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Kurztext:
Diese Biographie ist eine Zeitgeschichte des 19. Jahrhunderts. Ausgehend von den Aktionen und den gärenden philosophischen Gedanken um 1848 zeigt sie das Entstehen der großen Idee des Sozialismus anhand des Lebenswegs eines seiner berühmtesten Begründer.
Langtext:
Wie ist ein russischer Aristokrat, ein junger Romantiker, der bei seinen heißgeliebten Schwestern im kultivierten Milieu des "Paradieses" von Prjamuchino erzogen wurde, zum Vater der Anarchie geworden?
Die bewegende Biographie zeichnet das Schicksal dieses großen Rebellen, dieses "fanatischen
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Produktbeschreibung
Kurztext:
Diese Biographie ist eine Zeitgeschichte des 19. Jahrhunderts. Ausgehend von den Aktionen und den gärenden philosophischen Gedanken um 1848 zeigt sie das Entstehen der großen Idee des Sozialismus anhand des Lebenswegs eines seiner berühmtesten Begründer.

Langtext:
Wie ist ein russischer Aristokrat, ein junger Romantiker, der bei seinen heißgeliebten Schwestern im kultivierten Milieu des "Paradieses" von Prjamuchino erzogen wurde, zum Vater der Anarchie geworden?

Die bewegende Biographie zeichnet das Schicksal dieses großen Rebellen, dieses "fanatischen Freiheitsliebenden" nach. Nach der Kadettenschule, den Universitäten von Moskau und Berlin und den Kämpfen, die im Paris von 1848 begonnen haben und ganz Europa erschüttern, lernt Bakunin die Kerker des Zaren und die Verbannung in Sibirien kennen. Durch eine abenteuerliche Flucht gelingt es ihm, wieder nach London, Italien und in die Schweiz zurückzukehren.

In der Internationale stellt sich Bakunin gegen den Autoritarismus von Marx. Er ist der erste, der aus dieser Organisation ausgeschlossen wird, die später zur Kommunistischen Partei werden wird.

Zeitgenossen und andere über Bakunin: "In ihm war etwas Kindliches, Argloses und Schlichtes, und das verlieh ihm einen ungewöhnlichen Charme, der die Schwachen wie die Starken anzog, nur kleinliche Spießbürger fühlten sich davon abgestoßen." Alexander Herzen
"Am ersten Tag der Revolution ist er einfach unbezahlbar, doch am nächsten Tag muß man ihn erschießen." Marc CaussidiËre, Präfekt von Paris nach der Februarrevolution von 1848
"Bakunin wird an dem Tag wieder aktuell werden, an dem der Mensch anfangen wird, den bürgerlichen Despotismus und den proletarischen Despotismus unerträglich zu finden." Fritz Brupbacher
"Seit Bakunin hat es in Europa keinen radikalen Begriff von Freiheit mehr gegeben." Walter Benjamin
"Wie es sich herausstellte, daß an diesem merkwürdigen Menschen eine völlig kulturfeindliche Wildheit mit der Forderung des reinsten Ideals der Menschlichkeit sich berührte, so waren die Eindrücke meines Umgangs mit ihm schwankend zwischen unwillkürlichem Schrecken und unwiderstehlicher Angezogenheit." Richard Wagner
"Er ist ein gutherziger und geistreicher Junge, aber ein gefährlicher Mensch, den man hinter Schloß und Riegel halten muß." Zar Nikolaus I.

Presse:
- "Madeleine Grawitz hat die Bakunin-Biographie geschrieben, die bis jetzt gefehlt hat. Ein ebenso lebendiges wie kluges Buch, dessen 600 Seiten man in einem Zug verschlingt. Die Autorin, als glänzende Psychologin und erfahrene Historikerin, läßt all die Menschen, die ihren Helden umgaben, wieder auferstehen: Belinski, Proudhon, Wagner, George Sand, Alexander Herzen, Netschajew, James Guillaume, Mazzini und all die russischen Emigranten, die Handwerker aus dem Jura, die Lyoner Bürger ..." Etienne Balibar, Le Monde diplomatique
- "Eine vollständige Biographie, erhellt durch die brillante Rekonstruktion der historischen und soziologischen Situation, ohne die der ständige Kampf Bakunins nicht verständlich wäre." Pierre Ansart, Quinzaine littéraire
- "Madeleine Grawitz hat hier eine vollendete Biographie geschaffen." Le Figaro magazine
- "Voil‡, dies Buch ist das Standbild seiner Majestät." Buchinfo aktuelles
- "Die Biografie ist von elegantem erzählerischem Schwung geprägt und füllt Informationslücken mit plausibel rekonstruierten Geschichten, doch genügt das Buch durchaus wissenschaftlichen Standards. Keine Kleinigkeit, angesichts der schwierigen Quellenlage." Rudolf Walther, Tages-Anzeiger
- "Madeleine Grawitz ist eine ausgezeichnete Politologin. Immer da, wo sie sich gleichsam selber in die politische Debatte stürzt, ist ihr Buch hervorragend, luzide, überzeugend ... Es ist ja immer wieder - und vielleicht heute mehr denn je - fast unglaublich, mit welcher Präzision Bakunin erkannt hat: Das Reich, das auf den scharfsinnigen Analysen Karl Marx' errichtet würde, wäre eines ohne Freiheit, ohne Demokratie." Fritz J. Raddatz, Die Zeit
- "Grawitz hat ein Gespür für die politischen und die psychologischen Innensichten ihres Helden, den sie keineswegs "romantisiert", sondern dem sie ein lesbares, historisch präzises Denkmal setzt." Neue Zürcher Zeitung
- "Madeleine Grawitz bettet die Schilderung des rastlosen Tuns ein in ausführliche Analysen der Situation in den verschiedenen Staaten, sie portraitiert viele der für Bakunin wichtigen Personen ... und entwirrt das unübersichtliche Geflecht der verschiedenen revolutionären Gruppen." Uli Hufen, Stadtrevue Köln

Zum Autor/Herausgeber: Madeleine Grawitz, in Marseille geboren, Lehrbeauftragte für Öffentliches Recht, hat an der Rechtsfakultät von Lyon unterrichtet, bevor sie Professorin für Politologie an der Universität Paris I wurde. Sie ist Ehrendirektorin des Arbeiterbildungszentrums von Lyon und hat Werke und Artikel über Sozialwissenschaften, Politologie und politische Psychologie veröffentlicht.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.02.2000

Anarchie der Zeitungsleser
In einer großen Biografie zeichnet Madeleine Grawitz Bakunin als einen russischen Don Quijote
Karl Marx legte großen Wert darauf, korrekt auszusehen. Anders Michail Bakunin – für ihn war die Revolution wichtiger. „Seine Winter wie Sommer stets gleiche Kleidung, die er nie wechselte, bestand aus schweren Stiefeln, aus einer weiten, nach keinem Muster geschnittenen Houppelande. Um den Stiernacken war lose ein schlecht geknotetes Stück Stoff gewunden, aus dem an einigen Stellen ein zerknitterter, schmuddeliger Hemdkragen hervorlugte. Auf dem Kopf der berühmte Filzhut, grau und schlaff, der niemals neu gewesen zu sein schien. ” 1 Meter 97 war Bakunin groß, ein Bär von einem Mann, der rauchte und trank und „stets gewaltige Mengen an Nahrung zu sich nahm”. Kein verfeinerter Intellektueller, kein Theoretiker, sondern ein Praktiker. Ein Anarchist eben.
Aber trotz seiner Statur und seines überschwenglichen Temperaments war Bakunin ein Träumer, ein Phantast – diesen Punkt stellt die französische Politologin Madeleine Grawitz in ihrer Biographie immer wieder heraus. Von großen Ideen getrieben, war Bakunin unfähig, im kleinen Rahmen zu überleben, blieb abhängig von der Familie oder von revolutionsbegeisterten Mäzenen. Nicht selten kam es in diesen Beziehungen schließlich zum Bruch, wie im Fall der Tessiner Villa Baronata. Ein reicher Erbe kaufte sie für den großen alten Mann kurz vor seinem Tod, damit er von dort aus weiter Revolution betreiben konnte. Doch als Umbauten und Feiern zu unerwarteten Kostenexplosionen führten, wurde Bakunin kurzerhand vor die Tür gesetzt.
Mit erhobenem Zeigefinger weist Grawitz auf diese Charakterschwäche hin, man sieht die Autorin förmlich mit dem Kopf schütteln, wenn sie von Bakunins „illusorischen Träumen”, seinem „unverantwortlichen Charakter”, von seiner Vertrauensseligkeit und Naivität schreibt. Bakunin selbst bezeichnet sich in seiner Beichte an den Zaren, die er in Gefangenschaft schrieb, als Don Quijote – womit er seine Taten harmloser erscheinen lässt, als sie in Wirklichkeit waren.
Grawitz interpretiert Bakunins Lebensweg als eine Art Auszug aus dem Paradies in die böse Welt und als den lebenslangen Versuch, dieses Paradies wiederherzustellen, sei es für die ganze Menschheit durch die Revolution oder für die eigene Familie durch die Tessiner Villa. 1814 geboren, wächst er auf einem Gut im Gouvernement Twer auf, einer Art Garten Eden, den er 14-jährig verlassen muss: er geht nach Sankt Petersburg auf die Artillerieschule. In der Armee kommt es zur ersten Rebellion gegen die Institution; er unterbricht seine Dienstzeit, und nur mit Mühe entgeht er einer Anklage wegen Fahnenflucht. Lieber als mit der Kriegskunst befasst er sich mit der Philosophie, er liest Kant, Schelling und vor allem Hegel und besucht die literarisch-philosophischen Zirkel in Moskau. Bakunin hat eine sehr enge Beziehung zu seinen vier Schwestern, was für den Freundschafts- und Liebeskult in den dreißiger Jahren wichtig ist. So schreibt im Rückblick 1838 der Literaturkritiker Belinskij in einem Brief an Bakunin: „Mich fesselten an Dir das sprühende Leben, der unruhige Geist, das lebhafte Wahrheitsstreben, teils auch Deine idealische Haltung gegenüber Deiner Familie. Darüberhinaus gingen die Namen Deiner Schwestern vage und geheimnisvoll in unserem Zirkel um, und als ich Dich zum ersten Mal sah, drückte ich Dir zitternd und verwirrt die Hand als ihrem Bruder. ”
1840 geht Bakunin nach Berlin, um die deutsche Philosophie an Ort und Stelle kennenzulernen, 1842 beschließt er, nicht nach Russland zurückzukehren. Von jetzt an publiziert er politische Streitschriften, die schließlich in seinem Anarchie-Konzept münden sollten, und er hat an Revolutionen teil oder bereitet sie vor: in Paris, Dresden, später in Lyon. Wenn er nicht gerade mit einem Aufstand beschäftigt ist, liest er Zeitung. Ein deutscher Journalist berichtet 1845 aus Paris: „Bakunin und andere Russen taten eigentlich nichts als Zeitunglesen, sie machten die Nacht zum Tage, den Tag zur Nacht. Vor Mittag standen sie nicht auf, frühstückten, aßen um sechs Uhr zu Mittag, und blieben bis 3, 4, ja 5 Uhr im Kaffeehaus. Dann gingen sie zu Bette und Mittags begann die höllische Runde aufs Neue. ”
Nach dem Aufstand in Dresden 1849 wird Bakunin festgenommen und an Russland ausgeliefert. Es folgen acht Jahre Haft in der Peter-Paul-Festung und in der berüchtigten Schlüsselburg. In dieser Zeit schreibt er seine umstrittene Beichte an den Zaren, die erst 1921 veröffentlicht wird und von den einen als Kniefall und Speichelleckerei, von den anderen als geschicktes Täuschungsmanöver interpretiert wird. 1859, nach einem weiteren Bittbrief, wird seine Haftstrafe in Verbannung nach Sibirien umgewandelt, von wo aus er 1861 flieht, nach Amerika, dann nach London, wo er Alexander Herzen und Nikolaj Ogarjow wiedertrifft, Verbündete aus früheren Jahren.
Es folgt eine endlose Wanderschaft durch Europa, begleitet von seiner Frau Antonia. Bakunin gründet eine revolutionäre Geheimgesellschaft nach der anderen: „Eine solche Organisation kann nur im geheimen gegründet werden. Würde sie öffentlich gegründet, so würde sie nur Worte hervorbringen und keine Taten. ”
Ein wichtiges Kapitel in Bakunins Biographie ist die Auseinandersetzung mit Marx. Hier steht Ordnung gegen Chaos, Marxens Diktatur der Partei gegen Bakunins Vorstellung von der Spontaneität der Massen. Doch der Kampf zwischen den beiden Giganten ist nicht nur einer der Theorien, sondern vor allem der Persönlichkeiten, wie Grawitz schreibt. Die dabei eingesetzten Mittel reichen von der Verleumdung, Bakunin sei ein russischer Spitzel, bis zu seinem Ausschluss aus der Internationale 1872. Bakunin wehrt sich schriftlich. Hat man anfangs das Gefühl, dass die Biografin Grawitz Bakunin eigentlich nicht besonders mag – so sehr betont und kritisiert sie seine Schwächen und Unzulänglichkeiten –, so gerät er nun, im Vergleich mit dem machthungrigen und skrupellosen Marx in ein wesentlich günstigeres Licht.
Die letzten Jahre, als Bakunin einerseits weiter Revolution machen will, andererseits Großprojekte für Gemüseanbau entwirft, um der finanziellen Misere zu entkommen, sind geprägt durch zunehmende Armut und unduldsame Schuldiger. Als er 1876 stirbt, steht auf dem Totenschein „Michail Bakunin, Privatier” – eine Berufsbezeichnung, die übrigens auch die Todesurkunde von Marx ziert.
Der revolutionäre Emigrant Wasilij Kelsijew, der 1867 freiwillig nach Russland zurückkehrt, schreibt über Bakunin: „Warum dieser Mensch in revolutionären Kreisen ein so hohes Ansehen genießt, und wie er sich zum Diktator Sachsens machen konnte, ist mir ein Rätsel. Er ist in einem so kolossalen Maße unfähig, wie ich es noch nie gesehen habe. ” Lässt man die Parteilichkeit dieser Aussage unberücksichtigt, so wird hier ein Moment deutlich, das im Bakunin-Porträt von Grawitz kaum eine Rolle spielt: sie zeigt uns einen unfähigen, aber oft liebenswerten russischen Don Quijote und verharmlost damit die Radikalität seiner Lehren und Aktionen. Bakunins extremistische Forderung nach Anarchie ist aber weit mehr als das Hirngespinst eines Phantasten; gerade seine charismatische Persönlichkeit in Verbindung mit der Wirkkraft seiner „Poesie der Zerstörung” (Jurij Steklow) war durchaus ernstzunehmen. Womit geklärt wäre, wie er zum „Diktator Sachsens” werden konnte.
SCHAMMA SCHAHADAT
MADELEINE GRAWITZ: Bakunin. Ein Leben für die Freiheit. Aus dem Franz. von Andreas Löhrer. Edition Nautilus, Hamburg 1999. 556 Seiten, 68 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Was für ein Verriss! Fritz J. Raddatz belegt Madeleine Grawitz` Bakunin-Biografie mit bösen Worten: "Man liest und liest, alles ist so exakt und akribisch und herbeigelesen, so zusammengetragen wie ein Kölner Dom aus Streichhölzern." Das Buch ersticke an seinen peniblen Fakten. Dass Grawitz Politologin ist, gereicht ihr nach Raddatz nur teilweise zum Vorteil - etwa wenn sie Bakunins Auseinandersetzung mit Marx behandelt. Diese Passagen hält er tatsächlich für hervorragend, brilliant, überzeugend. Doch wenn es darum geht, ein temperamentvoll gemaltes Porträt zu entwerfen, so Raddatz, versagt die Professorin. Da fehlt ihm die Farbe. Nichts, meint Raddatz, würde einen an dieser Biografie rühren, weder zu Tränen noch zum Lachen, so dass er rufen möchte: "Madame, geben Sie Tränenfreiheit".

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