrikanischen Ländern ergänzt.
Bisala Belukusa (Bild links) aus dem Kongo ist 21 Jahre alt, möchte Werkstattbau studieren, später eine Werkstatt haben und eine Familie. Der 17-jährige David Ndiemuka, ebenfalls aus dem Kongo, war vier Jahre lang Kindersoldat. Er sagt: „Ich habe mir das Träumen abgewöhnt – auch nachts.” Keine Verklärung, keine Spur von Ästhetisierung oder Romantik. Stattdessen der nackte und leere Schrecken, nur selten ein Lächeln. Wir blicken in gezeichnete Gesichter von einem Kontinent, der von Krieg, AIDS, Gewalt und Verheerung geprägt ist.
Im Fernsehen beständig auf Abstand gehalten, rücken uns die Menschen hier so nah, dass es unmöglich ist, sich zu distanzieren. Unangenehm direkt ist oft der Blick derer, die uns hier anschauen, geradeaus und mitten ins Auge, von Angesicht zu Angesicht. Einer alten Überzeugung zufolge können wir nur das sehen, was in einem Augenaufschlag von sich her zu uns zurückblickt. Alles andere sei wesentlich unsichtbar. Strenggenommen sehen wir also nur Augen, die sehen, uns ansehen und dann vielleicht Gesichter, Antlitze. Im Gesicht als dem Ineinander von vision und visage gipfelt auf diese Weise der menschliche Augenblick. Mehr ist nicht möglich.
yps
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Man sieht den Porträtierten ihre inneren und äußeren Verletzungen nicht unbedingt an, schreibt die Rezensentin mit dem Kürzel "as", denn der Fotograf Jürgen Escher hat ihre Gesichter in Nahaufnahmen festgehalten. "Sie verbergen ebenso viel, wie sie zeigen", konstatiert "as" mit einer gewissen Erleichterung. Bei den 50 porträtierten Personen handelt es sich um Menschen aus afrikanischen Krisenländern wie den Kongo, Uganda, Ruanda und Burundi; in kleinen Begleittexten wird Auskunft über ihr Leben gegeben. Ihre traumatischen Erfahrungen, ihre bescheidenen Wünsche ans Überleben seien sehr aufrüttelnd, so "as" und zeigt sich insofern erleichtert, dass der Band nicht nach dem simplen Motto "Menschen wie du und ich" gestrickt sei, sondern genügend Abstand zu dem Schicksal der Betroffenen wahre. Zwischen die Porträts haben die Herausgeber längere Informationstexte eingeschoben, die den Hintergrund der Konflikte in den krisengeschüttelten Regionen näher beleuchten, informiert "as", ohne die Qualität dieser Informationstexte zu bewerten.

© Perlentaucher Medien GmbH